Europarecht

Fristen für ein Wiederaufnahmegesuch im Fall der Remonstration

Aktenzeichen  AN 17 S 18.50128

Datum:
14.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 1918
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 34a
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 8 Abs. 4, Art. 13 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 c, Art. 23 Abs. 2
EU-Asylantragzuständigkeits-DVO Art. 5

 

Leitsatz

1 Solange nach der Eurodac-Treffermeldung die Zwei-Monats-Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO nicht abgelaufen ist, ist ein weiteres Remonstrationsverfahren durch Art. 5 Abs. 2 EU-Asylantragzuständigkeits-DVO nicht grundsätzlich ausgeschlossen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wegen des Beschleunigungsgebots spricht einiges dafür, dass es sich bei der Drei-Wochen-Frist des Art. 5 Abs. 2 S. 2 EU-Asylantragzuständigkeits-DVO um eine absolute Frist handelt, die ab dem Zeitpunkt der ersten Ablehnung läuft. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3 Systemische Mängel, mit dem der Asylbewerber der Überstellung alleine entgegentreten kann, sind nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln für Rumänien nicht zu erkennen. (Rn. 27 – 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine asylrechtliche Abschiebungsanordnung nach Rumänien.
Der Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger, dem Volk der Kurden zugehörig. Er reiste nach seinen Angaben am 14. November 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wurde am 21. November 2017 als Asylsuchender in Deutschland registriert und stellte am 5. Dezember 2017 einen formellen Asylantrag.
Im Rahmen der Befragungen vor dem Bundesamt für … (Bundesamt) am 5. Dezember 2017 und 14. Dezember 2017 gab er an, sein Heimatland Mitte Juli 2017 verlassen zu haben und über die Türkei und Rumänien nach Deutschland eingereist zu sein. In Rumänien sei er ca. 45 Tage in Haft gewesen und habe mitten in der Nacht zwangsweise Fingerabdrücke abgeben müssen. Zudem sei er dort geschlagen worden. Er sei der Meinung, Rumänien gehöre nicht zu Europa und dort gebe es keine Gesetze. Es sei ein armes Land.
Zu Beschwerden und Erkrankungen gefragt, gab der Antragsteller an, dass er aufgrund einer Schussverletzung eine Schiene am Bein habe. Er nehme deshalb aber keine Medikamente ein.
Weiterhin gab er an, dass eine Tante von ihm in Deutschland lebe.
Nach den Ermittlungen des Bundesamtes (EURODAC-Treffer am 21.11.2017) wurden vom Antragsteller am 10. und 16. September 2017 in Rumänien Fingerabdrücke genommen.
Auf das Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 2017 hin teilte Rumänien am 21. Dezember 2017 mit, dass der Antragsteller am 18. September 2017 in Rumänien einen Asylantrag gestellt hätte, der Fall aber am 13. November 2017 geschlossen worden sei, da der Antragsteller untergetaucht sei. Gleichzeitig verweigerte Rumänien zunächst die Rückübernahme des Antragstellers, da dieser dort als Minderjähriger geführt wurde. Daran änderte auch eine nochmalige Nachfrage des Bundesamts vom 29. Dezember 2017 nichts. Rumänien lehnte die Rückübernahme wiederum mit Schreiben vom 11. Januar 2018 ab. Auf ein nochmaliges Übernahmegesuch des Bundesamts am 11. Januar 2018 hin und die Vorlage von Identitätspapieren, die ihn als volljährig auswiesen, erklärte Rumänien am 25. Januar 2018 die Rückübernahme des Antragstellers nach Art. 18 Abs. 1c) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) bis zum 25. Juli 2018.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2018, dem Antragsteller zugestellt am 31. Januar 2018, lehnte das Bundesamt den Antrag des Antragstellers daraufhin als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Rumänien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. Februar 2018, eingegangenen beim Verwaltungsgericht Ansbach am 7. Februar 2018, erhob der Antragsteller Klage und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 8. Februar 2018 den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 25. Januar 2018 ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung ist statthaft und notwendig, weil die gleichzeitig erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung hat, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG. Er ist fristgerecht innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 gestellt.
