Europarecht

Kein Anspruch auf Förderung eines von vornherein grundsätzlich rechtlich ungeeigneten Standorts

Aktenzeichen  B 4 K 14.608

Datum:
9.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 61 Nr. 1
BayKommZG BayKommZG Art. 47 Abs. 1 S. 3, Abs. 3, Art. 50 Abs. 6 S. 4
BayHO BayHO Art. 6, Art. 7
BayGO BayGO Art. 89 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Eine Förderung nach den Richtlinien zur Durchführung des Bayerischen Förderprogramms “Nachhaltige Stromerzeugung durch Kommunen und Bürgeranlagen“ ist ausgeschlossen, wenn ein Standort von vornherein rechtlich ungeeignet ist, weil dem Vorhaben Bau von Windkraftanlagen landschaftsschutzrechtliche Vorgaben zwingend entgegenstehen. Auf die Frage, ob sich die Windkrafterzeugung an dem geplanten Standort wirtschaftlich rechnet, kommt es danach nicht mehr an. (redaktioneller Leitsatz)
2 Aus der Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn entsteht kein Anspruch auf den späteren Erlass eines positiven Förderbescheids (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger, der als selbstständiges Kommunalunternehmen nach Art. 89 Abs. 1 GO eine beteiligungsfähige juristische Person ist (§ 61 Nr. 1 VwGO), gilt nach seiner Auflösung bis zum Ende der Abwicklung als fortbestehend, soweit es die Abwicklung, zu der auch die Beendigung des Gerichtsverfahrens gehört, erfordert (Art. 50 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Art. 47 Abs. 1 Satz 3 KommZG). Im Verfahren handelt für den Kläger der Vorstand als Abwickler (§ 62 Abs. 3 VwGO, Art. 50 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Art. 47 Abs. 3 KommZG).
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch darauf, dass der Beklagte verpflichtet wird, die Anträge vom 19.10.2012 und vom 14.11.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, weil der ablehnende Bescheid vom 26.03.2014 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die Förderanträge des Klägers sind die Richtlinien zur Durchführung des Bayerischen Förderprogramms „Nachhaltige Stromerzeugung durch Kommunen und Bürgeranlagen“ – NaStromE-För – (Bekanntmachung des StMUG vom 07.08.2012, AllMBl 2012, 576-578 – im Folgenden: Richtlinien).
Der Beklagte hat diese Richtlinien, die keine Normen, sondern nur ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften sind, in seiner ständigen Verwaltungspraxis nicht derart gehandhabt, dass er durch den Gleichheitssatz gebunden wäre, auch dem Kläger die beantragte Förderung zu bewilligen (a). Auch die erteilten Zustimmungen zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn ändern nichts daran, dass die Gewährung einer Zuwendung zu Recht abgelehnt wurde (b). Gleiches gilt für das Schreiben des Beklagten vom 07.10.2013 (c).
a) Der Beklagte gewährte Zuwendungen für Vorprojekte und Machbarkeitsstudien für kommunale Anlagen und Bürgeranlagen in Bayern im Bereich nachhaltiger Stromerzeugung nach Maßgabe der genannten Richtlinien und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen, ohne dass darauf ein Rechtsanspruch bestand (Vorbemerkung der Richtlinien). Der Kläger kann deshalb nur dann eine Förderung beanspruchen, wenn sich der Beklagte durch seine ständige Verwaltungspraxis bei der Handhabung der ermessenslenkenden Richtlinien derart gebunden hat, dass es der Gleichheitssatz gebietet, jetzt auch ihm die beantragten Zuwendungen zu gewähren (BVerwG, U. v. 16.06.2015 – 10 C 15/14 – BVerwGE 152, 211/217 = NVwZ 2015, 1764/1766 jew. Rn. 24; st.Rspr.).
