Europarecht

Feststellung, dass Berechtigung von einzelnen Fahrerlaubnisklassen Gebrauch zu machen, nicht besteht, Anerkennung EW- bzw. EWR-Fahrerlaubnis, Verstoß Wohnsitzerfordernis

Aktenzeichen  B 1 S 20.451

Datum:
28.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24646
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3
FeV § 28 Abs. 5, Abs. 4 S. 1 Nr. 2
FeV § 7 Abs. 1
RL 2006/126/EG Art. 2, 7, 12

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung, dass er von seiner polnischen Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, C1E, CE, D, D1, D1E und DE im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht Gebrauch machen darf.
Mit Schreiben vom 18. September 2018 teilte die Verkehrspolizeiinspektion … dem Landratsamt … (im Folgenden Landratsamt) mit, dass der Antragsteller am 11. September 2018 in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen sei und einen polnischen Führerschein, ausgestellt am 8. August 2008, vorgelegt habe. Eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt habe jedoch ergeben, dass der Antragsteller seit dem 8. August 2007 dauerhaft in Deutschland gemeldet sei. Es werde daher um Überprüfung der Fahrerlaubnis gebeten. Eine daraufhin durchgeführte RESPER-Abfrage hat ergeben, dass dem Antragsteller die Führerscheinklassen C und C1 am 16. April 2002, die Klassen C1E und CE am 14. Juni 2006 und die Klassen D, D1, D1E und DE am 8. August 2008 erteilt worden sind und der Führerschein bezüglich dieser Klassen am 28. August 2018 von der Behörde … bis zum 28. August 2023 verlängert worden ist. Aus dem Melderegisterauszug vom 2. Oktober 2018 geht hervor, dass der Antragsteller seit dem 8. August 2007 in … (Umzüge jeweils innerhalb von …*) gemeldet ist. Unter dem 14. November 2018 bat das Landratsamt das Kraftfahrt-Bundesamt um Überprüfung, ob der Antragsteller zum Zeitpunkt der Ausstellung (8. August 2008) und Verlängerung (28. August 2018) seines Führerscheins einen polnischen Wohnsitz inne gehabt habe. Eine daraufhin durchgeführte Abfrage bei der polnischen Behörde … vom 18. Juni 2019 hat ergeben, dass der Antragsteller bei der Verlängerung seiner Fahrerlaubnis (28. August 2018) bei der Behörde als Adresse „…“ angegeben hat. Die Frage, ob der Antragsteller einen gewöhnlichen Aufenthalt von mindestens 185 Tagen im Jahr in Polen gehabt habe, wurde mit „No“ beantwortet. Selbige Antwort wurde bei einer beruflichen Tätigkeit in Polen gegeben. Auf die Fragen, ob der Antragsteller familiäre Bindungen, eine Unterkunft, Eigentumsinteressen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten in Polen habe, wurde jeweils mit „Yes“ geantwortet.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers teilte dem Landratsamt mit E-Mail vom 18. September 2019 mit, dass der Antragsteller in Polen unter der Anschrift „…“ ein Wohnhaus mit dazugehörigem Grundstück besitze, polnischer Staatsangehöriger sei, auch im Jahr 2018 mit Hauptwohnsitz in Polen gemeldet gewesen sei und sich dort überwiegend aufgehalten habe. Hierzu fügte er einen Screenshot eines Google-Maps-Auszugs bei. Die EU-Fahrerlaubnis sei zudem nur dann wegen eines Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis abzuerkennen, wenn ein solcher Verstoß zum Zeitpunkt des Erwerbs feststehe. Es gelte grundsätzlich die Vermutung, dass die Führerscheinstelle des Ausstellungsmitgliedstaates das Wohnsitzerfordernis bei der Ausstellung geprüft und bejaht habe. Ein anderer Mitgliedsstaat sei sodann nicht mehr befugt, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu überprüfen.
