Europarecht

Keine systematischen Mängel im bulgarischen Asylverfahren

Aktenzeichen  B 5 S 17.51125

Datum:
8.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 145499
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1
AsylG § 31 Abs. 3 S. 1
AsylG § 34a Abs. 1
VO (EU) Nr. 604/2013 Art. 3 Abs. 2
VO (EU) Nr. 604/2013 Art. 12 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Richtet das Bundesamt statt eines Aufnahmegesuchs ein Wiederaufnahmegesuch an den zuständigen Mitgliedsstaat und antwortet dieser darauf nicht, liegt nach Fristablauf eine Pflicht zur Aufnahme vor, die falsche Angabe der Rechtsgrundlage ist unerheblich. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Systemische Mängel des Aufnahme- und Asylverfahrens in Bulgarien bestehen nicht. Zwar sind die Lebensbedingungen auch für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft prekär, Flüchtlinge müssen sich aber auf den für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebensstandard verweisen lassen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3 Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien in Bezug auf Dublin-Rückkehrer gegen das Refoulement-Verbot verstößt, liegen nicht vor. Haft für Asylbewerber während des Asylverfahrens ist gesetzlich nicht mehr vorgesehen. Die früher bestehenden Missstände im Aufnahmeverfahren sind im Wesentlichen behoben. (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
4 Jeder Asylbewerber wird krankenversichert und erhält eine kostenlose medizinische Behandlung in gleichem Umfang wie ein bulgarischer Staatsbürger. Eine grundlegende medizinische Versorgung ist sichergestellt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und gehören dem Volk der Inguschen an.
Nach eigenen Angaben reisten sie am 5. August 2017 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 29. August 2017 Asyl.
Gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im folgenden Bundesamt) gab die Antragstellerin zu 1 im Wesentlichen an, dass sie mit ihren Kindern, den Antragstellern zu 2 bis 4, ihr Heimatland am 30. Januar 2017 verlassen hätte. Sie seien zunächst von Moskau aus nach Bulgarien geflogen; dort hätten sich die Antragsteller sechs Tage lang aufgehalten und seien dann nach Österreich weitergeflogen. In Österreich hätten die Antragsteller internationalen Schutz beantragt, nachdem ihre Anträge dort aber abgelehnt worden seien, seien sie nach etwa sechs Monaten mit dem Auto nach Deutschland weitergereist. Die Antragstellerin zu 1 habe psychische Beschwerden, auch ihre Kinder seien psychisch angeschlagen.
Für die Antragstellerin zu 1 liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie eins für Österreich vor (Bl. 5 der Behördenakte).
Am 6. September 2017 stellte das Bundesamt, gestützt auf Art. 18 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Österreich. Dieses lehnten die österreichischen Behörden mit Schreiben vom 7. September 2017 ab und verwiesen darauf, dass für das Asylverfahren der Antragsteller Bulgarien nach Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO zuständig sei. Ein entsprechendes Aufnahmegesuch der österreichischen Behörden sei von Bulgarien unbeantwortet geblieben, in der Folge seien die Asylanträge der Antragsteller in Österreich als unzulässig abgewiesen und die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet worden. Die Antragsteller seien in Österreich aber untergetaucht, was den bulgarischen Behörden am 16. August 2017 unter Hinweis auf die Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate mitgeteilt worden sei.
Am 7. September 2017 stellte das Bundesamt, erneut gestützt auf Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin-III-VO, ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Bulgarien. Zur Begründung wurde auf das Schreiben der österreichischen Behörden verwiesen, aus dem sich eine Zuständigkeit Bulgariens nach Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ergebe. Eine Antwort der bulgarischen Behörden erfolgte hierauf nicht.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2017 wurden die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1 des Bescheides) und festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorliegen (Ziffer 2 des Bescheides). Die Abschiebung nach Bulgarien wurde angeordnet (Ziffer 3 des Bescheides) und das gesetzliche Einreise-und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4 des Bescheides). Gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO sei Bulgarien für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig. Die bulgarischen Behörden hätten auf das Übernahmeersuchen vom 7. September 2017 nicht innerhalb der Frist des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geantwortet, weswegen nach Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO von einer Zustimmung zum Wiederaufnahmeersuchen auszugehen sei. Der in der Bundesrepublik gestellte Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig. Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestünden nicht. Es lägen keine Gründe zu der Annahme von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren vor. Den Antragstellern drohe keine verfahrenswidrige Abschiebung in ihr Heimatland. Die Frist von sechs Monaten für das Einreise- und Aufenthaltsverbot sei im vorliegenden Fall angemessen. Die Zustellung des Bescheides erfolgte ausweislich der Postzustellungsurkunde am 20. Oktober 2017.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 26. Oktober 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tage, ließen die Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2017 erheben (B 5 K 17.51126).