Einen derartigen, aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Anspruch auf Förderung hat der Kläger nicht. Die ständige landesweite Verwaltungspraxis steht vielmehr der Bewilligung von Zuwendungen entgegen.
aa) Beim ersten Abstimmungstreffen zu dem Förderprogramm am 27.11.2012, an dem die Bewilligungsstellen und das StMUG teilnahmen, wurde festgelegt, dass die Richtlinien bayernweit einheitlich in der Weise gehandhabt werden, dass eine Förderung nur bewilligt wird, wenn der Standort nicht von vornherein grundsätzlich rechtlich ungeeignet ist. Ein Standort ist dann von vornherein rechtlich ungeeignet, wenn bereits landschaftsschutzrechtliche Vorgaben dem Bau von Windkraftanlagen zwingend entgegenstehen, so dass es nicht mehr darauf ankommt, ob sich die Windkrafterzeugung am geplanten Standort etwa wirtschaftlich rechnet. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Zuwendungsantrag, mit dem das Antragsverfahren abgeschlossen wird. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die landschaftsschutzrechtlichen Regelungen von vornherein, also bereits zu Beginn des Förderverfahrens, das Vorhaben ein für alle Mal unabänderlich ausschlossen oder ob es zu diesem Zeitpunkt noch möglich erschien, das Genehmigungshindernis während des laufenden Förderverfahrens zu beseitigen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in den ermessenslenkenden Richtlinien als Gegenstand der Förderung auch die „Vorprüfung zur Standorteignung im Hinblick auf Genehmigungsfähigkeit“ ausdrücklich vorgesehen ist. Denn Ziff. 2.2 der Richtlinien wurde vom Beklagten in seiner ständigen Verwaltungspraxis, die insbesondere dann maßgeblich ist, wenn der Wortlaut einer Verwaltungsvorschrift unklar und deshalb auslegungsbedürftig ist (BVerwG, U. v. 17.01.1996 – 11 C 5/95 – NJW 1996, 1766), so verstanden und angewandt, dass Kosten für Standortuntersuchungen aus naturschutzfachlicher Sicht z. B. im Hinblick auf die dort vorkommenden Vögel zuwendungsfähig sind. Aus Ziff. 2 der Richtlinien in Verbindung mit der Zuwendungspraxis ergibt sich dagegen nicht, dass Untersuchungen der Standorteignung auch dann zuwendungsfähig sind, wenn die Maßnahme aus landschaftsschutzrechtlichen Gründen nicht verwirklicht werden kann.
bb) Diese Vollzugspraxis steht im Einklang mit den allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen, die auch bei der Gewährung von Zuwendungen aufgrund der hier maßgeblichen Richtlinien des Förderprogramms „Nachhaltige Stromerzeugung durch Kommunen und Bürgeranlagen“ anzuwenden sind (Vorbemerkung der Richtlinien).
Denn sowohl die zwingende Vorgabe, bei der Ausführung des Haushaltes des Beklagten nur die Ausgaben zu berücksichtigen, die zur Erfüllung der Aufgaben des Staates notwendig sind (Art. 6 BayHO) als auch der Grundsatz der Sparsamkeit (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gebieten es, möglichst geringe Mittel einzusetzen, um die Aufgaben des Beklagten zu erfüllen und seine Ziele zu erreichen (Gröpl, BHO und LHO, Staatliches Haushaltsrecht, 2011, § 6 BHO Rn. 22f.).
Mit dem Programm zur Förderung nachhaltiger Stromerzeugung strebt der Beklagte an, u. a. Kommunalunternehmen dabei zu unterstützen, die ergebnisoffenen aufwändigen Voruntersuchungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu finanzieren, die erforderlich sind, um einen erfolgversprechenden Antrag auf Errichtung einer Windkraftanlage zu stellen. Dagegen obliegt es einem Kommunalunternehmen, in einem ersten Schritt ohne großen finanziellen Aufwand durch Antragstellung bei den zuständigen Behörden klären zu lassen, ob landschaftsschutzrechtliche Vorgaben entgegenstehen bzw. darauf hinzuwirken, dass sie beseitigt werden. Auch im Hinblick auf die Förderung der nachhaltigen Stromerzeugung sind deshalb staatliche Zuwendungen für Windmessungen oder Wirtschaftlichkeitsgutachten erst dann dem Förderzweck dienlich, wenn feststeht, dass das Vorhaben des Kommunalunternehmens dem Grunde nach genehmigungsfähig ist und es auf Windmessungen, naturschutzfachliche Gutachten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen überhaupt ankommt.
cc) Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zuwendungsanträge am 26.03.2014 war der Standort … von vornherein nicht genehmigungsfähig.