Nach erfolgter Anhörung stellte das Landratsamt mit Bescheid vom 11. November 2019 fest, dass der Antragsteller nicht berechtigt sei, von seiner polnischen Fahrerlaubnis, ausgestellt am 28. August 2018 durch …, für die Klassen C, C1, C1E, CE, D, D1, D1E und DE im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (Ziffer 1). Die polnische Fahrerlaubnis, ausgestellt am 28. August 2018 durch … unter der Führerscheinnummer …, sei unverzüglich bei der Führerscheinstelle des Landratsamts zur Eintragung eines Sperrvermerks abzugeben (Ziffer 2). Der Antragsteller werde verpflichtet, sich einen neuen Führerschein über die verbleibenden Klassen AM, B, BE und T ausstellen zu lassen (Ziffer 3). Bei Nichtbefolgung der Verpflichtung in Ziffer 2 innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids werde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer 4). Der Sofortvollzug der Ziffern 1 und 2 wurde angeordnet (Ziffer 5). Ziffer 6 enthält eine Kostenentscheidung.
Zur Begründung führte das Landratsamt aus, dass gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland hätten, im Umfang ihrer Berechtigung ein Kraftfahrzeug im Inland führen dürften. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gelte diese Berechtigung nicht, wenn der Fahrerlaubnisinhaber ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV im Ausstellungsmitgliedstaat gehabt habe. Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorlägen, aus denen sich ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ergebe, dürften für die Beurteilung der Frage, ob ein ordentlicher Wohnsitz vorgelegen habe, inländische Umstände berücksichtigt werden. Zum Ausstellungszeitpunkt (28. August 2018) sei der Antragsteller in … gemeldet gewesen. Aus der vom Kraftfahrt-Bundesamt eingeholten Auskunft bei den polnischen Behörden gehe hervor, dass der Antragsteller keinen ordentlichen Wohnsitz von 185 Tagen im Jahr in Polen gehabt habe. Eine behördliche Auskunft, dass der Betreffende unter einer polnischen Anschrift gemeldet gewesen sei, sei explizit verneint worden. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen, da der Antragsteller keine Fahrberechtigung mehr für die Klassen C, C1, C1E, CE, D, D1, D1E und DE habe und eine weitere Teilnahme am Straßenverkehr aufgrund der Belange der Verkehrssicherheit zu verneinen sei. Im Übrigen wurden die weiteren begleitenden Verfügungen begründet. Diesbezüglich wird auf die Gründe des Bescheids Bezug genommen.
Per E-Mail vom 22. November 2019 übersandte der Bevollmächtigte des Antragstellers dem Landratsamt ein PDF-Dokument, das die Einlegung eines Widerspruchs gegen den streitgegenständlichen Bescheid beinhaltete.
Aus einem Schreiben des Landratsamts … vom 4. November 2019, dessen Übersetzung durch einen vereidigten Übersetzer vorgenommen wurde, geht hervor, dass der Antragsteller die Behörde aufgesucht habe, um seine Erklärung vom 27. August 2018 zu korrigieren. Er habe ausgeführt, dass er damals die rechtlichen Vorschriften missverstanden habe, die seinen Aufenthalt in Polen erklärten. In diesem Zusammenhang bestätige er, dass sein Aufenthalt im Jahr 2018 und in den vorhergehenden Jahren in Polen länger als 185 Tage und regelmäßig gewesen sei. Er sei mehrmals von seinem Arbeitsplatz in Deutschland nach Polen zurückgereist. Der Antragsteller legte zudem eine Bestätigung seines deutschen Arbeitgebers vom 5. Dezember 2019 vor, wonach der Antragsteller im Jahr 2018 an insgesamt 172 Tagen gearbeitet habe.
Einer Meldeabfrage vom 16. Dezember 2019 ist zu entnehmen, dass die Ehefrau und der Sohn (geboren am 14. Juli 2007 in Polen) des Antragstellers seit dem 1. September 2010 durchgängig in Deutschland gemeldet sind.
Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2019 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines erhobenen Widerspruchs gegen den streitgegenständlichen Bescheid (Az.: B 1 S 19.1233). Zur Begründung führte der Bevollmächtigte des Antragstellers aus, dass der Antragsteller einen Wohnsitz in Polen habe, da er dort ein landwirtschaftliches Anwesen mit zwei Häusern besitze. Der dortige Wohnsitz sei auch von den polnischen Behörden bestätigt worden. Der Antragsteller sei … und deshalb dringend auf die Fahrerlaubnisklassen C und D angewiesen. Der Bescheid sei rechtswidrig, sodass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen sei.
Unter dem 19. Dezember 2019 beantragte das Landratsamt, den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe keine geeigneten Nachweise für das Vorliegen des ordentlichen Wohnsitzes in Polen zum Erteilungszeitpunkt durch einen Aufenthalt von mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr oder der regelmäßigen Rückkehr erbracht. Dass der Antragsteller in Polen landwirtschaftliche Anwesen und zwei Häuser habe, impliziere nicht den regelmäßigen Aufenthalt und sei zudem nicht belegt worden. Vom Bevollmächtigten des Antragstellers sei ein Beleg vorgelegt worden, wonach der Antragsteller an 172 Tagen im Jahr 2018 in Deutschland gearbeitet habe und laut Argumentation des Bevollmächtigten die restlichen 193 Tage in Polen verbracht habe. Ein geeigneter Nachweis des Aufenthalts von 193 Tagen in Polen sei jedoch nicht erbracht worden. Dass, wie vom Bevollmächtigten erklärt, an allen besagten 193 Tagen eine regelmäßige Rückkehr zum mindestens 1011 km entfernten Anwesen in Polen erfolgt sei, auch trotz des Umstandes, dass die Ehefrau und das Kind des Antragstellers durchgehend in Deutschland gemeldet gewesen seien, sei gerade nicht belegt worden.
Mit Beschluss der Kammer vom 23. Januar 2020 (Az.: B 1 S 19.1233) wurde der Antrag des Antragstellers wegen der nicht fristgerechten Erhebung des Widerspruchs abgelehnt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hob diesen Beschluss am 15. April 2020 auf und verwies den Rechtsstreit zur nochmaligen Entscheidung an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth zurück (Az.: 11 CS 20.316), da aufgrund der falschen Rechtsbehelfsbelehrung:kein Widerspruch statthaft gewesen wäre und die Klagefrist noch nicht abgelaufen sei.
Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2020 ließ der Antragsteller Klage erheben und beantragte,
Es wird die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11. November 2019 zum Az.: … angeordnet.
Zur Begründung wurde auf den Klageschriftsatz Bezug genommen, worin der Bevollmächtigte des Antragstellers ausführt, dass der Antragsteller einen Wohnsitz mit zwei Häusern in Polen habe. Dieser Wohnsitz sei dem Kraftfahrt-Bundesamt auch von den polnischen Behörden mitgeteilt worden (vgl. Übersetzung des Schreibens des Landratsamts … vom 4. November 2019). Der Antragsteller sei … und auf seine Fahrerlaubnisklassen C und D dringend angewiesen. Das Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, das zum Verwaltungsverfahren geführt habe, sei von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig. Ein Wohnsitzverstoß bei Erwerb eines EU-Führerscheins sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich. Die häufig vorkommenden Fälle des sogenannten „Führerschein-Tourismus“ seien mit dem hiesigen Sachverhalt nicht vergleichbar, weil gegen den Antragsteller keinerlei Führerscheinmaßnahmen deutscher Behörden vorgelegen hätten. Den Beurteilungsrahmen würden zunächst die Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers im Ausstellermitgliedstaat Polen eröffnen. Diese Informationen könnten als unbestreitbar dahingehend angesehen werden, dass der Antragsteller Grundeigentum in Polen habe und es deshalb als gesichert erscheine, dass er sich während des Kalenderjahres an mehr als 185 Tagen dort aufhalte. Die Tatsache, dass neben diesem Wohnsitz eine weitere Wohnung in Deutschland bestehe, stehe dem nicht entgegen. Die Bescheinigung des Arbeitgebers des Antragstellers