Europarecht

Fehlende gesicherte Erkenntnis über einen erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat

Aktenzeichen  M 23 K 16.34695

Datum:
7.12.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71a

 

Leitsatz

§ 71a AsylG setzt den erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat voraus, so dass das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangen muss, dass das Asylerstverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde, um sich in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken zu dürfen; bloße Mutmaßungen genügen nicht. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 16. November 2016 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Gründe

Die zulässige Klage hat Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Klage erfolgte zwar nicht fristgerechnet innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Wochenfrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 2 i.V.m. §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Dieser Fristlauf wurde jedoch mangels ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung:nicht in Gang gesetzt, § 58 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 3 AsylG. Denn der Bescheid nannte in der Rechtsbehelfsbelehrung:fehlerhaft eine Zwei-Wochen-Frist. Da diese Frist eingehalten wurde, ist unerheblich, ob bei der fehlerhaften Nennung einer längeren Klagefrist die Rechtsfolge des § 58 Abs. 2 VwGO eintritt oder ob sich der Kläger an der in der Rechtsmittelbelehrunggenannten Frist festhalten lassen muss (vgl. BVerwG, U.v. 10.2.1999 – 11 C 9/97 – juris Rn. 10).
Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist rechtswidrig. Zur Begründung bezieht sich das Gericht vollumfänglich auf die Gründe II. des Beschlusses vom 30. Januar 2017. Änderungen der Sach- und Rechtslage wurden für den vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Auch das Gericht vermag aufgrund der Aktenlage bzw. des Vortrags der Parteien nicht zu erkennen, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines Zweitantrags dennoch vorliegen; es sieht sich daher nicht veranlasst, selbst (weitere) entsprechende Ermittlungen anzustellen. Der fehlende Nachweis geht zu Lasten der Beklagten (vgl. BayVGH, U.v. 13.10.2106 – 20 B 14.30212 – juris Rn. 41).
Ein erfolgloser Abschluss des Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat ist somit nicht nachgewiesen, so dass der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig ist.
Der zusätzlichen Verpflichtung des Bundesamts auf Durchführung eines Asylverfahrens bedurfte es nicht, da dies nach Bescheidsaufhebung eine gesetzliche Folge ist.
Da die weiteren Klageanträge nur hilfsweise gestellt waren und die Klage in der Hauptsache erfolgreich war, war über diese nicht zu entscheiden. Das Gericht weist jedoch ergänzend darauf hin, dass in der vorzufindenden Verfahrenssituation ein solcher Antrag unstatthaft wäre (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 14 ff.; BayVGH, U.v. 20.10.2016 – 20 B 14.30320 – juris Rn. 21 ff., U.v. 23.3.2017 – 13a B 16.30951 – juris Rn. 17).
Der Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und mit dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stattzugeben und der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben.


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