Schon bei Antragstellung stand der Genehmigung von Windkraftanlagen … das Verbot der Beeinträchtigung der Landschaft im Landschaftsschutzgebiet F. (§ 5 Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „F.“ im Gebiet des Regierungsbezirks Oberfranken – i. f. LSG-VO -) entgegen. Daran hat sich während der Dauer des Förderverfahrens beim Beklagten nichts geändert. Eine Befreiung nach § 8 LSG-VO hatte das Landratsamt W. als nach § 9 Abs. 1 LSG-VO zuständige untere Naturschutzbehörde nach dem ablehnenden Votum des Naturschutzbeirates abgelehnt. Außerdem hat der Bezirkstag O. am 12.12.2013 eine Herausnahme der für die geplanten Windkraftanlagen benötigten Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet und am 17.07.2014 schließlich auch ein Zonierungsverfahren abgelehnt. Gegen diese Entscheidungen der unteren Naturschutzbehörde und des Bezirks, die dazu führten, dass der Standort rechtlich ungeeignet blieb, ist der Kläger nicht rechtlich vorgegangen. Vielmehr hat er die Genehmigungsanträge zurückgezogen.
Damit handelte der Beklagte bei der Ablehnung der Förderung im Einklang mit der maßgeblichen ständigen Förderpraxis.
b) Einen Anspruch auf Förderung kann der Kläger auch nicht daraus ableiten, dass der Beklagte gegenüber den ursprünglichen Antragstellern am 21.01.2013 jeweils einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn zuließ.
Nach Ziff. 7 der Richtlinien darf mit der Durchführung der Maßnahme erst nach Erlass des Zuwendungsbescheides begonnen werden. Der Beklagte hat jedoch mit den Bescheiden vom 21.01.2013 gemäß Ziff. 1.3 Satz 2 VV zu Art. 44 BayHO ausnahmsweise zugestimmt, dass mit der Maßnahme schon vor Erlass des Zuwendungsbescheids begonnen werden durfte.
Eine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn hat lediglich zur Folge, dass der Beginn der Durchführung vor Erlass des Zuwendungsbescheides ausnahmsweise nicht förderschädlich ist. Aus der Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn lässt sich kein Anspruch auf den späteren Erlass eines positiven Förderbescheides ableiten, insbesondere nicht mit dem Argument, die Bewilligungsbehörde hätte, wenn ihrer Auffassung nach absehbar war, dass eine Zuwendung nicht in Betracht komme, dem vorzeitigen Maßnahmenbeginn nicht zustimmen dürfen.
Der Beklagte hat in Ziff. 3 der Bescheide vom 21.01.2013 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Zulassung eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns keine Zusicherung auf Erlass eines späteren Zuwendungsbescheids darstellt. Zusätzlich hat er in Ziff. 7 klargestellt, dass die Antragsteller und damit auch der an ihrer Stelle später in das Verfahren eingetretene Kläger das Risiko eingehen, dass der Beklagte die entstandenen Untersuchungskosten nicht fördert, wenn sich später herausstellen sollte, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist.
c) Schließlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe im Hinblick auf das Schreiben des Beklagten vom 07.10.2013 darauf vertrauen dürfen, dass die Zuwendung gewähren würde, weil ihm in diesem Schreiben versichert worden sei, das letzte Wort auch zur Förderung sei damit nicht gesprochen, weil das Bauverbot durch eine Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung noch beseitigt werden könne.
Zwar müssen sich auch öffentlich-rechtliche Zuwendungsempfänger auf eine staatlicherseits verbindlich zugesagte Refinanzierung verlassen können (BVerwG, U. v. 16.06.2015 – 10 C 15/14 – BVerwGE 152, 211/216 = NVwZ 2015, 1764/1766, jew. Rn. 20). In dem Schreiben vom 07.10.2013 durfte der Kläger jedoch keine verbindliche Zusicherung einer Förderung sehen. Die Bewilligungsbehörde hat vielmehr auch mit diesem Schreiben klargestellt, dass die Zuwendung erst dann bewilligt werden könne, wenn die benötigten Flächen zuvor aus der Landschaftsschutzgebietsverordnung herausgenommen worden seien.
Damit war die Klage auf Neuverbescheidung der Zuwendungsanträge abzuweisen.
II.
Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.


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