Europarecht

Entsprechende Anwendung der Vorschrift über die Heiratsvermittlung auf einen Vertrag über eine Online-Partnervermittlung – Online-Partnervermittlungsvertrag

Aktenzeichen  III ZR 125/19

Datum:
17.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:170621UIIIZR125.29.0
Normen:
§ 312c BGB
§ 312g Abs 1 BGB
§ 357 Abs 8 BGB
§ 656 Abs 1 BGB
Spruchkörper:
3. Zivilsenat

Leitsatz

Online-Partnervermittlungsvertrag
§ 656 Abs. 1 BGB ist auf einen Vertrag über eine Online-Partnervermittlung, bei der die Leistungspflicht des Partnervermittlers vor allem darin besteht, Kunden einen unbeschränkten Zugang zu seiner Internetplattform zu gewähren, auf der die Kunden aus eigener Initiative einen Kontakt zu möglichen Partnern herstellen können, und bei der die Partnervorschläge des Partnervermittlers allein auf einem elektronischen Abgleich der nicht näher überprüften eigenen Angaben der Kunden beruhen, nicht entsprechend anwendbar (Abgrenzung von Senat, Urteile vom 4. März 2004 – III ZR 124/03, NJW-RR 2004, 778, 779 und vom 17. Januar 2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 21 und BGH, Urteil vom 11. Juli 1990 – IV ZR 160/89, BGHZ 112, 122, 126).

Verfahrensgang

vorgehend LG Hamburg, 30. August 2019, Az: 320 S 20/19, Urteilvorgehend AG Hamburg, 7. Januar 2019, Az: 19 C 76/18

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg – 20. Zivilkammer – vom 30. August 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es das amtsgerichtliche Urteil abgeändert hat. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Januar 2019 wird insgesamt zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen; die Revision der Beklagten wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über einen Wertersatzanspruch nach dem Widerruf eines Online-Partnervermittlungsvertrags.
2
Die Beklagte betreibt eine Online-Partnervermittlung. Ihre Nutzer können zwischen zwei Formen der “Mitgliedschaft” wählen, einer kostenlosen Basis-Mitgliedschaft und einer zahlungspflichtigen Premium-Mitgliedschaft mit unterschiedlichen Laufzeiten. Premium-Mitglieder erhalten unter anderem die Möglichkeit, auf der Plattform unbegrenzt zu kommunizieren, sowie ein automatisiert auf Basis von Algorithmen erstelltes ca. 50-seitiges Persönlichkeitsgutachten (“Parship-Portrait”), das von Basis-Mitgliedern gegen ein Entgelt von 149 € als Einzelleistung erworben werden kann. Zudem werden Premium-Mitgliedern unmittelbar nach der Anmeldung mehrere Partnervorschläge zugänglich gemacht. Schließlich können sie sich durch einen sogenannten Profil-Check auf Verbesserungsmöglichkeiten für ihr Profil hinweisen lassen. Dieser kostet für Basis-Mitglieder als Einzelleistung 49 €.
3
Die Klägerin erwarb am 12. Juli 2018 über die Website der Beklagten eine Premium-Mitgliedschaft mit einer Laufzeit von 12 Monaten zum Preis von 265,68 €. Die Beklagte belehrte sie nach der Musterwiderrufsbelehrung gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 EGBGB. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Leistungen zu beginnen, nachdem sie über die Pflicht zum Wertersatz “für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen” unterrichtet worden war. Daraufhin erhielt die Klägerin das Persönlichkeitsgutachten sowie Partnervorschläge und konnte die Plattform vollumfänglich nutzen.
4
Am 13. Juli 2018 erklärte die Klägerin den Widerruf. Die Beklagte bestätigte diesen und machte zugleich einen Anspruch auf Wertersatz für bis zur Erklärung des Widerrufs erbrachte Leistungen in Höhe von 199,26 € geltend. Diese Summe zog die Beklagte vom Konto der Klägerin ein; der Betrag wurde wieder zurückgebucht. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagte daraufhin zum Verzicht auf Wertersatz auf, was diese ablehnte.
5
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, an die Beklagte 199,26 € zu zahlen, sowie Erstattung der Anwaltskosten. Das Amtsgericht hat dem Feststellungsantrag unter Abweisung der Klage im Übrigen hinsichtlich eines Betrags von 197,80 € stattgegeben und die Beklagte zur Erstattung der Anwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht den Feststellungsausspruch auf 49,62 € reduziert. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten ebenso wie die Anschlussberufung der Klägerin ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision ihr Klageabweisungsbegehren vollumfänglich weiter; die Klägerin hat zunächst angekündigt, mit ihrem Rechtsmittel die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen zu wollen. In der Revisionsverhandlung hat sie ihren Antrag dahin erweitert, dass sie mit der Revision auch ihre Anschlussberufung weiterverfolge.


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