Europarecht

Erforderlich Fachkunde für Abbrucharbeiten mit Treibladungskartuschen

Aktenzeichen  RO 4 K 19.817

Datum:
14.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12094
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SprengG § 3 Abs. 1 Nr. 14, § 7, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a, § 9, § 10 Abs. 1
1. SprengV § 32
3. SprengV § 1
PyrotechnikRL Art. 3 Nr. 6, Art. 6 Abs. 1 lit. c Nr. ii, Art. 7 Abs. 3 lit. b
GG Art. 12, Art. 19 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Welche Fachkunde § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG fordert, ist im jeweiligen Einzelfall und unter Zugrundelegung der konkret beabsichtigten Tätigkeit zu ermitteln. (Rn. 24)
2. Die Fachkunde für das Niederlegen von Bauwerken und unbelasteten Bauwerksteilen über 2,5 m Höhe mit Treibladungskartuschen wird nicht bereits durch die Absolvierung eines Grundlehrgangs zum Umgang mit solchen pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie P2 erworben. (Rn. 23 – 26)
3. Es ist nicht beanstanden, wenn die zuständige Behörde aufgrund eines absolvierten Grundlehrgangs für den Umgang mit Treibladungskartuschen lediglich die Fachkunde für allgemeine Sprengarbeiten an Gestein und unbelasteten Bauwerksteilen bis maximal 2,5 m Höhe bejaht. (Rn. 42 – 44)
4. Dem Begriff des Sprengens in § 1 Abs. 1 3. SprengV unterfällt auch ein entsprechender Einsatz von Treibladungskartuschen. Auf die fehlende Stoßwellenbildung kommt es nicht an. (Rn. 50 – 53)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag (dazu I.) und hinsichtlich des hilfsweise gestellten Bescheidungsantrags (dazu II.) zulässig, aber unbegründet. Die höchst hilfsweise, isolierte Anfechtung der in Nr. III des Erlaubnisdokuments vom 29.3.2019 verfügten Regelungen ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet (dazu III.).
I.
Ohne Erfolg bleibt zunächst der unbedingt erhobene Antrag der Klägerin, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 1.4.2019 zur Erteilung einer Erlaubnis nach § 7 SprengG in dem begehrten Umfang, aber ohne die in Nr. II und III des Erlaubnisdokuments enthaltenen Einschränkungen zu erteilen. Die Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig (dazu 1.). Sie ist aber nicht begründet (dazu 2.)
1. Mit ihrem Hauptantrag begehrt die Klägerin in zulässiger Weise die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines abgelehnten Verwaltungsakts. In Fällen, in denen sich ein Kläger gegen eine der Hauptregelung beigefügte Nebenbestimmung wendet, steht ihm Rechtsschutz grundsätzlich im Wege der Anfechtungsklage zur Verfügung (BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2/00 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 27.2.2015 – 11 ZB 14.309 – juris Rn. 14). Nur wenn eine isolierte Aufhebbarkeit der beigefügten Regelung von vorneherein offenkundig ausscheidet, dann ist allein die Verpflichtungsklage auf Erlass des Verwaltungsakts ohne die betreffende Nebenbestimmung statthaft (BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2/00 – juris Rn. 25). Ein solcher Fall liegt namentlich bei Inhaltsbestimmungen vor, d.h. wenn die fragliche Bestimmung den Regelungsgehalt des Hauptverwaltungsakts definiert oder modifiziert (BVerwG, B.v. 31.1.2019 – 8 B 10/18 – juris Rn. 5).
Bei den im Bescheid vom 1.4.2019 in Nr. II und Nr. III Spiegelstrich 1 verfügten Nebenbestimmungen handelt es sich um Inhaltsbestimmungen, denn sie regeln Inhalt und Reichweite der Sprengerlaubnis. Die Behördenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Regelung sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Betriebsleiter der Klägerin den Besuch eines Sonderlehrgangs für Bauwerkssprengungen angekündigt habe. Mit den betreffenden Bestimmungen sei bezweckt gewesen, die Erlaubnis einerseits auf allgemeine Sprengarbeiten und das Sprengen von Bauwerken und Bauwerksteilen einzuschränken, sie aber andererseits im Hinblick auf Bauwerkssprengungen erst nach erfolgreichem Lehrgangsbesuch wirksam werden zu lassen. Damit hat die Behörde eine einheitliche Regelung der Reichweite der Erlaubnis nach § 7 SprengG getroffen worden, die einen untrennbaren Bestandteil der Erlaubnis bildet und auch als solcher gewollt war. Denn dem Beklagten ging es ersichtlich darum, keine von der Erlaubnis zu unterscheidende, zusätzliche Regelung zu treffen. Vielmehr wollte er mit den genannten Bestimmungen unmittelbar den Kern des Regelungsinhalts definieren. Weil sich die Regelung damit als Inhaltsbestimmung darstellt, war die Klägerin nicht auf die isolierte Anfechtungsklage gegen Nr. II und Nr. III Spiegelstrich 1 zu verweisen (Nöthlichs, SprengG, Stand: Dezember 2018, § 10 Nr. 2.2). Sie macht ihr Begehren zu Recht im Wege der Verpflichtungsklage geltend.
Die in Nr. III Spiegelstrich 2 des Erlaubnisdokuments verfügte Anzeigepflicht enthält demgegenüber eine selbständige Nebenverpflichtung, die für den Fall der Ausnutzung der Erlaubnis nach § 7 SprengG gelten soll. Damit handelt es sich um eine zusätzliche Verpflichtung in Form eines vollstreckbaren Gebots und folglich um eine Auflage im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG (Störmer in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl., § 37 VwVfG Rn. 26). Rechtsschutz gegen diese wird grundsätzlich im Wege der Anfechtungsklage gewährt. Allerdings kann einem Kläger, der sich sowohl gegen eine isoliert anfechtbare Nebenbestimmungen als auch gegen eine nicht isoliert anfechtbare Inhaltsbestimmung wendet, der Rückgriff auf eine einheitliche Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Beseitigung beider nicht verwehrt werden. Müsste der Kläger isoliert Anfechtungsklage und daneben Verpflichtungsklage erheben, dann ginge der Anfechtungsantrag ins Leere, wenn das Gericht den bisherigen Bescheid im Rahmen des (erfolgreichen) Versagungsgegenantrags ohnehin vollständig aufheben würde. Dem Rechtsschutzinteresse des Klägers wird in solchen Fällen deshalb alleine die einheitliche Verpflichtungsklage gerecht.
2. Die im Hauptantrag erhobene Verpflichtungsklage ist allerdings unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 7 SprengG ohne die in Nr. II und III Spiegelstrich 1 verfügten Einschränkungen (dazu a)) bzw. ohne die in Nr. III Spiegelstrich 2 enthaltene Anzeigepflicht (dazu b)). Die genannten Beschränkungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 7 SprengG ohne die beigefügten, sachlichen Beschränkungen. Der Beklagte hat der Klägerin eine Erstreckung der Erlaubnis auf das Sprengen von Bauwerken und Bauwerksteilen zu Recht verweigert, solange nicht die Fachkunde auch hierfür nachgewiesen ist. Denn nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Buchst. a SprengG ist eine Erlaubnis nach § 7 SprengG zu versagen, wenn der Antragsteller oder eine mit der Leitung des Betriebes, einer Zweigniederlassung oder einer unselbstständigen Zweigstelle beauftragte Person die erforderliche Fachkunde nicht nachweist. Dies ist für die Klägerin der Fall: Ihr Betriebsleiter, auf den vorliegend gemäß § 8 Abs. 1 SprengG abzustellen ist, hat die notwendige Fachkunde für das Niederlegen von Bauwerken und Bauwerksteilen mittels Treibladungskartuschen nicht nachgewiesen.