Mit gleichem Schriftsatz ließen sie beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes vom 17. Oktober 2017 anzuordnen.
Die Antragstellerin zu 1 leide unter Angst, einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Depression und sei auf eine engmaschige psychiatrische Behandlung mit Medikation und begleitender Psychotherapie angewiesen. Auch die Antragsteller zu 2 bis 4 litten psychisch unter den Folgen des erlebten. Die Antragstellerin zu 1 habe panische Angst vor der Blutrache und fürchte um das Leben ihres einzigen Sohnes. Ihren Verfolgern sei bekannt, dass die Familie mit einem bulgarischen Visum ausgereist sei, weswegen eine Suche nach den Antragstellern gerade in Bulgarien sehr wahrscheinlich sei. Zudem bestünden systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems.
Die Antragsgegnerin äußerte sich zum Verfahren nicht.
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage anordnen, wenn die Klage – wie hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG – keine aufschiebende Wirkung hat. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache und bei offenen Erfolgsaussichten das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen. Die angegriffene Abschiebungsanordnung stellt sich unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar, so dass das Aussetzungsinteresse der Antragsteller hinter das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung zurückzutreten hat. Nach § 34a Abs. 1 AsylG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angeordnet, wenn der Ausländer in einen aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Abschiebungsanordnung stellt sich als Festsetzung eines Zwangsmittels dar, die erst dann ergehen darf, wenn alle Voraussetzungen für die Abschiebung erfüllt sind. Dies ist in erster Linie die Zuständigkeit des anderen Staates, daneben muss aber auch feststehen, dass die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist. Die notwendigen Voraussetzungen liegen hier im Hinblick auf die beabsichtigte Abschiebung der Antragsteller nach Bulgarien vor.
b) Rechtsgrundlage für die Erklärung der Asylanträge als unzulässig ist § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) AsylG, wonach ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
Nach Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ist für die Prüfung eines Asylantrags eines Inhabers eines gültigen Visums der Mitgliedsstaat zuständig, der das jeweilige Visum erteilt hat. Dieser Fall liegt hier vor, auch wenn eine entsprechende Visaerteilung nicht, etwa durch eine VIS-Antragsauskunft, in der Behördenakte dokumentiert ist, sondern sich nur aus dem Schreiben der österreichischen Behörden vom 7. September 2017 ergibt. Denn nach den dortigen – von Antragstellerseite unwidersprochenen – Angaben sind die Antragsteller mit von bulgarischen Behörden ausgestellten Schengen-Visa in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Die Zuständigkeit Bulgariens für die Durchführung der Asylverfahren ergibt sich somit aus Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO.
Das Bundesamt hat auf dieser Grundlage zwar ein ausdrücklich auf Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an die Republik Bulgarien gerichtet, zur Begründung aber widersprüchlich auf eine Zuständigkeit Bulgariens nach Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO verwiesen. Dieses Wiederaufnahmegesuch wurde von den bulgarischen Behörden nicht beantwortet. Gleichwohl lag damit ein für die bulgarischen Behörden prüfbares (Wieder-)Aufnahmegesuch vor, das geeignet war, die Frist des Art. 25 Abs. 2 bzw. Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO in Gang zu setzen. Auch wenn sich hier eine Verpflichtung Bulgariens zur Wiederaufnahme der Antragsteller nicht aus Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin-III-VO ergibt (da dies voraussetzen würde, dass die Antragsteller in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hätten, was aber nicht der Fall bzw. zumindest nicht nachweisbar ist), so liegt dennoch eine Pflicht Bulgariens zur Aufnahme der Antragsteller nach Art. 18 Abs. 1 lit. a) i.V.m. Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO vor. Dies war aus den Angaben im (Wieder-)Aufnahmegesuch des Bundesamtes objektiv erkennbar, die falsche Angabe von Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin-III-VO als Rechtsgrundlage ist insoweit unerheblich. Es ist nicht ersichtlich, dass Bulgarien allein aufgrund der widersprüchlichen Angabe der Rechtsgrundlage daran gehindert gewesen wäre, rechtzeitig und rechtmäßig die Aufnahme der Antragsteller abzulehnen.
