Europarecht

Klage der Standortgemeinde gegen eine immissionsschutzrechtliche (Änderungs-) Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage, Gemeindliches Einvernehmen (Ersetzung) und bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 BauGB, Naturschutzrechtliche Zugriffsverbote bzgl. Rotmilan und Fledermäuse, Anwendbarkeit des aktuellen Windenergie-Erlasses, Umfang der Untersuchung zu geschützten Vogelarten i.R.d. sAP nach aktuellem Windenergie-Erlass, Gondelmonitoring mit Abschaltalgorithmen zum Fledermausschutz nach aktuellem Windenergie-Erlass, Teilrücknahme des Antrags des Beigeladenen in MV mit der Folge der Unterliegenswirkung i.S.v. § 154 Abs. 3 VwGO

Aktenzeichen  RO 7 K 18.550

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51193
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG i. V. m. § 36, § 35 BauGB
BNatSchG § 44
Windenergie-Erlass
VwGO § 154 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Bescheid des Landratsamts T. vom 26. März 2018 (Gz. …) wird in Ziffer II Nr. 1 und in Ziffer II Nr. 2 aufgehoben, soweit Letztere nicht die Aufhebung von Buchst. C Nr. 6.1.2 des Bescheids des Landratsamtes T. vom 3. März 2016, sondern die Installation eines Kamerasystems und die Vorlage einer Auswertung über die Abschaltung der Windkraftanlage während der großflächigen Ernte oder Mahd regelt.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beigeladene und der Beklagte je 3/8, der Kläger 1/4. Von den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger 1/4.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang teilweise begründet.
Der Kläger wird durch die angegriffene immissionsschutzrechtliche Genehmigung in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit der streitgegenständliche Änderungsbescheid durch die in Ziffer II Nr. 1 erfolgte Neufassung der Nebenbestimmung von C Nr. 6.1.1 des Ausgangsbescheids vom 3. März 2016 einen Betrieb der WEA ohne die ursprünglich in C Nr. 6.1.1 enthaltene Nebenbestimmung zur Abschaltung der WEA in der Zeit vom 15. Februar bis 15. Oktober von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang regelt. Die Neuregelungen zum Fledermausschutz (Aufhebung von Buchst. C 6.1.2 des Ausgangsbescheids vom 3. März 2016 durch Ziffer II Nr. 2 des streitgegenständlichen Änderungsbescheids und Neufassung von Buchst. C Nr. 6.2 des Ausgangsbescheids vom 3. März 2016 durch Ziffer II. Nr. 3 des streitgegenständlichen Änderungsbescheids) führen hingegen nicht zu einer Rechtverletzung des Klägers (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Als verletzte Rechte des Klägers als Standortgemeinde kommen vorliegend die bauplanungsrechtlichen Belange nach den §§ 29 ff. BauGB in Betracht, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zum Prüfumfang im immissionsschutzrechtlichen Verfahren gehören. Der Kläger als Standortgemeinde hatte im immissionsschutzrechtlichen Verfahren nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens im Rahmen der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB zu entscheiden. Das vom Kläger verweigerte gemeindliche Einvernehmen wurde mit der Ausgangsgenehmigung des Landratsamtes T. vom 3. März 2016 ersetzt. Der Beklagte darf nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ein rechtswidrig versagtes baurechtliches Einvernehmen der Gemeinde ersetzen. Dies setzt aber voraus, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist, d.h. dass die Voraussetzungen des § 35 BauGB in vollem Umfang eingehalten worden sind. Daraus folgt, dass der Kläger eine Verletzung des § 35 BauGB in vollem Umfang rügen kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.2010 – 4 C 7/09 -; BVerwG, U.v. 1.7.2010 – 4 C 4.08 – jeweils juris). Das gilt unzweifelhaft auch im Hinblick auf eine spätere Abänderung der Ausgangsgenehmigung, mit der das Einvernehmen der Gemeinde ersetzt wurde. Der Kläger kann somit einfordern, dass der Bescheid des Landratsamtes T. vom 3. Juni 2016 in der mit Bescheid vom 26. März 2018 geänderten Fassung den bauplanungsrechtlichen Vorgaben des § 35 BauGB genügt. Der Kläger hat somit das ihm nach § 36 BauGB zustehende Recht, dass auch die geänderte Genehmigung die artenschutzrechtlichen Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG beachtet, die nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB sind (vgl. zu Letzterem BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 4 C 1.12; BVerwG, U.v. 20.5.2010 – 4 C 7/09; BVerwG, U.v. 1.7.2010 – 4 C 4.08 – jeweils juris).
Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zu diesen Tieren gehört unzweifelhaft der Rotmilan, unabhängig davon, dass er aktuell nicht mehr auf der „Roten Liste BRD“ steht. Das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist individuenbezogen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Tatbestand des Tötungsverbots trotz seines Individuenbezugs aber nur dann erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für geschützte Tiere in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9A 3/06 – juris). Ausschlaggebend ist, ob die Gefahr von Kollisionen nicht in einem Risikobereich verbleibt, der mit der Errichtung von WEA im Außenbereich immer verbunden ist und der dem allgemeinen Risiko für das Individuum vergleichbar ist, Opfer eines Naturgeschehens zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 – juris). Für die Feststellung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für geschützte Arten im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG müssen hinreichend konkrete fall- bzw. ortsspezifische Anhaltspunkte vorliegen. Ein gelegentlicher Aufenthalt im Gefahrenbereich und damit die zufällige Tötung einzelner Individuen reichen nicht aus. Vielmehr sind z.B. regelmäßige Aufenthalte nachzuweisen, die die Tötungswahrscheinlichkeit signifikant erhöhen. Ob ein signifikant erhöhtes Risiko vorliegt, ist jeweils im Einzelfall in Bezug auf die Lage der WEA, die jeweiligen Artvorkommen und die Biologie der Arten (Schlagrisiko) zu klären.
Bei der Beurteilung dieser Frage gelten die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren entsprechend (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07; U.v. 12.8.2009 – 9 A 64/07; U.v. 14.4.2010 – 9 A 5/08 – jeweils juris). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Einräumung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative führt zu einer Rücknahme gerichtlicher Kontrolldichte. Naturschutzfachliche Einschätzungen sind von den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall vertretbar sind und sie nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die rechtlichen Grenzen des behördlichen Einschätzungsspielraums gewahrt sind (BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris).
Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen lassen sich nach der Rechtsprechung mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben; sie hängen wesentlich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ab (BVerwG, B.v. 18.6.2007 – 9 VR 13.06; U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – jeweils juris). Angesichts der Weite und relativen Unbestimmtheit der rechtlichen Vorgaben, anhand derer sich beurteilt, welche Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 44 BNatSchG im Vorfeld der Genehmigung von Windkraftanlagen durchzuführen sind, hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz in seiner Eigenschaft als oberste Naturschutzbehörde auf Landesebene (Art. 43 Abs. 2 Nr. 1 BayNatSchG) mit den im Einvernehmen mit den weiteren in ihrem Aufgabenbereich berührten Ministerien herausgegebenen Hinweisen zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen Art und Weise der insoweit gebotenen Erhebungen näher konkretisiert. Den in dieser Verwaltungsvorschrift enthaltenen Aussagen kommt zwar nicht der Rang bindender rechtlicher Bestimmungen zu. Die darin aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind jedoch, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – juris). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit geboten.
In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landratsamt T. von seiner artenschutzrechtlichen Einschätzungsprärogative fehlerhaft Gebrauch gemacht, indem es im streitgegenständlichen Änderungsbescheid davon ausgegangen ist, dass für den Rotmilan in der Zeit vom 15. Februar bis 15. Oktober von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang kein signifikant erhöhtes Tötungsrisikos im Hinblick auf das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 BNatSchG besteht. Denn die Beurteilung der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos für den Rotmilan durch den Betrieb der geplanten WEA erfolgte nicht unter hinreichender Beachtung der aktuell geltenden Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in der gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr, für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, für Umwelt und Verbraucherschutz, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Gesundheit und Pflege vom 19. Juli 2016 (Windenergie-Erlass – BayWEE).