Für den Nachweis der nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG erforderlichen Fachkunde bietet § 9 SprengG verschiedene Möglichkeiten. So lässt etwa § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG den Nachweis der Fachkunde durch Prüfung vor der zuständigen Behörde zu. Die Regierung der Oberpfalz hat dem Betriebsleiter der Klägerin diese Möglichkeit eröffnet, er wollte sie aber nicht in Anspruch nehmen.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SprengG kann der Nachweis der Fachkunde auch durch eine mindestens dreijährige, praktische Tätigkeit erbracht werden, wenn diese geeignet ist, die erforderliche Fachkunde zu vermitteln. Von dieser Möglichkeit hat der Betriebsleiter der Klägerin indes ebenfalls nicht wirksam Gebrauch gemacht. Zwar lässt er vortragen, in der Vergangenheit an mehreren Bauwerkssprengungen teilgenommen zu haben. Insoweit ist aber zu beachten, dass der Betriebsleiter der Klägerin bei der Behörde weder entsprechende praktische Erfahrungen zum Nachweis der Fachkunde geltend gemacht noch Nachweise darüber vorgelegt hat. Es fehlt deshalb zum einen an einer Vorbefassung der Behörde unter dem Aspekt des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SprengG. Zum anderen hat die Regierung der Oberpfalz in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die behördliche Feststellung entsprechender Fachkunde nach der genannten Vorschrift nur nach Vorlage einschlägiger Nachweise und als Ergebnis einer eingehenden Prüfung der Unterlagen erfolgen kann. Das Gericht sieht die Behörde nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SprengG – schon im Interesse der geschützten Rechtsgüter – zu einer genauen Überprüfung verpflichtet, ob die vom Petenten geltend gemachte, praktische Tätigkeit die behauptete Fachkunde tatsächlich abdeckt. Es hat daher keinen Anlass, die behördliche Übung des Beklagten zu beanstanden, im Bereich des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SprengG erst auf Vorlage entsprechend detaillierter Nachweise – die seitens des Betriebsleiters der Klägerin nicht erfolgt ist – in die Prüfung einzutreten. Unabhängig davon ist auch nach dem klägerischen Vortrag im Gerichtsverfahren die Fachkunde des Betriebsleiters der Klägerin für Bauwerksniederlegungen nicht durch eine geeignete, mindestens dreijährige praktische Tätigkeit dargetan. Denn aus dem klägerischen Vortrag ist nicht ersichtlich, dass seine Tätigkeit tatsächlich geeignet war, die notwendige Fachkunde zu vermitteln. Zweifel bestehen insbesondere deshalb, weil der Betriebsleiter der Klägerin nach eigener Aussage zwar mit der Organisation und Gestaltung etwa des Projekts „Sprengung der Sinntalbrücke“ betraut war, die eigentliche Sprengung aber nicht durch den Betriebsleiter oder eines seiner Unternehmen, sondern durch die … mbH erfolgte. Die Beklagte hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass nach Nr. 4 Buchst. b der Anlage C 11 der Grundsätze für die Anerkennung und Durchführung von Lehrgängen nach dem Sprengstoffgesetz vom 11.1.2018 (BAnz AT 16.4.2018 B1) Nachweise über die Mitwirkung an der Vorbereitung und Durchführung von 16 Sprengungen von Bauwerken und Bauwerksteilen (oder acht im Zeitraum von mindestens einem bis höchstens 24 Monaten) besondere Zulassungsvoraussetzung für den Sonderlehrgang „Sprengen von Bauwerken und Bauwerksteilen“ sind. Die Teilnahme an entsprechend vielen Sprengungen weist also nicht bereits die Fachkunde nach, sondern ist vielmehr Voraussetzung für den Erwerb der Fachkunde im Wege des Sonderlehrgangs. Die vom Betriebsleiter der Klägerin dargelegte Mitwirkung an verschiedenen Bauwerkssprengungen kann deshalb für sich genommen nicht zum Nachweis der Fachkunde für die Deflagration von Bauwerken gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SprengG ausreichen. Auch die dreijährige Ausbildungserfahrung des Betriebsleiters der Klägerin in einem Statikbüro führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen, dass für den fachkundigen Einsatz von Treibladungskartuschen im Vergleich zur maschinellen Bauwerksniederlegung zusätzliche Kenntnisse erforderlich sind, die sich aus den besonderen Risiken explosionsgefährlicher Stoffe ergeben. Dies betrifft beispielsweise den Umgang mit dem entstehenden Gasvolumen, mit Zündversagern und Steinflug. Auch wenn die Tätigkeit des Betriebsleiters der Klägerin in einem Statikbüro möglicherweise Kenntnisse im Bereich der Bauwerksstatik vermittelt hat, so hat er damit doch nicht dargetan, dass er auf diese Weise auch die genannten, zusätzlichen Kenntnisse für den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen beim Gebäudeabbruch erworben hätte. Weil diese – wie die Lehrgangsgrundsätze deutlich machen – auch aus der vom Betriebsleiter der Klägerin angeführten Mitwirkung an Sprengungen allein nicht abgeleitet werden können, muss ein Nachweis nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SprengG ausscheiden.
Als Möglichkeit des Fachkundenachweises verbleibt dem Betriebsleiter der Klägerin daher § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG. Dieser sieht vor, dass die Fachkunde durch die erfolgreiche Teilnahme an einem staatlich anerkannten Lehrgang für die beabsichtigte Tätigkeit nachgewiesen werden kann. Der Betriebsleiter der Klägerin hat an zwei Grundlehrgängen teilgenommen: einem Grundlehrgang zu allgemeinen Sprengarbeiten und einem Grundlehrgang zum Umgang – ausgenommen das Herstellen, Bearbeiten und Verarbeiten und Wiedergewinnen – mit sonstigen pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie P2 in Form von Treibladungskartuschen. Entgegen dem klägerischen Vorbringen hat der Betriebsleiter der Klägerin dadurch aber nicht – wie von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG gefordert – die Fachkunde für das Niederlegen von Bauwerken durch Treibladungskartuschen nachgewiesen. Den Lehrgangsunterlagen der Grundlehrgänge zufolge war das Niederlegen von Bauwerken nicht Bestandteil der Ausbildung. Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass hierfür besondere Kenntnisse unter anderem im Bereich der Statik erforderlich sind. Daneben sind vertiefte und erweiterte Kenntnisse etwa im Hinblick auf Absperrung und Erschütterungsschutz zu fordern.
Dies folgt – anders als die Klägerin meint – bereits unmittelbar aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und § 9 SprengG. Der Gesetzgeber hat sich mit diesen beiden Normen für das Konzept einer tätigkeitsbezogenen Fachkunde entschieden. Mit besonderer Deutlichkeit ergibt sich das aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG, der den Besuch eines Lehrgangs „für die beabsichtigte Tätigkeit“ fordert. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck des Fachkundeerfordernisses, das sicherstellen soll, dass verantwortliche Personen, die Tätigkeiten mit explosionsgefährlichen Stoffen ausführen, über die besonderen technischen und rechtlichen Kenntnisse verfügen, die für die sichere Durchführung dieser Arbeiten erforderlich sind (Nöthlichs, SprengG, Stand: Dezember 2018, § 9 Nr. 2.1). Die Ansicht des Klägerbevollmächtigten, die Fachkunde werde allgemein für den Umgang mit dem jeweiligen explosionsgefährlichen Stoff insgesamt erworben, steht dieser gesetzlichen Grundentscheidung entgegen. Dies zeigt sich bereits daran, dass der Betriebsleiter der Klägerin – träfe die Ansicht des Klägerbevollmächtigten zu – durch den Lehrgangsbesuch die Fachkunde auch für die Herstellung von explosionsgefährlichen Stoffen erworben hätte, denn diese zählt nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 SprengG ebenfalls zu den möglichen Arten des Umgangs. Dass dem Betriebsleiter der Klägerin insoweit die Fachkunde fehlt, ergibt sich indes bereits aus der Lehrgangsbescheinigung selbst. Es bedarf also – in Übereinstimmung mit dem restriktiven, gefahrvermeidenden Ansatz des Sprengstoffrechts – einer individuellen Überprüfung der im konkreten Einzelfall zu fordernden Fachkunde. Entsprechend lässt sich aus der Bescheinigung für einen Grundkurs zum „Umgang“ mit explosionsgefährlichen Stoffen nicht automatisch ableiten, dass damit die Fachkunde für alle nur denkbaren, konkreten Tätigkeiten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG erworben wurde.
