Europarecht

Gebrauchsmusterverletzung Modulsteuersignale

Aktenzeichen  7 O 10137/17

Datum:
31.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 715
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GebrMG § 24
ZPO § 156, § 296a

 

Leitsatz

1 Liegt der Kern der dem Klagegebrauchsmuster zugrundeliegenden Lehre darin, dass Datenübertragungsschaltungen anhand von Modulsteuersignalen nur Datenpfade zu bestimmten Speichervorrichtungen freigeben, während Datenpfade zu anderen Speichervorrichtungen blockiert bleiben, machen Ausführungsformen, die Daten stets an sämtliche Reihen leiten, davon keinen Gebrauch. (Rn. 80 – 87) (redaktioneller Leitsatz)
2 Hat eine Partei die Aussetzung nur hilfsweise für den Fall beantragt, dass die Klage nicht abgewiesen wird, liegt kein übereinstimmender Aussetzungsantrag vor.   (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klage war abzuweisen, weil die angegriffenen Ausführungsformen vom Gegenstand des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters keinen Gebrauch machen. Jedenfalls die Merkmalsgruppen 1.3 und 1.4 werden nicht verwirklicht. Denn nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten werden sämtliche Daten, die von der Steuerschaltung über die Datenübertragungsschaltungen zu den Reihen der angegriffenen Ausführungsform gelangen, stets an sämtliche Reihen geleitet, nicht nur an eine bestimmte. Daher ist eine – nach zutreffender Auslegung erforderliche – Schalterfunktion dergestalt, dass der Weg zu den beiden Speichervorrichtungen in der einen, bestimmten Reihe eröffnet wird, und der Weg zu allen sonstigen Reihen verschlossen bleibt, nicht gegeben. Auf das weitere Verteidigungsvorbringen der Beklagten kam es daher nicht mehr an.
Dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung von der Klagepartei gestellten, nunmehr in erster Linie verfolgten Aussetzungsantrag war nicht zu entsprechen. Denn die Beklagten haben im Termin und in dem Schriftsatz vom 14.1.2019 die Aussetzung nur hilfsweise für den Fall beantragt, dass die Klage nicht abgewiesen wird. Damit liegt ein übereinstimmender Aussetzungsantrag nicht vor. Da die Klage bereits jetzt entscheidungs- und abweisungsreif ist, war dem Verfahren, dem Beschleunigungsgrundsatz folgend, durch Abweisung der Klage Fortgang zu geben. Demnach war die mündliche Verhandlung auch nicht wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO). Das nicht nachgelassene Vorbringen der Parteien war, soweit es über Rechtsausführungen hinausgeht, nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen.
A. Gegenstand und Auslegung des Klagegebrauchsmusters
Das Klagegebrauchsmuster bezieht sich im Allgemeinen auf Speicheruntersysteme von Computersystemen und insbesondere auf Systeme und Vorrichtungen zum Verbessern der Leistung und der Speicherkapazität von Speicheruntersystemen oder Speicherplatten. Im Detail bezieht sich das Klagegebrauchsmuster auf Speicherplatten, die Dual In-Line Memory Modules (DIMMs) bzw. doppelreihige Speicherbausteine aufweisen (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0001]).
angesprochener Fachmann
Der Adressat des Klagegebrauchsmusters, d.h. der hier relevante Durchschnittsfachmann (kurz „Fachmann“), ist Fachmann auf dem Gebiet der Halbleiter-Speichertechnik und hat insbesondere detaillierte Kenntnisse über Speicheruntersysteme, Speicherplatten und Speichermodule für Computer-Systeme. Er besitzt typischerweise einen Hochschulabschluss im Fachgebiet Elektrotechnik, Informatik oder Physik mit Schwerpunkt Halbleitertechnik und/oder Mikroelektronik. Er verfügt über mehrjährige praktische Erfahrung in der Konzeption von Halbleiter-Speichermodulen, etwa in einer Entwicklungsabteilung eines einschlägigen Unternehmens und auch im Rahmen von Standardisierungsgremien. Schon alleine aufgrund seines Hochschulstudiums hat der relevante Durchschnittsfachmann fundierte Kenntnisse im Bereich Computer-Systeme im Allgemeinen. Insbesondere hat er ein detailliertes Fachwissen auf den Gebieten Halbleiter-Speichersysteme und Mikroelektronik.
Ferner ist der Fachmann mit den die Funktionsweise eines Speichermoduls zwingend vorge-benden Normierungsvorschriften, wie den einschlägigen Standards der JEDEC Solid State Technology Association (kurz “JEDEC“) bestens vertraut. Sie gehören schon wegen ihres normativen Charakters zu seinem täglichen Arbeitswerkzeug und somit zu seinem allgemeinen Fachwissen. Speichermodule müssen mit einer Vielzahl verschiedener Komponenten von verschiedensten Herstellern wechselwirken können. Die JEDEC-Standards sind dabei die maßgeblichen Standards, die eine solche Wechselwirkung reibungslos ermöglichen. De facto sind Speichermodule, die für ein Computersystem nicht den Eindruck erwecken, mit den JEDEC-Standards kompatibel zu sein, nahezu unverkäuflich. Das Klagegebrauchsmuster nennt die JEDEC-Standards selbst ausdrücklich in Abs. [0006].