Die sachgerechte Auslegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) ergibt, dass sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht auf weitere Ziffern des angefochtenen Bescheids bezieht, weil er insoweit unzulässig wäre. Dem Antrag würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung von einer Entscheidung zur Befristung unberührt bleibt (§ 34a Abs. 2 Satz 4 AsylG) und ein Interesse an einer sofortigen Entscheidung somit nicht erkennbar ist, die Klärung der Frage im Hauptsacheverfahren vielmehr ausreichend und – um die Hauptsache nicht unzulässigerweise vorwegzunehmen – allein möglich ist.
Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Interessensabwägung des Gerichts ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers ergibt. Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine maßgebliche Rolle. Die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechende Prüfung der Sach- und Rechtslage führt zu dem Ergebnis, dass die Hauptsacheklage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Die in Ziffer 3 des Bescheids getroffene Abschiebungsanordnung erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) nämlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht, § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG.
Rumänien ist für die Behandlung des Asylgesuchs des Antragstellers zuständig. Die Zuständigkeit Rumäniens ergibt sich vorliegend aus Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO, da der Antragssteller aus einem Drittstaat kommend die Landgrenzen von Rumänien illegal überschritten hat und seit dem Tag des illegalen Grenzübertritts noch keine zwölf Monate verstrichen sind. Für den Antragsteller greift nicht vorrangig Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO ein, da es sich beim Antragsteller entgegen seiner Angaben in Rumänien nicht um einen Minderjährigen handelt. Auch der Umstand dass sich die Tante des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland befindet, führt zu keiner anderen Zuständigkeit, da es sich bei einer Tante nicht um eine Familienangehörige im Sinne des Art. 2 g), Art. 9 – 11 Dublin III-VO handelt.
Nach Art. 18 Abs. 1c) Dublin III-VO ist ein Mitgliedstaat verpflichtet, einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaat aufhält, wieder aufzunehmen. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 erklärte Rumänien, dass der Fall aufgrund des Untertauchens des Antragstellers am 13. November 2017 geschlossen wurde. Offenbleiben kann, ob Art. 18 Abs. 1c) Dublin III-VO diese Konstellation umfasst, da sich die Aufnahmepflicht Rumäniens andernfalls jedenfalls aus Art. 18 Abs. 1d) Dublin III-VO ergibt.
Auch die Fristen im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens wurden gewahrt. Es kann daher offen bleiben, ob sich der Antragsteller gegebenenfalls auf einen Fristablauf entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 21 Dublin III-VO (U.v. 26.7.2017, C-670/16 „Mengesteab“ – juris) berufen könnte.
Nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO ist ein Wiederaufnahmegesuch sobald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung (hier 21.11.2017) im Sinne von Art. 9 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen. Diese Zwei-Monats-Frist wurde seitens des Bundesamtes auf jeden Fall gewahrt, selbst dann, wenn man wegen Art. 5 Abs. 2 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2013 (Dublin-Durchführungs-VO) in der vorliegenden Konstellation eines Remonstrationsverfahrens davon ausgehen muss, dass es nicht ausreicht, dass allein das Übernahmegesuch vom 14. Dezember 2017 rechtzeitig innerhalb dieser Frist gestellt ist. Auch bei Abstellen auf das zweite Remonstrationsschreiben vom 11. Januar 2018 ergibt sich kein Fristablauf, da auch dieses Gesuch noch innerhalb der Zwei-Monatsf-Frist ab der Eurodac-Treffermeldung liegt.