Die hiernach für Bauwerksniederlegungen zu fordernden Kenntnisse hat der Betriebsleiter der Klägerin in den von ihm besuchten Grundlehrgängen nicht erworben. Der Grundlehrgang zum Umgang mit Treibladungskartuschen vermittelte ihm eine Übersicht über das Fachgebiet der Pyrotechnik, einen Überblick über die wesentlichen Rechtsvorschriften und Kenntnisse zu Aufbau und Wirkweise pyrotechnischer Sätze, ausgewählter Explosivstoffe sowie Zünd- und Anzündmittel. Der Grundlehrgang für allgemeine Sprengarbeiten vermittelte ausweislich des vorgelegten Manuskripts Grundkenntnisse zu Sprengstoffen, Sprengschnüren und zur Zündung. Weitere behandelte Themen waren Zündkreisberechnungen, sprengtechnische Begriffe, Reihensprengungen, Grabensprengungen und das Sprengen von Fundamenten. Auch Sprengerschütterungen und Sicherheitsabstände zu bestimmten Anlagen wurden überblicksweise behandelt. Das Niederlegen ganzer Bauwerke oder von Bauwerksteilen war hingegen nicht Gegenstand der Lehrgänge. Vielmehr ist den Unterlagen zu entnehmen, dass lediglich das Zerlegen von Fundamenten und das Zerkleinern von Gestein und Beton mit Treibladungskartuschen behandelt wurde. Ein Vergleich der Inhalte der beiden Lehrgänge liefert dabei das Ergebnis, dass das Grundseminar zu Treibladungskartuschen in etwa die Themenkomplexe behandelt, die Gegenstand des Grundlehrgangs „Allgemeine Sprengarbeiten“ sind, wenngleich natürlich auf Treibladungskartuschen bezogen. Hieraus wird ein systematischer Zusammenhang erkennbar, der deutlich dagegen spricht, dass der Grundlehrgang zu Treibladungskartuschen auch die Fachkunde für Bauwerksniederlegungen vermitteln sollte. Denn wenn für das Sprengen von Bauwerken – wie aus § 32 Abs. 3 Nr. 1 1. SprengV erkennbar – ein Sonderlehrgang erforderlich ist und sich die Grundlehrgänge zu Treibladungskartuschen und allgemeinen Sprengarbeiten entsprechen, dann ist es aus systematischen Gründen schlüssig, auch für das Niederlegen von Bauwerken mit Treibladungskartuschen einen Sonderlehrgang zu verlangen.
Diese Auffassung wird durch die Grundsätze für die Anerkennung und Durchführung von Lehrgängen nach dem Sprengstoffgesetz bestätigt. Die vom Bundesministerium des Innern herausgegebenen Grundsätze stellen eine Verwaltungsvorschrift dar, die nicht auf den Erlasszeitpunkt des angegriffenen Bescheids zurückwirkt und das Gericht auch nicht bindet. Die Kammer kann sie aber als Auslegungshilfe heranziehen. Dieser kommt vorliegend ein gesteigertes Gewicht zu, weil das Bundesministerium des Innern gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 1 SprengG ermächtigt ist, die in den Lehrgängen zu vermittelnden technischen und rechtlichen Kenntnisse durch Rechtsverordnung zu regeln. Ist die Auffassung des Bundesministeriums zu derartigen Fragen also nach dem Willen des Gesetzgebers – als Rechtsverordnung erlassen – verbindlich, dann kommt auch den von derselben Behörde erlassenen Verwaltungsvorschriften besonderes Gewicht bei der Auslegung der gesetzlichen Regelungen in diesem Bereich zu. Anlage C 11 der Lehrgangsgrundsätze enthält einen „Muster-Lehrplan“ für den Sonderlehrgang „Sprengen von Bauwerken und Bauwerksteilen“. Als Lehrgangsziel ist festgelegt, die Fachkunde für das Verwenden von Explosivstoffen einschließlich Zündmitteln zum Sprengen sowie von steinbrechenden Kartuschen der Kategorie P2 zum Niederlegen von Bauwerken und Bauwerksteilen zu vermitteln. Der Grundlehrgang „Allgemeine Sprengarbeiten“ (Anlage B 10) hingegen vermittelt nach Aussage der Lehrgangsgrundsätze Fachkunde allein für die Verwendung von Kartuschen der Kategorie P2 zum Aufbrechen und Zerkleinern von Gestein und unbelasteten Bauwerksteilen (z.B. Fundamenten) bis maximal 2,50 m Höhe. Das Bundesministerium des Innern erachtet demzufolge auch für die Niederlegung von Bauwerken mit Treibladungskartuschen einen Sonderlehrgang für erforderlich. Im Hinblick auf die Verordnungsermächtigung des Ministeriums kommt dieser Rechtsauffassung – wenn auch nur in einer Verwaltungsvorschrift geäußert – eine erhebliche Aussagekraft zu.
Vor diesem Hintergrund können die vom Betriebsleiter der Klägerin absolvierten Grundlehrgänge zum Nachweis der Fachkunde für das Niederlegen von Bauwerken und Bauwerksteilen mittels Treibladungskartuschen nicht ausreichen. Hieran ändern auch die von der Klägerin vorgebrachten Einwände nichts. Weder der Verweis auf das Fehlen entsprechender Lehrgänge (dazu aa)) noch der Hinweis auf § 32 1. SprengV (dazu bb)) oder auf die Technische Regel zum Sprengstoffrecht – Sprengarbeiten – (dazu cc)) vermögen der Klägerin über das Fehlen der notwendigen Fachkunde hinwegzuhelfen. Gleiches gilt, soweit sich die Klägerin auf das Europarecht (dazu dd)) sowie auf Äußerungen des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung beruft (dazu ee)). Auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ergeben sich keine Bedenken (dazu ff)).
aa) Dem Vortrag der Beteiligten lässt sich entnehmen, dass der Einsatz von Treibladungskartuschen zur Niederlegung von Gebäuden erst in den vergangenen Jahren durch technischen Fortschritt möglich wurde. Ursprünglich ließen sich Treibladungskartuschen nur zur Zerkleinerung von Gestein und Beton einsetzen. Bis zur Änderung der Lehrgangsgrundsätze bildete das vorhandene Lehrgangsangebot die erweiterten Einsatzmöglichkeiten von Treibladungskartuschen nicht ab: Lehrgänge, die die Zerlegung von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen behandelt hätten, existierten nicht.