Stand der Technik
Das Klagegebrauchsmuster beschreibt in den Figuren 1A bis 2D Speichermodule nach dem Stand der Technik. Danach war ein Aufbau von Speichermodulen mit einer Steuerschaltung und einer Vielzahl von Speichervorrichtungen in verschiedenen Reihen, die jeweils mit einem Systemspeichercontroller verbunden sind, im Stand der Technik bereits bekannt. Fig. 2A des Klagegebrauchsmusters zeigt ein solches herkömmliches Speicheruntersystem 200, das mit einem Speichermodul 210 mit zwei Reihen von Speichervorrichtungen 212 bestückt ist (Klagegebrauchsmuster, [0035]).
Figur 2a (im Original mit farbigen Markierungen):
Jede Reihe des Speichermoduls 210 weist eine Vielzahl von Speichervorrichtungen 212 auf, die beispielsweise als Dynamic Random Access Memory (DRAM) oder Synchronous DRAM (SDRAM) ausgebildet sein können. Ein Register 230 des Speichermoduls (rot hinterlegt) empfängt von einem außerhalb des Speicheruntersystems gelegenen Systemspeichercontroller 220 (grün hinterlegt) eine Vielzahl von Steuerleitungen 240 (als einzige durchgezogene Linie gezeigt). Das Register 230 selbst ist wiederum über Steuerleitungen 242 mit den einzelnen Speichervorrichtungen 212 jeder Reihe des Speichermoduls 210 verbunden (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0035]).
Über Datenleitungen 250 (gestrichelte Linien) sind die einzelnen Speichervorrichtungen 212 des Speicheruntersystems ebenfalls mit dem Systemspeichercontroller 220 verbunden. Aus diesem Grund erfährt der Systemspeichercontroller 220 während einer Schreiboperation alle Speichervorrichtungen 212 als Last über die Datenleitungen 250. Ebenfalls erfährt jede Speichervorrichtung 212 während einer Leseoperation mehrere andere Speichervorrichtungen 212 sowie den Systemspeichercontroller 220 als Last über die Datenleitung (Klagegebrauchsmuster, [0035]).
Diese erhöhte Last an den Ausgängen des Systemcontrollers und an den Ausgängen der Speichervorrichtungen führt zu einem langsameren System und wird vom Klagegebrauchsmuster als wesentlicher Nachteil der bekannten Speichermodule beschrieben (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0031]). Entsprechend beschreibt das Klagegebrauchsmuster diesen Nachteil nahezu wortgleich für alle Figuren zum Stand der Technik (Figuren 1A bis 2B), so beispielsweise für Figur 1A:
„Daher erfährt der Systemspeichercontroller 120 während einer Schreiboperation alle Speichervorrichtungen 112 als Last über die Datenleitungen 150, und während einer Leseoperation erfährt jede Speichervorrichtung 112 mehrere andere Speichervorrichtungen 112, sowie den Systemspeichercontroller 120, als Last über die Datenleitungen 150“ (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0032], für die anderen Figuren s. auch Abs. [0033], [0035], [0036] und [0038] des Klagegebrauchsmusters).
Als mögliche Lösung dieses Nachteils wurde im Stand der Technik vorgeschlagen, die Datensignale nicht mehr direkt zwischen dem Systemspeichercontroller und den Speichervorrichtungen zu übertragen, sondern wie die Steuersignale durch einen Speicherpuffer zu schicken. Dieser Vorschlag liegt den Figuren 2C und 2D zugrunde und ist in Abs. [0039] beschrieben. Diese Konfigurationen weisen jedoch ebenfalls erhebliche Nachteile auf, z.B. sind extrem viele Datenleitungen auf dem Speichermodul erforderlich und die Zeitsteuerung von Datensignalen ist erheblich erschwert (vgl. Klagegebrauchsmuster, Abs. [0040]).
Aufgabe
Das Klagegebrauchsmuster stellt sich daher die Aufgabe, ein Speichermodul mit hoher Speicherdichte und Zugriffsgeschwindigkeit bereitzustellen, was insbesondere die Reduzierung der Lasten des Systemspeichercontrollers und der Speichervorrichtungen erfordert.
Lösung
Um die gewünschte Lastenreduzierung zu erreichen, verwendet das Klagegebrauchsmuster sogenannte Datenübertragungsschaltungen in Speicheruntersystemen. Fig. 3c des Klagegebrauchsmusters zeigt ein solches Speicheruntersystem, das Datenübertragungsschaltungen 416‘ (gelb hinterlegt) umfasst.
Figur 3c (im Original mit farbigen Markierungen):
Jede Datenübertragungsschaltung 416‘ ist innerhalb des Speichermoduls über Steuerleitungen 442‘ einerseits mit der Steuerschaltung (rot hinterlegt) und andererseits mit einer oder mehreren Speichervorrichtungen in mehreren Reihen verbunden (vgl. Klagegebrauchsmuster, Abs. [0042], [0050]). Nach außen ist jede Datenübertragungsschaltung über Datenleitungen 450‘ mit dem Systemspeichercontroller verbunden und dient somit als Verbindungselement für die Übertragung von Daten zwischen dem Systemspeichercontroller und den Speichervorrichtungen.