Die Zuständigkeit Bulgariens ist zwar in der Folge nicht durch Ablauf der Monatsfrist nach Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO eingetreten. Denn richtigerweise handelte es sich vorliegend nicht um eine Verpflichtung zur Wiederaufnahme i.S.d. Art. 18 Abs. 1 lit. b) i.V.m. Art. 23, 24, 25 und 29 Dublin-III-VO, sondern um ein Verpflichtung zur Aufnahme i.S.d. Art. 18 Abs. 1 lit. a) i.V.m. Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO. Dementsprechend war hier – da sich das Bundesamt nicht auf das Dringlichkeitsverfahren nach Art. 21 Abs. 2 Dublin-III-VO berufen hat – die Frist von zwei Monaten des Art. 22 Abs. 7 Alt. 1 Dublin-III-VO einschlägig. Diese Frist ist allerdings am 7. November 2017 abgelaufen. Eine Reaktion der bulgarischen Behörden wurde seitens der Antragsgegnerin nicht mitgeteilt. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) muss danach die Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren der Antragsteller zu Grunde gelegt werden.
c) Die Zuständigkeit Bulgariens ist auch nicht durch den Ablauf der Überstellungsfrist wieder entfallen. Die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO von sechs Monaten beginnt mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedsstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Vorliegend gilt das Aufnahmegesuch nach Ablauf der Frist des Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO am 7. November 2017 als angenommen, so dass die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
d) Es besteht auch keine Pflicht der Antragsgegnerin, die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III der Dublin-III-VO fortzusetzen und gegebenenfalls eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 – C-4/11 – NVwZ 2014, 129 Rn. 36), denn systemische Mängel im Asylsystem Bulgariens bestehen hinsichtlich der Antragsteller nicht. Systemische Mängel im Asylsystem liegen dann vor, wenn in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffende Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 26. Oktober 2012 (ABl EG C 326 S. 392, EuGrCh) ausgesetzt zu werden (EuGH, U.v. 14.11.2013 – C-4/11 – NVwZ 2014, 129 Rn. 36). Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann (BVerwG, B.v. 6.6.2014 – 10 B 35.14 – juris Rn. 6). An die Feststellung systemischer Mängel sind mithin hohe Anforderungen zu stellen und es kann nur bei strukturellen und landesweiten Missständen davon ausgegangen werden, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen wird (NdsOVG, B.v. 1.4.2014 – 13 LA 22/14 – juris).
Bei der Anlegung dieses Maßstabs ergeben sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für die Antragsteller in Bulgarien. Hiervon kann nach Auffassung des Gerichts in Übereinstimmung mit der aktuellen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ausgegangen werden (vgl. OVG NW, U.v. 19.5.2017 – 11 A 52/17.A – juris Rn. 43 ff.; OVG Saarl, U.v. 10.1.2017 – 2 A 330/16 – juris Rn. 30 ff.; BayVGH, B.v. 27.3.2017 – 20 ZB 17.50008 – juris Rn. 5 f.; VG München, B.v. 24.3.2017 – M 6 S 16.50886 – juris Rn. 32 ff.; VG Augsburg, U.v. 21.8.2017 – Au 6 K 17.50167 – juris Rn. 24 ff., jeweils m.w.N.). Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen; Gegenteiliges haben auch die Antragsteller nicht substantiiert vorgebracht.