Anders als die Klägerin meint, lässt sich hieraus aber kein Argument dafür gewinnen, dass bereits die vom Betriebsleiter der Klägerin besuchten Grundlehrgänge die erforderliche Fachkunde für die Niederlegung von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen vermittelt hätte. Dies folgt aus dem restriktiven Ansatz des Sprengstoffrechts. Das Sprengstoffgesetz enthält – wegen der mit explosionsgefährlichen Stoffen verbundenen, erheblichen Gefahren – in §§ 7 und 27 ein präventives Verbot für Umgang und Verkehr (Nöthlichs, SprengG, Stand: Dezember 2018, § 7 Nr. 1). Nur für den Fall, dass die begrenzt im Sprengstoffgesetz vorgesehenen Erlaubnistatbestände vollständig erfüllt sind, lässt das Gesetz Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen zu. Dieser Grundansatz des Sprengstoffrechts führt dazu, dass im Fall technischen Fortschritts neue Einsatzmöglichkeiten so lange verboten bleiben, bis die Voraussetzungen für eine Erlaubnis vorliegen. Entsteht wie hier ein neuer Einsatzzweck, liegen aber noch keine Lehrgänge vor, mittels derer sich eine Fachkunde auf dem neuen Tätigkeitsgebiet nachweisen ließe, dann gilt (solange die Fachkunde nicht anderweitig nachgewiesen wird) das präventive Verbot fort. Erst wenn die vom Gesetz vorgesehenen Erlaubnistatbestände, insbesondere im Hinblick auf die in § 9 SprengG geforderte Fachkunde, vollumfänglich gegeben sind, dann kommt eine Aufhebung des präventiven Verbots in Betracht.
Die Klägerin wird durch diesen einschränkenden Ansatz des Gesetzes nicht übermäßig belastet. Denn ungeachtet des bisherigen Fehlens entsprechender Lehrgänge hätte die Möglichkeit offengestanden, die Fachkunde ihres Betriebsleiters im Wege der Einzelprüfung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG nachzuweisen. Dem vorgelegten Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 13.3.2018 lässt sich zudem entnehmen, dass die Behörden einstweilen bereit gewesen wären, den Sonderlehrgang zum Sprengen von Bauwerken als Fachkundenachweis auch für die Niederlegung von Bauwerken und Bauwerksteilen mittels Treibladungskartuschen zu akzeptieren, soweit ein entsprechender Grundlehrgang für Treibladungskartuschen besucht wurde.
bb) Unbehelflich ist daneben der Einwand der Klägerin, die behördliche Forderung nach einem Sonderlehrgang für die Niederlegung von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen widerspreche der gesetzlichen Systematik und sei von § 32 Abs. 2 und 3 1. SprengV nicht vorgesehen. Die Klägerin argumentiert insoweit mit dem Wortlaut von § 32 Abs. 3 Nr. 1 1. SprengV, der einen Sonderlehrgang für die Sprengung von Bauwerken vorsieht. Dieser Begriff der Sprengung sei im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Nr. 14 SprengG, der eine Definition für Sprengarbeiten enthalte, so zu verstehen, dass eine Stoßwellenbildung vorausgesetzt werde. Beim Einsatz von Treibladungskartuschen einstünden allerdings keine Stoßwellen; der Vorgang stelle sich physikalisch vielmehr als Deflagration dar. Wenn aber § 32 Abs. 3 Nr. 1 1. SprengV nur einen Sonderlehrgang für die Sprengung und nicht für die Deflagration von Bauwerken vorsehe, dann könne die Behörde einen letzteren auch nicht fordern.
Mit dieser Argumentation vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesministerium des Innern, also die Erlassbehörde der Ersten Sprengstoffverordnung, den Folgerungen der Klägerin nicht beitritt. Denn das Ministerium hat sich in den Lehrgangsgrundsätzen für ermächtigt gehalten, die Niederlegung von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen zum Bestandteil des Sonderlehrgangs „Sprengung von Bauwerken und Bauwerksteilen“ zu machen. Wäre die Argumentation der Klägerin zutreffend, dann hätte das Bundesministerium damit seiner eigenen Verordnung zuwidergehandelt. Dass sich das Bundesministerium des Innern indes zu einem solchen Schritt berechtigt gesehen hat, macht deutlich, dass § 32 Abs. 3 Nr. 1 1. SprengV nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers die vom Klägerbevollmächtigten behauptete Beschränkung auf Sonderlehrgänge ausschließlich für die Sprengung von Bauwerken gerade nicht enthalten sollte. Hinzu kommt, dass die Legaldefinition der Sprengarbeiten erst durch eine Änderung vom 11.6.2017 in § 3 SprengG eingefügt wurde. Deshalb ist anzunehmen, dass die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Norm des § 32 Abs. 3 Nr. 1 1. SprengV – wie vom Beklagten dargestellt – einen älteren, umfassenderen Begriff der „Sprengung“ verwendet und die in § 3 Abs. 1 Nr. 14 SprengG enthaltene Beschränkung auf Explosionen in Form von Stoßwellenbildung gerade nicht nachvollzieht.
Daneben verkennt die Argumentation der Klägerin auch die systematische Struktur des § 32 1. SprengV. Denn zum einen ist die dort enthaltene Aufzählung von Lehrgängen nicht abschließend, wie sich aus dem Wort „insbesondere“ in den Einleitungssätzen von § 32 Abs. 2 und 3 1. SprengV ergibt. Aus dem Fehlen eines Sonderlehrgangs für die Deflagration von Bauwerken und Bauwerksteilen in § 32 Abs. 3 1. SprengV kann die Klägerin also nicht folgern, dass ein solcher vom Verordnungsgeber nicht gewollt war. Dies gilt umso mehr, als § 32 Abs. 1 1. SprengV als die den Aufzählungen vorangestellte, allgemeine Regelung ausdrücklich von Lehrgängen zur Vermittlung der Fachkunde für den Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen spricht. Der Begriff der explosionsgefährlichen Stoffe schließt Treibladungskartuschen mit ein. Schon aus diesem Grund kann es nicht an der von der Klägerin beanstandeten „Rechtsgrundlage“ für einen Sonderlehrgang für die Deflagration von Bauwerken fehlen. Richtigerweise genügt hierfür schon die allgemeine Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG, jedenfalls aber findet sich eine hinreichende „Ermächtigungsgrundlage“ in § 32 Abs. 1 1. SprengV.
cc) Ohne Erfolg bleibt daneben der Verweis des Klägerbevollmächtigten auf Teilziffer 1 Abs. 4 SprengTR 310, der die Verwendung pyrotechnischer Gegenstände aus dem Anwendungsbereich der Technischen Regel ausnimmt. Bei der Technischen Regel zum Sprengstoffrecht – Sprengarbeiten – handelt es sich um eine technische Norm, die den Stand der Technik abbildet und von einem Sachverständigenausschuss erarbeitet wurde. In diesem Kontext ist Teilziffer 1 Abs. 4 zu verstehen. Es mag technische Gründe geben, warum die Anwendung der Regel auf den Einsatz von Treibladungskartuschen nicht sinnvoll ist. Damit ist allerdings nichts darüber gesagt, welche rechtlichen Anforderungen an die Fachkunde für das Niederlegen von Bauwerken und Bauwerksteilen mittels solcher Kartuschen zu stellen sind. § 9 SprengG und die Technische Regel zum Sprengstoffrecht – Sprengarbeiten – betreffen zwei verschiedene Regelungsbereiche, die unabhängig voneinander zu betrachten sind. Einen Rückschluss auf die Notwendigkeit, die Fachkunde für das Niederlegen von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen nachzuweisen, erlaubt Teilziffer 1 Abs. 4 SprengTR 310 deshalb nicht.
dd) Ohne Erfolg wendet der Klägerbevollmächtigte schließlich ein, die behördliche Forderung nach einem Sonderlehrgang für die Niederlegung von Bauwerken mit Treibladungskartuschen verletze europäisches Recht, namentlich die Pyrotechnikrichtlinie und die Dienstleistungsfreiheit.
