Europarecht

Erfolglose Klage gegen Untersagung einer gewerblichen Altkleidersammlung – Sammelmenge

Aktenzeichen  20 ZB 17.1914

Datum:
11.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 190
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 18 Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

1. Eine streitgegenständliche private Sammlung ist bei der Betrachtung des Status quo nicht zu berücksichtigen; entsprechendes gilt auch für private Sammlungen, die bestandskräftig oder sofort vollziehbar untersagt sind oder deren Anzeige zurückgenommen worden ist. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Führt das Hinzutreten einer privaten Sammelmenge beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu einer Reduzierung der Sammelmenge über die Irrelevanzschwelle hinaus, kommt es zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 17.321 2017-07-27 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin, bzw. die … als deren Rechtsvorgängerin, zeigte mit Schreiben vom 28. August 2012 eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Altschuhen im Landkreis W.-S. (im Folgenden: Landkreis) an. Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 22. Juli 2016 auf, Unterlagen zu der klägerseits geltend gemachten, vor dem 1. Juni 2012 durchgeführten Bestandssammlung vorzulegen. Mit weiterem Schreiben vom 28. Oktober 2016 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Untersagung der Sammlung an.
Das Landratsamt W.-S. (im Folgenden: Landratsamt) untersagte der Klägerin mit Bescheid vom 19. Dezember 2016, gewerbliche Sammlungen von Alttextilien und Altschuhen aus privaten Haushaltungen im Landkreis durchzuführen. Derartige gewerbliche Sammlungen seien spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei die Tätigkeit spätestens eine Woche nach Bestandskraft des Bescheides einzustellen (Nr. 1.1 des Bescheides). Die Klägerin wurde verpflichtet, sämtliche im Landkreisgebiet bestehenden Sammelcontainer innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids bzw. bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung innerhalb einer Woche nach Bestandskraft des Bescheids zu entfernen (Nr. 1.2). Die sofortige Vollziehung der Nummern 1.1 und 1.2 wurde angeordnet (Nr. 2) und bei Zuwiderhandlung gegen die Nummer 1.1 ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro, bei Zuwiderhandlung gegen die Nummer 1.2 für jeden nicht fristgerecht entfernten Sammelbehälter ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro angedroht (Nr. 3). Der Klägerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei eine Gebühr in Höhe von 250 Euro und Auslagen in Höhe von 4,11 Euro festgesetzt wurden (Nr. 4 und 5).
Die fristgerecht hiergegen erhobene Klage wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 27. Juli 2017 (Az. M 17 K 17.321) als unbegründet ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Person vorlägen, § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG. Denn die Untersagung könne jedenfalls auf § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gestützt werden. Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der Abfälle hinreichend dargelegt habe, stünden der gewerblichen Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es sei von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen (§ 17 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. KrWG), weil der Beigeladene eine im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführe, die Sammlung der Klägerin nicht wesentlich leistungsfähiger sei und die in der Vorschrift enthaltene Regelvermutung nicht widerlegt sei. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG stelle eine widerlegbare Vermutung auf. In einem ersten Schritt seien die Anteile des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sowie der rechtmäßig durchgeführten privaten Sammlungen am Gesamtaufkommen zu ermitteln. Hier habe der Beigeladene im Jahr 2016 762,67 t und gemeinnützige Sammler 68,584 t gesammelt. Hinzu kämen rechtmäßig sammelnde gewerbliche Sammlungen mit insgesamt 120,20 t. Das gesamte Aufkommen an Alttextilien habe damit im Jahr 2016 951,45 t betragen, so dass auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Marktanteil von ca. 80,16% entfallen sei. In einem zweiten Schritt sei eine Prognose der anstehenden Veränderungen durch die streitgegenständliche Sammlung im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen vorzunehmen. Hier seien nicht nur die klägerische Sammlung, sondern alle weiteren gewerblichen Sammlungen einzustellen, die zwar angezeigt, aber noch nicht bestandskräftig untersagt seien, insbesondere solche, deren Untersagung für sofort vollziehbar erklärt worden sei. Nach den Angaben des Beklagten seien hier neben der streitgegenständlichen Sammlung noch die Sammlungen von D … mit 60 t, der Eu … mit 96 t, des Deutschen Textilwerks mit 120 t und der E …- … mit 160 t angezeigt. Ausgehend davon ergebe sich ein zu prognostizierender Rückgang des Anteils des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers um 54,65% auf 25,51%. Gehe man davon aus, dass die mögliche Zusatzbelastung der angezeigten Sammlungen von 520 t den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entsprechend seinem Marktanteil von 80,16% träfe, so würde dessen Sammelmenge von derzeit 762,67 t um 416,83 t auf 345,84 t reduziert werden, welches einen prognostizierten Rückgang des Anteils des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von 80,16% auf 36,35%, mithin um 43,81% bedeuten würde. Ausgehend davon sei die Irrelevanzschwelle überschritten und damit die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nicht widerlegt, sondern eindeutig bestätigt. Der Berechnung der Klägerin sei hingegen nicht zu folgen. Zum einen betrage die gesamte Sammelmenge im Landkreis keine 1.500 t, sondern 951,45 t. Zum anderen müssten bei der Prognose der anstehenden Veränderungen durch die streitgegenständliche Sammlung auch weitere gewerbliche Sammlungen berücksichtigt werden, die zwar angezeigt, aber noch nicht bestandskräftig untersagt seien, insbesondere solche, deren Untersagung für sofort vollziehbar erklärt worden sei. Die Klägerin stelle bei ihrer Berechnung indes lediglich ihre eigene prognostizierte Sammelmenge von 84 t pro Jahr ein.
Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sei eine Untersagung zwar nur dann möglich, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Diese Regelung stelle eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar, die Untersagung sei als ultima ratio anzusehen. Ein milderes Mittel, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sicherzustellen, wie etwa Auflagen oder Bedingungen, sei vorliegend aber nicht ersichtlich. Eine räumliche oder mengenmäßige Beschränkung der Sammlung im Hinblick auf den Umstand, dass im Landkreis noch zahlreiche weitere gewerbliche Sammlungen angezeigt und untersagt würden, sei nicht praktikabel. Die Bestimmung individueller Mengenkontingente für jeden einzelnen gewerblichen Sammler, die in ihrer Summe gerade noch keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung begründeten, sei dagegen oft schwierig. Insbesondere müsste die Mengenbegrenzung bei jeder neuen Anzeige eines gewerblichen Sammlers neu berechnet und festgesetzt werden. Dabei sei unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch zu berücksichtigen, dass der Klägerin nicht die gesamte Sammlungstätigkeit, sondern nur die Sammlung im Landkreisgebiet untersagt worden sei. Ebenso wenig seien Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 18 Abs. 7 KrWG zu berücksichtigen. Die Klägerin habe nicht belegt, dass sie ihre gewerbliche Sammlung bereits vor dem 1. Juni 2012 durchgeführt habe.
Die Klägerin begründet ihren fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung dahingehend, dass die Untersagung nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG gestützt werden könne. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass der Beklagte sämtliche neu hinzugetretenen Sammlungen (neben der Klägerin Deutsches Textilwerk, Eu … GmbH und D … GmbH) unter Bezugnahme nahezu identischer Versagungsgründe untersagt habe. Er dürfe im vorliegenden Fall mit Verweis auf eine Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers allenfalls einzelne dieser Sammlungen untersagen, nicht jedoch sämtliche Sammlungen, denn jede einzelne Sammlung würde isoliert betrachtet nicht zu einer Beeinträchtigung führen. Dem Beklagten obliege ein Auswahlermessen, das pflichtgemäß auszuüben sei. Dass die Sammlung der E …- … mit angezeigten 160 t bislang gar nicht ausgeführt worden sei und eine Sammlung nach deren eigenen Angaben und in Anbetracht der jahrelangen Untätigkeit von diesem Unternehmen wohl auch nicht ernsthaft erwogen werde, sei vom Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft als unbeachtlich bewertet worden. Da die Untersagung gegen die D … GmbH durch Rücknahme des Antrags auf Zulassung der Berufung bestandskräftig geworden sei, sei diese Sammlung bei der Bewertung zukünftig nicht mehr von Relevanz. Ebenfalls lasse das Verwaltungsgericht unberücksichtigt, dass die streitgegenständliche Sammlung im Rahmen der Anwendung der Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichts gemäß Urteil vom 30. Juni 2016 (Az. 7 C 4.15) als Bestandssammlung zu berücksichtigen wäre, weil die Sammlung auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts völlig zu Recht bereits im Jahre 2012 aufgenommen worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – insbesondere Rn. 29 bis 35) praxistauglich konkretisiert worden sei, sei bei der Bewertung der Auswirkungen des Marktzutritts eines gewerblichen Sammlers dessen Sammlung nicht isoliert, sondern im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen zu betrachten. Richtigerweise müssten sämtliche seitens des Beklagten untersagten Sammlungen daher als Bestandssammlungen betrachtet werden, weil diese bereits seit vielen Jahren rechtmäßig durchgeführt worden seien. Dem Bundesverwaltungsgericht gehe es um schützenswerte Interessen bereits laufender Sammlungen, die mithin auch im vorliegenden Fall zu berücksichtigen seien. Daneben werde die Untersagung dem Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht gerecht. Eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG setze voraus, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Die Untersagung einer Sammlung sei danach nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig, deren Ermittlung die Behörde vor die Notwendigkeit einer umfassenden Ermittlung des Sachverhalts, einer komplexen rechtlichen Bewertung in mehreren Prüfschritten sowie einer entsprechend vollständigen und lückenlosen Dokumentation aller Prüfschritte und deren Ergebnis veranlasse. Inhaltlich fundierte Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit fehlten im Urteil des Verwaltungsgerichts völlig. Neben dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) lägen auch besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Rechtssache verursache sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht größere, d.h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten. Außerdem liege grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor. Die Rechtssache weise im Hinblick und unter Bezugnahme auf die vorstehenden Darlegungen rechtliche Fragen auf, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich seien und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedürften.
