Europarecht

Kein Anspruch auf auflagenfreie Ausnahmegenehmigung zum Vertrieb von Brenngeräten

Aktenzeichen  VII R 61/13

Datum:
18.8.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 43 BranntwMonG
§ 45 Abs 2 BranntwMonG
§ 46 Abs 1 BranntwMonG
§ 227 BrennO
§ 228 Abs BrennO
§ 229 Abs 1 BrennO
§ 231 BrennO
§ 232 BrennO
§ 185 BrennO
§ 46 Abs 2 BranntwMonG
Spruchkörper:
7. Senat

Leitsatz

1. NV: Das in § 46 Abs. 1 BranntwMonG festgelegte Verkaufsverbot erfasst sämtliche Vorrichtungen, die unter objektiver Betrachtung zur Branntweingewinnung geeignet sind. Unbeachtlich sind daher andere Kriterien, wie z.B. die konkrete Zweckbestimmung des Herstellers, die tatsächliche Nutzung oder die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes des Brenngeräts.
2. NV: Ausnahmen vom Verkaufsverbot nach § 46 Abs. 2 BranntwMonG können nach dem Ermessen der zuständigen Finanzbehörde mit Nebenbestimmungen versehen werden.
3. NV: Unter dem Gesichtspunkt fehlerfreier Ermessensausübung sind Auflagen, die Vorrichtungen nur an bestimmte Unternehmen und Institutionen abzugeben, in den Angeboten und Rechnungen Hinweise auf die Unzulässigkeit privater Inbetriebnahme und Überlassung an Privatpersonen sowie auf die Anmeldepflicht nach § 229 Abs. 1 BO aufzunehmen, nicht zu beanstanden.

