Europarecht

Erlöschen eines altrechtlichen Wasserrechts

Aktenzeichen  8 ZB 19.2464

Datum:
10.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZfWassR – 2021, 126
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2, § 21 Abs. 2
WHG aF § 16 Abs. 2
BayWG § 75 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein Altrecht ist im Sinne des § 16 Abs. 2  WHG 1960 „bekannt geworden“, wenn es der für die Führung des Wasserbuchs örtlich zuständigen Wasserrechtsbehörde in einer Weise aktenkundig wird, dass eine Eintragung von Amts wegen nach § 16 Abs. 1 WHG 1960 erfolgen konnte. Die allgemeine behördliche Kenntnis von der Existenz einer Benutzungsanlage genügt hierfür nicht; Art und Umfang des alten Rechts müssen sich aus Genehmigungsakten, Eintragungen in alten Wasserbüchern oder sonstigen Urkunden hinreichend konkret entnehmen lassen.   (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG 1960 bestimmt, dass im Grundbuch eingetragene Rechte, die weder angemeldet noch bekanntgeworden sind, nicht nach Satz 2 der Vorschrift erlöschen sollen. War zur Gewässerbenutzung nach altem Recht eine wasserrechtliche Gestattung erforderlich, muss die Grundbucheintragung auch deren Vorliegen erkennen lassen. War die Gewässerbenutzung nach altem Recht gestattungspflichtig, ist die erteilte öffentlich-rechtliche Gestattung ein notwendiges Element des alten Rechts, sodass sich das Eintragungserfordernis auch hierauf erstreckt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 7 K 18.529 2019-10-24 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger, ein kreisangehöriger Markt, begehrt die Feststellung seines Rechts zum Ableiten von Quellwasser zum Zweck der öffentlichen Trinkwasserversorgung.
Mit Beschluss vom 26. Juni 1913 erteilte das ehemalige Königliche Bezirksamt Teuschnitz dem Kläger die wasserrechtliche Erlaubnis zur Ableitung von 144 l/min Wasser aus den Quellen Hermesgrün I a, I b und I c sowie Salzalösla II und II a.
Im Jahr 1914 wurde die Wasserversorgungsanlage unter der „Oberleitung“ des früheren Bayer. Landesamts für Wasserversorgung erbaut. Bis heute münden die Zuläufe der nördlich des Ortsteils Hermesgrün liegenden Fassungen der Quellen Hermesgrün I a und I b (Landkreis Kronach) sowie I c (Landkreis Hof) im (Quell-)Sammelschacht I. Von dort wurde das gesammelte Wasser über eine ca. 1.000 m lange Leitung westwärts zum Sammelschacht II geführt. Dort mündet der Zulauf aus der – westlich der Quellen Hermesgrün gelegenen – Quelle II Salzalösla; das Sammelbecken diente zudem als Zwischenbehälter (20 m3). Von Anfang an nicht an die Anlage angeschlossen wurde die südlich der Quelle II austretende Quelle II a (Salzalösla). Vom Sammelschacht II wurde das Wasser mit einer ca. 4 km langen Leitung (Nennweite 100 mm) zunächst in den Hochbehälter Grund und weiter Richtung Ortsmitte geführt.
Im Jahr 1949/50 wurde die bestehende Leitung (100 mm) zwischen Sammelschacht I und II nach Einholung einer gutachterlichen Äußerung des früheren Bayer. Landesamts für Wasserversorgung durch eine neue Leitung (125 mm) ersetzt. Mit dem Austausch sollte die Kapazität der infolge sog. Inkrustation verengten Leitung wieder erhöht werden; zuvor lief ein großer Teil des Wassers am Sammelschacht I ab.
Am 29. Dezember 1977 beantragte der Kläger beim Landratsamt Kronach die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets. Daraufhin bat dieses das Landratsamt Hof mit Schreiben vom 21. Februar 1978 um Mitteilung, ob dort ein Vorgang zu einem wasserrechtlichen Verfahren für die Wasserversorgungsanlage des Klägers vorliege oder ein solches dort durchgeführt worden sei. Das Landratsamt Hof übersandte dem Landratsamt Kronach unter dem 18. April 1978 die einschlägigen Unterlagen, u.a. den Beschluss des ehemaligen Königlichen Bezirksamts Teuschnitz vom 26. Juni 1913.