Der Windenergie-Erlass in dieser Fassung (im Folgenden: Windenergie-Erlass 2016) trat nach seiner Nr. 12 Satz 1 ab 1. September 2016, also vor Erlass des streitgegenständlichen Änderungsbescheids vom 26. März 2018, in Kraft und enthält in Nr. 8.4 Hinweise zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP).
Gemäß Anlage 3, Spalte 1 des Windenergie-Erlasses 2016 zählt der Rotmilan zu den grundsätzlich kollisionsgefährdeten Vogelarten. Nach Nr. 8.4.1 Windenergie-Erlass 2016 richtet sich der Untersuchungsumfang danach, ob die relevanten Arten im Gebiet aktuell vorkommen. Grundlage sind die vorhandenen Verbreitungsdaten. Nur wenn begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlag- oder störungssensibler Arten vorliegen, sind weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich. Die Untersuchungen sollten die avifaunistisch bedeutsamen Abschnitte des Jahres umfassen – z.B. Brut-, Nahrungsgebiet, Korridor, Schlaf- oder Sammelplatz. Sie sind mit dem Ziel durchzuführen, die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Bereich der Anlage abschätzen zu können. Die in Anlage 3, Spalte 2 des Windenergie-Erlasses 2016 angegebenen Abstände beschreiben die empfohlenen Abstände von Windkraftanlagen zu Brutplätzen. Diese betragen nach dem Windenergie-Erlass 2016 für den Rotmilan 1.500 m (engerer Prüfbereich). Hieraus lässt sich nach der Konzeption des Erlasses eine Art von widerleglicher Vermutung für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko entnehmen, wenn innerhalb des „engeren Prüfbereichs“ das Brutvorkommen einer kollisionsgefährdeten Art festgestellt wird. Es ist von einem Verstoß gegen des Tötungsverbot auszugehen, sofern sich im konkreten Einzelfall nicht der Nachweis der Meidung des Gefährdungsbereichs der zu beurteilenden Anlage oder eines nur seltenen Aufenthalts von Individuen der betroffenen Spezies dort führen lässt (vgl. BayVGH, U.v. 29.3.2016 – 22 B 14.1875 und 22 B 14.1876 – juris). Ist im engeren Prüfbereich kein Brutvorkommen festzustellen, hat die Behörde den weiteren Prüfbereich in den Blick zu nehmen. In Anlage 3, Spalte 2 des Windenergie-Erlasses 2016 sind Prüfbereiche mit Abständen von 4.000 m angegeben, in denen zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Eine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb des engeren Prüfbereichs führt nach den Bestimmungen des Windenergie-Erlasses 2016 in der Regel nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich einer Anlage. Vielmehr müssen die Nahrungshabitate eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse des weiteren Prüfbereichs darstellen, die regelmäßig über die Anlage angeflogen werden. Für den Fall, dass die den weiteren Prüfbereich festlegenden Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs- bzw. Verletzungsrisiko besteht. Für den Fall, dass diese Abstände unterschritten werden, ist eine nähere Betrachtung erforderlich.
Methodenhinweise für die Untersuchungen, die Grundlage für die vorstehende, vom Windenergie-Erlass vorgegebene Beurteilung sind, gibt der Windenergie-Erlass 2016 in Anlage 5. Dort heißt es:
„Die Untersuchungen konzentrieren sich auf den Prüfbereich im Umfeld der geplanten Anlage und erfolgen von „Fixpunkten“ aus. Darüber hinaus sollen die Untersuchungen über den engeren Prüfbereich hinaus Hinweise auf die regelmäßigen Flugkorridore zwischen Brutplatz und anderen regelmäßigen Aufenthaltsorten wie Nahrungshabitaten u.ä. liefern. Sie sollen Aufschluss geben über a) die Dauer von Flugbewegungen im Umkreis der Anlagen,
b) gegebenenfalls den Anteil der Flugdauer,
c) das Vorhandensein von Schlüsselhabitaten für die relevanten Arten wie Rastplätze, Schlafplätze, besondere Nahrungshabitate im Umfeld der WEA,
d) die relative Raumnutzung im Gebiet.