Verfahrensgang

vorgehend FG München, 24. Oktober 2013, Az: 14 K 560/13, Urteil

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 24. Oktober 2013  14 K 560/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als Anlagenbauer für die Thermische Verfahrenstechnik tätig. Bei den hergestellten Anlagen handelt es sich um Apparaturen für die Destillation (Rektifikation), Extraktion, Absorption/Desorption und Reaktion für den Labor- und Halbtechnischen Maßstab. Diese Anlagen, die aus Borsilikatglas 3.3 nach dem jeweiligen Kundenwunsch gefertigt werden, dienen ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken bzw. sind für die Lösungsmittelrückgewinnung sowie die Rohölanalyse konzipiert und werden in der Chemie an Universitäten und Fachhochschulen eingesetzt.
2
Auf ihren Antrag wurde der Klägerin vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundesministerium der Finanzen –BMF–) unter Widerrufsvorbehalt eine in Bezug auf den Kundenkreis sowie den Verwendungszweck beschränkte Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (BranntwMonG) für das Anbieten, Anpreisen und den Verkauf der hergestellten Destillationsanlagen mit einem Raumgehalt von über 0,5 bis zu 5 Litern im Monopolgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt. Mit der Ausnahmegenehmigung waren mehrere Auflagen verbunden. Der Klägerin wurde auferlegt, die Anlagen nur an Chemieunternehmen, Universitäten, Fachhochschulen oder ähnliche Unternehmen oder Einrichtungen abzugeben und im Angebot und auf der Rechnung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Branntweinherstellung mittels dieser Geräte verboten sei und straf- bzw. bußgeldrechtlich geahndet werden könne, dass die Anlagen nicht privat in Betrieb genommen werden dürften und dass die Inbetriebnahme außerhalb der gewerblich genutzten Räumlichkeiten und die Überlassung der Anlagen an Privatpersonen (z.B. Vermietung, Verkauf) unzulässig sei. Zudem wurde ihr auferlegt, den Erwerber darauf hinzuweisen, dass er den Erwerb der Anlage binnen drei Tagen nach deren Empfang unter Angabe des Aufstellungsorts und des Verwendungszwecks bei dem örtlich zuständigen Hauptzollamt schriftlich anzumelden habe, es sei denn, die Anlagen dienten in öffentlichen Lehr-, Forschungs- oder Krankenanstalten ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken. Darüber hinaus enthielt der Bescheid den Hinweis, dass die der Klägerin nach § 45 Abs. 2 BranntwMonG obliegende Anzeigepflicht von der erteilten Ausnahmegenehmigung unberührt bleibe.
3
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Klage auf Aufhebung der Verwaltungsentscheidung und auf Verpflichtung des BMF, eine Ausnahmegenehmigung ohne Auflagen zu erteilen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die amtliche Aufsicht knüpfe lediglich an die objektive Eignung der Brenngeräte zur Branntweinherstellung. Daher könne die Klägerin nicht mit ihrem Argument durchdringen, die gesetzlichen Vorschriften erfassten lediglich aus Metall gefertigte Brenngeräte. Dass sich die Steueraufsicht nicht auf Anlagen aus bestimmten Materialien beschränke, ergebe sich aus § 43 Nr. 2 BranntwMonG sowie aus § 226 und § 75 der Brennereiordnung (BO). Die zulässigen Auflagen dienten der Sicherung der steuerlichen Überwachung, wobei die Beschränkung auf einen bestimmten Kundenkreis aus Gründen der Missbrauchsprävention gerechtfertigt sei. Die auf den Rechnungen anzubringenden Hinweise dienten dazu, sicherzustellen, dass die Anlagen nur zu gewerblichen Zwecken eingesetzt würden. Der Hinweis auf die Anmeldepflicht stehe mit § 229 Abs. 1 BO in Einklang. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin Anlagen ins Ausland veräußere, seien die Auflagen nicht zu beanstanden.
4
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, die Regelungen über die amtliche Überwachung von Brenngeräten dienten dazu, die missbräuchliche Herstellung von Trinkalkohol zu verhindern. Trinkalkohol könne mit ihren Anlagen allenfalls aus Wein erzeugt werden. Die Verwendung von Maische oder vergälltem Spiritus scheide aus technischen Gründen aus. Zudem stünden die hohen Anschaffungskosten, die zwischen 7.000 € und 400.000 € lägen, in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den mit einem Schwarzbrand zu erzielenden Steuervorteilen. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Überwachung sämtlicher zur Herstellung von Branntwein geeigneten Geräte praktisch undurchführbar sei und dass Ersatzteile für die Anlagen im Laborfachhandel erworben werden könnten. Auch mit einfachen Gerätschaften aus dem Laborfachhandel und mit gängigen Haushaltsgegenständen könne Branntwein hergestellt werden. Ihre Mitbewerber seien den Restriktionen nicht ausgesetzt, weshalb sich die Frage nach einem gleichmäßigen Gesetzesvollzug stelle. Ein bedeutender Anteil der Anlagen werde ausländischen Abnehmern verkauft, die nicht der steuerlichen Überwachung unterlägen. In Ansehung der für öffentliche Lehr-, Forschungs- und Krankenanstalten nach § 229 BO vorgesehenen Befreiung von der Anzeigepflicht seien die Auflagen unverhältnismäßig. Das FG habe es versäumt, die Inhalte der Auflagen an den Maßstäben der §§ 226 bis 232 BO zu messen. Eine Anzeigepflicht ergebe sich aus diesen Vorschriften nicht. Stattdessen gölten für die amtliche Aufsicht nach § 228 Abs. 6 BO die Vorschriften des § 228 Abs. 2 bis 5 BO. Diese Regelungen habe das FG unberücksichtigt gelassen und nicht geprüft, ob die hergestellten Anlagen als von der Anzeigepflicht ausgenommene Destilliergeräte anzusehen seien.
5
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG sowie den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das BMF zu verpflichten, über den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung neu zu entscheiden.
6
Das BMF beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
7
Es schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Da die von der Klägerin hergestellten Geräte grundsätzlich geeignet seien, aus Wein ein verbrauchsteuerpflichtiges Erzeugnis, nämlich Branntwein, herzustellen, sei die mit Auflagen versehene Ausnahmegenehmigung rechtmäßig. Unerheblich sei die tatsächliche Zweckbestimmung der Geräte. Die Ausnahmegenehmigung sei erteilt worden, weil ein Erwerb der Anlagen durch Privatpersonen weitestgehend ausgeschlossen sei. Ausnahmen von der Anzeigepflicht bei der Lieferung von Brenngeräten an ausländische Abnehmer bestünden nicht, wie die Regelung in § 227 BO belege. Eine analoge Anwendung des § 232 BO auf die Klägerin komme nicht in Betracht. Seit dem Wegfall des § 229 Abs. 2 BO zum 1. Oktober 2000 seien nunmehr alle zur Herstellung oder Reinigung von Branntwein geeigneten Geräte mit einem Rauminhalt von mehr als einem halben Liter vom Erwerber schriftlich anzumelden.


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