Der Beklagte beantragt,
den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.
An der Richtigkeit des Urteils bestünden keine ernstlichen Zweifel. Sie ergäben sich nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht ein dem Beklagten obliegendes Auswahlermessen unter mehreren angezeigten Sammlungen verkannt hätte. Denn bei einer Sammlung, die untersagt werde, weil Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Sammlers bestünden oder weil die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung des Sammelguts nicht gewährleistet erscheine, könne es nicht darauf ankommen, ob sie isoliert betrachtet auch noch die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährde. Diese Gründe sprächen aber auch, wenn man von einer Auswahlentscheidung ausgehen würde dafür, dass mit der Klägerin nicht die falsche ausgewählt worden sei. Dass die noch nicht durchgeführte Sammlung der E …- … nicht in die Betrachtung einbezogen worden sei, begründe ebenso keine ernstlichen Zweifel. Denn bei dieser handele es sich um eine jedenfalls mögliche Zusatzbelastung im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2016 (Az. 7 C 4.15 – juris, Rn. 54), da diese Firma in einer E-Mail an das Landratsamt vom 8. Februar 2017 geäußert habe, dass weiterhin geplant sei, die Sammlung durchzuführen. Davon abgesehen werde die Irrelevanzschwelle auch dann überschritten, wenn die 160 t pro Jahr gemäß der Anzeige der Firma E …- … Textilrecycling GmbH nicht in die Betrachtung einbezogen worden wäre (wird ausgeführt). Dass die Untersagung gegenüber der D … GmbH inzwischen durch Rücknahme des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das insoweit ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts bestandskräftig geworden sei, sei irrelevant, da der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils derjenige der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sei. Die Sammlung der Klägerin sei auch nicht als Bestandssammlung zu berücksichtigen gewesen. Das Verwaltungsgericht zähle die Sammlung der Klägerin ersichtlich nur zu den in einem zweiten Schritt im Zusammenwirken mit anderen hinzutretenden Sammlungen zu betrachtenden Sammlungen. Diese Einordnung sei korrekt, nachdem eine untersagte Sammlung logischerweise nicht als den Marktanteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mit prägende Bestandssammlung eingeordnet werden könne, wenn ermittelt werden solle, ob sie ein Überschreiten der Irrelevanzschwelle bewirke oder dazu beitrage. Die Richtigkeit dieser Sichtweise bestätige das Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 11. Juli 2017 (7 C 35.15 – juris Leitsatz 1, Rn. 17 ff. und 7 C 36.15 – juris Rn. 20 ff.). Zum anderen berücksichtigten diese Urteile die jeweils streitbetroffene Sammlung eindeutig nicht bei einem Status Quo bzw. bei einem Marktanteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, sondern als hinzutretende Sammlung, die den Marktanteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers schmälere (BVerwG a.a.O., Rn. 32 bzw. 35).
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2017 zeigte ein weiterer Bevollmächtigter die Vertretung der Klägerseite an und vertiefte die bisherigen Ausführungen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Behördenakten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. Juli 2017 bleibt ohne Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe entweder schon nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt wurden (hierzu 1.) oder nicht vorliegen (hierzu 2. und 3.).
1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 124a Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, dass er ausführt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist und erläutert, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist sowie dass er schließlich darlegt, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bereits keine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert. Damit sind die Darlegungsanforderungen nicht erfüllt.
2. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln i.S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils liegen vor, wenn die angegriffene Entscheidung mit überwiegender (bzw. hoher) Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542). Schlüssige Gegenargumente liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BVR 2001/10 – NVwZ 2011, 546).
Das Verwaltungsgericht hat vorliegend die Abweisung der gegen die Untersagungsverfügung des Landratsamts gerichteten Anfechtungsklage darauf gestützt, dass der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (§ 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG). Ob darüber hinaus auch begründete Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin bestehen (§ 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG) bzw. diese nicht ausreichend dargelegt hat, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle gewährleistet werde (§ 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen. Ernstliche Zweifel bestehen hinsichtlich der tragenden Begründung des Verwaltungsgerichts, dass die streitgegenständliche Sammlung der Klägerin wegen entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen nach § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 KrWG untersagt werden konnte, nicht.
Die Klägerin trägt insoweit vor, dass das Verwaltungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2016 (7 C 4.15) falsch auf den Sachverhalt angewendet habe. Tatsächlich hätten die Sammlungen der Klägerin sowie des Deutschen Textilwerks und der Eu … GmbH als Bestandssammlungen gewertet werden und damit bereits bei der Betrachtung des Status Quo Berücksichtigung finden müssen. Für diese Argumentation spricht zwar, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Urteil vom 30. Juni 2016 auf Rn. 55 ausführt, dass neben den anstehenden Veränderungen bereits rechtmäßig durchgeführte Sammlungen mit den tatsächlichen Sammelmengen in den Blick zu nehmen seien. Sie bildeten den Rahmen, in dem sich die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bewährt und behauptet habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber auch ausgeführt, dass derartige Bestandssammlungen nur mit den tatsächlich erzielten Sammelmengen in die Berechnung des Status Quo einzubeziehen seien (a.a.O. Rn. 55). Die Klägerin hat aber weder im gerichtlichen Verfahren noch im Zulassungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof dargelegt, in welchem Umfang sie tatsächlich im Jahr 2016 (auf das das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Sammelmengen abgestellt hat) tatsächlich Altkleider im Zuständigkeitsgebiet des Landratsamts gesammelt hat. Mangels eines entsprechenden berücksichtigungsfähigen Vortrags vermag die Argumentation der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen. Denn auch wenn man von ihrer rechtlichen Position ausgehen würde, wäre eine Berechnung mangels Angabe der tatsächlichen Sammelmenge nicht möglich.
Im Übrigen entspricht es auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats, in Fällen wie dem vorliegenden die streitgegenständliche Sammlung bei der Betrachtung des Status quo nicht zu berücksichtigen: So hat der Senat in seinem Beschluss vom 30. Januar 2017 (20 CS 16.1416 – juris Rn. 32) ausgeführt, dass private Sammlungen nicht in die Betrachtung des Status quo einzubeziehen seien, die bestandskräftig oder sofort vollziehbar untersagt seien oder deren Anzeigen zurückgenommen worden seien. Die Sammlung der Klägerin wurde mit Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziff. 2 des Bescheids vom 19. Dezember 2016) untersagt und war daher auch aus diesem Grunde nicht zu berücksichtigen. Daneben hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 11. Juli 2017 (7 C 35.15 – juris Rn. 32 und 7 C 36.15 – juris Rn. 35) die dort streitgegenständlichen Sammlungen allein bei der Betrachtung der Auswirkungen der angezeigten Sammlungen auf die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers berücksichtigt.
Letztlich aus den gleichen Gründen waren auch die Sammlungen des Deutschen Textilwerks, der Eu … GmbH und der D … GmbH bei der Betrachtung des Status Quo nicht zu berücksichtigen. Denn auch diese waren jeweils sofort vollziehbar vom Beklagten untersagt worden (Bescheide v. 19. Dezember 2016, Ziff. 2).
Auch die Angriffe der Klägerin gegen die Prognose der Auswirkungen der streitgegenständlichen Sammlung führen nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die streitgegenständliche Sammlung zusammen mit allen anderen gewerblichen Sammlungen, die angezeigt, aber nicht bestandskräftig untersagt sind (S. 22 UA, vgl. auch BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 54 und BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 33), zu berücksichtigen ist.