Die Wasserversorgungsanlage wurde ab dem Jahr 2007 aufgrund wiederholter bakteriologischer Belastungen nicht mehr genutzt. Die Trinkwasserversorgung des Klägers erfolgt seitdem für alle Ortsteile durch Anschluss an die Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO). Bereits längere Zeit zuvor waren die Quellen Hermesgrün I c und Salzalösla II nicht mehr in die Trinkwasserversorgung eingespeist worden.
Seit dem Jahr 2009 beabsichtigt der Kläger, die Quellen Hermesgrün I a und I b wieder in seine Trinkwasserversorgung einzubinden. Seinen Antrag vom 6. Oktober 2011 auf Erteilung einer gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis für das Zutagefördern und Ableiten von Grundwasser aus diesen Quellen nahm er unter dem 14. Oktober 2014 unter Hinweis auf sein Wasserrecht aus dem Beschluss vom 26. Juni 1913 zurück. Seitdem streiten die Beteiligten über das Fortbestehen eines Altrechts.
Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat die Feststellungsklage des Klägers, dass ihm ohne das Erfordernis einer Erlaubnis oder Bewilligung nach § 8 WHG das Recht zum Fassen und Ableiten des Quellwassers aus den Quellen Hermesgrün I a und I b zustehe, mit Urteil vom 24. Oktober 2019 abgewiesen. Das Altrecht aus dem Jahr 1913 sei aus mehreren – selbständig tragenden – Gründen erloschen. Im maßgeblichen Überleitungszeitraum zwischen dem 12. August 1957 und 1. März 1965 sei die Anlage nicht rechtmäßig gewesen. Durch Vergrößerung der Leitung zwischen Sammelschacht I und II (Hochbehälter Salzalösla) von 100 mm auf 125 mm sei die Anlage wesentlich geändert worden, weil damit mehr als die erlaubte Höchstwassermenge von 144 l/min abgeleitet werden konnte und überschüssiges Wasser erst rund 1 km unterhalb der Ausleitungsstelle in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt worden sei. Das Altrecht sei dem Landratsamt Kronach als zuständiger Wasserrechtsbehörde erst im Jahr 1977/78, also nach Ablauf der Anmeldefrist, bekannt geworden und auch nicht durch Grundbucheintragung aufrechterhalten worden. Der Eintrag habe die zugrundeliegende öffentlich-rechtliche Gestattung nicht erkennen lassen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter; er beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist nicht hinreichend dargelegt oder liegt nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Zulassungsantrag stellt keinen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Ersturteils durch schlüssige Gegenargumente infrage (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Solche sind nicht erst dann gegeben, wenn der Erfolg des Antrags auf Zulassung der Berufung wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (BVerfG, B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 – juris Rn. 22). Bei der Beurteilung ist nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung abzustellen (BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 40; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Ist die erstinstanzliche Entscheidung – wie hier (vgl. UA S. 16) – selbständig tragend mehrfach begründet, kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt wird und vorliegt (BayVGH, B.v. 11.3.2020 – 8 ZB 18.2397 – ZEV 2020, 783 = juris Rn. 16; vgl. auch BVerwG, B.v. 22.4.2020 – 10 B 18.19 = juris Rn. 7 zu § 132 Abs. 2 VwGO, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
1. Der Zulassungsantrag zieht die verwaltungsgerichtliche Auffassung, die dem Kläger mit Beschluss vom 26. Juni 1913 nach Art. 19 BayWG 1907 erteilte wasserrechtliche Gestattung sei nach § 21 Abs. 2 Satz 2 WHG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 WHG in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung (WHG 1960) erloschen, weil dieses alte Recht nicht rechtzeitig angemeldet, dem Landratsamt Kronach bekannt geworden oder im Grundbuch eingetragen worden sei, nicht ernstlich in Zweifel.
Wie sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WHG 1960 ergibt, blieb ein altes Gewässerbenutzungsrecht, das von seinem Inhaber nicht fristgerecht angemeldet worden war, nach Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes am 1. März 1960 nur dann dauerhaft bestehen, wenn es bis zum Ablauf der Anmeldungsfrist des § 16 Abs. 2 Satz 1 WHG (vgl. dazu Art. 97 BayWG a.F. und Nr. 2.1.17.1 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts [VVWas] vom 27.1.2014, AllMBl. S. 57) bekannt geworden war.
1.1 Das Verwaltungsgericht hat ein „Bekanntwerden“ des alten Rechts im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 WHG 1960 rechtsfehlerfrei verneint.