belege, dass der Antragsteller an weniger als 185 Tagen in Deutschland beschäftigt gewesen sei. Hierdurch würden andere inländische Umstände, die gegen einen ordnungsgemäßen Wohnsitz in Polen sprechen würden, entkräftet werden. Mit Ausstellung des Führerscheins habe der Ausstellermitgliedstaat zu erkennen gegeben, dass die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses überprüft und bejaht worden sei, eine Verlängerung der Fahrerlaubnis wäre sonst nicht erteilt worden. Die Aberkennung des Führerscheins wiederspreche dem unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz. Lasse sich eine Person an einem Ort nieder, an dem sie über erforderliche Bindungen verfüge, sei davon auszugehen, dass sie schon mit dem Beginn des Aufenthaltes einen Wohnsitz dort begründet habe. Eine falsche gegenteilige Information polnischer Behörden sei allenfalls ein Indiz, aber keine unbestreitbare Information. Die behördliche Entscheidung sei mit der europarechtlichen Freizügigkeit nicht vereinbar. Bei einer im einstweiligen Rechtsschutz durchzuführenden Interessenabwägung sei zudem das Allgemeininteresse daran zu berücksichtigen, dass der Antragsteller einen systemrelevanten Beruf ausübe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte – auch in den Verfahren B 1 S 19.1233 und B 1 K 20.450 – und die Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
II.
1. Der Antrag des Antragstellers ist, entgegen seines Wortlauts, dahingehend auszulegen (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO), dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärten Verpflichtungen aus den Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare (Art. 21 a Satz 1 VwZVG) Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Bescheids begehrt.
2. Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg und ist abzulehnen.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen/anordnen bzw. die Vollziehung des Bescheids aussetzen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage des Antragstellers nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
a. Die Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Für bestimmte Arten behördlicher Anordnungen ist das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde daher nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Teilnahme eines Kraftfahrers ohne anerkannte Fahrerlaubnis am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt und dass ein solcher Kraftfahrer zur Vermeidung der von ihm ausgehenden akuten Gefahr durch die Anordnung des Sofortvollzugs schnellstmöglich von der weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.9.2015 – 11 CS 15.1634 – juris Rn. 6 m.w.N.). Dem werden die Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheides gerecht. Die Behörde hat zu Recht auf die Sicherheit des Straßenverkehrs und den Schutz der Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer abgestellt, da der Antragsteller zum Führen verschiedener Fahrerlaubnisklassen gerade nicht berechtigt ist.
b. Ziffer 1 des Bescheids vom 11. November 2019 erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 28 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) darf die zuständige Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt erlassen, wenn nach § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV die Berechtigung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen durch eine EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Inland ausgeschlossen ist. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung, von einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Als ordentlicher Wohnsitz gilt nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV, Art. 12 RL 2006/126/EG (EU-Führerschein-Richtlinie) der Ort, an dem der Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 FeV hat ein EU-Fahrerlaubnisinhaber auch dann einen ordentlichen Wohnsitz im Inland, wenn dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, er sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU- oder EWR-Staaten aufhält, sofern er regelmäßig ins Inland zurückkehrt.