Es sollen Fixpunkte ausgewählt werden, die eine gute Übersicht auf den Anlagenstandort und seine Umgebung mit bekannten oder potentiellen Neststandorten erlauben. (…) Bei guter Einsehbarkeit des Geländes sollten wenigstens zwei Fixpunkte gewählt werden (…). Die Untersuchung soll den gesamten Zeitraum der Brutperiode von der Balz bis zur Bettelflugperiode der Jungvögel umfassen. Die Untersuchungszeiten werden an die Brutzeiten der kollisionsgefährdeten Vogelarten angepasst und dauern mit Ausnahme phänologisch besonders früh brütender Vogelarten in der Regel von Mitte März bis Ende August. Ein Umfang von 18 Untersuchungstagen wird im Regelfall als ausreichend erachtet, in besonders konfliktträchtigen Gebieten mit mehreren kollisionsgefährdeten oder schwer zu untersuchenden Arten (…) sollte die Zahl der Untersuchungstage auf 25 erhöht werden. Die Beobachtungsdauer sollte mindestens sechs Stunden pro Tag umfassen. Die Beobachtungszeiten richten sich nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der untersuchten Arten. Sie können an den frühen Vormittags- oder Nachmittagsstunden durchgeführt werden oder unter Aussparung der Mittagszeit, 12 bis 14:00 Uhr, auf Vor- und Nachmittag verteilt werden. (…) Bei Arten, die sehr unterschiedliche Aktivitätszeiten aufweisen – tagaktiv, dämmerungsaktiv, früher Brutbeginn im Jahr -, Arten mit langen Fütterungsintervallen oder wenn mehrere relevante Arten gleichzeitig vorkommen, kann noch mehr als die minimale Beobachtungsdauer nötig sein und der Untersuchungsaufwand erhöht sich entsprechend. Pro Fixpunkt sind mindestens 108 Stunden vorzusehen, d.h. im Mittel drei Beobachtungstage je Monat, die je nach Aktivitätsphase der Vögel aufgeteilt werden können: z.B. für die Balz zweimal sechs Stunden, für den Horstbau dreimal sechs Stunden, für die Brut und frühe Aufzucht dreimal sechs Stunden, für die späte Aufzucht fünfmal sechs Stunden und für die Bettelflugperiode fünfmal sechs Stunden. (…) Die gleichzeitige Beobachtung von zwei oder mehr Punkten wird empfohlen, um die Flugbewegungen präziser aufzeichnen zu können (…). Je weniger die geplanten Anlagen überflogen werden, umso geringer ist das Kollisionsrisiko. Bei häufigeren Aufenthalten im Bereich der Anlage muss von einem erhöhten Kollisionsrisiko ausgegangen werden.“
Hiervon ausgehend ist die zuletzt im streitgegenständlichen Änderungsbescheid zum Ausdruck kommende Einschätzung der UNB, in der Zeit vom 15. Februar bis 15. Oktober von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang bestehe bei der im Änderungsbescheid vorgesehen Auflage kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan, zu beanstanden, weil dieser Einschätzung keine Untersuchungen zugrunde liegen, die den Anforderungen des aktuellen Windenergie-Erlasses genügen. Dieser sieht im Minimum Beobachtungen der Vögel von sechs Stunden pro Tag bzw. 108 Stunden pro Fixpunkt insgesamt vor. Im Rahmen der Untersuchungen durch das Büro G., auf die sich das Landratsamt im Wesentlichen stützt, fanden aber lediglich Beobachtungen über einen Zeitraum von insgesamt 75 Stunden (an 19 Tagen) statt und lediglich zweimal sechs Stunden pro Tag, im Übrigen nur zwei, drei oder vier Stunden pro Tag. Die Raumnutzungskartierung des Büros F. fußt auf 18 Beobachtungstagen mit insgesamt nur 57 Beobachtungsstunden und mit nur drei Stunden pro Tag bzw. einmal sechs Stunden pro Tag. Damit werden die Mindestanforderung der in Anlage 5 des Windenergie-Erlasses 2016 vorgesehenen Erfassungsmethode nicht berücksichtigt. Zudem ist festzustellen, dass laut aktuellem Windenergie-Erlass 2016 die Mittagszeit, 12 bis 14:00 Uhr, auszusparen ist, die Beobachtungszeiten, die den Gutachten des Büros G. und F. zugrunde liegen, aber auch (teilweise) während dieser Zeit erfolgten (vgl. dazu auch die Stellungnahme der UNB vom 22.5.2017).
