Europarecht

Grundsicherungsleistungen für bulgarischen Staatsangehörigen mit Rechtsanwaltszulassung in Deutschland

Aktenzeichen  S 46 AS 843/17 ER

Datum:
26.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II SGB II § 7 Abs. 1 S. 2, § 9, § 41a Abs. 7
SGB XII SGB XII § 19, § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
SGG SGG § 86a Abs. 1
FreizügG/EU FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 1a

 

Leitsatz

1. Der seit 29.12.2016 gültige Leistungsausschluss für Ausländer nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II und § 23 Abs. 3 SGB XII ist weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu beanstanden. (Rn. 30 – 31)
2. Ein leistungsbegründendes Aufenthaltsrecht mittels selbständiger Erwerbstätigkeit setzt eine tatsächliche Teilname am Wirtschaftsleben voraus. Die Existenz einer Anwaltszulassung und eines Büros allein genügen dafür nicht. (Rn. 21)
3. Es besteht auch kein Anspruch auf vorläufige Leistungen nach § 41a Abs. 7 SGB II, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Die ab 29.12.2016 gültigen entscheidungserheblichen Vorschriften sind nicht Gegenstand eines Verfahrens am BVerfG oder BSG. (Rn. 27)
4. Weil Arbeitslosengeld II grundsätzlich keine ins Ausland zu exportierende Leistung ist, ergibt der bestehende Leistungsausschluss nur für in Deutschland lebende Ausländer Sinn. Auch aus diesem Grund kann der Nichtvollzug einer eventuellen Ausreiseverpflichtung keinen Leistungsanspruch begründen. (Rn. 32)