Ein Altrecht ist „bekannt geworden“, wenn es der für die Führung des Wasserbuchs örtlich zuständigen Wasserrechtsbehörde in einer Weise aktenkundig wird, dass eine Eintragung von Amts wegen nach § 16 Abs. 1 WHG 1960 erfolgen konnte (BayVGH, U.v. 5.8.2003 – 22 B 00.2918 – NVwZ 2004, 368 = juris Rn. 27 ff.; zustimmend Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand August 2019, § 21 WHG Rn. 35; Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand Juli 2020, § 21 WHG Rn. 26). Die allgemeine behördliche Kenntnis von der Existenz einer Benutzungsanlage genügt hierfür nicht; Art und Umfang des alten Rechts müssen sich aus Genehmigungsakten, Eintragungen in alten Wasserbüchern oder sonstigen Urkunden hinreichend konkret entnehmen lassen (vgl. Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, a.a.O., § 21 WHG Rn. 35). Nur so ist sichergestellt, dass eine wasserwirtschaftliche Prüfung alter Rechte vor ihrer Eintragung in das Wasserbuch erfolgen kann (vgl. BT-Drs. II/2072 S. 27).
Der Zulassungsantrag stellt nicht infrage, dass das zuständige Landratsamt Kronach entsprechende Unterlagen, insbesondere den Beschluss des ehemaligen Königlichen Bezirksamts Teuschnitz vom 26. Juni 1913, erst am 20. April 1978 (vgl. Behördenakte II S. 510) erhalten hat (vgl. UA S. 26). Soweit er anführt, dem Landratsamt Kronach sei bereits in den Jahren 1949/50 die Wasserversorgungsanlage des Klägers bekannt gewesen (vgl. Anzeige des Wasserleitungsumbaus vom 14.2.1950, Behördenakte I S. 391), verkennt er die aufgezeigten Anforderungen, die an ein rechtserhaltendes „Bekanntwerden“ im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 WHG 1960 zu stellen sind (vgl. oben Rn. 16). Ohne Kenntnis des wasserrechtlichen Beschlusses vom 26. Juni 1913 war es dem Landratsamt Kronach nicht möglich, insbesondere den Rechtsgrund sowie den Inhalt und Umfang des alten Rechts (Ableitung von maximal 144 l/min) zu erkennen (vgl. demgegenüber die Eintragung im Wasserbuch des früheren Landratsamts Naila vom 26.2.1970 betreffend das Ableiten aus der Quelle Hermesgrün I c auf Grundstück FlNr. 894 Gemarkung Langenbach, Behördenakte II S. 525). Die Kenntnis des früheren Landesamts für Wasserversorgung, das die Errichtung und Änderung der Wasserversorgungsanlage geleitet hatte, ist rechtlich unerheblich, weil das Wissen anderer Stellen der das örtliche Wasserbuch führenden Behörde nicht zuzurechnen ist (BayVGH, U.v. 5.8.2003 – 22 B 00.2918 – NVwZ 2004, 368 = juris Rn. 29).
1.2 Nicht ernstlich zweifelhaft ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Recht zur Ableitung von Quellwasser aus den streitgegenständlichen Quellen Hermesgrün I a und I b sei nicht nach § 21 Abs. 2 Satz 2 WHG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG 1960 durch Eintragung im Grundbuch aufrechterhalten worden.
Das Vorbringen, das Erstgericht habe § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG 1960 rechtsfehlerhaft eingeschränkt, indem es verlangt habe, dass die Grundbucheintragung die öffentlich-rechtliche Gestattung zur Ableitung von Quellwasser (Beschluss vom 26.6.1913) erkennen lasse (vgl. UA S. 27), verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg.