Die artenschutzrechtliche Einschätzungsprärogative der UNB beruht deshalb auf unzureichenden Untersuchungen. Auf einer solchen Grundlage kann grundsätzlich nicht beurteilt werden, ob ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt ist (BayVGH, B.v. 31.7.2017 – 22 ZB 17.1033 – juris).
Zwar kann von den Vorgaben des Windenergie-Erlasses 2016 abgewichen werden, dies aber nur bei fachlichem Grund und gleichwertigem Ersatz. Für eine solche Ausnahme wurde vonseiten des Landratsamtes nichts vorgetragen, auch nicht in der mündlichen Verhandlung. Das Gutachten des Büros G. bleibt ebenso wie das des Büros F. derart deutlich hinter der nach dem Windenergie-Erlass geforderten Mindestbeobachtungszeit (pro Tag und in der Gesamtsumme) zurück, dass eine Vergleichbarkeit fernliegt. Dies folgt auch aus einem Vergleich mit den Beobachtungszeiten, die die Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen in der gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011 (im Folgenden „Windkrafterlass 2011“) vorsehen. Denn die danach vorgegebenen Beobachtungszeiten von je drei Stunden pro Tag und insgesamt 54 Stunden wurden im aktuellen Windenergie-Erlass um das Doppelte angehoben. Grund hierfür dürften – wie sich aus der Vorbemerkung unter Nr. 1 ergibt – veränderte Rahmenbedingungen bzw. Erfahrungen aus der Praxis gewesen sein, die eine Überarbeitung des Windkrafterlasses 2011 notwendig werden ließen. Dass das Gutachten des LfU vom 24. April 2012 keine geeignete Beurteilungsgrundlage darstellt, ist im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 ausgeführt worden (Az. 22 B 13.1358), auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen kann deshalb nicht von einem gleichwertigen Ersatz durch die vorstehenden Untersuchungen ausgegangen werden. Die UNB als Fachstelle mit Einschätzungsprärogative hat einen gleichwertigen Ersatz in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht.
Soweit die Beigeladenenseite auf die aktuelle Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung verweist und argumentiert, dass sich daraus kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ergibt, ist dieser Vortrag völlig pauschal und unsubstantiiert. Im Übrigen vermindert die aktuelle Arbeitshilfe nicht den laut aktuellem Windenergie-Erlass 2016 nötigen Untersuchungsumfang; das kann sie auch nicht, da dafür der Erlass als vorgehendes Werk geändert werden müsste.
Das Landratsamt T. kann sich nicht darauf berufen, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko sei wegen der durch den Änderungsbescheid erfolgten Neufassung der Nebenbestimmung Buchst. C Nr. 6.1.2 ausgeschlossen, wonach die WEA für zwei Tage während des Tages bei großflächiger Ernte oder Mahd im Bereich des 300 m Radius um die WEA abzuschalten ist. Denn die Beurteilung der Geeignetheit dieser Maßnahme, die im Windenergie-Erlass als Vermeidungs- bzw. Minimierungsmaßnahme angesprochen wird (Nr. 8.4.3 Buchst. b), setzt zunächst voraus, dass eine hinreichend aussagekräftige Untersuchung i.S.d. aktuellen Windenergie-Erlasses 2016 vorliegt, was, wie dargelegt, nicht der Fall ist.
