Europarecht

grobe Zuwiderhandlungen bezüglich Kaninchenhaltung generelles Tierhaltungsverbot unverhältnismäßig

Aktenzeichen  AN 10 K 19.00090

Datum:
16.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45387
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 16a Abs. 1
TierSchG § 2

 

Leitsatz

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2018 wird insoweit aufgehoben, als er die Haltung und Betreuung über Nage- und Hasentiere hinaus untersagt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist teilweise begründet.
1. Der Bescheid vom 13. Dezember 2018 ist rechtmäßig, soweit er die Haltung von Nage- und Hasentieren untersagt (siehe unter a)) und die Wegnahme der Kaninchen betrifft (siehe unter b)). Soweit er darüber hinaus die Haltung und Betreuung von Tieren untersagt (siehe unter c)), ist der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot findet seine Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG. Danach kann die Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird.
Gemäß § 2 TierSchG muss derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, (1.) das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, (2.) darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so sehr einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, (3.) muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist dabei die letzte Behördenentscheidung. Zwar handelt es sich bei einem Tierhaltungsverbot um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, allerdings ist das Verfahren nach der Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG so gestaltet, dass es in zwei Verfahren aufgeteilt wird, nämlich in ein Untersagungsverfahren einerseits und ein mögliches Wiedergestattungsverfahren andererseits. Dies hat zur Folge, dass der Kläger eine nachhaltige Verbesserung in der Sach- und Rechtslage zu seinen Gunsten in einem nachfolgenden Wiedergestattungsverfahren geltend zu machen hätte (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2018 – 9 ZB 16.2467 – juris Rn. 9; NdsOVG, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – juris Rn. 35).
a) Soweit der streitgegenständliche Bescheid Nage- und Hasentiere betrifft, ist er rechtmäßig.
aa) Der Kläger hat den Vorschriften des § 2 TierSchG wiederholt und grob zuwidergehandelt und den Kaninchen damit erhebliche und länger andauernde Schmerzen und Leiden zugefügt.
Zunächst ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung beamteten Tierärzten bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, von Gesetzes wegen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2020 – 23 CS 20.1311 – juris Rn. 7; B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 9; B.v. 10.8.2017 – 9 C 17.1134 – juris Rn. 13). Amtstierärzte sind im Rahmen der Durchführung des Tierschutzgesetzes als gesetzlich vorgesehene Sachverständige eigens bestellt und regelmäßig zu beteiligen (§ 15 Abs. 2 TierSchG); ihr Gutachten erachtet der Gesetzgeber gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG grundsätzlich als ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 – 3 B 62. 3 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 19.6.2020 – 23 CS 20.1311 – juris Rn. 7; B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 9). Zur Entkräftung der fachlichen Beurteilung der Amtstierärzte ist ein substantiiertes Gegenvorbringen erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 9 m.w.N.). Das Vorbringen des Klägers erfüllt diese Anforderungen nicht (Blatt 43 bis 58 der Behördenakte), indem er zum einen die Feststellungen der Amtsveterinärin als unzutreffend darstellt und zum anderen ihre fachliche Qualifikation in Frage stellt. Sein Vorbringen ist nicht geeignet, die nachvollziehbare Stellungnahme der Amtsveterinärin in Zweifel zu ziehen. Dass der Kläger selbst über besondere Fachkenntnisse verfügen würde, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Zur Überzeugung der Kammer steht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und aufgrund der vorgelegten Behördenakte einschließlich der Stellungnahme der Amtsveterinärin vom 20. September 2018 fest, dass der Kläger den Anforderungen gemäß § 2 TierSchG, insbesondere im Hinblick auf die Unterbringung und Ernährung der Kaninchen, nicht gerecht wurde.