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Eilverfahren Arbeitslosengeld II vom Antragsgegner. Er ist bulgarischer Staatsangehöriger mit einer Rechtsanwaltszulassung in Deutschland.
Der 1964 geborene Antragsteller war als Rechtsanwalt in Bulgarien tätig. Nach seinem Vortrag im Klageverfahren S 45 AS 836/15 reiste er im Oktober 2013 nach Deutschland ein. Er verfügt seit 07.11.2013 über eine Zulassung als Rechtsanwalt in Deutschland kraft europäischem Recht. Von Juni bis Dezember 2015 arbeitete der Antragsteller im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Lagerarbeiter.
Der Antragsteller wohnt in A-Stadt in einer Mietwohnung mit drei Zimmern für insgesamt monatlich 1.000,- Euro Bruttowarmmiete. Ein schriftlicher Mietvertrag existiert nicht. Die Wohnung und die Kosten der Wohnung teilt er sich mit einer Mitbewohnerin.
Am 25.02.2016 beantragte der Antragsteller erstmals Leistungen beim Antragsgegner. Er arbeite seit Januar 2016 als Rechtsanwalt. Er habe Kanzleiräume gemietet. Büromaterial, Telefon, Porto etc. rechne er quartalsweise mit seinem Anwaltskollegen ab; bis Mitte März 2016 seien – ohne Miete – 98,52 Euro angefallen. Vorgelegt wurde ein Nachweis zu Beitragsrückständen in der Versorgungskammer. Mit Schreiben vom 25.04.2016 teilte der Antragsteller der gesetzlichen Krankenkasse mit, dass er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt nur unregelmäßig ausübe und keine Einkünfte erziele. Mit Schreiben vom 22.07.2016 teilte er dem Antragsgegner mit, dass er mit seiner Tätigkeit 50,- Euro am 18.02.2016, 170,- Euro am 01.03.2016, 100,- Euro am 06.06.2016 und 100,- Euro am 09.06.2016 eingenommen habe. Der Antragsteller besucht nach seinen Angaben Sprachkurse für die deutsche Sprache.
Von Februar 2016 bis einschließlich Januar 2017 gewährte der Antragsgegner ihm vorläufig Arbeitslosengeld II von monatlich 904,- Euro (Bescheid vom 07.04.2016, Bescheid vom²9.07.2016).
Auf den Weitergewährungsantrag hin wurde das Antragsteller im Januar 2017 aufgefordert, Unterlagen zu der selbständigen Tätigkeit zu übermitteln. Der Antragsteller übersandte eine Aufstellung für das vierte Quartal 2016. Demnach hatte er 50,- Euro am 06.10.2015, 50,- Euro am 16.10.2016, 100,- Euro am 26.10.2016 und 200,- Euro am 12.12.2016 eingenommen bei einer monatlichen Miete von 416,50 Euro. Ferner legte er eine EKS für Februar bis Juli 2017 mit prognostizierten monatlichen Einnahmen von 135,- bis 185,- Euro, einer monatlichen Miete von 350,- Euro und monatlichen Verlusten von rund 300,- Euro.
Mit weiterem Schreiben vom 08.02.2017 wurde der Antragsteller aufgefordert, Nachweise zu Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, eine vorläufige Gewinnermittlung für 2016, Kontoauszüge für das PayPal-Konto und das Konto bei einer weiteren Bank, die Anlage Vermögen (VM), eine Erklärung zur Notwendigkeit eines Büroraums, den Mietvertrag zum Büroraum, Nachweise zur Herkunft bestimmter Bareinzahlungen auf das Girokonto und Steuerbescheide/Steuererklärungen für 2015 und 2016 vorzulegen. Dem Antragsteller wurde für die Mitwirkung eine Frist bis 27.02.2017 gesetzt und auf die Rechtsfolge einer Versagung nach § 66 SGB I bei Nichtmitwirkung hingewiesen. Der Antragsteller übermittelte daraufhin nur die Anlage VM und Kontoauszüge zum PayPal-Konto.
Mit Bescheid vom 03.03.2017 versagte der Antragsgegner Leistungen wegen mangelnder Mitwirkung gemäß § 66 SGB I für die Zeit von 01.01.2017 bis 30.06.2017 vollständig. Es könne wegen der fehlenden Unterlagen nicht zweifelsfrei beurteilt werden, ob ein Leistungsanspruch bestehe. Die Mitwirkung sei zumutbar. Auch eine teilweise Bewilligung sei nicht möglich.
Der am 09.03.2017 eingelegte Widerspruch des Antragstellers, er habe die Unterlagen doch vorgelegt, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2017 zurückgewiesen. Klage wurde dagegen noch nicht erhoben.
Bereits am 13.04.2017 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Ihm stünde nach der Richtlinie 98/5/EG eine Frist von mindestens drei Jahren zu, sich an Sprache und Rechtssystem anzupassen. Er habe sich Geld bei Freunden und Bekannten leihen müssen für seinen Lebensunterhalt. Er habe kein Geld für Lebensmittel und Miete.
Der Antragsgegner wies darauf hin, dass ein automatischer Datenabgleich mit der Rentenversicherung ergeben habe, dass der Antragsteller seit 01.07.2015 einer geringfügigen Beschäftigung bei einem Herrn K. S. nachgehe, die er nicht mitgeteilt habe.