1.2.1 § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG 1960 bestimmt, dass im Grundbuch eingetragene Rechte, die weder angemeldet noch bekanntgeworden sind, nicht nach Satz 2 der Vorschrift erlöschen sollen. War zur Gewässerbenutzung nach altem Recht – wie hier gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 BayWG 1907 – eine wasserrechtliche Gestattung erforderlich, muss die Grundbucheintragung auch deren Vorliegen erkennen lassen (VG Würzburg, U.v. 24.2.2015 – W 4 K 14.928 – juris Rn. 28; Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, § 21 WHG Rn. 29; Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand August 2019, § 21 WHG Rn. 35; wohl a.A. Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 21 Rn. 14). Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes. Da § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG 1960 im Grundbuch eingetragene Rechte vom Anwendungsbereich des Satzes 2 ausnimmt, können mit dem verwendeten Begriff „Rechte“ nur „alte Rechte“ (wie Satz 2) gemeint sein. War die Gewässerbenutzung nach altem Recht gestattungspflichtig, ist die erteilte öffentlich-rechtliche Gestattung ein notwendiges Element des alten Rechts, sodass sich das Eintragungserfordernis auch hierauf erstreckt (vgl. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, § 21 WHG Rn. 29). Diese grammatikalische Auslegung wird auch dem gesetzgeberischen Ziel, es den Wasserrechtsbehörden zu ermöglichen, die überkommenen Altrechte zu überblicken, zu kontrollieren und zu ordnen (vgl. BT-Drs. II/2072 S. 27 und BT-Drs. II/3536 S. 12) und damit Rechtsklarheit über deren Fortbestand zu schaffen (vgl. BayVGH, U.v. 5.8.2003 – 22 B 00.2918 – NVwZ 2004, 368 = juris Rn. 27), am besten gerecht.
1.2.2 Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass Nutzungsrechte, die öffentlich-rechtlichen Charakter haben, nicht eintragungsfähig sind (BayObLG, U.v. 6.12.1983 – RReg 2 Z 215/81 – BayVBl 1983, 665 = juris Rn. 59; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 1175). In das Grundbuch eingetragen wird die privatrechtliche beschränkt persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB); dass ihr Eintrag die für die Gewässerbenutzung erteilte wasserrechtliche Gestattung erkennen lassen soll, bedeutet nicht, dass letztere das Eintragungsobjekt wäre. Abgesehen davon verlangt das Erfordernis der Eintragung im Grundbuch nicht, dass sich die Existenz der öffentlich-rechtlichen Gestattung aus dem Eintragungsvermerk selbst ergibt. Ausreichend ist, wenn sich dies für einen unbefangenen Betrachter aus der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ergibt (vgl. BGH, B.v. 17.1.2019 – V ZB 81/18 – DNotZ 2019, 680 = juris Rn. 14; U.v. 3.5.2002 – V ZR 17/01 – NJW 2002, 3021 = juris Rn. 11).
1.2.3 Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Eintragungsvermerk im Grundbuch („Wasserleitungsrecht“, vgl. Behördenakte II S. 570) lässt schon nicht erkennen, dass das dem Kläger mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit eingeräumte Nutzungsrecht (§ 1090 Abs. 1 BGB) nicht nur das Durchleiten von Wasser, sondern auch die Entnahme von Quellwasser auf den belasteten Grundstücken beinhalten soll (so aber der Grundbucheintrag für die Ableitung von Grund- und Quellwasser aus der Quelle Hermesgrün I c, Behördenakte II S. 571).
Auch aus den im Grundbuch in Bezug genommenen Eintragungsbewilligungen vom 28. Juni 1913 und 25. Januar 1917 (Anlagen K 4 und 5, VG-Akte S. 27 ff.) ergibt sich nicht, dass dem privatrechtlich eingeräumten Nutzungsrecht eine öffentlich-rechtliche Gestattung zugrunde liegt. Zwar lässt die Bestellungsurkunde vom 28. Juni 1913 erkennen, dass sich das Nutzungsrecht nicht nur auf das Durchleiten, sondern zugleich auf die Fassung der Quellen und die Ableitung des Wassers für die gemeindliche Wasserversorgung des Klägers erstreckt („berechtigt sein soll, zur Wasserversorgung des Marktes Nordhalben, die vier nachbezeichneten, im Staatswalde befindlichen Quellen, wie sie in dem gegenwärtigen Situationsplan mit I a, I b, II a und II bezeichnet sind, zu fassen, …“, vgl. VG-Akte S. 29). Aus dieser Urkunde ist aber nicht zu erkennen, dass dafür eine öffentlich-rechtliche Gestattung erteilt worden ist; dies ergibt sich auch nicht aus dem notariellen Nachtrag vom 25. Januar 1917. Nicht ausreichend ist, wenn es für Rechtskundige Anhaltspunkte geben mag, die darauf hindeuten, dass für das eingetragene private Nutzungsrecht – wie hier die Ableitung von Quellwasser für die öffentliche Wasserversorgung einer Gemeinde wegen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 BayWG 1907 – eine öffentlich-rechtlichen Gestattung erteilt sein könnte. Auch der zivilrechtliche Schutz eingetragener Rechte (z.B. § 891, § 902 Abs. 1 BGB), auf den sich der Kläger beruft, erfordert eine Eintragung, die nicht wirksam vorliegt, wenn sie unklar bleibt (vgl. Kohler in Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 891 Rn. 3 m.w.N.).