Um sich vom Stand der Technik abzugrenzen, beansprucht das Klagegebrauchsmuster eine ganz konkrete Funktionalität der Datenübertragungsschaltung. Das Klagegebrauchsmuster beschreibt dies als selektives Zulassen oder Verhindern der Datenübertragung zwischen dem Systemspeichercontroller und bestimmten Speichervorrichtungen, wobei die Modulsteuersignale der Datenübertragungsschaltung anzeigen, zu welchen Speichervorrichtungen diese die Datenübertragung zulassen soll:
„Wie zum Beispiel in Fig. 3A gezeigt, ist die erste Datenübertragungsschaltung 4161 dazu konfigurierbar, auf Modulsteuersignale anzusprechen, indem sie Datenübertragung zwischen dem Systemspeichercontroller 420 und entweder den ausgewählten Speichervorrichtungen 412A1 und 412C1 oder den ausgewählten Speichervorrichtungen 412B1 und 412D1 selektiv zulässt oder verhindert, und die zweite Datenübertragungsschaltung 4162 ist dazu konfigurierbar, auf Modulsteuersignale anzusprechen, indem sie Datenübertragung zwischen dem Systemspeichercontroller 420 und entweder den ausgewählten Speichervorrichtungen 412A2 und 412C2 oder den ausgewählten Speichervorrichtungen 412B2 und 412D2 selektiv zulässt oder verhindert.“ (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0051])
Die Grundidee des selektiven Zulassens oder Verhinderns der Datenübertragung durch die Datenübertragungsschaltung ist in Figur 5 des Klagegebrauchsmusters dargestellt:
Figur 5 (im Original mit farbigen Markierungen):
Die Datenübertragungsschaltung 416 (gelb umrandet) weist eine Steuerlogikschaltung 502 auf, um die verschiedenen Komponenten der Datenübertragungsschaltung 416 zu steuern. Die dargestellte Datenübertragungsschaltung 416 schaltet eine einzige Datenleitung 518 zwischen dem Systemspeichercontroller 420 (grün hinterlegt) und den Speichervorrichtungen, die über die Datenleitungen 452 mit der Datenübertragungsschaltung 416 verbunden sind (nicht dargestellt).
Bei einer Schreiboperation fungieren sog. Tristate-Puffer 504 und 506 innerhalb der Datenübertragungsschaltung gewissermaßen als „Weiche“, die jeweils nur den Datenpfad zu bestimmten Speichervorrichtungen freigeben, den Datenpfad zu den übrigen Speichervorrichtungen jedoch blockieren:
Demgemäß wird, wenn die Steuerlogikschaltung 502 beispielsweise ein Signal „Freigabe A” empfängt, ein erster Tristate-Puffer 504 in Pfad A aktiviert und treibt den Datenwert aktiv an seinem Ausgang, während ein zweiter Tristate-Puffer 506 in Pfad B mit seinem Ausgang im Hochimpedanzzustand deaktiviert wird. In diesem Zustand gestattet die Datenübertragungsschaltung 416, dass die Daten entlang des Pfads A an ein erstes Endgerät Y1 geleitet werden, das mit der ersten Gruppe der Speichervorrichtungen 412, z. B. denjenigen in den Reihen A und C, verbunden ist und nur mit diesen kommuniziert. In ähnlicher Weise öffnet, wenn ein Signal „Freigabe B” empfangen wird, der erste Tristate 503 den Pfad A und der zweite Tristate 506 schließt den Pfad B, so dass die Daten an ein zweites Endgerät Y2 geleitet werden, das mit der zweiten Gruppe der Speichervorrichtungen 412, zum Beispiel denjenigen in den Reihen B und D, verbunden ist und nur mit diesen kommuniziert (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0062]).
Die nachfolgenden Grafiken veranschaulichen die in einer Datenübertragungsschaltung 416 ablaufenden Vorgänge während einer Schreiboperation. Aus ihnen wird unmittelbar ersichtlich, dass die Datenübertragungsschaltung bei einer Schreiboperation selektiv nur einen Datenpfad zwischen dem Systemspeichercontroller und den über diesen Datenpfad mit der Datenübertragungsschaltung verbundenen Speichervorrichtungen freigibt, während der Datenpfad zu den anderen Speichervorrichtungen in der Datenübertragungsschaltung blockiert wird:
Figur 5 (im Original mit farbigen Markierungen):
Auch bei einer Leseoperation fungiert die Datenübertragungsschaltung als „Weiche“, in diesem Fall durch den Multiplexer 508:
„Für eine Leseoperation fungiert die Datenübertragungsschaltung 416 als Multiplexerschaltung. Bei der in Fig. 5 dargestellten Ausführungsform werden zum Beispiel Datensignale, die aus den Speichervorrichtungen 412 einer Reihe gelesen werden, an dem ersten oder zweiten Endgerät Y1, Y2 der Datenübertragungsschaltung empfangen. Die Datensignale werden in einen Multiplexer 508 eingespeist, welcher eines auswählt, um es an seinen Ausgang zu routen. Die Steuerlogikschaltung 502 erzeugt ein Auswahlsignal, um das gewählte Datensignal auszuwählen, und das ausgewählte Datensignal wird entlang einer einzigen Datenleitung 518 an den Systemspeichercontroller 420 übertragen, vorzugsweise nachdem es durch einen Lesepuffer 509 hindurchgegangen ist.“ (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0063])
Die nachfolgenden Grafiken veranschaulichen die in einer Datenübertragungsschaltung 416 ablaufenden Vorgänge während einer Leseoperation. Aus ihnen wird unmittelbar ersichtlich, dass eine Datenübertragungsschaltung auch bei einer Leseoperation selektiv nur einen Datenpfad zwischen dem Systemspeichercontroller und den über diesen Datenpfad mit der Datenübertragungsschaltung verbundenen Speichervorrichtungen freigibt, während der Datenpfad zu den anderen Speichervorrichtungen in der Datenübertragungsschaltung blockiert wird.