Das Remonstrationsverfahren ist durch Art. 5 Abs. 2 Dublin-Durchführungs-VO grundsätzlich zulässig. Nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 Dublin-Durchführungs-VO ist davon auszugehen, dass auch ein wiederholtes Remonstrationsverfahren nicht ausgeschlossen ist. Der Sinn und Zweck des Dublin-Verfahrens steht dem nicht entgegen. Die Fristenregelungen der Dublin III-VO und der Art. 5 Abs. 2 Satz 3 bis 4 Dublin-Durchführungs-VO und die Festlegung der Voraussetzungen dieses Verfahrens in Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Dublin-Durchführungs-VO sind ausreichend, um eine schnelle und definitive Zuständigkeitsbestimmung zu erreichen. Eine zur Erreichung des Beschleunigungszieles einschränkende Auslegung auf eine einzige Remonstration ist nicht veranlasst. Eine über eine lange Zeitspanne ungeklärte Zuständigkeit kann insbesondere deshalb nicht entstehen, weil sich die Zwei-Monats-Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO als absolute Grenze zur Zuständigkeitsbestimmung auswirkt. Nach Ablauf von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung ist nach der Regelung des Art. 5 Abs. 2 Satz 4 Dublin-Durchführungs-VO ein Übernahmeantrag eines Mitgliedstaates nicht mehr möglich. Solange diese Frist jedoch nicht abgelaufen ist, ist nach dem Verständnis des erkennenden Gerichts eine weitere Remonstration nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Sowohl die erste Remonstration (29.12.2017) als auch die zweite Remonstration (11.1.2018) erfolgten innerhalb der Drei-Wochen-Frist des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Dublin-Durchführungs-VO. Das zweite Remonstrationsschreiben vom 11. Januar 2018 erfolgte außerdem noch innerhalb von drei Wochen nach der ersten Ablehnung Rumäniens (21.12.2018), sodass für den vorliegenden Fall dahinstehen kann, ob die Frist des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Dublin-Durchführungs-VO ab dem Zeitpunkt einer zweiten Ablehnung neu zu laufen beginnt, oder es sich um eine absolute Frist, gerechnet ab dem Zeitpunkt der ersten Ablehnung handelt, wofür wegen des Beschleunigungsgebots jedenfalls einiges spricht.
Eine weitere zeitliche Schranke ergibt sich aus Art. 5 Abs. 2 Satz 4 Dublin-Durchführungs-VO nicht. Die Regelung kann insbesondere nicht so verstanden werden, dass die Aufnahmeentscheidung des ersuchten Mitgliedstaates innerhalb von zwei Wochen nach dem Erstgesuch erfolgen muss. Eine derartige Auslegung des Art. 5 Abs. 2 Satz 4 Dublin-Durchführungs-VO wäre mit Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Dublin-Durchführungs-VO nicht in Einklang zu bringen und eine derartige Handhabung bei aller Beschleunigung kaum realisierbar (so bereits VG Ansbach, B.v. 9.2.2018, AN 17 S 18.500096 – juris). Im Übrigen hätte es der ersuchte Mitgliedstaat bei diesem Verständnis der Vorschrift in der Hand, durch verzögerte Reaktion seine Zuständigkeit zu verhindern.
Für beide Remonstrationsgesuche des Bundesamtes lagen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Dublin-Durchführungs-VO vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Bundesamt in seinem Gesuch vom 29. Dezember 2017 von einem Irrtum Rumäniens ausgegangen ist. Mit seinem Gesuch vom 11. Januar 2018 berief sich das Bundesamt auf den Personalausweis des Antragstellers als weitere Unterlage. Der Personalausweis als Beleg für das Alter des Antragstellers lag dem Bundesamt zwar bereits spätestens seit dem 30. November 2017 vor (Übersendung einer Kopie durch die Ausländerbehörde an das Bundesamt mit Schreiben vom 30.11.2017) und hätte Rumänien bereits mit dem ersten Übernahmeantrag vom 14. Dezember 2017 übersandt werden können, eine Verpflichtung hierzu bestand aber nicht. Nach Art. 1 Abs. 1a) i.V.m. Anhang II Verzeichnis A Dublin-Durchführungs-VO gehört der Personalausweis eines Asylbewerbers nicht zu den dem Gesuch zwingend beizufügenden Unterlagen. Das Bundesamt konnte und musste zum Zeitpunkt seines ersten Übernahmeantrags auch nicht davon ausgehen, dass der Antragsteller in Rumänien andere Geburtsdaten angegeben hat. Eine Übersendung des Personalausweises mit dem zweiten Gesuch (erste Remonstration am 29.12.2017) wäre wegen des drohenden Fristenproblems dann zwar im Interesse des Bundesamtes gewesen, aber nicht verpflichtend. Da das dritte Gesuch (zweite Remontration) letztlich dennoch fristgerecht erfolgte, liegt ein Rechtsfehler nicht vor. Das Bundesamt hat das Rückübernahmeverfahren vielmehr form- und fristgerecht durchgeführt. Rumänien hat mit Schreiben vom 25. Januar 2018 seine Zustimmung fristgerecht und wirksam erklärt.
Es liegen auch keine Umstände vor, die ausnahmsweise die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO begründen oder zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO führen würden.