1.2.4 Auch das Zulassungsvorbringen, die Gesetzesbegründung (BT-Drs. II/2072 S. 28) bringe zum Ausdruck, dass § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG 1960 dem starken privatrechtlichen Charakter im Grundbuch eingetragener Rechte (vgl. auch § 902 BGB) Rechnung tragen wolle, überzeugt nicht. Das Erlöschen des wasserrechtlichen Altrechts lässt den zivilrechtlichen Nutzungsanspruch aus der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 Abs. 1 BGB) unberührt, sodass die Grundbucheintragung nicht zu einer bloßen rechtlichen Hülse wird (vgl. dazu BGH, U.v. 28.1.2011 – V ZR 141/10 – NJW 2011, 1068 = juris Rn. 8). Dem Inhaber der Dienstbarkeit bleibt es unbenommen, diese insbesondere zur Ausübung seines Anspruchs auf Erteilung einer Bewilligung im Umfang des erloschenen Altrechts (§ 16 Abs. 3 WHG 1960) zu nutzen.
2. Da hinsichtlich des selbständig tragenden Begründungsstrangs, wonach das Altrecht nach § 21 Abs. 2 Satz 2 WHG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 WHG 1960 erloschen ist, kein Zulassungsgrund vorliegt, kann letztlich offen bleiben, ob der Zulassungsantrag die verwaltungsgerichtliche Annahme, die Wasserbenutzungsanlage sei im maßgeblichen Überleitungszeitraum zwischen dem 12. August 1957 und dem 1. März 1965 nicht rechtmäßig gewesen (vgl. Art. 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 WHG, Art. 75 Abs. 2 BayWG, Art. 19 BayWG 1907), ernstlich in Zweifel zieht.
2.1 Das Zulassungsvorbringen, der Austausch der Leitungen zwischen den Sammelschächten I und II (Lichtweite 125 mm statt ursprünglich 100 mm) im Jahr 1949/50 sei nicht vom Beschluss vom 26. Juni 1913 abgewichen, greift wohl nicht durch.
Dem „Beilagebogen“ (Behördenakte I S. 338 ff.), der die Wasserversorgungsanlage des Klägers entsprechend §§ 31 ff. der Vollzugsvorschriften zum BayWG 1907 beschreibt, kann entgegen dem Zulassungsantrag nicht entnommen werden, dass die zwischen den Sammelschächten I und II verlaufenden Leitung vollständig mit einer lichten Weite von mehr als 100 mm genehmigt worden wären. Tatsächlich ist hieraus ersichtlich, dass im Abschnitt zwischen „Quellsammler bis Behälter“ (d.h. zwischen Sammelschacht I und Hochbehälter Grund) Leitungen von jeweils 4.655 m (Lichtweite 100 mm), 163 m (125 mm) und 194 m (150 mm) genehmigt waren (vgl. Behördenakte I S. 339). Dies bedeutet indessen nicht, dass alle vor dem Quellsammelschacht II (d.h. von dort in Richtung der Quellfassungen I a, I b und I c) verlaufenden Leitungen ursprünglich mit einer Lichtweite von über 100 mm genehmigt worden wären.
Die Längenangaben sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht derart zu interpretieren, dass mit der Leitung von 4.655 m (100 mm) alleine der Abschnitt zwischen dem Sammelschacht II und dem Hochbehälter Grund bezeichnet wurde. Denn die Leitung zwischen diesen Anlagenteilen ist nur etwa 4.000 m lang (vgl. Untersuchungsbericht des Ingenieurbüros G. & P. vom 4.2.2009 S. 6; Übersichtslageplan, Behördenakte I S. 19). Auch der sich – in Richtung aufwärts zu den Quellen Hermesgrün – anschließende Leitungsabschnitt zwischen den Sammelschächten I und II misst nicht nur 357 m (163 m plus 194 m, vgl. Beilagebogen S. 2, Behördenakte I S. 339), sondern etwa 1.000 m (vgl. gutachterlichen Äußerung des ehemaligen Bayer. Landesamts für Wasserversorgung vom 28.1.1949, Behördenakte I S. 389 und der o.g. Übersichtsplan, Behördenakte I S. 19). Dies spricht dafür, dass auch im unteren Leitungsabschnitt zwischen den Sammelschächten I und II eine Lichtweite von nur 100 mm und erst im weiteren Verlauf leitungsaufwärts eine Vergrößerung auf 125 mm bzw. 150 mm geplant war (zu den Vorteilen einer solchen Vergrößerung der Lichtweite vgl. die gutachterliche Äußerung des ehem. Bayer. Landesamts für Wasserversorgung vom 28.1.1949, Behördenakte I S. 389 ff.). Damit ist nicht ernstlich in Zweifel gezogen, dass der Einbau einer Leitung mit einer Lichtweite von 125 mm zumindest im unteren Teilabschnitt zwischen den Sammelschächten I und II planwidrig erfolgt ist.