(1) Der Kläger hat die beiden Kaninchen im Garten, angebunden mittels eines ca. 1,5 bis 2 Meter Seils, das um den Bauch der Kaninchen und am anderen Ende an einem Baum befestigt war und sich dort teils mehrmals umgewickelt hatte, gehalten. Nach den gutachterlichen Ausführungen der Amtsveterinärin handelt es sich bei Kaninchen um extrem scheue und schreckhafte Tiere, für deren Überleben als potentielle Beutetiere ein schnelles Reagieren, etwa auf unerwartete Bewegungen oder laute Geräusche, essenziell ist. Das Anbinden eines Kaninchens behindert es, diesem natürlichen und stark ausgeprägten Instinkt nachzugehen. Hinzu kommt die Gefahr eines plötzlichen Kreislaufversagens, wenn Kaninchen nicht vor Fressfeinden flüchten können. Darüber hinaus wurde plausibel und schlüssig das hohe Risiko von Frakturen der dünnen Röhrenknochen sowie von Verletzungen der Wirbelsäule und daraus resultierender Lähmungen im Falle von Flutversuchen durch die angebundenen Kaninchen dargestellt. Auch ist es nachvollziehbar, dass sich im Falle eines Fluchtversuchs das Seil immer fester um den Bauch der Kaninchen zieht und diesen dadurch Schmerzen zufügt. Nach den Feststellungen der Amtsveterinärin versuchte ein Kaninchen bei der ersten Kontrolle des Öfteren zu fliehen. Hierbei war das Seil komplett gespannt, die Hinterbeine des Kaninchens hingen in der Luft, wodurch es nur noch mit den Vorderbeinen versuchen konnte, zu entkommen.
Der Kläger hat hiernach der art-, bedürfnis- und verhaltensgerechten Unterbringung der Kaninchen zuwidergehandelt (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Für die Frage, ob eine grobe Zuwiderhandlung gegeben ist, ist u.a. auf die Intensität und Dauer des Verstoßes, auf die Größe der dadurch herbeigeführten Gefahren, auf das Ausmaß und die Dauer der verursachten Schmerzen, Leiden und Schäden sowie auf den Grad des Verschuldens abzustellen (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, 3. Aufl. 2016, TierSchG § 16a Rn. 45). Angesichts der durch die Anbindehaltung resultierenden Gefahr von Knochenbrüchen und Lähmungen bis hin zu tödlichem Kreislaufversagen ist eine grobe Zuwiderhandlung gegen die tierschutzrechtlichen Vorschriften zu bejahen. Aufgrund der Befestigung der Seile am Bauch wurden zumindest dem hellbraunen Kaninchen, das nach den Beobachtungen der Amtsveterinärin versucht hatte, zu flüchten, durch das Zusammenziehen des Seils erhebliche Schmerzen zugefügt. Die artwidrige Anbindehaltung hat zudem zu erheblichen und länger andauernden Leiden bei den Kaninchen geführt. Leiden sind nicht alle bereits vom Begriff des Schmerzes umfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern (vgl. BVerwG, U.v. 18.1.2000 – 3 C 12799 – juris Rn. 17). Die, wie oben dargestellt, der Wesensart von Kaninchen völlig zuwiderlaufende und instinktwidrige Anbindehaltung hat das Wohlbefinden der Kaninchen erheblich beeinträchtigt und den beiden Kaninchen dadurch beträchtliche und länger anhaltende Leiden zugefügt. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger im Zeitpunkt der amtstierärztlichen Kontrolle neben dem Garten angetroffen wurde. Da er sich nicht im Garten selbst bei den Kaninchen aufhielt, war ihm ein unmittelbares Eingreifen im Falle von Schrecksituationen für die Kaninchen und etwaiger Fluchtversuche der Tiere nicht möglich.
(2) Darüber hinaus stellte auch die beim zweiten angekündigten Kontrollbesuch vorgefundene Unterbringung der beiden Kaninchen in einem zu kleinen, ohne Rückzugsmöglichkeit und erhöhte Liegefläche ausgestatteten Holzkäfig, der nur an einer Seite Gitter aufwies und auf dem südseitigen Balkon bei Sonnenschein abgestellt war – trotz Aushändigung des TVT-Merkblatts beim ersten Kontrollbesuch – keine artgerechte Haltung der Tiere dar. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Amtsveterinärin in der mündlichen Verhandlung und ihren gutachterlichen Feststellungen wiesen beide Kaninchen aufgrund der Hitze eine deutlich verstärkte Atmung auf und waren dadurch erkennbar unter Hitzestress gestanden. Die Amtsveterinärin hat auf die Frage des Klägerbevollmächtigten, ob die Kaninchen deswegen umgehend zu einem Tierarzt gebracht worden seien, plausibel erläutert, dass sich die Tiere aufgrund ihres Transports in einem klimatisch heruntergekühlten Fahrzeug etwas erholen konnten und deshalb das Aufsuchen eines Tierarztes nicht erforderlich war. Angesichts dieser tierschutzwidrigen Unterbringung, die durch den Hitzestress erhebliche gesundheitliche Gefahren für die Tiere herbeiführte, hat der Kläger den tierschutzrechtlichen Vorschriften (§ 2 TierSchG) grob zuwidergehandelt und beiden Kaninchen durch die körperlichen Auswirkungen des Hitzestresses erhebliche und länger andauernde Schmerzen und Leiden zugefügt.