Figur 5 (im Original mit farbigen Markierungen):
Der Kern der dem Klagegebrauchsmuster zugrundeliegenden Lehre liegt also darin, dass die Datenübertragungsschaltungen Modulsteuersignale empfangen (siehe Absatz [0051]) und anhand dieser Modulsteuersignale nur Datenpfade zu bestimmten Speichervorrichtungen freigeben, also eine elektrische Verbindung herstellen, während die Datenpfade zu anderen Speichervorrichtungen, die ebenfalls mit dieser Datenübertragungsschaltung verbunden sind, blockiert bleiben, also elektrisch isoliert sind. Durch das Blockieren der nicht freigegebenen Datenpfade erreicht das Klagegebrauchsmuster die gewünschte Lastreduzierung für den Systemspeichercontroller und die Speichervorrichtungen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beansprucht eine spezifische Ausgestaltung eines lastreduzierenden Speichermoduls zur Verwendung in einem Computersystem. Insbesondere stellt er detaillierte Anforderungen an die Ausgestaltung der Speichervorrichtungen und Datenübertragungsschaltungen.
Die Besonderheit des Anspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters ist, dass nach Merkmal 1.4.5 Datenpfade zu zwei Speichervorrichtungen in nur einer bestimmten Reihe freigegeben werden und Datensignale zu diesen Speichervorrichtungen getrieben werden.
Die Parteien gliedern den geltend gemachten Schutzanspruch 1 übereinstimmend wie nachfolgend dargestellt. Die Kammer schließt sich dieser Merkmalsgliederung an:
1. Speichermodul zur Verwendung in einem Computersystem, das einen Systemspeichercontroller aufweist, mit:
1.1 einer gedruckten Leiterplatte bzw. Printed Circuit Board (PCB), die in einem Modulschlitz des Computersystems anbringbar ist,
1.1.1 wobei die PCB einen Randstecker hat, der eine Vielzahl elektrischer Kontakte aufweist, die an einem Rand der PCB positioniert und dazu positioniert sind, lösbar mit korrespondierenden Kontakten eines Computersystem-Sockels verbunden zu werden, um elektrische Leitfähigkeit zwischen dem Systemspeichercontroller und dem Speichermodul bereitzustellen;
1.2 Speichervorrichtungen,
1.2.1 die jeweils eine Bitbreite von 4 Bits haben,
1.2.2 wobei die Speichervorrichtungen mechanisch mit der PCB verbunden und
1.2.3 in mehreren Reihen mit n Speichervorrichtungen pro Reihe angeordnet sind,
1.2.3.1 wobei jede Reihe eine Bitbreite hat, die gleich einer Bitbreite des Speichermoduls ist;
1.3 einer Steuerschaltung, die mechanisch mit der PCB verbunden und über registrierte Steuerleitungen betriebsbereit mit den Speichervorrichtungen verbunden ist,
1.3.1 wobei die Steuerschaltung dazu konfigurierbar ist, Steuersignale für eine Lese- oder Schreiboperation, die von dem Speichercontroller empfangen werden, zu registrieren und Modulsteuersignale zu erzeugen,
1.3.1.1 wobei die Lese- oder Schreiboperation auf eine bestimmte der mehreren Reihen abzielt; und
1.4 n/2 Datenübertragungsschaltungen, die mechanisch mit der PCB verbunden und an entsprechenden Positionen entlang des Rands der PCB verteilt sind,
1.4.1 wobei die n/2 Datenübertragungsschaltungen dazu konfigurierbar sind, betriebsbereit mit dem Systemspeichercontroller verbunden zu werden,
1.4.2 und dazu konfigurierbar sind, Modulsteuersignale von der Steuerschaltung zu empfangen,
1.4.3 wobei jede der Vielzahl von Datenübertragungsschaltungen eine Bitbreite von 8 Bits hat und
1.4.4 mit zwei zugehörigen Speichervorrichtungen in jeder der mehreren Reihen verbunden ist;
1.4.5 wobei jede Datenübertragungsschaltung dazu konfigurierbar ist, auf die Modulsteuersignale anzusprechen durch Freigeben von Datenpfaden und durch Treiben von Datensignalen für die Lese- oder Schreiboperation auf den Datenpfaden zwischen dem Systemspeichercontroller und den beiden zugehörigen Speichervorrichtungen in der bestimmten der mehreren Reihen;
1.5 wobei das Speichermodul des Weiteren Column Address Strobe (CAS)-Latenz bzw. Speicherlatenz verwendet, um die Operation der n/2 Datenübertragungsschaltungen zu steuern.