Ein Abstellen auf den Windkrafterlass 2011 kommt nicht in Betracht. Der Windkrafterlass 2011, der – im Unterschied zum vorgenannten Windenergie-Erlass aus dem Jahr 2016 – in Anlage 6 lediglich eine Beobachtungsdauer von drei Stunden pro Tag und insgesamt nur 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorsieht, findet auf den hier zu entscheidenden Fall nämlich keine Anwendung. Der Windkrafterlass 2011 ist gemäß Nr. 12 Satz 2 des aktuellen Windenergie-Erlasses 2016 mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten und konnte somit als Beurteilungsgrundlage zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids, 26. März 2018, nicht mehr herangezogen werden. Übergangsregelungen sind im aktuellen Windenergie-Erlass 2016 nicht vorgesehen, dieser ist nach dessen Nr. 12 Satz 1 ab 1. September 2016 anzuwenden. Dem stehen auch Vertrauensgesichtspunkte nicht entgegen. Das Gericht macht sich die folgenden Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in der Entscheidung vom 27. November 2017 (22 CS 17.1574 – juris Rn. 59) zu Eigen:
„Der Umstand, dass der Auftrag für das Gutachten vom 25. April 2016 noch unter der Geltung des Windkrafterlasses Bayern 2011 erteilt wurde und es der Behörde vor dem in der Nummer 12 Satz 1 BayWEE bezeichneten Stichtag zuging, hindert es nicht, diese Ausarbeitung am Windenergie-Erlass vom 19. Juli 2016 zu messen. Denn Veränderungen, die im Laufe eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens hinsichtlich der Anforderungen eintreten, denen eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung genügen muss, sind rechtlich beachtlich, ohne dass sich der Genehmigungsbewerber – abgesehen von dem in Art. 83 Abs. 1 BayBO geregelten Sonderfall – auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes berufen kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2017 – 22 ZB 17.1033 – juris Rn. 18, betreffend die parallel gelagerte Fallgestaltung, dass der Auftrag für eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung noch vor dem Inkrafttreten des Windkrafterlasses Bayern 2011 erteilt wurde, diese Verwaltungsvorschrift in dem für die behördliche und gerichtliche Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt jedoch bereits anwendbar war). Dies steht mit verfassungsrechtlichen Erfordernissen in Einklang. Denn auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte darf der Normgeber grundsätzlich mit Wirkung für die Zukunft einwirken (BayVerfGH, E.v. 9.5.2016 – Vf. 14-VII-14 u. a. – NVwZ 2016, 999 Rn. 153); der verwaltungsinterne Richtliniengeber unterliegt insoweit keinen strengeren Beschränkungen. Da es für die Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist, auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Genehmigungsbehörde über den Antrag ankommt, plant der Genehmigungsbewerber auch nach Einleitung des Genehmigungsverfahrens auf eigenes Risiko; er muss jederzeit damit rechnen, dass die Zulassung seines Vorhabens an einer Änderung der Sach- und Rechtslage scheitert (BayVerfGH, E.v. 9.5.2016 a.a.O. Rn. 154). Das gilt insbesondere für Vorhaben im Außenbereich, deren Zulässigkeit von dem Nichtentgegenstehen bzw. der Nichtbeeinträchtigung öffentlicher Belange abhängt, deren Reichweite bei Beginn der Planung nur bedingt absehbar ist (BayVerfGH, E.v. 9.5.2016 a.a.O. Rn. 154). Auch vor veränderten Anforderungen an die Ermittlung des für die Ausübung des naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums maßgeblichen Sachverhalts ist der Genehmigungsbewerber deshalb nicht geschützt. Ein besonderer Vertrauensschutz ergibt sich auch nicht daraus, dass die Planung einer Windkraftanlage mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann (BayVerfGH, E.v. 9.5.2016 a.a.O. Rn. 154).“
