Europarecht

Einreiseverweigerung nach Interessenabwägung

Aktenzeichen  M 10 S 16.3261

Datum:
22.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG AufenthG § 15

 

Leitsatz

Die Absicht, sich zu Tourismuszwecken im Bundesgebiet aufhalten zu wollen, begründet kein überwiegendes Interesse auf Einreise gegenüber der Zurückweisung durch die Bundespolizei wegen fehlender Einreisedokumente. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Anträge werden abgelehnt.
II.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch.
III.
Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässigen Anträge bleiben in der Sache ohne Erfolg.
1. Aufgrund der Kürze der Zeit (ca. 25 Minuten) konnte der Sachverhalt nicht abschließend geprüft werden, so dass das Gericht eine reine Interessensabwägung treffen muss.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO (unaufschiebbare Maßnahme von Polizeivollzugsbeamten) gesetzlich ausgeschlossene aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, wobei es zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an einer sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen hat. Im Rahmen dieser Abwägung sind maßgeblich die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Nur wenn bei der im Eilverfahren nur angezeigten summarischen Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts eine Aussage über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit nicht möglich ist, ist eine reine Interessenabwägung erforderlich. Lässt sich also zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine eindeutige Aussage zu den Erfolgsaussichten der Klage nicht treffen, hat das Gericht seine Entscheidung auf der Grundlage einer umfassenden, nicht nur an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs orientierten, sondern auch alle sonstigen Umstände berücksichtigenden Abwägung zwischen dem Aufschubinteresse des Betroffenen und dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Maßnahme zu treffen, um zu ermitteln, welchem Interesse für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang gebührt (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 77; BayVGH, B.v. 6.8.2010 – 15 CS 09.3006 – juris Rn. 20; BVerfG, B.v. 29.5.2007 – 2 BvR 695/07 – juris Rn. 31).
Sind die Erfolgsaussichten offen, findet daher eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt. So liegt der Fall hier.
Einerseits besitzen die Antragsteller Pässe, die in der vorhandenen Form nicht zur Einreise berechtigen. Dies trägt die Bevollmächtigte der Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 22. Juli 2016 auch so vor. Die Antragsteller wurden gemäß § 15 Abs. 2 AufenthG aus diesem Grund an der Grenze – hier am Flughafen … -zurückgewiesen. Andererseits wollten sich die Antragsteller zu Tourismuszwecken im Bundesgebiet aufhalten. Daher muss hier die Interessensabwägung zulasten der Antragsteller ausfallen. Diesen ist zumutbar, ihre Urlaubsreise nachzuholen und sich zu diesem Zweck, sie zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland berechtigende Reisedokumente ausstellen zu lassen. Das Interesse der Antragsteller, die – nun entgangenen – Urlaubsfreuden, muss hier daher hinter dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einer geordneten Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet zurückstehen.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog.
3. Es handelt sich um eine Vorsitzendenentscheidung nach § 80 Abs. 8 VwGO.


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