Soweit von Klägerseite eingewandt wurde, dass dem Kläger mit Aushändigung des TVTMerkblatts nicht mitgeteilt worden sei, welche Empfehlungen er daraus einzuhalten habe, so wäre es am Kläger gelegen, beispielsweise bei Unsicherheiten im Hinblick auf die Käfiggröße, beim Veterinäramt diesbezüglich nachzufragen. Den Merkblättern des TVT kann im Rahmen der Auslegung des § 2 TierSchG entnommen werden, welche Ansprüche die jeweilige Tierart an eine tierschutzgerechte Haltung hat. Diese Merkblätter und Checklisten des TVT sind ebenso wie die auf Veranlassung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erstellten Gutachten und Leitlinien von Sachverständigengremien erstellte Ausarbeitungen, die sich unter Einbeziehung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und Praxiserfahrungen mit den spezifischen Verhaltensbedürfnissen bestimmter Tierarten unter bestimmten Haltungsbedingungen und den sich daraus ergebenden Anforderungen befassen. Die darin ausgesprochenen Empfehlungen und Bewertungen stellen eine sachverständige Zusammenfassung dessen dar, was als verlässlicher und gesicherter wissenschaftlicher Kenntnisstand gelten kann, sodass ihnen der Charakter einer sachverständigen Äußerung zukommt (vgl. NdsOVG, U.v. 28.3.2019 – 11 LA 294/18 – juris Rn. 9).
(3) Auch im Hinblick auf das kaum bzw. nicht vorhandene rohfaserhaltige Futter, in Form von Heu, Gras oder Ästen, ist eine wiederholte und grobe Zuwiderhandlung gegen § 2 Nr. 1 TierSchG festzustellen. Weder bei der ersten noch bei der zweiten angekündigten Kontrolle – trotz Aushändigung des dreiseitigen TVT-Merkblatts, in dem der Punkt Ernährung seitlich hervorgehoben abgedruckt ist – hatten die Kaninchen Heu oder Gras zur Verfügung. In der gutachterlichen Stellungnahme der Amtsveterinärin vom 20. September 2018 ist schlüssig dargestellt, dass Kaninchen über einen sogenannten „Stopfmagen“ verfügen, was bedeutet, dass ihr Magen bzw. Darm kaum Eigenmotilität aufweist und somit nicht in der Lage ist, den Magen- bzw. Darminhalt, ohne erneute Futteraufnahme, weiter zu befördern. Um eine normale Darmtätigkeit zu gewährleisten, ist es für Kaninchen lebensnotwendig, stets Rohfasern in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben. Eine mögliche Folge fehlender Rohfasern können massive und schmerzhafte Aufgasungen der Darmschlingen und kolikartige Symptome sein. Den Feststellungen der Beklagten ist nicht zu entnehmen, ob die beiden Kaninchen aufgrund der nicht artgerechten Ernährung an den beschriebenen Folgen litten und dadurch erhebliche und länger andauernde Schmerzen hatten. Es ist wohl zu vermuten, kann im Ergebnis allerdings dahinstehen.
bb) Die Feststellungen der Amtsveterinärin rechtfertigen zudem die Annahme, dass der Kläger weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG). Auch wenn sich nach der Wegnahme der Tiere Bemühungen erkennen ließen, mit der Beschaffung eines neuen und größeren Käfigs den tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Kaninchenhaltung gerecht zu werden, führt dies nicht zu einer für den Kläger positiven Prognose. Denn Wohlverhalten unter dem Druck eines laufenden Verfahrens ist grundsätzlich nicht geeignet, die Gefahrenprognose zu erschüttern (vgl. VG Würzburg, B.v. 19.4.2011 – W 5 S 11.242 – juris Rn. 49). Vielmehr muss angesichts der erheblichen tierschutzrechtlichen Verstöße, die die elementaren Bedürfnisse der Kaninchen betroffen haben, im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung davon ausgegangen werden, dass der Kläger weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Soweit der Kläger ausweislich seiner umfangreichen Stellungnahmen sein Unverständnis hinsichtlich der Wegnahme der Tiere und des Haltungsverbots zum Ausdruck bringt, unterstreicht er zudem seine weiter bestehende Uneinsichtigkeit.