Auf detaillierte Fragen des Gerichts hin teilte der Antragsteller mit, dass er gegenüber der Rechtsanwaltskammer gemäß § 27 BRAO verpflichtet sei, eine eigene Anwaltskanzlei zu unterhalten. Er habe keine Praxisgemeinschaft mit dem Rechtsanwalt nebenan. Er sei bei Herrn K. S. nur bis Dezember 2015 geringfügig beschäftigt gewesen. Seit März 2017 werde die Wohnung zu dritt bewohnt. Er nehme am Wirtschaftsleben als Rechtsanwalt teil und sei nicht vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Dazu verwies er auf zwei Anzeigen, die er in einer Broschüre für Bulgaren in Bayern geschaltet habe. Der Antragsteller legte auch einen Untermietvertrag vor zu einem Büro in einer Baufirma von 12 qm mit einer Monatsmiete von 416,50 Euro.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller Arbeitslosengeld II von monatlich 904,- Euro ab Februar 2017 zu gewähren und Beiträge an die Sozialversicherung abzuführen.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners und die Gerichtsakten S 45 AS 836/15 und S 46 AS 843/17 ER verwiesen.
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig, aber unbegründet. Der Widerspruch gegen den Versagungsbescheid entfaltet gemäß § 86a Abs. 1 SGG bis zum Ablauf der Klagefrist oder bei rechtzeitiger Klageerhebung die Klage darüber hinaus aufschiebende Wirkung, weil die Versagung von § 39 SGB II nicht erfasst wird (zur zweistufigen Prüfung bei einem Versagungsbescheid vgl. Bay LSG, Beschluss vom 21.04.2016, L 7 AS 160/16 B ER). Es besteht aber nach abschließender Prüfung des Sach- und Rechtslage kein Anordnungsanspruch für eine einstweilige Anordnung. Der Antragsteller ist von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt in Form von Arbeitslosengeld II nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II und in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs. 3 SGB XII ausgeschlossen.
Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab 01.02.2017.
Ob der Antragsteller hilfebedürftig im Sinn von § 9 SGB II oder § 19 SGB XII ist, vermag das Gericht nicht zu beurteilen. Es ist nicht nachvollziehbar, wie der nach seinen Angaben vermögenslose Antragsteller die Kosten seiner behaupteten selbständigen Tätigkeit (Büromiete von monatlich 416,50 Euro oder 350,- Euro, laufende Nebenkosten, Versicherung) und der Sprachkurse ohne sonstige Einnahmen trägt. Dass er seit Januar 2016 von Bekannten oder Verwandten diese Kosten als Darlehen bekommt, ist weder nachgewiesen noch glaubhaft. Eine angesichts dieses ungeklärten Sachverhalts denkbare verfassungsrechtliche Folgenabwägung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016, 1 BvR 1335/13 und BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016, 1 BvR 1241/16) findet nicht statt, weil die Sach- und Rechtslage hinsichtlich des Leistungsausschlusses abschließend prüfbar ist und es auf die Frage der Hilfebedürftigkeit nicht ankommt.
Der Antragsteller verfügt allenfalls über ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU oder über kein Aufenthaltsrecht. Er ist daher nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2b SGB II von Leistungen des SGB II und nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII von laufenden Leistungen der Sozialhilfe, namentlich Hilfe zum Lebensunterhalt, ausgeschlossen, beide Vorschriften in der ab 29.12.2016 gültigen Fassung.
Der Ausschluss nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII bezieht sich nach seinem eindeutigen Wortlaut sowohl auf die gebunden Leistungsansprüche nach § 23 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB XII als auch auf Ermessenssozialhilfe nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII (ebenso LSG Bayern, Beschluss vom 24.04.2017, L 8 SO 77/17 B ER, und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.02.2017, L 23 SO 30/17 B ER).
Ein Aufenthaltsrecht als Unionsbürger, der zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU, besteht nicht. Entgegen dem Wortlaut „… zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit berechtigt“ genügt es nicht, dass der Antragsteller über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügt. Es ist tatsächlich eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, die sich als Teilnahme am Wirtschaftsleben darstellt. Es muss eine wirtschaftliche Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit ausgeübt werde (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 44/15 R, Rn. 28). Daran fehlt es hier.
Der Antragsteller verfügt lediglich über die Fassade einer Rechtsanwaltstätigkeit. Er nimmt nicht als niedergelassener Rechtsanwalt am Wirtschaftsleben teil. Die Ausgaben für das Büro fallen nur an, weil der Antragsteller dazu nach § 27 BRAO verpflichtet ist. Ob das Büro vom Antragsteller tatsächlich benutzt wird, ist unklar, weil der Antragsteller auf das Büro nirgends, auch nicht auch im Internet hinweist. So ist er etwa unter „Das Örtliche“ zwar mit seinem Namen genannt, nicht jedoch mit der Büroanschrift. Auch sonst tritt der Antragsteller mit seiner Tätigkeit nicht werbend auf. Die beiden Nachweise für Werbung in der Informationsbroschüre für Bulgaren datieren vom 12.02.2016 (Kleinanzeige für 20,- Euro) und vom 06.05.2017. Der Hinweis des Gerichts, dass es keine Hinweise auf die Rechtsanwaltstätigkeit des Antragstellers gebe, datiert vom 26.04.2017, so dass die nachfolgende Werbung vom 06.05.2017 nur als weiteres Stück einer Fassade einer Rechtsanwaltstätigkeit aufgefasst werden kann.