Einige dieser Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung:
Erzeugung von Modulsteuersignalen, Merkmal 1.3.1
Merkmal 1.3.1 beschreibt die Steuerschaltung des beanspruchten Speichermoduls genauer. Danach ist die Steuerschaltung dazu konfigurierbar, Steuersignale für eine Lese- oder Schreiboperation (…) zu registrieren und Modulsteuersignale zu erzeugen. Für den vorliegenden Fall wichtig ist die in Merkmal 1.3.1 vorgenommene Differenzierung zwischen Steuersignalen und Modulsteuersignalen sowie die Auslegung von „erzeugen“. Die Funktion der Modulsteuersignale ist, wie die weitere Auslegung zeigen wird, die Signalisierung an die Datenübertragungsschaltung, nur bestimmte Datenpfade freizugeben, konkret die Datenpfade, die zu den zwei Speichervorrichtungen in der einen bestimmten Reihe führen, wie sich aus Merkmal 1.3.1 in Verbindung mit Merkmal 1.3.1.1 und 1.4.5 ergibt.
Steuersignal vs. Modulsteuersignal
Merkmal 1.3.1 differenziert zwischen Steuersignalen und Modulsteuersignalen:
„[…], wobei die Steuerschaltung dazu konfigurierbar ist, Steuersignale für eine Lese- oder Schreiboperation, die von dem Speichercontroller empfangen werden, zu registrieren und Modulsteuersignale zu erzeugen,”!
Steuersignale werden von dem Systemspeichercontroller an die Steuerschaltung übertragen und beziehen sich auf eine Lese- oder Schreiboperation. Sie werden von der Steuerschaltung empfangen und registriert.
Modulsteuersignale werden von der Steuerschaltung selbst erzeugt und von der Steuerschaltung an die Datenübertragungsschaltungen übertragen (vgl. Merkmal 1.4.2 und 1.4.5). Signale, die entweder bereits vom Systemspeichercontroller erzeugt werden (und nicht von der Steuerschaltung selbst) oder von der Steuerschaltung direkt an die Speichervorrichtungen übertragen werden (und nicht an die Datenübertragungsschaltungen), sind dementsprechend keine Modulsteuersignale im Sinne des Klagegebrauchsmusters.
Erzeugen
Der Begriff „Erzeugen“ wird in der Gebrauchsmusterbeschreibung nicht weiter definiert. Seine Bedeutung für die Lehre des Klagegebrauchsmusters ergibt sich jedoch aus dem US Patent 7,289,386 (Anlage FBD B 5), auf welches das Klagegebrauchsmuster in Abs. [0049] vollumfänglich Bezug nimmt („Beispiele von Schaltungen, die als Steuerschaltung 430, 430‘ dienen können, sind im Einzelnen in den US-Patenten Nr. 7,289, 386 (…) beschrieben, die jeweils vollumfänglich unter Bezugnahme hier aufgenommen sind“, [0049] letzter Satz).
Die Idee des genannten US Patents 386 bestand darin, auf dem Speichermodul eine neue Einheit vorzusehen, welche dem Speichercontroller eine einzelne Reihe mit 1 Gigabyte Speicherkapazität „vorspiegelt“, während das Speichermodul in Wahrheit zwei Reihen mit je 512 Megabyte Speicherkapazität enthält. Hierfür war es notwendig, auf dem Speichermodul ein neues, proprietäres Signal zu „erzeugen“ („generate“), welches der Speichercontroller nicht kennt. Erzeugt wurde dieses Signal durch die neue Einheit auf dem Speichermodul, das sog. „logic element“. In dem US Patent 386 wurde somit sogar eine neue Einheit geschaffen, um das gewünschte neue Signal zu erzeugen. Hieraus folgt für die Auslegung von Merkmal 1.3.1, dass auch das Modulsteuersignal von der Steuerschaltung neu geschaffen werden muss. Insbesondere genügt es nicht, ein bereits vorhandenes Signal lediglich weiterzuleiten.
Dieses Verständnis deckt sich mit dem des maßgeblichen Fachmanns. Dieser setzt „erzeugen“ gleich mit „hervorbringen“ oder „entstehen lassen“ – wie es auch dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht. Auch hiernach ist ein bloßes Weiterleiten von bereits existierenden Signalen nicht erfasst.
Modulsteuersignal veranlasst Datenübertragungsschaltung, einen bestimmten Datenpfad freizugeben
Die Modulsteuersignale bewirken, dass die Datenübertragungsschaltungen einen bestimmten von mehreren Datenpfaden freigeben. Dieser Datenpfad führt zu zwei bestimmten Speichervorrichtungen in einer Reihe (Merkmale 1.3.1.1 und 1.4.5).