aa. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV stellt auf den Zeitpunkt der Erteilung des EU- oder EWR-Führerscheins ab. Erteilung des Führerscheins meint hierbei nicht nur die erstmalige Ausstellung, sondern auch die Verlängerung/Erneuerung des Führerscheins nach dem Ablauf seiner Gültigkeitsdauer. Dies ergibt sich sowohl aus der Wortlautauslegung, die auf das Dokument Führerschein und nicht die Fahrerlaubnis an sich abstellt, als auch aus einer richtlinienkonformen Auslegung, wonach sich ergibt, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV zumindest in Fällen anwendbar ist, bei denen für die Verlängerung des Führerscheins eine neue – wenn auch eingeschränkte – Eignungsprüfung notwendig ist. Nach Art. 7 Nr. 3 RL 2006/126/EG müssen für die Erneuerung eines Führerscheins der Klassen C, CE, C1, C1E, D, DE, D1 und D1E nach Ablauf seiner Gültigkeitsdauer die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit des Fahrerlaubnisinhabers für das Führen der betreffenden Fahrzeuge gemäß Anhang III erfüllt sein (Buchst. a) und ein ordentlicher Wohnsitz im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaats vorhanden sein oder der Nachweis erbracht werden, dass der Fahrerlaubnisbewerber während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert hat (Buchst. b). Die EU-Führerschein-Richtlinie (RL 2006/126/EG) sieht im genannten Anhang III für die Verlängerung der Fahrerlaubnis der Gruppe 2 (C, CE, C1, C1E, D, DE, D1 und D1E) entsprechende Mindestvoraussetzungen vor. Hierbei handelt es sich um eine „muss“-Vorschrift. Anders als bei der Verlängerung des Führerscheins der Fahrerlaubnisklassen AM, A, A1, A2, B, B1 oder BE wird die Überprüfung der geistigen und körperlichen Tauglichkeit des Fahrerlaubnisinhabers und des Wohnsitzerfordernisses nicht in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt. Da die EU-Führerschein-Richtlinie selbst nicht zwischen dem erstmaligen Erwerb, der Wiedererteilung oder der Verlängerung der Fahrerlaubnis unterscheidet und bei allen drei Varianten eine erstmalige oder erneute Tauglichkeitsprüfung sowie das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Sinne des Art. 12 RL 2006/126/EG, § 7 Abs. 1 FeV vorsieht, ist auch § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV auf den Fall der Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 2 anwendbar.
bb. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen nach Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EU darf nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dann unterbrochen werden, wenn aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht beachtet wurde (vgl. EuGH, U.v. 9.7.2009 – C 445/08 – NJW 2010, 20174, Rn. 51 ff; U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C 467/10 – NJW 2012, 1341, Rn. 62 ff.). Die Prüfung, ob Informationen über den ordentlichen Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt dabei den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 73 f.; EuGH, U.v. 21.5.2015 – C 339/14 – NJW 2015, 3219, Rn. 39 ff.).
Die Fahrerlaubnisbehörde ist auch durch den Eintrag eines ausländischen Wohnsitzes im vorgelegten Führerschein nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der ausländischen Behörden zu berücksichtigen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquelle gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08 – NJW 2010, 2017 Rn. 51). Der Aufnahmemitgliedstaat ist hierbei befugt, den Ausstellungsmitgliedstaat um entsprechende Auskünfte zu ersuchen (BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26/19 – juris Rn. 24). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NRW, B.v. 9.1.2018 – 16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341, Rn. 75; BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26/19 – juris Rn. 25). Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist, heranziehen (BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26/19 – juris Rn. 25; st. Rspr. des BayVGH, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018, a.a.O., Rn. 10; B.v. 23.1.2017, a.a.O., Rn. 12; OVG NRW, B.v. 9.1.2018, a.a.O., Rn. 14 ff.).