Ob die inzwischen, nach Rücknahme des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des VG München (vgl. U.v. 27.7.2017 – M 17 K 17.11; BayVGH, B.v. 13.10.2017 – 20 ZB 17.1917) bestandskräftig untersagte Sammlung der D … GmbH bei der Prognose der anstehenden Veränderungen durch die angezeigten Sammlungen (noch) zu berücksichtigen ist oder nicht, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben: Denn auch ohne die mit einer jährlichen Sammelmenge von 60 t angezeigte Sammlung der D … GmbH belaufen sich die angezeigten gewerblichen Sammlungen auf eine jährliche Summe von 460 t (Klägerin: 84 t; Deutsches Textilwerk: 120 t; Eu … GmbH: 96 t; E …- …: 160 t). Angesichts von tatsächlichen Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von 762,67 t im Jahr 2016 (80,16%), der gemeinnützigen Sammler von 68,58 t (7,20%) und der gewerblichen Sammler von 120,20 t (12,63%) würde das Hinzutreten dieser Sammelmenge beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger jedenfalls zu einer Reduzierung der Sammelmenge über die Irrelevanzschwelle hinaus und damit zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führen: Denn auch wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausginge, dass die zusätzlichen Sammelmengen sich anteilig auf alle bisherigen Sammler verteilten, würde sich der Anteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers um 368,73 t und damit 38,76% der tatsächlichen Sammelmenge 2016 von 951,45 t reduzieren.
Auch die Frage, ob die Sammlung der E …- … überhaupt als mögliche Zusatzbelastung zu berücksichtigen ist (was angesichts der Tatsache, dass diese Sammlung zwar angezeigt, aber über Jahre noch nicht tatsächlich durchgeführt wurde, auch unter Berücksichtigung der im Zulassungsverfahren vorgelegten Email vom 8. Februar 2017 durchaus zweifelhaft sein mag), kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man die angezeigte Menge dieser gewerblichen Sammlung nicht berücksichtigt, ist die Irrelevanzschwelle überschritten: Als Zusatzbelastung wäre dann eine Sammelmenge von 300 t (Klägerin: 84 t; Deutsches Textilwerk: 120 t; Eu … GmbH: 96 t) zu berücksichtigen. Unter der zugunsten der Klägerin angenommenen Prämisse (s.o.), dass die zusätzlichen Sammelmengen sich anteilig auf die bisherigen Sammler verteilen, würde sich der Anteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dann um 240,48 t und damit 25,27% der tatsächlichen Sammelmenge reduzieren.
Soweit die Klägerin im Zulassungsverfahren die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG angreift, kann sie keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung begründen. Denn es fehlt ihren Ausführungen an einer Darlegung, wie durch eine mildere Maßnahme des Beklagten eine Beeinträchtigung der überwiegenden öffentlichen Interessen i.S.v. § 17 Abs. 3 KrWG hätte verhindert werden können (vgl. insoweit auch BVerwG, U.v. 11.7.2017 – 7 C 35.15 – juris, Rn. 33). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine räumliche oder mengenmäßige Beschränkung der Sammlung (und wohl auch der übrigen angezeigten gewerblichen Sammlungen) im Hinblick auf den Umstand, dass im Landkreis noch zahlreiche weitere gewerbliche Sammlungen angezeigt und untersagt worden seien, nicht praktikabel sei. Die Bestimmung individueller Mengenkontingente für jeden einzelnen gewerblichen Sammler, die in ihrer Summe gerade noch keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung begründeten, sei dagegen oft schwierig. Insbesondere müsste die Mengenbegrenzung bei jeder neuen Anzeige eines gewerblichen Sammlers neu berechnet und festgesetzt werden. Dabei sei unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch zu berücksichtigen, dass der Klägerin nicht die gesamte Sammlungstätigkeit, sondern nur die Sammlung im Landkreisgebiet untersagt worden sei. Die bloße Aussage der Klägerin im Zulassungsverfahren, das Verwaltungsgericht habe sich zur Frage, ob eine mildere Maßnahme hier ausreichend sei, keine Gedanken gemacht, vermag angesichts der dargestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu Möglichkeit und Praktikabilität einer Mengenbegrenzung durch Auflagenbescheide ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht zu begründen.
3. Auch eine besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeit i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor. Eine Rechtssache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn sie das normale Maß erheblich übersteigende, signifikant vom Spektrum verwaltungsgerichtlicher Verfahren abweichende Schwierigkeiten aufweist (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 27). Besondere tatsächliche Schwierigkeiten liegen bei einem besonders unübersichtlichen oder schwierig zu ermittelnden Sachverhalt vor (Happ a.a.O. Rn. 33). Keiner dieser Fälle liegt hier vor, insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Streitwert war nach § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 2.4.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit festzusetzen.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO.


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