cc) Anhaltspunkte für Ermessensfehler der Beklagten sind bezüglich des Verbots der Haltung und Betreuung von Nage- und Hasentieren nicht erkennbar. Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen insoweit rechtsfehlerfrei ausgeübt und insbesondere den verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel in ausreichendem Maß berücksichtigt. Angesichts des tierschutzwidrigen Zustands der Kaninchenhaltung stellt das Tierhaltungsverbot insoweit im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Tierschutz (Art. 20a GG) eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme dar. Die Anordnung ist geeignet, die tierschutzrechtlichen Missstände zu beheben. Auch steht kein anderes Mittel zur Verfügung, den Kläger zur Einhaltung der gebotenen Haltungsanforderungen anzuhalten. Es drohen weitere Verstöße und andere, weniger in die Rechte des Klägers einschneidende Maßnahmen zum Schutz von Nage- und Hasentieren erscheinen nicht effektiv genug. Dies gilt insbesondere für den vom Klägerbevollmächtigten vorgeschlagenen Sachkundenachweis. Denn obwohl die Amtsveterinärin beim ersten Kontrollbesuch den Kläger auf die Tierhaltungsmängel hingewiesen und ihm das TVT-Merkblatt ausgehändigt hat, erfolgte im Ergebnis für die Kaninchen keine Verbesserung ihrer Unterbringung und ihrer Ernährung. Der Kläger hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er nicht in der Lage bzw. nicht willens ist, die notwendige Sachkunde für die Kaninchenhaltung zu erwerben und anzuwenden. Insofern konnte von dem Erwerb eines Sachkundenachweises als milderes Mittel abgesehen werden. Im Hinblick auf die erheblichen tierschutzrechtlichen Verstöße, sein fehlendes Verständnis für die Erläuterungen der Amtsveterinärin und seine gezeigte Uneinsichtigkeit ist nicht ersichtlich, dass etwa Haltungskontrollen als milderes Mittel an diesen Defiziten eine Änderung begründen könnten. Die angeordnete Untersagung ist insoweit auch verhältnismäßig. Dieser Eingriff ist angesichts der nachhaltigen und massiven Verstöße letztlich unumgänglich, um die gesetzlich vorgegebenen Ziele des Tierschutzes durchsetzen zu können. Aufgrund der erheblichen Verstöße hat das Interesse des Klägers, weiterhin Kaninchen bzw. Hasen- oder Nagetiere halten zu dürfen, hinter dem Interesse des Staates am Schutz dieser Tiere zurückzutreten. Es ist insoweit auch erforderlich und angemessen, das Verbot nicht nur auf Kaninchen, sondern auf Hasen- und Nagetiere zu erstrecken, die einer vergleichbaren Haltung und Pflege bedürfen, insbesondere regelmäßig in Käfigen gehalten werden. Das Ermessen hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 13. Dezember 2018 auch ausreichend dargelegt. Im Übrigen ist eine zeitliche Befristung des Verbots, Nage- und Hasentiere zu halten, mit Blick auf die Möglichkeit des Wiedergestattungsverfahrens nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 TierSchG nicht erforderlich.
b) Keinen Rechtsbedenken begegnet auch die mit der Untersagung der Haltung und Betreuung von Nage- und Hasentieren korrespondierende Bestätigung der Wegnahme dieser Tiere in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG).
c) Soweit der Bescheid vom 13. Dezember 2018 die Haltung und Betreuung anderer Tiere als Nage- und Hasentiere verbietet, ist die Klage begründet, da der Bescheid insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Untersagung der Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art ist unverhältnismäßig. Zwar sind beim Kläger im Hinblick auf die Kaninchenhaltung erhebliche tierschutzrechtliche Verstöße und keine ausreichenden Fachkenntnisse festzustellen (siehe oben). Hieraus kann jedoch unter Berücksichtigung des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht der generelle Schluss gezogen werden, dass sich der Kläger bei Tieren, deren Haltung, Betreuung und Pflege nicht mit der von Kaninchen vergleichbar ist und daher bei diesen andere tierschutzrechtliche Anforderungen an die Haltung und Betreuung zu erfüllen sind, ebenfalls als ungeeignet erweist. Dieser Schluss rechtfertigt sich auch nicht daraus, dass sich der Kläger bezüglich der Kaninchenhaltung gegenüber der Amtsveterinärin nicht einsichtig zeigte und es nach der Einschätzung der Amtsveterinärin an Empathie für die Kaninchen fehlte. Für ein generelles Tierhaltungsverbot wurden nach Auffassung der Kammer weder hinreichende Anhaltspunkte von der Beklagten vorgetragen noch sind diese ersichtlich. Mithin ist die Untersagung der Haltung von Tieren jeder Art nicht verhältnismäßig, der Bescheid insoweit rechtswidrig und der Klage daher teilweise stattzugeben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 VwGO.


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