Vorliegend weist der streitgegenständliche polnische Führerschein aus, dass der Antragsteller einen Wohnsitz in … in Polen zum Zeitpunkt der Erstellung des Führerscheins hatte. Bei der Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klassen C1, C, C1E, CE, D1, D, D1E und DE am 28. August 2018 gab der Antragsteller beim Landratsamt … denselben Wohnsitz in … an. Jedoch weisen unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat darauf hin, dass der Antragsteller keinen gewöhnlichen Aufenthalt von über 185 Tagen im Jahr 2018 in Polen hatte. In der Auskunft des Landratsamts … vom 18. Juni 2019 wurde die Frage, ob der Antragsteller gewöhnlich für mindestens 185 Tage im Jahr in Polen lebte, von der polnischen Behörde mit nein beantwortet. Zwar hat der Antragsteller entsprechend der Auskunft nahe Familienangehörige, Grundstücksinteressen und eine Unterkunft in Polen, jedoch keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der nachgeschobenen Information des Landratsamts … vom 4. November 2019, wonach der Antragsteller das Landratsamt persönlich aufgesucht habe, um Zweifel, die mit seinem gewöhnlichen Aufenthalt in Polen zusammenhingen, aufzuklären. Es geht aus dieser Auskunft gerade nicht hervor, dass der Antragsteller tatsächlich einen Aufenthalt von 185 Tagen in Polen zum Zeitpunkt der Verlängerung seiner oben aufgezählten Fahrerlaubnisklassen hatte. Vielmehr schilderte das Landratsamt, dass der Antragsteller selbst beteuerte, dass er im Jahr 2018 und den vorhergehenden Jahren länger als 185 Tage in Polen gewesen und von seinem Arbeitsplatz in Deutschland nach Polen zurückgereist sei. Es handelt sich daher lediglich um die Wiedergabe der Behauptung des Antragstellers einen gewöhnlichen Aufenthalt in Polen gehabt zu haben, nicht jedoch um eine amtliche Bestätigung des gewöhnlichen Aufenthalts in Polen im Jahr 2018.
Bei der Auskunft des Landratsamts … vom 18. Juni 2018 handelt es sich, entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten des Antragstellers, um eine unbestreitbare Information aus dem Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Ausreichende Hinweise für einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis können sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus der Auskunft ergeben, dass die zuständige Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats auf Nachfrage einen mindestens 185-tägigen Aufenthalt sowie persönliche oder berufliche Bindungen verneint. Bereits solche Informationen genügen, um Zweifel an der Richtigkeit des durch die Führerscheinausstellung begründeten Anscheins eines ordentlichen Wohnsitzes zu begründen (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26/19 – juris Rn. 27). Wie bereits dargestellt, wurde in der Auskunft des Landratsamts … vom 18. Juni 2019 ein 185-tägiger Aufenthalt in Polen sowie berufliche Bindungen verneint. Es liegen demnach unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat vor, die auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis hindeuten.
cc. Da unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt bzw. die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26/19 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10). Hier erscheint als gewichtiger inländischer Umstand, der gegen einen ordnungsgemäßen Wohnsitz in Polen spricht, dass der Antragsteller seit dem Jahr 2007 dauerhaft mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet ist. Die Ehefrau und der Sohn des Antragstellers sind seit September 2010 durchgehend mit Wohnsitz in Deutschland registriert. Der Antragsteller arbeitet zudem bei einem deutschen Unternehmen. Dies deutet darauf hin, dass die Familie im Zeitpunkt der Verlängerung der oben genannten Fahrerlaubnisklassen ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hatte und weiterhin hat.
dd. Soweit inländische Umstände heranzuziehen sind, aber auch soweit unbestreitbaren Informationen aus dem Ausstellermitgliedstaat entgegengetreten werden soll oder ein anderer Berechtigungsgrund für die Erteilung der Fahrerlaubnis geltend gemacht wird, kommt es bei der Würdigung der vorliegenden Erkenntnisse ebenfalls entscheidend auf das Erklärungsverhalten des Betreffenden an (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 20.10.2014 – 11 CS 14.1688 – juris Rn. 25 m.w.N.). Es obliegt dem Inhaber der Fahrerlaubnis, substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen zu machen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene gleichzeitig einen Wohnsitz in Deutschland hat (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26/19 – juris Rn. 28 m.w.N.). Der Einwand des