Dies ergibt sich eindeutig aus Merkmal 1.4.5:
1.4.5 „wobei jede Datenübertragungsschaltung dazu konfigurierbar ist, auf die Modulsteuersignale anzusprechen durch Freigeben von Datenpfaden und durch Treiben von Datensignalen für die Lese- oder Schreiboperation (…) in der bestimmten der mehreren Reihen“
Merkmal 1.4.5 legt somit fest, dass die Modulsteuersignale dazu führen, dass die Datenübertragungsschaltungen die entsprechenden Datenpfade für die eine bestimmte der mehreren Reihen freigeben bzw. die Datensignale in die eine bestimmte der mehreren Reihen treiben. Die Modulsteuersignale geben also die Datenpfade, bzw. die bestimmte Reihe vor, die Datenübertragungsschaltungen setzen die Vorgabe um.
Diese Funktion der Modulsteuersignale ergibt sich auch schon aus der Merkmalsgruppe 1.3:
1.3 „einer Steuerschaltung (…)“
1.3.1 “[…], wobei die Steuerschaltung dazu konfigurierbar ist, Steuersignale für eine Lese- oder Schreiboperation, die von dem Speichercontroller empfangen werden, zu registrieren und Modulsteuersignale zu erzeugen,
1.3.1.1 wobei die Lese- oder Schreiboperation auf eine bestimmte der mehreren Reihen abzielt;.“
Die gesamte Merkmalsgruppe 1.3 spezifiziert die Steuerschaltung, auch Merkmal 1.3.1.1. Danach erzeugt die Steuerschaltung die Modulsteuersignale (Merkmal 1.3.1) und bewirkt hierdurch, dass die Lese- oder Schreiboperation (die vom Systemspeichercontroller stammt) auf eine bestimmte der mehreren Reihen abzielt (Merkmal 1.3.1. i.V.m. 1.3.1.1).
„Datenübertragungsschaltungen“, Merkmalsgruppe 1.4
Merkmal 1.4 beschreibt die Datenübertragungsschaltungen des beanspruchten Speichermoduls genauer. Aus der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters ergibt sich, dass diese bei bestimmten Ausführungsformen einen Puffer aufweisen oder auch selbst als solcher fungieren können (siehe z.B. [0054]). Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass sich die Funktion der Datenübertragungsschaltungen nicht auf einen Puffer beschränkt.
Bereits dem Namen nach, muss zumindest eine Form von „Schaltung“ für zu übertragende Daten gegeben sein. Die Datenübertragungsschaltung muss die Datenpfade zu ausgewählten Speichervorrichtungen in einer bestimmten Reihe freigeben, diese also entweder an- oder aus“schalten“. Dieses Verständnis bestätigen die Merkmale 1.4.2 sowie 1.4.5.
Merkmal 1.4.2 verlangt, dass die Datenübertragungsschaltungen dazu konfigurierbar sind, die Modulsteuersignale von der Steuerschaltung zu empfangen. Wie dargelegt, sind die von der Steuerschaltung erzeugten Modulsteuersignale dafür verantwortlich, welcher Datenpfad zu den zwei Speichervorrichtungen in der einen bestimmten der mehreren Reihen für die Lese- oder Schreiboperation ausgewählt wird.
Nach Merkmal 1.4.5 ist jede Datenübertragungsschaltung dazu konfigurierbar, auf die Modulsteuersignale anzusprechen durch „Freigeben von Datenpfaden“ und durch „Treiben von Datensignalen“ für die Lese- oder Schreiboperation auf den Datenpfaden zwischen dem Systemspeichercontroller und den beiden zugehörigen Speichervorrichtungen in der bestimmten der mehreren Reihen.
Auch Fig. 5 stützt die Grundidee dieses Verständnisses. Die Datenübertragungsschaltung muss auf Grundlage der Modulsteuersignale den konkreten Datenpfad von bzw. zu den bestimmten Speichervorrichtungen freigeben bzw. frei“schalten“.
