Europarecht

Kürzung landwirtschaftlicher Greeningprämie

Aktenzeichen  M 32 K 18.508

Datum:
15.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43097
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 26 Abs. 2
VO (EU) 723/2017 Art. 1 Abs. 4
VO (EU) Nr. 1307/2013 Art. 46 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Beträgt das Ackerland eines Betriebs mehr als 15 Hektar, so müssen die Betriebsinhaber ab dem 1.1.2015 nach Art. 46 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 eine Fläche, die mindestens 5% des angemeldeten Ackerlands des Betriebs entspricht, als im Umweltinteresse genutzte Fläche ausweisen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die vorgeschriebene ökologische Vorrangfläche (ÖVF) größer als die ermittelte ökologische Vorrangfläche, so wird von der Fläche, anhand derer die Ökologisierungszahlung gem. Art. 23 VO (EU) 640/2014 berechnet wird, das Zehnfache der nicht vorgefundenen ökologischen Vorrangfläche abgezogen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Anspruch auf eine ungekürzte Förderung kann auch aus einer möglichen Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten durch eine unzutreffende Angabe der bei einer zu geringen ÖVF-Fläche zu erwartenden Kürzung der Greeningprämie nicht hergeleitet werden, wenn die Förderungsvoraussetzungen tatsächlich nicht eingehalten werden, da es „keine verkappte Verurteilung zum Schadensersatz in Geld“ gibt; insoweit kommt nur ein vor den Zivilgerichten zu verfolgender Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Höhe der Geldleistung in Betracht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Parteien schriftlich auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Greeningprämie (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die erfolgte Kürzung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die rechtliche Verpflichtung des Klägers, bei der Teilnahme an der Basisprämienregelung in seinem Betrieb ein notwendiges Maß an ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) ausweisen zu müssen, ergibt sich aus Art. 46 VO (EU) 1307/2013, der die Flächennutzung im Umweltinteresse (Kapitel 3 der Verordnung) betrifft. Beträgt das Ackerland eines Betriebs mehr als 15 Hektar – wie hier im Falle des Klägers -, so müssen die Betriebsinhaber ab dem 1. Januar 2015 nach Art. 46 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 eine Fläche, die mindestens 5% des angemeldeten Ackerlands des Betriebs entspricht, als im Umweltinteresse genutzte Fläche ausweisen. Die rechtliche Grundlage für die Kürzung der Greeningfläche bei einem Verstoß gegen diese Anforderung ergibt sich aus Art. 26 Abs. 2 VO (EU) 640/2014 in der Fassung des Art. 1 Abs. 4 der Delegierte VO (EU) 723/2017 vom 16. Februar 2017 (ABl. L 107/1). Ist danach die vorgeschriebene ökologische Vorrangfläche (ÖVF) größer als die ermittelte ökologische Vorrangfläche, so wird von der Fläche, anhand derer die Ökologisierungszahlung gemäß Artikel 23 VO (EU) 640/2014 berechnet wird, das Zehnfache der nicht vorgefundenen ökologischen Vorrangfläche abgezogen.
Der Kläger hat nach seinen Antragsdaten zum Greening 2017 die Verpflichtung, von der festgestellten Gesamtackerfläche (19,94 ha) mindestens 5% (= 0,997 ha) im Jahr 2017 als ÖVF auszuweisen, nicht eingehalten. Er hat in seinem Antrag vom 9. April 2017 Flächen, die als ökologische Vorrangflächen im Antragsjahr 2017 anzuerkennen sind, nur im Umfang von 0,52 ha ausgewiesen. Damit hat er in seinem Antrag auf Greeningprämie das erforderliche Maß an Vorrangflächen um 0,477 ha unterschritten, was die Kürzungen um das Zehnfache – hier 4,77 ha – gemäß Art. 26 Abs. 2 i.V.m. Art. 27 VO (EU) 640/2014 rechtfertigt.
Weiterhin ist als zusätzliche Verwaltungssanktion die sich daraus errechnende Fläche gem. Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VO (EU) 640/2014 um weitere 3,03 ha zu kürzen. Ein Fall des Art. 77 Abs. 2 VO (EU) 1306/2013 liegt nicht vor, da der Verstoß nicht nur einen geringfügigen Charakter hat, der Kläger die Förderungsvorgaben bewusst nicht beachtet hat und nur bezüglich der Höhe der zu erwartenden Sanktion einem Irrtum unterlegen ist.
Es ergibt sich somit eine mit der Ökologisierungszahlung zu fördernde Fläche von insges. 12,14 ha. Der sich hieraus ergebende Auszahlungsbetrag wurde von dem Beklagten zutreffend mit 5.725,70 Euro berechnet.
Der Einwand des Klägers, in Höhe von 538,10 Euro sei die bei der Berechnung der Greeningprämie vorgenommene Kürzung rechtswidrig und aufzuheben, weil er auf Grund einer an ihn adressierten E-Mail des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 21. September 2017 nur mit einer Kürzung der Greeningprämie für die nicht angerechnete Greeningfläche von 1,58 ha um 87 €/ha rechnen habe müssen, kann daran nichts ändern.
Zum einen kann in der E-Mail vom 21. September 2017 keine wirksame Zusicherung gesehen werden, die beantragte Greeningprämie nur in Höhe von 87 € pro fehlendem ha ÖVF-Fläche zu kürzen bzw. keine darüber hinausgehende Kürzung vorzunehmen. Denn insoweit liegt bereits keine zur Wirksamkeit einer Zusicherung erforderliche Schriftform (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) vor. Es fehlt an der hierfür erforderlichen Unterschrift bzw. Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten (Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG) bzw. an einer qualifizierten Signatur und Angabe des der Signatur zugrunde liegenden qualifizierten Zertifikats oder eines zugehörigen qualifizierten Attributszertifikats (Art. 37 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG).
Zum anderen kann der Kläger einen Anspruch auf eine ungekürzte Förderung auch aus einer möglichen Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten durch eine unzutreffende Angabe der bei einer zu geringen ÖVF-Fläche zu erwartenden Kürzung der Greeningprämie in der E-Mail vom 21. September 2017 nicht herleiten, weil er die Förderungsvoraussetzungen tatsächlich nicht eingehalten hat und es „keine verkappte Verurteilung zum Schadensersatz in Geld“ gibt (BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38/95 – juris m.w.N.). Insoweit kommt nur ein vor den Zivilgerichten zu verfolgender Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Höhe der Geldleistung in Betracht.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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