Im Hinblick auf die Pyrotechnikrichtlinie vermag das Gericht schon der vorgebrachten Argumentation nicht zu folgen. Der Klägerbevollmächtigte beruft sich auf Art. 3 Nr. 6 PyrotechnikRL, wonach als „Person mit Sachkenntnissen“ Personen definiert sind, die von einem Mitgliedsstaat die Genehmigung erhalten haben, auf dessen Hoheitsgebiet mit sonstigen pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie P2 umzugehen oder diese zu verwenden. Diese Verknüpfung von Gegenstand und Genehmigung werde – so der Klägerbevollmächtigte – in der Definition dieser pyrotechnischen Gegenstände in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii PyrotechnikRL widergespiegelt. Derartige Gegenstände dürften nach Art. 7 Abs. 3 Buchst. b PyrotechnikRL nur Personen mit entsprechenden Fachkenntnissen bereitgestellt werden. Der Klägerbevollmächtigte leitet aus diesen Vorschriften ab, dass „unionsrechtlich ebenfalls andere Anforderung [an] die Bereitstellung und damit auch den Umgang von pyrotechnischen Erzeugnissen bestehen.“
Der zuletzt gezogene Schluss von Anforderungen an die Bereitstellung auf Anforderungen an den Umgang ist allerdings unzulässig. Denn die genannten Vorschriften enthalten an keiner Stelle konkrete Erfordernisse für den Umgang mit pyrotechnischen Erzeugnissen; der Begriff der Fachkenntnisse wird nirgends näher definiert oder anhand bestimmter Kriterien konkretisiert. Einen Rückschluss auf die Anforderungen, die § 9 SprengG stellt, lassen die zitierten Normen deshalb nicht zu. Dass die Pyrotechnik-Richtlinie entsprechende Aussagen nicht enthält, ergibt sich bereits aus ihrem Regelungsgegenstand. Denn die Richtlinie betrifft den freien Verkehr mit pyrotechnischen Gegenständen im Binnenmarkt; sie harmonisiert hierzu bestehende Sicherheitsanforderungen. Damit setzt sie, wie sich bereits aus ihrem amtlichen Titel ergibt, bei der Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt an. Entsprechend bezweckt sie keinen personenbezogenen Schutz, wie dies die §§ 19 bis 21 SprengG tun. Sie regelt vielmehr die produktbezogenen Anforderungen, die an pyrotechnische Gegenstände zu stellen sind. Zentrale Vorschrift der Richtlinie ist Art. 4, der mit „Freier Warenverkehr“ überschrieben ist. Er verlangt, dass die Mitgliedstaaten die Bereitstellung auf dem Markt von pyrotechnischen Gegenständen, die den Anforderungen dieser Richtlinie genügen, nicht verbieten, beschränken oder behindern. Personenbezogene Anforderungen an den Umgang mit solchen Gegenständen spricht die Richtlinie nicht aus. Sie überlässt es vielmehr den Mitgliedstaaten, entsprechende Bedingungen aufzustellen. Schon aus diesem Grund können die vom Klägerbevollmächtigten zitierten Vorschriften der Pyrotechnik-Richtlinie für die hier zu entscheidende Frage, wie mit dem Fachkundeerfordernis des § 9 SprengG umzugehen ist, nichts hergeben.
Auch die europäischen Grundfreiheiten erfordern keinen Verzicht auf Sonderlehrgänge für die Niederlegung von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen. Soweit der Klägerbevollmächtigte einwendet, die behördlichen Anforderungen an die Fachkunde seien derart hoch, dass eine sinnvolle Verwendung von Treibladungskartuschen auf dem deutschen Markt nicht mehr in Betracht komme, hat das Gericht schon erhebliche Zweifel, dass diese Aussage in ihrer Allgemeinheit zutrifft. Denn auch in Deutschland kann die Fachkunde zur Niederlegung von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen erworben werden: Nunmehr besteht ein Lehrplan für entsprechende Lehrgänge; bereits vorher waren aber Einzelprüfungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG möglich. Auch hätte jedenfalls die bayerische Verwaltung ein Absolvieren des Grundlehrgangs für den Umgang mit Gegenständen der Kategorie P2, kombiniert mit dem Besuch eines Sonderlehrgangs zum Sprengen von Bauwerken und Bauwerksteilen, für den Nachweis entsprechender Fachkunde ausreichen lassen.
Bedenken im Hinblick auf die Grundfreiheiten – nahe läge hier nach dem Vortrag der Klägerin eigentlich vor allem die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV – wirft dieser Sachverhalt nicht auf. Namentlich bestehen im Hinblick auf die von der Klägerin ins Feld geführte Dienstleistungsfreiheit vorliegend keine Schwierigkeiten. Die Klägerin macht geltend, die Forderung nach einem Fachkundenachweis schränke ihre Möglichkeit, Bauwerksniederlegungen im Ausland anzubieten, ein. Die behördlicherseits geforderten, hohen Sicherheitsvorkehrungen für die Verwendung pyrotechnischer Erzeugnisse der Kategorie P2 machten im Zuständigkeitsbereich deutscher Behörden eine sinnvolle Verwendung dieser Gegenstände faktisch unmöglich. Dadurch werde gegen Art. 56 AEUV verstoßen. Fraglich ist angesichts dieses Vortrags, ob tatsächlich ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Denn offenbar will die Klägerin gerade die Behandlung „im Zuständigkeitsbereich der deutschen Behörden“ rügen. Insoweit ist der Schutzbereich der Grundfreiheiten für die Klägerin aber schon deshalb nicht eröffnet, weil lediglich die Behandlung eines Inländers durch die inländischen Behörden betroffen ist. Vor „Inländerdiskriminierungen“ schützt Art. 56 AEUV aber gerade nicht. Inwiefern der Klägerin außerhalb des Geltungsbereichs des Sprengstoffgesetzes Nachteile aus der beschränkten Erlaubnis nach § 7 SprengG entstehen könnten, hat sie nicht dargetan. Das Gericht geht davon aus, dass andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union die nach ihrem Recht vorgesehenen Prüfungen unabhängig von der deutschen Verwaltungsentscheidung durchführen würden. Jedenfalls ist eine solche einzelstaatliche Prüfung in Art. 3 Nr. 6 PyrotechnikRL vorgesehen. Eine beschränkende Wirkung auf die Erbringung von Dienstleistungen im Ausland kommt dem angegriffenen Bescheid deshalb nicht zu. Aber selbst wenn ein Eingriff in den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit vorläge, so wäre dieser doch gerechtfertigt. Denn für eine Rechtfertigung genügt bei unterschiedslos geltenden Maßnahmen bereits die Verfolgung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (EuGH, U.v. 3.10.2000 – Rs. C-58/98 – juris Rn. 35). Der von § 9 SprengG bezweckte Schutz von Leben, Gesundheit und Sachgütern ist ein solcher Grund.
ee) Unergiebig sind schließlich die klägerischen Verweise auf das Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 30.8.2012 und auf das Schreiben der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung vom 20.6.2013. Unabhängig davon, dass die dort geäußerten Rechtsauffassungen das Gericht nicht binden, legt der Akteninhalt für das erstgenannte Schreiben nahe, dass es vor dem Hintergrund der ursprünglich beschränkten Einsatzmöglichkeiten von Treibladungskartuschen verfasst wurde. Wenn es in dem Schreiben also heißt, die bestimmungsgemäße Verwendung von Treibladungskartuschen sei nicht vergleichbar mit der Verwendung von Explosivstoffen im Rahmen von Sprengverfahren, so kann daraus keine Aussage für die vorliegend streitgegenständliche Frage entnommen werden, ob die Niederlegung von Bauwerken mittels Treibladungskartuschen eine besondere Fachkunde voraussetzt. Das Schreiben der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung lässt hinsichtlich dieser Frage schon deshalb keinen Rückschluss zu, weil es sich um eine Stellungnahme „zum nicht-detonativen Zerstören von Gestein“ handelt. Die darin getroffenen Aussagen beziehen sich ausschließlich auf diesen Kontext und betreffen nicht die Niederlegung von Bauwerken.
ff) Auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten bestehen gegen die getroffene Einschränkung keine Bedenken. Die Klägerin lässt einen zweifachen Unverhältnismäßigkeitseinwand erheben: Zum einen sei die Beschränkung auf 2,5 m hohe, unbelastete Bauteile unverhältnismäßig (dazu 1)), zum anderen gingen die für eine Ausdehnung der Genehmigung auf das Niederlegen von Bauwerken und Bauwerksteilen geforderten Voraussetzungen zu weit (dazu 2)).