Zwar trat – im Unterschied zum Sachverhalt, der der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zugrunde liegt – im vorliegenden Fall der neue Windenergie-Erlass 2016 nicht vor, sondern erst nach Erlass des Genehmigungsbescheids vom 3. März 2016 in Kraft. Aufgrund des Änderungsbescheids vom 26. März 2018 wurde dieser Ausgangsbescheid aber teilweise wieder aufgehoben, so dass sich die Änderungsentscheidung an der Sachlage zum Zeitpunkt ihres Erlasses messen lassen muss. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Genehmigungsumfang des Bescheids vom 26. März 2018; denn dieser gewährt aufgrund der Aufhebung der im Ausgangsbescheid unter Buchst. C Nr. 6.1.1 verfügten Nebenbestimmung zur Abschaltung der WEA (in der Zeit vom 15. Februar bis 15. Oktober von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang) insoweit einen unbeschränkten Betrieb (abgesehen von der neuen Nebenbestimmung zur Abschaltung der WEA im Falle einer großflächigen Ernte oder Mahd im 300 m Radius). In einer solchen Situation muss die Behörde den zum Zeitpunkt der Änderungsentscheidung geltenden Windenergie-Erlass 2016 berücksichtigen und der Kläger einfordern können, dass dessen Vorgaben, insbesondere auch zu den Untersuchungsmethoden, beachtet werden. Dem Landratsamt standen damit im Hinblick auf den Rotmilan keine ausreichenden Untersuchungen zur Verfügung, um (auch unter Berücksichtigung der neuen Nebenbestimmung) in der Zeit vom 15. Februar bis 15. Oktober von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang von einem Nichtvorliegen des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands ausgehen zu können. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Änderungsgenehmigung ist insoweit erfolgreich, weshalb Ziffer II Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids aufzuheben war. Die dadurch bedingte Aufhebung dieser Ziffer durch das Gericht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) hat zwangsläufig auch die Aufhebung der in Ziffer II Nr. 1 vorgesehenen Abschaltung der WEA für zwei Tage während des Tages bei großflächiger Ernte oder Mahd zur Folge, unabhängig davon, ob darin eine Rechtsverletzung des Klägers liegt; denn diese Regelung steht in untrennbarem Zusammenhang mit der durch Ziffer II Nr. 1 zugleich erfolgten Aufhebung der Nr. 6.1.1 des Ausgangsbescheids vom 3. März 2016, so dass dieser die Grundlage entzogen und deshalb in der Konsequenz ebenso aufzuheben war. Die Abschaltzeiten zu Tagzeiten während großflächiger Ernte oder Mahd machen keinen Sinn, wenn aufgrund der gerichtlichen Aufhebung der Ziffer II Nr. 1 des streitgegenständlichen Änderungsbescheids die Anlage gemäß Ausgangsbescheid vom 3. März 2016 betrieben werden muss, nämlich in der Form, dass die WEA in der Zeit von 15. Februar bis 31. Oktober von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang abzuschalten ist.