„Freigeben von Datenpfaden und (…) Treiben von Datensignalen (…) in der bestimmten der mehreren Reihen“, Merkmal 1.4.5 Merkmal 1.4.5 beschreibt den eigentlichen Kern der Lehre des Klagegebrauchsmusters wie folgt:
„n/2 Datenübertragungsschaltungen […], wobei jede Datenübertragungsschaltung dazu konfigurierbar ist, auf die Modulsteuersignale anzusprechen durch Freigeben von Datenpfaden und durch Treiben von Datensignalen für die Lese- oder Schreiboperation auf den Datenpfaden zwischen dem Systemspeichercontroller und den beiden zugehörigen Speichervorrichtungen in der bestimmten der mehreren Reihen.“
Die nach Merkmal 1.4.5 freizugebenden Datenpfade sind diejenigen zwischen dem Systemspeichercontroller und den zwei Speichervorrichtungen in der einen bestimmten ausgewählten Reihe. Über diese Datenpfade sendet der Systemspeichercontroller Daten zu und empfängt Daten von den Speichervorrichtungen. Jeder dieser Datenpfade verläuft vom Systemspeichercontroller zu einer Datenübertragungsschaltung (vgl. Merkmal 1.4.1) und von dort weiter zu den mit der jeweiligen Datenübertragungsschaltung verbundenen Speichervorrichtungen in den mehreren Reihen (vgl. Merkmal 1.4.4). Die Datenübertragungsschaltungen fungieren also gewissermaßen als Weiche.“
Nach Merkmal 1.4.5 soll die Datenübertragungsschaltung nun bestimmte Datenpfade „freigeben“ und auf diesen freigegebenen Datenpfaden Daten treiben. Die Freigabe eines Datenpfades setzt schon nach dem Wortlaut voraus, dass der Datenpfad zuvor geschlossen ist. Weil nach Merkmal 1.4.5 nur die Datenpfade zwischen dem Systemspeichercontroller und den Speichervorrichtungen in der ausgewählten Reihe freigegeben werden sollen, müssen alle anderen Datenpfade notwendigerweise geschlossen sein. Die Datenübertragungsschaltung soll also nur mit den Speichervorrichtungen der einen ausgewählten Reihe eine aktive Verbindung herstellen, nicht aber mit den Speichervorrichtungen der anderen Reihen.
Auch das Treiben von Datensignalen in „der bestimmten der mehreren Reihen“ bedeutet, dass Daten nur in die eine ausgewählte Reihe „getrieben“ werden, nicht in die anderen Reihen (siehe hierzu auch die in Fig. 5 sowie Absatz [0064] enthaltene Grundidee der Weichenstellung). Am Beispiel der Weiche veranschaulicht, sollen also innerhalb der Datenübertragungsschaltung die Wege zu den ausgewählten Speichervorrichtungen geöffnet werden, während die Wege zu allen anderen Speichervorrichtungen blockiert bleiben.
Dieses Verständnis wird von der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters gestützt. Wie bereits dargelegt, umschreibt das Klagegebrauchsmuster das Freigeben von Datenpfaden als selektives Zulassen und Verhindern der Datenübertragung zwischen dem Systemspeichercontroller und den Speichervorrichtungen (vgl. Abs. [0010], [0011], [0042], [0051]). Auch hieraus ergibt sich für den Fachmann, dass nach dem Klagegebrauchsmuster die Verbindung zwischen dem Systemspeichercontroller und den nicht ausgewählten Speichervorrichtungen in der Datenübertragungsschaltung blockiert werden soll.
Die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters konkretisiert das „Freigeben von Datenpfaden“ nach Merkmal 1.4.5 sogar noch weiter:
„Um die von dem Systemspeichercontroller 420 erfahrenen Speichervorrichtungslasten zu reduzieren (zum Beispiel während einer Schreiboperation), ist die Datenübertragungsschaltung 416 bestimmter Ausführungsformen vorteilhaft dazu konfiguriert, von dem Systemspeichercontroller 420 als einzige Speicherlast erkannt zu werden. Dieses vorteilhafte Ergebnis wird bei bestimmten Ausführungsformen in gewünschter Weise erzielt, indem die Datenübertragungsschaltungen 416 verwendet werden, um nur die aktivierten Speichervorrichtungen 412 mit dem Speichercontroller 420 elektrisch zu verbinden (zum Beispiel die eine, zwei oder mehr Speichervorrichtungen 412, in welche Daten zu schreiben sind), und die anderen Speichervorrichtungen 412 von dem Speichercontroller 420 elektrisch zu isolieren (zum Beispiel die eine, zwei oder mehr Speichervorrichtungen 412, in welche keine Daten zu schreiben sind).” (Klagegebrauchsmuster, Abs. [0058])
Das oben beschriebene Ziel des Klagegebrauchsmusters, gegenüber dem Stand der Technik eine erhebliche Lastenreduzierung und somit deutlich verbesserte Leistung bei reduziertem Energiebedarf zu erreichen, soll also nach der Lehre des Klagegebrauchsmusters dadurch erreicht werden, dass die Datenübertragungsschaltung immer nur zu zwei Speichervorrichtungen einer Reihe eine elektrische Verbindung aufbaut.
Der Fachmann versteht Merkmal 1.4.5 mithin so, dass die Datenübertragungsschaltung nur zu den „beiden zugehörigen Speichervorrichtungen der bestimmten der mehreren Reihen“ eine elektrische Verbindung aufbauen soll, während die Datenpfade zu den anderen Speichervorrichtungen elektrisch isoliert bleiben und folglich auch keine Daten an diese anderen Speichervorrichtungen übertragen werden.