Zwar sind die Lebensbedingungen selbst für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft in Bulgarien prekär. Allein der Umstand, dass sich die Situation in Bulgarien deutlich schlechter darstellen mag als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet aber für sich keinen systemischen Mangel. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, U.v. 21.1.2011 – 30696/09 – Rn. 249); auch reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10 – Rn. 70). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Ansbach, U.v. 10.7.2015 – AN 14 K 15.50050 – juris Rn. 31; VG Düsseldorf, B.v. 15.4.2013 – 17 L 660/13.A – juris Rn. 43 m.w.N.; OVG NW, B.v. 29.1.2015 – 14 A 134/15.A). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebensstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht (vgl. VG Magdeburg, U.v. 20.1.2016 – 9 A 58/15 MD). Dass einem anerkannten Flüchtling in Bulgarien hinsichtlich Aufenthalt, Freizügigkeit, Unterkunft, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung nicht dieselben Rechte wie bulgarischen Staatsangehörigen zustehen, ist nicht ersichtlich (vgl. VG Magdeburg, U.v. 20.1.2016 – 9 A 58/15 MD). Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Bericht von Pro Asyl „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015. Soweit darin ein Überstellungsstopp gefordert wird, beruht dies auf Berichten von Einzelschicksalen aus den Jahren 2012 bis Anfang 2014. Die dort geschilderten Zustände sind jedoch aufgrund der neueren Entwicklungen überholt. Zudem lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, dass systemische Schwachstellen vorlägen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Die Bulgarien vorgeworfenen Verstöße gegen das Refoulement-Verbot durch Zurückschiebungen an der bulgarisch-türkischen Grenze (vgl. S. 27 f. des Berichts) betreffen die Antragsteller nicht, weil sie sich bereits auf Unionsgebiet befinden. Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien in Bezug auf Dublin-Rückkehrer gegen das Refoulement-Verbot verstößt, lassen sich dem Bericht von Pro Asyl nicht entnehmen. Soweit sich der Bericht des Weiteren mit den Problemen befasst, denen sich Inhaber eines Aufenthaltstitels ausgesetzt sehen, handelt es sich hierbei aber nicht um Probleme während des Asylverfahrens, sondern – da insoweit den Quellen zufolge kein Unterschied zu bulgarischen Staatsbürgern besteht – um die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Bulgarien und eine allgemeine soziale Problematik. Ein hinreichendes Indiz für systemische Schwachstellen im Asylverfahren wird dadurch nicht begründet. Weder ist eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar, noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigen, anerkannte Flüchtlinge würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß an Schwere erreichen die Verhältnisse, denen Schutzsuchende und anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien ausgesetzt sind, unter Berücksichtigung neuerer allgemein zugänglicher Erkenntnismittel nicht.
Die Situation Asylsuchender in Bulgarien war zwar nach einem Anstieg der Asylanträge zu Beginn des Jahres 2014 teilweise heftiger Kritik ausgesetzt. In seiner aktualisierten Bestandaufnahme vom April 2014 („Bulgarien als Asylland – Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“, S. 2 und 17) hält UNHCR ungeachtet fortbestehender ernsthafter Mängel einen generellen Aufschub aller Dublin-Überstellungen nach Bulgarien jedoch nicht länger für gerechtfertigt, sondern empfiehlt nur bei Personen mit besonderen Bedürfnissen oder besonderer Schutzwürdigkeit von einer Überstellung abzusehen. Dem Bericht vom April 2014 zufolge haben sich die Aufnahmebedingungen im Vergleich zur Situation im Dezember 2013, die der Stellungnahme vom 2. Januar 2014 zugrunde lag, erheblich verbessert (vgl. auch VGH BW, U.v. 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 – juris Rn. 44 ff.). Nach aktueller Erkenntnislage sind die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes zwar nicht gänzlich ausgeräumt; allerdings sind weitgehende positive Veränderungen erkennbar, die der Annahme durchgreifender Mängel des bulgarischen Asylsystems entgegenstehen. So sind die Kapazitäten aufgrund einer technischen und personellen Aufrüstung als auch einer gezielten Ausbildung neuer Kräfte signifikant gestiegen. Damit ist mittlerweile sowohl eine ordnungsgemäße Registrierung einschließlich der notwendigen Information der Asylbewerber über den Zugang zum Verfahren gewährleistet als auch eine regelgerechte Durchführung der Asylverfahren. Die eingereisten Flüchtlinge können bei der Registrierung mit der ersten Befragung ihr Asylbegehren vorbringen; sie haben Zugang zu Dolmetschern. Haft ist für Asylbewerber während des laufenden Asylverfahrens gesetzlich nicht mehr vorgesehen. Der Zugang zu regionalen Gerichten ist eröffnet (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.15 – 13a B 14.50039 – juris Rn. 41 m.w.N.).