Nach dem System der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 31.12.2011, C-411/10 und C-433/10 – NVwZ 2012, 417) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union (EU) den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der EU (ChGR) entspricht. Diese Vermutung ist jedoch widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsland systemische Mängel aufweisen, die zu der Gefahr für den Asylbewerber führen, bei Rückführung in den Mitgliedsstaat einer unmenschlichen oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 4 ChGR bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
Derartige systemische Mängel, mit dem der Asylbewerber der Überstellung alleine entgegentreten kann (EuGH Gr. Kammer, U.v. 10.12.2013, C-394/12 – juris), erkennt das Gericht für Rumänien nicht. An die Annahme des Ausnahmefalls des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Es müsste die ernsthafte Gefahr grundlegender Verfahrensmängel oder erheblich defizitäre Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem Mitgliedsland erkennbar und für den Rechtschutzsuchenden im zu entscheidenden Einzelfall zu befürchten sein (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014, 10 B 6/14 – juris).
Dies ist nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, insbesondere den regelmäßigen Berichten der Kommission der EU zur Bewertung des Dublin-Systems und des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort sowie der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Ansbach vom 5. Dezember 2017 nicht der Fall und wird nach der zu Rumänien ergangenen Rechtsprechung überwiegend nicht angenommen (vgl. VG Augsburg, B.v. 10.11.2017, Au 5 S 17.50352; VG Düsseldorf, B.v. 10.4.2017, 22 L 668/17.A; VG Bayreuth, B.v. 18.4. 2016, B 3 S 16.50026; VG Ansbach, B.v. 30.9.2015, AN 3 S 15.50375; VG Aachen, B.v. 17.8.2015, 8 L 607/15.A; VG Regensburg, U.v. 17.6.2015, RO 4 K 15.50311 – jeweils juris).
Die Antragstellerseite hat im Gerichtsverfahren insoweit auch keinen substantiierten Vortrag gemacht oder bei der Anhörung vor dem Bundesamt Tatsachen glaubhaft gemacht, die systemische Schwachstellen im rumänischen Asylverfahren belegen würden. Aus seinem Vortrag, Rumänien gehöre nicht zu Europa, es sei ein armes Land und es gebe dort keine Gesetze, ergeben sich für das Gericht keine Anhaltspunkte für systemische Schwachstellen im rumänischen Asylverfahren. Auch hinsichtlich seiner Angabe, in Rumänien inhaftiert und geschlagen worden zu sein, fehlt es insoweit an einer Schilderung der näheren Umstände.
Für den Antragsteller sind auch keine besonderen Umstände erkennbar, die die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung befürchten ließe. Insbesondere gehört er als junger Mann nicht einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe an.
Auch zielstaatsbezogene oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die einer Abschiebung nach Rumänien entgegenstünden, sind für ihn nicht erkennbar. Ein Abschiebungshindernis ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass er am Bein eine Schiene wegen einer angeblichen Schussverletzung trägt. Ein ernsthafter krankhafter Zustand ist für ihn zum einen nicht belegt, nachdem Atteste bzw. ärztliche Berichte nicht vorgelegt wurden. Zum anderen hat der Antragsteller angegeben, dass er bisher keine Medikamente diesbezüglich nehme. Es ist daher davon auszugehen, dass er auch künftig keine medikamentöse Einstellung benötigt. Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass die Gesundheitsdienste Rumäniens grundsätzlich die notwendigen ärztlichen Behandlungen und Betreuungen anbieten.
Eine Veranlassung bzw. Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO bestand somit nicht.
Nachdem Rumänien einer Rückübernahme des Antragsstellers mit Schreiben vom 25. Januar 2018 zugestimmt hat und die Überstellungsfrist von sechs Monaten (Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO) noch nicht abgelaufen ist, ist die Abschiebung derzeit auch durchführbar.
Ergänzend wird insgesamt auf die ausführliche Begründung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 25. Januar 2018 Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

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