1) Nicht zu beanstanden ist zunächst, dass der Beklagte die Erlaubnis auf das Zerlegen statisch unbelasteter Bauwerksteile mit einer maximalen Höhe von 2,5 m beschränkt hat. Zwar werden danach – wie der Klägerbevollmächtigte vorträgt – in der Tat Mauern von 3 m Höhe anders behandelt als solche mit 2,5 m Höhe. Dennoch ist die getroffene Einschränkung dadurch nicht unverhältnismäßig. Denn eine vergleichbar unterschiedliche Behandlung wäre notwendige Folge auch jeder anderen ausgesprochenen Höhenbeschränkung. Sie stellt sich damit als unvermeidbare Konsequenz einer erforderlichen und zulässigen, abstrakt-generalisierenden Differenzierung dar. Dass sich der Beklagte bei der Wahl der 2,5 m-Grenze von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt, insoweit auf die Definition der Allgemeinen Sprengarbeiten bzw. der Bauwerkssprengung zurückgegriffen zu haben. Sie haben weiter darauf hingewiesen, dass sich die Grenze auch in Teilziffer 2 Abs. 3 SprengTR 310 findet. Auf dieser Grundlage bestehen keine Anzeichen für eine Sachwidrigkeit oder Unverhältnismäßigkeit der 2,5 m-Angabe.
Ein anderes gilt auch nicht deshalb, weil den vorgelegten Unterlagen des vom Betriebsleiter der Klägerin besuchten Lehrgangs eine Höhenbeschränkung bei der Zerkleinerung von Beton nicht entnommen werden kann. Denn die Fachkunde des Betriebsleiters der Klägerin auch für höhere Bauwerksteile folgt nicht bereits daraus, dass die Unterlagen keine entsprechende Einschränkung enthalten. Zu fordern ist vielmehr, dass sich die Vermittlung der für die Zerlegung höherer Teile erforderlichen Kenntnisse positiv aus den Unterlagen ergibt. Dies ist nicht der Fall: Die Unterlagen enthalten zur Zerkleinerung von Beton lediglich Ausführungen im Umfang von wenigen Zeilen, die sich zwar generell mit den (stofflichen) Besonderheiten von Beton, nicht aber mit der Zerlegung von Bauwerksteilen auseinandersetzen.
Die Einschränkung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Bezugnahme auf statisch unbelastete Bauteile zu unbestimmt ist. Der Begriff des statisch belasteten Bauteils wird auch in Teilziffer 2 Abs. 3 SprengTR 310 und in Anlage B 10 der Lehrgangsgrundsätze in Bezug genommen. Als Belastung werden alle äußeren Kraftgrößen und eingeprägten Verformungen bezeichnet, die auf ein Bauteil wirken (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Belastung _(Physik)). Die vom Klägerbevollmächtigten aufgeworfene Frage, wann ein Bauteil belastet ist und wann nicht, ist vor diesem Hintergrund und unter Zugrundelegung der anerkannten Grundsätze der Statik zu beantworten. Dass der Begriff keinen hinreichend bestimmbaren Inhalt hätte oder mit der genannten Formulierung schlechterdings jedes Bauteil (infolge einer „Selbstbelastung“) ausgenommen wäre, ist in Anbetracht dessen nicht ersichtlich.
2) Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, dass Nr. III Spiegelstrich 1 des streitgegenständlichen Bescheids für die Verwendung von Treibladungskartuschen zur Sprengung von Bauwerken und Bauwerksteilen die Fachkunde gemäß einem Sonderlehrgang nach Anlage C 11 der Lehrgangsgrundsätze fordert. Dieser Ausspruch enthält bei der gebotenen Auslegung eine aufschiebende Bedingung für die in Nr. II Spiegelstrich 2 erlaubte Tätigkeit. Sie geht in ihrer Reichweite nicht über das in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG vorgesehene Fachkundeerfordernis hinaus und wiederholt damit letztlich nur eine ohnehin schon kraft Gesetzes bestehende Einschränkung.
Unbehelflich ist insoweit der Einwand des Klägerbevollmächtigten, dass die Klägerin als juristische Person einen Sonderlehrgang nicht besuchen könne. Denn die genannte Bestimmung macht den Inhalt der Erlaubnis nicht davon abhängig, dass die Klägerin selbst einen entsprechenden Lehrgang besucht. Sie stellt ihrem Wortlaut nach vielmehr darauf ab, dass die Fachkunde entsprechend einem solchen Sonderlehrgang nachgewiesen wird. Der Klägerin verbleiben angesichts dieser Formulierung alle vom Gesetz in § 8 Abs. 1 SprengG in personeller Hinsicht vorgesehenen Möglichkeiten. Es kommt danach insbesondere nicht auf einen Kursbesuch der Klägerin selbst an. Vielmehr genügt beispielsweise, dass der Betriebsleiter der Klägerin einen entsprechenden Lehrgang besucht.
Unschädlich ist darüber hinaus, dass die Bestimmung in Nr. III Spiegelstrich 1 des Erlaubnisdokuments die Möglichkeit der Einzelprüfung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG ebenso wenig ausdrücklich erwähnt wie die des Nachweises praktischer Tätigkeit gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SprengG. Denn die vom Beklagten gewählte Formulierung hebt auf „die Fachkunde gemäß eines Sonderlehrgangs nach Anlage C11“ der Lehrgangsgrundsätze ab. Damit ist nicht ausgesprochen, dass die Fachkunde nur durch den Besuch eines solchen Lehrgangs nachgewiesen werden kann. Vielmehr ergibt sich bei der gebotenen Auslegung, dass die Behörde zwar auf die im Lehrgang vermittelten Inhalte verweisen wollte, die zum Nachweis entsprechender Kenntnisse möglichen Wege aber nicht beschränkt hat. Hätte sie nur den Besuch des Lehrgangs für ausreichend erachtet, so hätte sie beispielsweise die „Fachkunde aus dem Sonderlehrgang“ fordern oder den Besuch des Sonderlehrgangs explizit verlangen müssen. Die Einzelprüfung und der Nachweis über eine praktische Tätigkeit bleiben danach möglich.
b) Rechtmäßig ist auch die Beifügung der Anzeigeverpflichtung in Nr. III Spiegelstrich 2 des Bescheids vom 1.4.2019. Eine entsprechende Pflicht zur Anzeige besteht bereits nach § 1 3. SprengV (dazu aa)). Der Beklagte war berechtigt, ihre Einhaltung im Wege der Auflage gemäß § 10 Satz 1 SprengG gesondert anzuordnen, weil dies zum Schutz der dort genannten Gefahren erforderlich war (dazu bb)). Die Auflage verletzt auch nicht die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit der Klägerin oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dazu die cc)).
aa) Eine Verpflichtung, die Verwendung pyrotechnischer Gegenstände zur Durchführung von allgemeinen Sprengarbeiten oder zum Niederlegen von Bauwerken und Bauwerksteilen innerhalb der im Bescheid genannten Fristen bei der zuständigen Behörde anzuzeigen, trifft die Klägerin bereits aufgrund von § 1 3. SprengV. Danach muss die verantwortliche Person der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch anzeigen, wenn mit explosionsgefährlichen Stoffen gesprengt werden soll. Diese Verpflichtung gilt ungeachtet des Wortlauts, der von Sprengungen spricht, auch für die Deflagration mit Treibladungskartuschen.