Auch im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden in Bulgarien ist derzeit nicht von systemischen Mängeln im Sinne von Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO auszugehen. Die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind in baulicher wie auch in personeller Hinsicht im Wesentlichen behoben worden. Bereits im Februar 2014 hat das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office – EASO) die Aufnahmezentren im Wesentlichen in einem vernünftigen Zustand vorgefunden. Die Unterkünfte wurden renoviert und die Sanitärbereiche erneuert. EASO stellte im Dezember 2014 fest, dass die Kapazitäten signifikant auf nunmehr 6000 Plätze angestiegen und die dortigen Lebensbedingungen deutlich verbessert worden seien. Die Verpflegung sei mit entsprechenden neuen Küchen und Personal mit täglich zwei warmen Mahlzeiten sichergestellt; in vier Zentren gebe es Gemeinschaftsküchen. Zusätzliche Mitarbeiter, auch Sozialarbeiter, seien eingearbeitet worden. Zum Lebensunterhalt werde eine monatliche Grundsicherung ausbezahlt. Da jeder Asylantragsteller krankenversichert wird und eine kostenlose medizinische Behandlung im gleichen Umfang wie ein bulgarischer Staatsbürger erhält, ist die medizinische Versorgung ebenfalls gewährleistet (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.15 – 13a B 14.50039 – juris Rn. 41 m.w.N.). Die Verbesserung der Aufnahmebedingungen wird auch in aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes an das VG Hamburg vom 30. November 2015 und an das VG Aachen vom 27. Januar 2016 bestätigt. Nach dem Eindruck des Auswärtigen Amtes hat sich die Situation in den Aufnahmezentren immer weiter verbessert und ist als insgesamt akzeptabel zu bewerten. Die EU habe beträchtliche zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, um umfassende Renovierungsarbeiten in allen Flüchtlingszentren zu Ende zu bringen, auch die Öffnung weiterer Flüchtlingszentren sei geplant. Die Verpflegung der Flüchtlinge ist nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes derzeit gesichert. Die medizinische Grundversorgung Asylsuchender ist in allen Aufnahmezentren ebenfalls gewährleistet. Jedoch könnten Personen mit besonderen medizinischen Bedürfnissen nicht immer angemessen versorgt werden. Dies betreffe in Bulgarien jedoch nicht nur Schutzsuchende, sondern auch einen Großteil der Allgemeinbevölkerung. Eine ausreichende Zahl von Dolmetschern sei vorhanden. Fehlendes Personal, auch in der Verwaltung, werde derzeit eingestellt. AIDA (Asylum Information Database) führt im aktuellen Länderbericht (Country Report: Bulgaria, Februar 2017, Stand 31.12.2016) aus, mittellose Asylsuchende würden mit Vorrang den Aufnahmezentren zugewiesen und eine etwaige besondere Schutzbedürftigkeit ermittelt, eine Registrierungskarte als Grundvoraussetzung für den Zugang zu allen Rechten wie dem Verbleib im Staatsgebiet, dem Zugang zu Versorgung und sozialer Hilfe (zu gleichen Bedingungen wie bulgarische Staatsangehörige) sowie Krankenversicherung, Krankenversorgung, psychologischer Hilfe und Ausbildung werde ausgestellt (S. 43 des Berichts). Seit dem Jahr 2016 werde nach früheren Unregelmäßigkeiten nun Nahrung drei Mal am Tag und im Zentrum Ovcha Kupel in Sofia zwei Mal am Tag bereitgestellt (S. 47 des Berichts). Die Bargeldausstattung werde als unzureichend betrachtet, um außerhalb der Aufnahmezentren zu leben; Asylsuchende mit dem Wunsch, außerhalb dieser Zentren zu leben, müssten erklären, über genügend Mittel zur Selbstversorgung zu verfügen und damit auf diese Geldzahlung zu verzichten (S. 44 des Berichts). Der Rechtsweg stehe gegen verweigerte Unterstützung offen (S. 45 des Berichts). Medizinische Betreuung sei das Jahr 2016 hindurch in unterschiedlichem Umfang in allen Aufnahmezentren zur Verfügung gestanden (S. 47 des Berichts) und werde nach gleichen Regeln wie für Staatsangehörige selbst gewährleistet; ebenso träfen sie auf dieselben Mängel an Ausrüstung und Geldmitteln im Gesundheitssystem (S. 49 des Berichts). Auch für die Dauer eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine ablehnende Entscheidung könnten Asylsuchende noch in den Aufnahmezentren bleiben (S. 47). Zum 10. Januar 2017 habe die staatliche Flüchtlingsagentur (State Agency for Refugees – SAR) eine Auslastung von 76% in den Aufnahmezentren mitgeteilt gegenüber 110% noch Ende September 2016 (S. 48 und 11 des Berichts).