Soweit die Klägerin dagegen, u.a. auch in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.1.2019, argumentiert, dass der eingetragene Wortlaut des Schutzanspruches 1 ein weiteres Verständnis zulasse mit der Folge, dass es für eine wortsinngemäße Verwirklichung ausreiche, wenn die Signale diese (bestimmten) Speichermodule erreichten, die aufgrund von Steuerbefehlen „zuhörten“, und es unschädlich sei, wenn auch alle anderen Speichermodule sie bekämen, die aber mangels entsprechender Steuerbefehle nicht „zuhörten“, ist dieser Argumentation schon aus den oben genannten Gründen nicht zu folgen. Mit der Klägerin ist zwar festzustellen, dass die Beschreibung des Klagegebrauchsmusters auf den ersten Blick keine einzige einengende, weil allgemein gehaltene, Beschreibungsstelle aufweist. Die Beschreibung erläutert vielmehr ausschließlich „bestimmte Ausführungsformen“ ohne – auf den ersten Blick – Schutzanspruch 1 in der eingetragenen Form allgemein zu erläutern. Allerdings finden sich in [21] und [41] der Beschreibung „Generalklauseln“ wonach bestimmte Zeichnungen bzw. Erläuterungen pars pro toto zu verstehen seien. Derartige spezifische und als pars pro toto zu verstehende Erläuterungen finden sich zum Beispiel in [54] wonach die Datenbits selektiv nur an ausgewählte, und nicht an alle, Speichervorrichtungen gesendet werden; und zwar betreffend diejenige „alternative“ Ausführungsform, bei der laut Klägerin die Datenübertragungsschaltung als Puffer fungiert. Allerdings ist nirgends beschrieben, dass die Pufferfunktion alternativ zur Weichenfunktion verstanden werden soll; im Gegenteil, der Wortlaut des eingetragenen Anspruchs 1 spricht von selektiv senden. Die Pufferfunktion stellt somit eine zusätzliche Eigenschaft zur Weichenfunktion dar. [66] bestätigt das; denn dort sind auch bei dem Einsatz von Puffern Datenübertragungsschaltungen deaktiviert und Signale werden nur an bestimmte Speichereinrichtungen über die „richtigen“ Datenpfade getrieben. Die anderen (falschen) Datenpfade sind zu Gunsten einer Entlastung elektrisch isoliert.
Die Zusammenschau von Schutzanspruch 1 mit dem abhängigen Schutzanspruch 4 zeigt ebenfalls, dass die Verwendung als Puffer einen zusätzlichen Unterfall und keine Alternative zum Grundkonzept der Verwendung als Weiche darstellt. Schlussendlich offenbart [37] als Stand der Technik eine Vorbeiflug-Konfiguration, bei welcher Steuersignale entlang der Steuerleitungen von dem Register zu den Speichervorrichtungen einer gegebenen Reihe gesendet werden. Die Signale erreichen dabei jede Speichervorrichtung der Reihe sequentiell. Das Klagegebrauchsmuster vermag sich hiervon nur dann abzugrenzen, wenn man der obigen Auslegung folgt.
Etwas anders ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.1.2019 zitierten Absatz [5]. Dieser lautet:
„Im Betrieb werden die Reihen eines Speichermoduls durch Steuersignale ausgewählt oder aktiviert, die vom Prozessor empfangen werden. Beispiele solcher Steuersignale beinhalten, sind jedoch nicht beschränkt auf, Reihenauswahlsignale, auch Chipauswahlsignale genannt. Die meisten Computer- und Serversysteme unterstützen eine begrenzte Anzahl von Reihen pro Speichermodul, was die Speicherdichte, die in jedem Speichermodul integriert werden kann, einschränkt.“
Denn dieser Absatz beschreibt die Funktionsweise von im Stand der Technik bekannten Speichermodulen. Wie die von Absatz [58] beschriebene Lastreduktion und das vom Wortlaut des Schutzanspruchs geforderte Freigeben von ansonsten geschlossenen Datenpfaden sowie das Treiben von Datensignalen für die Lese- oder Schreiboperation nur auf den „richtigen“ Datenpfaden zwischen dem Systemspeichercontroller und den beiden zugehörigen Speichervorrichtungen in der bestimmten der mehreren Reihen anders als oben beschrieben be-werkstelligt werden soll, ergibt sich weder hieraus noch aus den Ausführungen der Klägerin in deren nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.1.2019.
B. keine Gebrauchsmusterverletzung
Die angegriffenen Ausführungsformen machen vom geltend gemachten Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters keinen Gebrauch. Jedenfalls die Merkmalsgruppen 1.3 und 1.4 werden nicht verwirklicht. Die Klage war daher mangels Gebrauchsmusterverletzung kostenpflichtig abzuweisen.
Im Einzelnen:
Nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten werden sämtliche Daten, die von der Steuerschaltung über die Datenübertragungsschaltungen zu den Reihen der angegriffenen Ausführungsform gelangen, stets an sämtliche Reihen geleitet, nicht nur an eine bestimmte. Daher sind auch keinerlei Datenpfade zwischen dem Systemspeicherkontroller und den mehreren Reihen verschlossen, die über die Puffer laufen. Daher ist eine Schalterfunktion dergestalt, dass der Weg zu den beiden Speichervorrichtungen in der einen, bestimmten Reihe eröffnet wird, und der Weg zu allen sonstigen Reihen verschlossen bleibt, nicht gegeben. Daher erfolgt auch keine Freigabe, weil dies nach dem oben gefundenen Auslegungsergebnis voraussetzt, dass Pfade verschlossen sind. Jeder Datenpuffer der angegriffenen Ausführungsform leitet sämtliche ankommenden Daten an beide mit ihm verbundenen Reihen weiter.
C. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.


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