2.2 Ob mit der planwidrigen Vergrößerung der Leitungsweite in einem Teilabschnitt zwischen den Sammelschächten die Wasserversorgungsanlage wesentlich und damit gestattungspflichtig geändert wurde (vgl. UA S. 19 ff.), kann letztlich dahinstehen.
Entscheidend für die Frage einer wesentlichen Änderung der Anlage (vgl. Art. 63 BayWG 1907) ist, ob die geänderte Anlage über Art und Maß der altrechtlich gewährleisteten Nutzung hinausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2019 – 8 ZB 18.547 – juris Rn. 22; U.v. 4.12.1963 – 14 VIII 63 – VGHE n.F. 17, 1 = BeckRS 1963, 103454). Änderungen sind für den Bestand der Gestattung unschädlich, sofern sie weder das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Ordnung des Wasserhaushalts, noch Rechte oder rechtlich geschützte Interessen Dritter nachteilig berühren (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 10 Rn. 52 und § 20 Rn. 46). Es darf durch sie insbesondere keine wesentliche Steigerung der Benutzung des Gewässers oder der Beeinträchtigung sonstiger wasserwirtschaftlicher Belange eintreten (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2019 – 8 ZB 18.547 – juris Rn. 22; OVG NW, U.v. 19.6.1975 – XI A 380/73 – juris Rn. 22).
Dass alleine die Ableitung einer größeren Wassermenge aus den Quellen Hermesgrün zum Sammelschacht II solche Auswirkungen zur Folge haben kann, stellt das Ersturteil nicht konkret fest (vgl. UA S. 20). Da die Leitung zwischen dem Sammelschacht II (Hochbehälter Salzalösla) und dem Hochbehälter Grund noch die ursprüngliche Nennweite (100 mm) misst, dürfte letztlich nicht mehr als die erlaubte Wassermenge (144 l/min) gefördert worden sein. Zwar ist anzunehmen, dass infolge der Vergrößerung der Lichtweite zwischen den Sammelschächten I und II überschüssiges Wasser nicht mehr nur am Überlauf des Sammelschachts I, sondern erst am ca. 570 m entfernten Sammelschacht II in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt wurde. Unklar bleibt aber, inwiefern dadurch wasserwirtschaftliche Belange oder geschützte Rechte Dritter (vgl. Art. 19 Abs. 2 und 3 BayWG 1907) nachteilig beeinträchtigt werden konnten. Da der Beschluss vom 26. Juni 1913 die erlaubte Fördermenge von 144 l/min für alle fünf Quellen festlegt, könnte die Zwischenspeicherung und der Überlauf übermäßig abgeleiteten Wassers beim Sammelschacht II unschädlich sein. Auch die Begründung des Beschlusses legt eher nahe, dass für die damalige wasserwirtschaftliche Betrachtung maßgeblich war, dass ggf. zu viel abgeleitetes Wasser irgendwo im oberen Bereich der Quellen dem natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt wird (vgl. „2,4 Sekundenliter, die oben abgezapft werden sollen“, Behördenakte I S. 373).
2.3 Nicht entscheidungserheblich ist auch die Frage, ob es dem Landratsamt Kronach wegen einer Beteiligung bei dem Rohrleitungsaustausch im Jahr 1949/50 aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf ein Erlöschen des Altrechts infolge einer ungenehmigten Änderung der Wasserversorgungsanlage zu berufen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die bloße Untätigkeit regelmäßig nicht zu einer Verwirkung der Rechtsausübung führt; vielmehr muss die Untätigkeit dafür den objektiven Eindruck erweckt haben, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr ausüben (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.1999 – 4 B 101.99 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 161 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 6.7.2005 – 12 B 01.1042 – juris Rn. 11). Ob und inwieweit diese Grundsätze bei einer Untätigkeit der zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde gelten können, bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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