Die Klägerin wendet ohne Erfolg ein, dass der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 Nr. 14 SprengG den Begriff der Sprengarbeiten als mit Druckwellenbildung verbunden und damit die Deflagration ausschließend definiert habe. Zu berücksichtigen ist insoweit zunächst, dass § 1 3. SprengV nicht von Sprengarbeiten, sondern von „sprengen“ spricht. An einer eindeutigen Bezugnahme der Dritten Sprengstoffverordnung auf § 3 Abs. 1 Nr. 14 SprengG fehlt es also bereits. Im Übrigen hat das Gericht bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass die Legaldefinition der Sprengarbeiten erst durch eine Änderung vom 11.6.2017 in § 3 SprengG eingefügt wurde. Die hier entscheidenden Formulierungen der Dritten Sprengstoffverordnung stammen hingegen aus dem Jahr 1978. Die Kammer tritt aus diesem Grund der Einschätzung des Beklagten bei, dass der Begriff des Sprengens, wie er in § 1 3. SprengV verwendet wird, mit dem Begriff der Sprengarbeiten nicht deckungsgleich ist, sondern einen weiteren, nicht auf Druckentwicklung und Stoßwellenbildung beschränken Inhalt hat. Angesichts dieses bereits vorher feststehenden Begriffsgehalts kann aus der späteren Einfügung von § 3 Abs. 1 Nr. 14 SprengG für Anwendungsbereich der Dritten Sprengstoffverordnung nichts gefolgert werden. Die amtliche Begründung zum Entwurf des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sprengstoffgesetzes (BT-Drucks. 18/10455) enthält auch keinerlei Hinweis darauf, dass zugleich eine konkludente Änderung der Dritten Sprengstoffverordnung beabsichtigt war. Im Übrigen hätte eine solche auch nicht dem Gesetzgeber, sondern den zuständigen Bundesministerien oblegen.
Dass der Begriff des Sprengens in § 1 3. SprengV auch die Verwendung von Treibladungskartuschen einschließt, wird daneben durch den systematischen Zusammenhang der Norm klargestellt. Denn die Anzeigepflicht gilt für das „Sprengen mit explosionsgefährlichen Stoffen“. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Einsatz der als explosionsgefährliche Stoffe eingeordneten Treibladungskartuschen technisch mit einer Deflagration einhergeht und deshalb den Begriff der Sprengarbeiten in § 3 Abs. 1 Nr. 14 SprengG nicht erfüllt. Dieser Zusammenhang spricht indes dafür, dass auch die Verwendung von Treibladungskartuschen § 1 3. SprengV unterfällt. Denn wenn die Ansicht des Klägerbevollmächtigten richtig wäre, dass „Sprengen“ im Sinne von Sprengarbeiten zu verstehen und ein Sprengen mit explosionsgefährlichen Stoffen deshalb schon begrifflich ausgeschlossen ist (ebenso aber Nöthlichs, SprengG, Stand: Dezember 2018, § 1 3. SprengV Nr. 3.2), dann wäre die ausdrückliche Aufnahme dieser Stoffe in § 1 Abs. 1 3. SprengV sinnwidrig.
Hinzu kommt, dass der Klägerbevollmächtigte im Hinblick auf die vermeintliche Nichtanwendbarkeit des § 1 3. SprengV explizit mit den stofflichen Besonderheiten der Treibladungskartuschen argumentiert. Dem steht die Entscheidung des Verordnungsgebers entgegen, in substanztechnischer Hinsicht auf die am weitesten reichende Kategorie der explosionsgefährlichen Stoffe abzustellen. Die Argumentation des Klägerbevollmächtigten, Treibladungskartuschen seien wegen ihrer physikalischen Wirkung nicht als Explosivstoffe einzuordnen und damit nicht von § 1 3. SprengV zu erfassen, steht folglich der Entscheidung des Verordnungsgebers gegenüber, sämtliche explosionsgefährlichen Stoffe einer Anzeigepflicht zu unterwerfen. Dieses Ergebnis bestätigt auch § 25 Nr. 6 SprengG, die Rechtsgrundlage der Dritten Sprengstoffverordnung. Die Norm enthält keine Beschränkung auf bestimmte Arten explosionsgefährlicher Stoffe. Sie ermächtigt das zuständige Bundesministerium vielmehr allgemein zum Schutz von Leben, Gesundheit und Sachgütern Beschäftigter und Dritter, für den Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen und mit Sprengzubehör Anzeigepflichten vorzusehen. Dass die Klägerin hier eine ganze Stoffkategorie aus dem Anwendungsbereich der Dritten Sprengstoffverordnung ausschließen will, dürfte der Absicht von Gesetz- und Verordnungsgeber daher nicht entsprechen.
Aus dem soeben geschilderten Telos ergibt sich ein abschließendes Argument dafür, warum § 1 3. SprengV auch Deflagrationen erfassen muss. Denn der Schutzzweck der Anzeigepflicht bezieht sich allgemein auf die Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter, die aus dem Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen erwachsen können. Die Verpflichtung dient der Prävention und soll den Anzeigepflichtigen veranlassen, rechtzeitig zu ermitteln, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und muss (Nöthlichs, SprengG, Stand: Dezember 2018, § 1 3. SprengV Nr. 3.2). Daneben sollen der zuständigen Behörde durch die Mitteilung eine rechtzeitige Prüfung sowie ein etwaiges behördliches Einschreiten ermöglicht werden. Diese Zielsetzungen beanspruchen Gültigkeit unabhängig davon, ob bei einem Gebäudeabbruch Explosivstoffe oder Treibladungskartuschen zum Einsatz kommen. Veranschaulicht wird dies durch § 1 Abs. 2 Satz 2 3. SprengV, demzufolge in der Anzeige unter anderem die Entfernung der Sprengstelle zu besonders schutzbedürftigen Gebäuden und Anlagen, die Sicherungsmaßnahmen, insbesondere die Deckungsräume für Beschäftigte, die Absperrmaßnahmen an Verkehrswegen und die Schutzmaßnahmen gegen Steinflug, Erschütterungen, Sprengschwaden und Lärm anzugeben sind. Weil diese Aspekte beim Einsatz von Treibladungskartuschen in ähnlicher Weise relevant sind wie bei konventionellen Sprengarbeiten, muss die Anzeigepflicht nach § 1 3. SprengV für die Verwendung von Treibladungskartuschen in gleicher Weise gelten wie für die Verwendung von Explosivstoffen.
bb) Der Beklagte war berechtigt, die Anzeigepflicht im Wege des § 10 Satz 1 SprengG der Erlaubnis nach § 7 SprengG als Auflage beizufügen. Nach § 10 Satz 1 SprengG kann die Erlaubnis mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um Leben, Gesundheit und Sachgüter Beschäftigter oder Dritter gegen die aus dem Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen entstehenden Gefahren zu schützen. Eines Rückgriffs auf § 10 Satz 2 SprengG, auf den die Regierung der Oberpfalz in der Begründung ihres Bescheids abgestellt hat, bedurfte es hier nicht. Denn die Auflage ist der Erlaubnis bereits bei Erlass und damit nicht nachträglich beigefügt worden.