Hinsichtlich Ziffer II Nr. 2 des angefochtenen Änderungsbescheids ist festzustellen: Diese sieht eine Neufassung der Nebenbestimmung Buchst. C Nr. 6.1.2 des Ausgangsbescheids vom 3. März 2016 vor. Die ursprüngliche Nebenbestimmung, wonach zur Vermeidung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos hinsichtlich besonders geschützter Fledermausarten in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober bei Windgeschwindigkeiten unter 6 m/sek. zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang die WEA abzuschalten ist, enthält durch den Änderungsbescheid eine Neufassung. Unter Buchst. C Nr. 6.1.2 ist nunmehr die Nebenbestimmung vorgesehen, dass zur Sicherstellung der im Änderungsbescheid vorgesehenen Nebenbestimmung zur Abschaltung der Anlage für zwei Tage während des Tages bei großflächiger Ernte oder Mahd die Installation eines Kamerasystems und die Vorlage einer Auswertung über die Abschaltung der Windkraftanlage während der großflächigen Ernte oder Mahd notwendig ist. Mit dieser Neufassung geht eine Aufhebung der bisherigen im Ausgangsbescheid enthaltenen Nebenbestimmung einher, die zum Schutz von Fledermäusen Abschaltzeiten in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober bei Windgeschwindigkeiten unter 6 m/sek. zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang festlegte. Gegen die Aufhebung dieser Nebenbestimmung durch den Änderungsbescheid bestehen mit Blick auf das Zugriffsverbot in § 44 Abs. 1 BNatSchG keine durchgreifenden Bedenken. Der Kläger hat insoweit nichts Konkretes bzw. Substantiiertes vorgetragen. Im Übrigen beruft sich der Beklagte zu Recht darauf, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko jedenfalls ausgeschlossen werden kann angesichts der im Änderungsbescheid verfügten Auflagen zu Gondelmonitoring und Abschaltzeiten (vgl. Ziffer II Nr. 3 des Änderungsbescheids, die die Nebenbestimmung unter Buchst. C. Nr. 6.2 des Ausgangsbescheids vom 3. März 2016 neu fasst). Diese Vermeidungsmaßnahme ist im Windenergie-Erlass 2016 sowie in der Arbeitshilfe „Fledermausschutz und Windkraft Teile 1-3“ vorgesehen, um ein u.U. bestehendes signifikantes Tötungsrisiko unter die Erheblichkeitsschwelle abzusenken (vgl. 8.4.2 c) bb) des Windenergie-Erlasses 2016). Soweit der Kläger unter Verweis auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Geeignetheit des Kamerasystems (Ziffer II Nr. 2 des angefochtenen Änderungsbescheids) in Frage stellt, bedarf dies keiner näheren Würdigung. Das Kamerasystem dient der Umsetzung der Nebenbestimmung Ziffer II. Nr. 1 des angefochtenen Änderungsbescheids. Da diese durch das Gericht aufzuheben war, fällt auch die damit untrennbar zusammenhängende Grundlage für die Nebenbestimmung Ziffer II. Nr. 2 des Änderungsbescheids weg, so dass – unabhängig von der Rechtsverletzung des Klägers dadurch – auch diese zwangsläufig aufzuheben war. Angesichts des nach dieser Entscheidung nur gestatteten Betriebs gemäß dem Ausgangsbescheid vom 3. März 2016 (nämlich in der Zeit vom 15. Februar bis 15. Oktober von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang) besteht für die Nebenbestimmung Ziffer II Nr. 2 keine Grundlage mehr.
Die Klage gegen die im Änderungsbescheid vorgesehenen Neuregelungen zum Fledermausschutz hat damit keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Nachdem die Beigeladene einen Antrag zur Sache gestellt hat, wurde auch ihr eine anteilige Kostenlast auferlegt. Soweit sie mit ihrem Antrag obsiegt, entsprach es im Hinblick auf das Kostenrisiko durch die Antragsstellung (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten anteilig für erstattungsfähig zu erklären. Der Beteiligung der Beigeladenen an den Verfahrenskosten nach § 154 Abs. 3 VwGO steht die in der mündlichen Verhandlung geänderte Antragstellung nicht entgegen. Die Beigeladene hat mit Schriftsätzen vom 5. Juli und 20. September 2018 vollumfänglich, ohne Vorbehalt und auch nicht nur in Form einer Ankündigung Klageabweisung beantragt. Die Änderung in der mündlichen Verhandlung stellt damit eine Teilrücknahme des ursprünglichen unbeschränkten Klageabweisungsantrags dar, weshalb sich die Beigeladene unter Anwendung des Rechtsgedanken des § 155 Abs. 2 VwGO auch insoweit einer Kostentragungspflicht nicht (nachträglich) entziehen kann und insoweit als Unterliegende i.S.v. § 154 Abs. 3 VwGO anzusehen ist (vgl. Olbertz in Schoch/Schneider, VwGO, 40. EL 2021, Rn. 15 zu § 154; Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Auflage, Rn. 9 zu § 154).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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