Europarecht

Kein Schadensersatz im “Abgasskandal” mangels schlüssigen Vortrags

Aktenzeichen  1 U 139/19

Datum:
30.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42704
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 823 Abs. 2, § 826
StGB § 263
ZPO § 531 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass sein Fahrzeug vom sog. Dieselskandal betroffen ist.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit mit der Berufung erstmals geltend macht wird, das klägerische Fahrzeug sei deshalb mangelhaft, weil in dessen Motor ein sog. „Thermofenster“ eingebaut sei, mittels dessen bei Außentemperaturen die Abgasrückführung zurückgefahren und damit gegen die Verordnung EG Nr. 715/2007 verstoßen werde, handelt es sich um einen völlig neuen, erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Sachvortrag, der gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

14 O 2336/18 2019-04-25 Endurteil LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 25.04.2019, Az: 14 O 2336/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 89.375,52 Euro festzusetzen.
II. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis einschließlich 21.10.2019.

Gründe

I.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 25.4.2019, Az.: 14 O 2336/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO), weil das angefochtene Endurteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht, noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung hat auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens keine Sach- bzw. Rechtsfehler ergeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils, die auch durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden, vollinhaltlich Bezug genommen und ergänzend nur noch folgendes ausgeführt:
1. Entgegen dem Vortrag des Berufungsklägers hat das Erstgericht seine Entscheidung nicht darauf gestützt, dass hier „kein Sachmangel gegeben“ sei, weil das Kraftfahrbundesamt zum jetzigen Zeitpunkt keinen Rückruf für das Fahrzeug angeordnet hat und es deshalb nicht vom sog. Dieselskandal betroffen ist. Das Erstgericht hat vielmehr ausgeführt, dass der Kläger lediglich mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit der Betroffenheit vom Dieselskandal argumentiert habe und nachdem dies von der Beklagtenseite bezüglich seines Fahrzeugtyps bestritten worden sei, er hierfür auch keinen Beweis angeboten habe, sodass es schon am Vorliegen einer (nicht zutreffenden) Tatsache, über die getäuscht worden sein soll, scheitere. Dies ist nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hatte bereits mit Klageerwiderung detailliert dargestellt, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug zwar ein EA 189 (EU 5) Motor verbaut worden, dieser aber nicht mit zwei unterschiedlichen Abgasrückführungsmodi versehen sei, sodass beim klägerischen Fahrzeug keine Umschaltung zwischen Prüfstand und realem Fahrbetrieb hinsichtlich der Abgasrückführung stattfinde, die dazu führe, dass das Fahrzeug im Prüfbetrieb und im realen Fahrbetrieb in zwei unterschiedlichen Abgasrückführungsmodi operiere und deshalb auch nicht vom sog. Dieselskandal betroffen sei. Das Erstgericht hat in der Folge mit Ladungsverfügung vom 11.2.2019 die Klagepartei auf die Unschlüssigkeit ihres Sachvortrags insbesondere im Hinblick auf die Darlegung, dass das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich vom Abgasskandal betroffen ist, hingewiesen, woraufhin klägerseits kein entsprechend schlüssiger Sachvortrag mit entsprechendem Beweisangebot erfolgte, und damit zu Recht die Klage mangels Täuschung im Hinblick auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. und § 263 StGB sowie bezüglich eines Anspruchs gemäß § 826 Abs. 1 BGB mangels sittenwidriger Schadenszufügung durch Erwerb eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuges zurückgewiesen wurde
2. Soweit nun mit der Berufung erstmals geltend macht wird, das klägerische Fahrzeug sei deshalb mangelhaft, weil in dessen Motor ein sog. „Thermofenster“ eingebaut sei, mittels dessen bei Außentemperaturen die Abgasrückführung zurückgefahren und damit gegen die Verordnung EG Nr. 715/2007 verstoßen werde, handelt es sich um einen völlig neuen, erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Sachvortrag, der gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist. Die klägerseits behauptete Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs war erstinstanzlich ausschließlich mit der Betroffenheit des Fahrzeugs vom Dieselskandal begründet worden, dessen Gegenstand eine Umschaltfunktion ist, die dazu führt, dass das Fahrzeug je nachdem ob es sich im realen Fahrbetrieb oder auf dem Prüfstand befindet, in zwei unterschiedlichen Abgasrückführungsmodi operiert und so unterschiedliche Stickoxidergebnisse ausweist. Diese hat mit der jetzt problematisierten Thematik der sog. „Thermofenster“ jedoch nichts zu tun.
III.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (gem. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor. Über klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfragen hat der Senat nicht zu befinden. Er beabsichtigt eine einzelfallbezogene Entscheidung auf der Grundlage der nach gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung berufungsrechtlich nicht zu beanstandenden erstinstanzlichen Feststellungen. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (vgl. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO). Anhaltspunkte dafür, dass in einer solchen neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden könnten, die zu einer anderen Beurteilung führten, bestehen nicht. Der Senat regt daher an, zur Vermeidung von Kosten, die aussichtslose Berufung innerhalb offener Stellungnahmefrist zurückzunehmen und weist in diesem Zusammenhang auf die in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung (KV Nr. 1220, 1222) hin.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Anwendung von § 47 Abs. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO zu bestimmen sein.

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