Die geringen Einnahmen, die der Antragsteller mitteilt, erreichen in keinem Monat auch nur die Hälfte der Miete. Im Durchschnitt sind es um die 100,- Euro im Monat, wobei auch Monate ohne jegliche Einnahmen vorhanden sind. Der Antragsteller berät gelegentlich und in großen Zeitabständen Landsleute wohl in rechtlichen Angelegenheiten. Ob hinter den geringen Einzahlungen anwaltliche Leistungen stehen, lässt sich nicht feststellen, weil der Antragsteller trotz der Aufforderung im Eilverfahren keine Nachweise dazu vorgelegt hat. Für eine tatsächliche nachhaltige Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit und eine Teilnahme am Wirtschaftsleben ist das deutlich zu wenig.
Der Antragsteller verfügt auch nicht über ein nachwirkendenes Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU. Er war von Juni 2015 bis Dezember 2015 als Lagerarbeiter und wie im Laufe des Eilverfahrens bekannt wurde zugleich geringfügig in einem Privathaushalt erwerbstätig. Dies erzeugt nur einen sechs Monate nachwirkenden Status als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU. Dieses Aufenthaltsrecht endete Mitte 2016.
Es besteht auch kein Leistungsanspruch kraft einer gewöhnlichen Aufenthalts von mindestens fünf Jahren in Deutschland nach § 7 Abs. 1 S. 4 SGB II bzw. § 23 Abs. 3 S. 5 SGB XII. Der Antragsteller ist nach seinen Angaben im Oktober 2013 nach Deutschland gekommen.
Über Überbrückungsleistungen nach § 23 Ab. 3 S. 3 SGB XII war nicht zu entscheiden. Diese sind ein anderer Streitgegenstand als laufende Leistungen zu Lebensunterhalt und sie setzen nach Wortlaut, Systematik und Begründung des Gesetzgebers einen Ausreisewillen voraus, der beim Antragsteller erkennbar nicht vorliegt. Dies gilt auch für Härtefallleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 6 SGB XII (Bay LSG, a.a.O.).
Es besteht auch kein Anspruch auf eine vorläufige Leistung nach § 41a Abs. 7 SGB II (so aber LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.02.2017, L 8 SO 344/16 B ER). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Nach § 41a Abs. 7 SGB II kann über eine Geldleistung vorläufig entschieden werden, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB II, von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht oder EuGH ist oder eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens beim Bundessozialgericht ist. Entscheidungserheblich sind die ab 29.12.2016 gültigen Fassungen von § 7 Abs. 1 SGB II und § 23 SGB XII. Diese Normen sind nicht Gegenstand eines Verfahrens beim BVerfG, EuGH oder BSG.
Die vom LSG Niedersachsen-Bremen genannten Vorlagen des SG Mainz vom 18.04.2016, S 3 AS 149/16 und S 3 AS 99/14, betreffen den Leistungsausschluss für Auszubildende nach § 7 Abs. 5 SGB II, der hier nicht relevant ist und den das BVerfG nicht beanstandet hat (BVerfG, Beschluss vom 08.10.2014, 1 BvR 886/11) sowie den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II alter Fassung für usbekische Staatsangehörige, für die allerdings das BSG aufgrund längeren Aufenthalts einen unbedingten Anspruch auf Sozialhilfe in Form zum Lebensunterhalt bejahen würde. Wie diese Vorlagen für die Neufassung der Regelungen zum Ausschluss von Ausländern Bedeutung erlangen könnten, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht.
Das andere vom LSG Niedersachsen-Bremen genannte Verfahren am BSG, B 4 AS 7/16 R, wurde am 23.02.2017 ohne mündliche Verhandlung entschieden. Die Entscheidung ist noch nicht veröffentlicht. Es betraf eine polnische Staatsangehörige und das zweite Halbjahr 2007. Wie diese Entscheidung für das neue Recht entscheidungserheblich sein könnte, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht.
Der Leistungsausschluss ist auch nicht verfassungswidrig. Der Gesetzgeber durfte den Nachrang der deutschen Sozialleistungssystem gegenüber dem des Herkunftslandes in dieser Weise normieren (Bay LSG, a.a.O.).
Dass der Leistungsausschluss dem europäischen Recht entspricht, hat der EuGH in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht.
Auch aus dem Nichtvollzug einer eventuell bestehenden Ausreiseverpflichtung kann kein Leistungsanspruch abgeleitet werden. Arbeitslosengeld II ist grundsätzlich keine ins Ausland zu exportierende Leistung (BSG, 10.01.2011, B 4 AS 14/10 R), so dass der bestehende Leistungsausschluss nur für Ausländer, die sich in Deutschland aufhalten, Sinn ergibt. Im Übrigen gibt es keinen Rechtsgrundsatz, dass die Nichtbefolgung einer Rechtspflicht einen Sozialleistungsanspruch begründet. Außerdem betrifft der strittige Leistungsausschluss ausdrücklich auch Fälle, in denen ein Aufenthaltsrecht besteht, das für den Leistungsbezug aber nicht ausreicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.


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