Die von § 10 Satz 1 SprengG formulierten Voraussetzungen lagen hier vor. Die Anzeigepflicht nach der Dritten Sprengstoffverordnung dient nach dem oben Festgestellten dem Schutz der in § 10 Satz 1 SprengG in Bezug genommenen Rechtsgüter. Zugleich war die Beifügung als Auflage auch erforderlich. Zwar wendet die Klägerin ein, es hätte der Auflage nicht bedurft, wenn – wie der Beklagte meine – schon die Dritte Sprengstoffverordnung auf Deflagrationen Anwendung finde. Die Klägerin übersieht indes, dass sie selbst die Anwendbarkeit des § 1 3. SprengV auf Deflagrationen explizit verneint und ihre Abbrucharbeiten folglich als nicht in den Anwendungsbereich der Dritten Sprengstoffverordnung fallend angesehen hat. In einem derartigen Fall, in dem der Normunterworfene die Geltung der Norm für sich in Frage stellt, ist die explizite Auferlegung der betreffenden Pflichten im Wege der Auflage erforderlich.
Unabhängig davon hätte die streitgegenständliche Anzeigepflicht selbst dann angeordnet werden können, wenn die Klägerin den Verpflichtungen der Dritten Sprengstoffverordnung nicht unterliegen würde. Die Behördenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Anzeigepflicht den Behörden eine rechtzeitige Prüfung und ein etwaiges Einschreiten, aber auch die Information der relevanten Stellen ermöglichen soll. Aus dem oben Dargestellten ergibt sich, dass auch durch den Einsatz von Treibladungskartuschen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter Beschäftigter und Dritter entstehen können, etwa unter den Aspekten der Sicherungsmaßnahmen, insbesondere der Deckungsräume für Beschäftigte, der Absperrmaßnahmen an Verkehrswegen und der Schutzmaßnahmen gegen Steinflug, Erschütterungen, Sprengschwaden und Lärm. Diese Gefahren genügen, um die Möglichkeit einer entsprechenden Auflage nach § 10 Satz 1 SprengG zu eröffnen.
cc) Die Anzeigepflicht wirft keine Bedenken im Hinblick auf die Grundrechte der Klägerin, namentlich nicht hinsichtlich ihrer Berufsfreiheit auf. Zwar steht der Klägerin als inländischer juristischer Person gemäß Art. 19 Abs. 3 GG das Grundrecht aus Art. 12 GG zu. Es ist aber vorliegend nicht verletzt. Denn die Anzeigepflicht ist weder eine subjektive noch eine objektive Berufswahlregel. Vielmehr hat der Verordnungsgeber mit ihr lediglich die Art und Weise der Berufstätigkeit geregelt, weshalb es sich um eine bloße Berufsausübungsregelung handelt (BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – NJW 1958, 1035/1038). Derartige Regelungen sind bereits zulässig, wenn sie aufgrund vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig erscheinen (BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – NJW 1958, 1035/1038). Für die streitgegenständliche Auflage liegen solche rechtfertigenden Gemeinwohlbelange vor.
Das Gericht verkennt nicht, dass die verfügte Anzeigepflicht durchaus eine Beschränkung der klägerischen Berufsausübung bedeutet. Die Verpflichtung bringt einen zusätzlichen administrativen Aufwand mit sich und kann auch mit Verzögerungen für die Abbrucharbeiten einhergehen, etwa wenn sich kurzfristig ein Bedürfnis zum Einsatz von Treibladungskartuschen zeigt. Auch hat der Klägerbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass Vollzugsunterschiede zwischen den Ländern bestünden und Konkurrenten der Klägerin aus anderen Bundesländern nicht mit derartigen Anzeigepflichten beschwert würden. Dessen ungeachtet dürfte die Klägerin durch die Auflage in einem eher geringen Maß belastet werden. Das Gericht teilt nicht die Einschätzung der Klägerin, dass durch die Vielzahl an durchgeführten Abbruchmaßnahmen eine immense Zahl an Anzeigen erforderlich wäre. Der Geschäftsführer der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung Angaben zu den von ihm und seinen Befähigungsscheininhabern durchgeführten Abbruchmaßnahmen gemacht. Die genannten Zahlen waren zwar in der Tat hoch, bezogen sich aber auf maschinelle Abbruchmaßnahmen, für die die verfügte Anzeigepflicht nicht eingreift. Hinzu kommt, dass während der schwebenden Gerichtsverfahren entsprechende Einsätze von Treibladungskartuschen nicht erfolgen durften. Dass ungeachtet dessen nicht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht wurde, lässt daran zweifeln, dass die Zahl der anzuzeigenden Deflagrationen tatsächlich in einem unzumutbaren Rahmen läge. Was die vom Kläger aufgeworfene Frage nach drohenden Verzögerungen anbelangt, erscheint dem Gericht der Hinweis des Beklagten beachtenswert, dass die in der Auflage vorgesehenen Vorlauffristen in dringenden Fällen gegen eine Verwaltungsgebühr von 75,- EUR abgekürzt werden könnten und dann in der Regel binnen zwei bis drei Tagen eine behördliche Freigabe vorliege. Berücksichtigt man zusätzlich, dass sich die Notwendigkeit zum Einsatz von Treibladungskartuschen nicht regelmäßig erst so kurzfristig zeigen dürfte, dann erscheint die durch die Anzeigepflicht bewirkte Belastung nicht unzumutbar hoch. Soweit der Kläger schließlich geltend macht, dass Konkurrenten aus anderen Bundesländern entsprechenden Pflichten nicht unterlägen, ist zunächst der Einwand des Beklagten zu beachten, dass beispielsweise in Nordrhein-Westfalen ebenfalls Anzeigeauflagen verfügt würden. In rechtlicher Hinsicht gilt zudem, dass der Gleichbehandlungsanspruch des Klägers nur individuell gegenüber dem jeweils handelnden Hoheitsträger gilt und die Anzeigeverpflichtung nach Auffassung der Kammer bundeseinheitlich bereits aus § 1 3. SprengV folgt.
Diesen in ihrer Intensität überschaubaren Auswirkungen steht der mit der Anzeigepflicht bezweckte Schutz von Leben, Gesundheit und Sachgütern gegenüber. Es handelt sich namentlich bei Leben und Gesundheit um hochrangige Rechtsgüter, die in besonderer Weise dem Schutz der Verfassung unterstehen. Durch die Anzeigepflicht wird die Behörde in die Lage versetzt, präventiv die Einhaltung der nötigen Schutzmaßnahmen zu überprüfen und im Fall von Gefahren regulierend einzugreifen. Hinzu tritt der Aspekt, dass die relevanten Stellen vorab über die anstehenden Arbeiten informiert werden können, um so im Fall von Nachfragen aus der Bevölkerung bei Polizei und Feuerwehr entsprechend reagieren zu können. Die Anzeigepflicht ist zur Erreichung beider Ziele ein geeignetes und erforderliches Mittel. Sie ist angesichts ihrer eher geringen Auswirkungen auf die Klägerin zum Schutz der betroffenen, hochrangigen Rechtsgüter auch angemessen.
II.
Erfolglos bleibt schließlich der Hilfsantrag, mit dem die Klägerin einen Anspruch auf erneute Verbescheidung geltend macht. Die im Bescheid vom 1.4.2019 enthaltenen Einschränkungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (dazu I.). Sie hat daher keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
III.
Der höchst hilfsweise gestellte Antrag auf isolierte Aufhebung der Nebenbestimmungen in Nr. III des Erlaubnisdokuments vom 29.3.2019, ist unzulässig, soweit er sich auf Nr. III Spiegelstrich 1 bezieht. Insoweit handelt es sich um den untrennbaren Bestandteil einer Inhaltsbestimmung, die nicht isoliert angefochten werden kann (dazu I.). Soweit sich die Anfechtungsklage gegen Nr. III Spiegelstrich 2 wendet, ist sie zulässig, aber unbegründet. Die Auflage ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (dazu I.b)), weshalb eine Aufhebung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht in Betracht kommt.
IV.
Rechtsgrundlage der Kostenentscheidung ist § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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