Von Gesetzes wegen, wenn auch noch nicht in nationales Recht übernommen, würden folgende Personen als besonders schutzbedürftig bzw. verletzlich eingestuft: Unbegleitete Kinder, schwangere Frauen, ältere Personen, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Behinderte und Opfer von schweren psychologischen, physischen oder sexuellen Misshandlungen. Die Bedürfnisse dieser Personen würden mit Ausnahme von Medikation, Ernährung bezogen auf chronische Erkrankungen noch nicht in nationale Vorgaben umgesetzt; hierin sei zum Jahresende 2016 noch kein Fortschritt erreicht. Besondere Unterkünfte für Familien, alleinstehende Frauen, unbegleitete Kinder und traumatisierte Personen gebe es nicht (S. 50 des Berichts). Gleichwohl ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller, eine alleinerziehende Mutter mit drei minderjährigen Kindern, angesichts der allgemeinen Verbesserungen der Versorgung und Unterbringung von schutzsuchenden dem Risiko einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.
Hinsichtlich der Situation von Dublin-Rückkehrer lässt sich dem aktuellen AIDA-Länderbericht entnehmen, dass die materiellen Bedingungen von Gesetzes wegen nicht reduziert und nur dann entzogen werden dürfen, wenn z.B. der Asylsuchende untergetaucht sei (S. 45 und 49 des Berichts). Die SAR wende dies in der Praxis aber auch auf im Dublin-System überstellte Personen an (S. 45 des Berichts). Für diesen Personenkreis sei neuerdings ein Anspruch auf Wiedereröffnung des Verfahrens ungeachtet der nationalen Sechs-Monats-Frist hierfür gegeben, gleichwohl würden sie häufig mit der Verfahrenseinstellung in Abwesenheit konfrontiert; der Anspruch auf Wiedereröffnung sei wegen der nur geringen Zahl zurückgeführter Personen noch nicht eingerichtet (S. 11 und 29 des Berichts; im Jahr 2016 seien gegenüber 10.377 Rückübernahmeersuchen nur 624 Personen rücküberstellt worden, S. 25 und 28 des Berichts). Ist das Asylgesuch in Bulgarien noch anhängig oder in Abwesenheit beendet, wird eine rücküberstellte Person in ein Aufnahmezentrum verbracht; war das Asylverfahren bereits vor dem Verlassen Bulgariens abgeschlossen, wird die Person einem Einwanderungszentrum überstellt (S. 29 des Berichts). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Antragsteller, die bislang in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt haben, ebenfalls von diesen Restriktionen betroffen wären, die ersichtlich auf Personen zielen, die während eines in Bulgarien anhängigen Asylverfahrens oder nach dessen negativem Abschluss das Land verlassen haben. Die Antragsteller können vielmehr einen Erstantrag stellen (Auswärtiges Amt, Länderinformation: Bulgarien, Stand: Mai 2017, VS-NfD, S. 2).
Somit sind derzeit keine prinzipiellen Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer wie den Antragstellern anzunehmen, die in Bulgarien bislang keinen Asylantrag gestellt haben (vgl. auch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Bulgarien, Stand 30.6.2017, VS-NfD, S. 9). Ihnen wird grundsätzlich ein ausreichender Zugang zum Asylverfahren gewährt. Dublin-Rückkehrer erhalten die gleichen Rechte wie andere Antragsteller im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr üblicherweise in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Nur solche im Dublin-Verfahren überstellte Personen, deren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes durch eine bestandsbzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden ist und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Aachen vom 27. Januar 2016). Abgesehen davon, dass dies die Antragsteller schon nicht betrifft, stellt die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems dar. Denn mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. f) EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 7.5.2015 – 13 L 1607/15.A – juris Rn. 32 ff.; VG Minden, U.v. 10.2.2015 – 10 K 1660/14.A – juris Rn. 61 ff.).