Antragstellers, dass das Strafverfahren, welches zum Verwaltungsverfahren geführt habe, eingestellt wurde und das Argument, dass der Antragsteller kein „Führerschein-Tourist“ sei, da ihm sein Führerschein nie von den Verwaltungsbehörden entzogen worden sei und andere Maßnahmen gegen ihn ergriffen worden seien, greifen nicht, da der Berechtigungsausschluss aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV unmittelbar kraft Gesetzes gilt und keine Verkehrsverstöße oder sonstige Verwaltungsmaßnahmen voraussetzt (vgl. so auch BVerwG, B.v. 24.10.2019, a.a.O., Rn. 34 m.w.N.). Auch das Vorbringen, dass der Antragsteller die polnische Staatsangehörigkeit hat, ein landwirtschaftliches Anwesen mit zwei Häusern unter der im Führerschein angegebenen Adresse in Polen besitzt und an nur 172 Tagen im Jahr 2018 in Deutschland gearbeitet habe, entkräftet den Verdacht eines Wohnsitzverstoßes nicht. Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargelegt, dass er jeden Tag, an dem er nicht für das deutsche Unternehmen gearbeitet hat (193 Tage) in seinem Anwesen in Polen verbracht hat. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass der Antragsteller regelmäßig nach Polen gefahren ist, so hätte er, entsprechend seiner Arbeitstage pro Monat, an mehreren Tagen im Monat nach Polen reisen müssen. Bei einer Fahrtstrecke von ca. 1000 Kilometern und einer Fahrtdauer von fast 11 Stunden ist bei jeder Hin- und Rückreise mit insgesamt 22 Stunden Fahrtstrecke zu rechnen. Auch wenn unterstellt wird, dass der Antragsteller so gearbeitet hat, dass eine Hin- und Rückreise im Durchschnitt nur einmal im Monat stattfand, müssen 11 Tage im Jahr an reiner Fahrzeit berechnet werden, sodass sich der Antragsteller an maximal 182 Tagen in seinem Anwesen in Polen hätte aufhalten können. Zudem hat der Antragsteller in keiner Weise nachgewiesen überhaupt nach Polen zurückgekehrt zu sein und sich dort aufgehalten zu haben. Darüber hinaus deutet der Umstand, dass die Ehefrau und das schulpflichtige Kind des Antragstellers ebenfalls in Deutschland gemeldet sind, darauf hin, dass die gesamte Familie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland und gerade nicht in Polen hat. Wäre der Lebensmittelpunkt des Antragstellers in Polen, wären seine Frau und sein Kind ihm nicht nach Deutschland nachgereist. Die engen bzw. engsten familiären Bindungen des Antragstellers liegen daher in Deutschland und nicht in Polen. Die reine Tatsache, dass der Antragsteller ein landwirtschaftliches Anwesen in Polen hat (was nur durch einen einfachen Google-Maps-Screenshot der Häuser dargestellt wurde), ist gerade kein Beleg dafür, dass der Antragsteller sich dort auch tatsächlich im notwendigen Umfang aufgehalten hat. Aus einer Würdigung dieser Umstände und der Tatsache, dass der Antragsteller selbst nur Behauptungen ohne entsprechende Belege aufgestellt hat, ergibt sich das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis.
ee. Das Landratsamt durfte daher zu Recht feststellen, dass der Antragsteller nicht berechtigt ist, im Inland von seiner polnischen Fahrerlaubnis der Führerscheinklassen C, C1, C1E, CE, D, D1, D1E und DE Gebrauch zu machen.
Die vom Antragsteller vorgetragenen beruflichen Gründe (systemrelevanter Beruf, Existenzgrundlage) haben aufgrund der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids sowie der zu schützenden hochrangigen Rechtsgüter der Sicherheit des Straßenverkehrs und der Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer hinter dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug zurückzutreten.
c. Gegen die Ziffer 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids bestehen bei summarischer Prüfung keine rechtlichen Bedenken. Die Verpflichtung, im Führerschein einen Sperrvermerk einzutragen, beruht auf § 47 Abs. 2 Satz 1 FeV und stellt eine begleitende Verfügung zur Feststellung der Nichtberechtigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen C, C1, C1E, CE, D, D1, D1E und DE dar.
d. Gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids, die auf der Grundlage der Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 30, 31, 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) beruht, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Insbesondere die Höhe des angedrohten Zwangsgelds bewegt sich im unteren Bereich des Rahmens, den Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgibt.
3. Der Antrag ist daher mit der Kostenentscheidung des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5, 46.4 und 46.6 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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