Daher steht nach den vorliegenden Erkenntnismaterialien und den diese auswertenden Gerichtsentscheidungen zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Asylsystem und das Asylbewerberaufnahmesystem in Bulgarien zwar teilweise noch defizitär sind, es sich jedoch angesichts der rechtlichen Verbesserungen seit der Rechtsänderung 2015 und der erkennbaren Fortschritte sowie der derzeit deutlich gesunkenen Auslastung der kapazitätsmäßig ausgebauten Aufnahmezentren zum derzeitigen entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht um Mängel systemischer Art und Schwere handelt.
Darüber hinaus spielt eine möglicherweise vorhandene oder zu erwartende Entscheidung seitens des Abschiebungszielstaates über den Asylantrag im Rahmen der Bestimmung des für die Entscheidung über den Asylantrag zuständigen Zielstaates keine Rolle. Wie Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO ausdrücklich regelt, ist grundsätzlich nur ein Mitgliedstaat für die Entscheidung über den Asylantrag zuständig. Die Regelungen der Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2, Art. 17 Dublin III-VO sorgen nicht dafür, dass inzident bei der Frage des zuständigen Mitgliedstaates geprüft werden müsste, wie der zuständige Zielstaat entschieden hat oder entscheiden würde und ob diese Entscheidung den eigenen nationalen Voraussetzungen entsprechen würde, sodass quasi in eine hypothetische materielle Prüfung einzusteigen wäre.
e) Die Antragsgegnerin ist auch nicht verpflichtet, nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO selbst in die materielle Prüfung des Asylbegehrens der Antragsteller einzutreten. Eine Pflicht zum Selbsteintritt gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO nach erfolgter Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht und ist selbst nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht zwingend anzunehmen (vgl. EuGH, U.v. 14.11.2013 – C-4/11 – NVwZ 2014, 129 Rn. 37). Hierfür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.
f) Ein der Abschiebung nach Bulgarien entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das im Rahmen einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG ausnahmsweise von der Antragsgegnerin auch noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen wäre (vgl. BVerfG, B.v. 17.09.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 11 f.), ist ebenfalls nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich.
g) Auch wenn man neben der Frage des Vorliegens systemischer Mängel i.S.d. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO in Dublin-Verfahren nach dem Wortlaut von § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG eine Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG für erforderlich hält (a.A. VG Potsdam, B.v. 19.10.2016 – 6 L 977/16.A – juris), führt dies im Ergebnis nicht dazu, dass hier solche Abschiebungsverbote anzuerkennen wären. Das Vorliegen der Voraussetzungen von § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG ist nicht ersichtlich, insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Bescheides verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG. Ergänzend ist auszuführen, dass nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden soll, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche krankheitsbedingte Gefahr setzt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG voraus, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers in seiner Heimat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, wobei eine konkrete Gefahr besteht, wenn der Ausländer alsbald nach der Rückkehr in den Heimatstaat in diese Lage geriete, weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (BVerwG, U.v. 25.11.1997 – 9 C 58/96 – BVerwGE 105, 383).
Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung wie der vorliegend für die Antragstellerin zu 1 geltend gemachten posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) besteht angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Notwendigkeit der Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – BVerwGE 129, 251).
Für das Vorliegen einer PTBS bei der Antragstellerin zu 1 wurde allerdings keinerlei ärztliches Attest vorgelegt. Ihr wurde vom medizinischen Dienst der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken lediglich die Diagnose „Angst und depressive Störung, gemischt“ (ICD10: F 41.2 G) gestellt, eine Suizidalität aber verneint. Für die Antragsteller zu 2 bis 4 wurden keinerlei ärztliche Bestätigungen vorgelegt. Auf dieser Grundlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Antragstellern bei einer Überstellung nach Bulgarien eine wesentliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG drohen würde, zumal nach obigen Ausführungen in Bulgarien zumindest eine grundlegende medizinische Versorgung sichergestellt sein wird.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben