Europarecht

Ladungsfähige Anschrift, Privatadresse, c/o-Adresse, Geheimhaltungsgründe für Privatadresse (nicht dargelegt)

Aktenzeichen  M 10 E 21.3206

Datum:
6.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 14432
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 82 Abs. 1 S. 1
VwGO § 82 Abs. 2 S. 1
BayPrG Art. 4
BayDSG Art. 39
BMG § 51
DSGVO Art. 24
DSGVO Art. 32

 

Leitsatz

1. Bei natürlichen Personen ist in der Regel die Wohnanschrift als ladungsfähige Adresse nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO anzugeben (Anschluss an BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24.97). Die Pflicht zur Angabe entfällt bei einem schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresse, welches dem Gericht darzulegen ist (Rn. 18).
2. Der bloße Hinweis auf die Eintragung einer Auskunftssperre im Melderegister nach § 51 Abs. 1 BMG, ohne dem Gericht die dem Sperrantrag zugrundeliegenden Tatsachen offenzulegen, genügt nicht den Darlegungsanforderungen für ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse (Rn. 20).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller macht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber der Antragsgegnerin einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend.
Der Antragsteller ist Reporter der … … Die Antragsgegnerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihr wurde durch die Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Testverordnung – TestV) die Abrechnung mit den sog. Leistungserbringern, also den Stellen, die die genannte Testung durchführen, übertragen.
Mit E-Mail vom *. Juni 2021 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin unter Fristsetzung bis zum 12. Juni 2021 Auskunft zu mehreren Fragen betreffend u.a. die Abrechnung mit einem Betreiber von Corona-Testzentren. Die Antragsgegnerin beantwortete die Fragen mit E-Mail vom 10. Juni 2021 lediglich teilweise und lehnte die Auskunft im Übrigen unter Verweis auf ein laufendes Ermittlungsverfahren ab.
Daraufhin wandte sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 17. Juni 2021 an das Verwaltungsgericht München und beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Antragsteller folgende Fragen zu beantworten:
1. Hat die KVB Zahlungen an die Firma von Herrn … geleistet?
2. Falls ja wie hoch waren die Zahlungen?
3. Wie viele Tests wurden durchgeführt und abgerechnet?
4. Über welchen Zeitraum wurden die Tests abgerechnet?
Zur Begründung führte der Antragsteller aus, dass sich aus Art. 4 Abs. 1 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG) und Art. 39 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) ein Anordnungsanspruch bezüglich der Beantwortung der verfahrensgegenständlichen Fragen ergebe. Dem Auskunftsrecht des Antragstellers stünden keine Verweigerungsgründe entgegen. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG dürfe die Auskunft nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht bestehe. Die Antragsgegnerin unterliege in Bezug auf ein Ermittlungsverfahren keiner Verschwiegenheitspflicht. Auch Grundrechte würden nicht beeinträchtigt, da sich die Anfrage auf eine juristische Person beziehe.
Nachdem im Aktivrubrum der Antragsschrift vom 17. Juni 2021 als Adresse „c/o … … … … … … … angegeben wurde, forderte das Gericht mit Schreiben vom 24. Juni 2021 den Antragsteller auf, dem Gericht unverzüglich eine ladungsfähige Adresse mitzuteilen. Mit Schriftsatz vom gleichem Tag nannte der Antragsteller daraufhin als Adresse „… … … … … …“. Mit Schreiben vom 28. Juni 2021 wies das Gericht den Antragsteller daraufhin, dass unter der ladungsfähigen Anschrift grundsätzlich die Wohnadresse zu verstehen sei. Nur beim Vorliegen schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen, die dem Gericht darzulegen seien, könne eine andere Adresse bezeichnet werden. Das Gericht forderte den Antragsteller erneut zur Angabe einer ladungsfähigen Adresse auf.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsätzen vom 24. und 25. Juni 2021,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei unzulässig, weil er nicht den sich aus § 82 VwGO ergebenden normativen Vorgaben genüge. Auffällig sei, dass in der Antragsschrift vom 17. Juni 2021 zunächst eine Gesellschaft in … aufgeführt werde, die von der nunmehr angegebenen … GmbH verschieden sei. Weiter sei zu sehen, dass der Antragsteller der … … … …, nicht im Impressum aufgeführt werde. Die Angabe einer c/o-Adresse würde im vorliegenden Fall jedenfalls nicht genügen. Aus der Kommentarliteratur zu § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung, auch derjenigen anderer Gerichtszweige, ergebe sich deutlich, dass bei natürlichen Personen unter ladungsfähiger Adresse regelmäßig die Wohnanschrift zu verstehen sei.
Der Antragsteller replizierte hierauf mit Schriftsatz vom 30. Juni 2021, dass er ein Investigativ-Journalist sei, der im Bereich Terroranschläge, Extremismus und Subventionsbetrug bayernweit recherchiere. Die Bekanntgabe seiner Privatadresse, und sei es auch nur in diesem Verfahren, würde den Antragsteller und seine Recherche erheblich gefährden.
Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schriftsatz vom 6. Juli 2021, dass Investigativ-Journalist keine nachvollziehbare Berufsbezeichnung sei. Recherche seit dem Beruf inhärent. Sie weise die Unterstellung zurück, die antragstellerseitige Bekanntgabe der Privatanschrift zur Kenntnis für Gericht und Antragsgegnerin „gefährde“ die Tätigkeit des Antragstellers als Journalist „erheblich“. Der Antragsgegnerin werde ein Verhalten zugeschrieben, für das jede Belegtatsache fehle.
Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2021 vertiefte der Antragsteller seinen Vortrag, die Angabe seines Arbeitgebers „… … … … … …“ entspräche dem berechtigten Interesse des Antragstellers und sei vor dem Hintergrund des § 82 VwGO zulässig. Zunächst sei zu sehen, dass § 82 Abs. 1, § 173 VwGO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO nach ständiger Rechtsprechung im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen seien. Die in der Kommentarliteratur und Rechtsprechung vorgetragenen Argumente für die Nennung der Wohnanschrift (eindeutige Individualisierbarkeit des Antragstellers, Vorbeugung einer „Kostenflucht“) würden im vorliegenden Fall nicht greifen. Der Antragsteller sei über die Adresse … GmbH, … … … … hinreichend individualisiert, da es keinen weiteren Reporter mit dem Namen des Antragstellers gäbe. Das Argument der „Kostenflucht“ greife nicht, da § 177 ZPO nicht zwingend die Zustellung am Wohnort vorsehe, sondern vielmehr an jedem Ort, an welchem der Empfänger angetroffen wird. Im hiesigen Fall sei sogar eine Ersatzzustellung möglich, da gem. § 178 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 180 ZPO die wirksame Zustellung durch Übergabe an eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person, oder durch Einlegung in einen dort befindlichen Briefkasten erfolgen könne. Es sei daher in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung, aber teilweise auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass als ladungsfähige Anschrift die Angabe der Arbeitsstelle genügen könne, sofern aufgrund genauer und konkreter Angaben ernsthaft mit einer Zustellung gerechnet werden könne (mit Rechtsprechungsangaben). Die Angabe der Geschäftsadresse würde im vorliegenden Fall auch der Bedeutung der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Rechnung tragen.
Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2021 legte der Antragsteller ein Schreiben … … … vom 12. Juli 2021 vor, wonach ein Antrag des Antragstellers auf Eintragung einer Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 Bundesmeldegesetz (BMG) in das Melderegister positiv verbeschieden wurde. Die Begründung des Antrags für die Eintragung der Auskunftssperre im Melderegister wurde dem Gericht nicht vorgelegt, sie sei für das hiesige Verfahren irrelevant. Weder das Gericht noch die Antragsgegnerin hätten ein Recht, die Entscheidung der … … zu überprüfen.
Auf Rüge des Antragsgegners hat das Gericht mit Beschluss vom 4. August 2021 entschieden, dass für die vorliegende Streitsache der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Diese Entscheidung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. September 2021 bestätigt (7 C 21.2253).
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist unzulässig, weil er nicht den sich aus des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Pflichten genügt.
1. Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der auch im Eilverfahren Anwendung findet, muss die Antragsschrift den Antragsteller, den Antragsgegner und den Gegenstand des Antragsbegehrens bezeichnen. Außer dem Namen des Antragstellers ist mit dem Antrag nach ständiger Rechtsprechung auch die ladungsfähige Anschrift des Antragstellers anzugeben. Ladungsfähige Anschrift ist die Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 27. Aufl. 2021, § 82 Rn. 4). Die Kammer hält, in Einklang mit ihrer bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa VG München, B.v. 18.5.2016 – M 10 E 16.1675 – juris Rn. 14), der des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie des Bundesverwaltungsgerichts, daran fest, dass bei natürlichen Personen die ladungsfähige Anschrift in der Regel die Wohnungsanschrift ist, auch wenn sie anwaltlich vertreten sind (s. dazu insbesondere: BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24.97 – juris Rn. 27 ff.; BayVGH, B.v. 3.2.2016 – 10 ZB 15.1413 – juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 28.4.2003 – 24 ZB 02.3108 – juris; s. zusammenfassend auch: Aulehner in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 82 Rn. 8). Die Pflicht zur Angabe der Anschrift entfällt demnach nur, wenn unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen.
a) Dieser Pflicht ist der Antragsteller nach Aufforderungen des Gerichts i.S.v. § 82 Abs. 2 Satz 1 VwGO vom 24. und 28. Juni 2021 nicht nachgekommen bzw. schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen wurden nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Der Antragsteller hat hauptsächlich angeführt, er sei als „Investigativ-Journalist“ im Bereich Terroranschläge, Extremismus und Subventionsbetrug tätig, weshalb die Offenlegung seiner Privatadresse gegenüber dem Gericht und der Antragsgegnerin ihn persönlich und seine Recherchen gefährden würden. Mit dieser pauschal gehaltenen Behauptung der „Gefährdung“, die nicht näher mit Anknüpfungstatsachen begründet wird, legt der Antragsteller ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse nicht hinreichend dar. Der Antragsteller verkennt mit seinen Ausführungen bereits im rechtlichen Maßstab den Ausnahmecharakter des Merkmals Geheimhaltungsinteresse. Der Wunsch nach einem Schutz der Privatsphäre besteht bei der überwiegenden Zahl von Personen, die aufgrund ihres Berufs im Fokus der Öffentlichkeit stehen (wie eben z.B. bei Journalisten). Würde man in presserechtlichen Verfahren, wie sie die Kammer zu entscheiden hat, die Angabe einer c/o-Anschrift zur Meidung der Bekanntgabe der Privatadresse allein mit dem generellen Argument zulassen, der Kläger bzw. Antragsteller sei (Investigativ)-Journalist, würde der Ausnahmecharakter von Geheimhaltungsinteresse in sein Gegenteil verkehrt (s. dazu auch OLG Köln, B.v. 1.7.2021 – 15 W 46/21 – juris Rn. 4).
b) Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht daraus, dass der Antragsteller einen positiv verbeschiedenen Antrag auf Eintragung einer Auskunftssperre in das Melderegister gem. § 51 Abs. 1 BMG durch die … … vom 12. Juli 2021 vorlegt hat. Der Antragsteller verkennt hierbei zunächst, dass das Gericht rechtlich an die Entscheidung der … … nicht gebunden ist. Das Gericht trifft im Rahmen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO, ob schützenswerte Geheimhaltungsinteressen der Angabe der Privatanschrift entgegenstehen, eine eigene rechtliche Würdigung der vorgebrachten tatsächlichen Umstände. Die Entscheidung der … … über die Eintragung der Auskunftssperre in das Melderegister stellt sich aber lediglich als Subsumtion eines (dem Gericht nicht bekannten) Sachverhalts unter die Norm des § 51 BMG dar. Dieser Vorgang drückt letztendlich nur die eigene rechtliche Wertung eines Lebenssachverhalts durch die … … aus, ohne dass diese einer Tatsache gleichkäme, die das Gericht im Rahmen seiner Prüfung, ob Geheimhaltungsinteressen der Angabe der Privatanschrift im Kontext des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO entgegenstehen, zugrunde zu legen hätte. Da der Antragsteller sich geweigert hat, dem Gericht die tatsächlichen Umstände, die dem Antrag nach § 51 Abs. 1 BMG zugrunde lagen, mitzuteilen, möchte er dem Gericht die Möglichkeit einer eigenen Sachprüfung, ob ein Geheimhaltungsinteresse im Kontext des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO besteht, gerade bewusst entziehen. Anders als der Bevollmächtigte des Antragstellers meint, hilft auch der pauschale Verweis auf § 108 VwGO bezüglich der Auskunftssperre im Melderegister nicht weiter, da dem Gericht keine Tatsachen vorgelegt wurden, auf die es im Rahmen der freien Beweiswürdigung eingehen könnte.
Der Antragsteller übersieht weiter, dass die Eintragung eine Auskunftssperre in das Melderegister gemäß § 51 Abs. 1 BMG eine andere Zielsetzung verfolgt als die Geltendmachung von Geheimhaltungsinteressen im Kontext des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegenüber dem Gericht und der Antragsgegnerin. Die Eintragung einer Auskunftssperre, die dem Schutz gefährdeter hochrangiger Rechtsgüter dient, steht in einem Spannungsverhältnis zu der allgemeinen Informationsaufgabe des Melderegisters (vgl. § 2 Abs. 3 BMG, s. auch VG Düsseldorf, B.v. 10.2.2022 – 5 L 180/22 – juris Rn. 8). Bei der Frage der Angabe der ladungsfähigen Adresse i.S.v. § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO bzw. ob schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen gegen die Angabe der Privatanschrift gegenüber dem Gericht und der Antragsgegnerin vorliegen, steht die „allgemeine Informationsaufgabe“ als Abwägungsaspekt aber gerade nicht im Raum. Bei dem Grundsatz der Angabe der Wohnanschrift als ladungsfähige Anschrift geht es darum, dass die hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit des Klägers sichergestellt sein soll, ihn Zustellungen und Ladungen erreichen und auch gewährleistet ist, dass sich der Kläger im Falle des Unterliegens nicht seiner Kostentragungspflicht entzieht (BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24.97 – juris Rn. 28; Sodan/Ziekow, a.a.O.). Letztendlich verfolgt der genannte Grundsatz der Angabe der Wohnanschrift als ladungsfähige Anschrift als übergeordnetes Ziel die ordnungsgemäße, verfahrenstechnische Abwicklung eines rechtsstaatlichen Verfahrens.
In diesem Zusammenhang geht auch der Einwand des Antragstellers, die Angabe seiner Wohnanschrift gegenüber dem Gericht würde dessen Verbreitung potentiell unkontrollierbar machen, fehl. Anders als beim Melderegister, bei dem eine Person nach § 44 Abs. 1 Nr. 4 BMG grundsätzlich Auskunft über derzeitige Anschriften einer anderen Person verlangen kann, ist das Gericht (und auch die Antragsgegnerin) datenschutzrechtlich verpflichtet, die Wohnanschrift des Antragstellers nicht an Unbeteiligte weiterzugeben. Dies räumt im Grundsatz auch der Antragsteller ein, wenn er schreibt, dass die Wohnanschrift (zunächst) nur zwischen den Beteiligten und dem Gericht bekannt sei. Es entbehrt aber jeder Grundlage, wenn ohne nähere Begründung behauptet wird, es sei nicht auszuschließen, dass es dennoch zu einer Weiterverbreitung der Wohnanschrift des Antragstellers kommen könnte, was implizit der Antragsgegnerin oder dem Gericht die Bereitschaft zuschreibt, gegen datenschutzrechtliche Vorgaben zu verstoßen (vgl. hierzu etwa Art. 24 ff., 32 ff. Datenschutzgrundverordnung – DSGVO).
c) Nicht durchdringen kann der Antragsteller schließlich mit seinem Vortrag, dass aufgrund seiner Grundrechte (Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 GG) und im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine verfassungsrechtliche Abwägung mit den oben dargestellten, übergeordneten Zielen der Angabe der Wohnanschrift im gerichtlichen Verfahren zu seinen Gunsten ausfalle, sodass er eine c/o-Adresse angeben dürfe. Auch wenn sich der Antragsteller auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen kann, welcher die gesamte publizistische Tätigkeit von der Beschaffung der Informationen bis zu deren Veröffentlichung schützt (s. dazu Starck/Paulus, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 5 Rn. 127), dispensiert das den Antragsteller nicht, Geheimhaltungsinteressen bezüglich der Angabe seiner Privatanschrift im Kontext des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO substantiiert dazulegen, was wiederum eine Frage des einfachen Rechts ist. Soweit der Antragsteller ferner die Verhältnismäßigkeit der Aufforderung der Angabe seiner Privatanschrift im hiesigen Verfahren in Zweifel zieht, ist anzumerken, dass der Aspekt des Wechsels der c/o-Adresse von … nach … unter zusätzlicher Nennung eines anderen Gesellschaftsträgers gegen ihn spricht. Dieser Schritt lässt es aus der Perspektive des Gerichts wenigstens undurchsichtig erscheinen, an welcher Arbeitsstätte der Antragsteller tatsächlich arbeitet, bzw. es drängt sich der Eindruck auf, als sei dem Bevollmächtigten des Antragstellers selbst nicht klar gewesen, bei welcher Arbeitsstätte der … bzw. bei welchem Gesellschaftsträger der Antragsteller arbeitet. Vor diesem Hintergrund ist das Interesse des Gerichts, den Antragsteller mit Anschreiben, Ladungen etc. an seiner Privatanschrift am besten erreichen zu können, höher zu gewichten als das Interesse des Antragstellers, lediglich eine c/o-Adresse anzugeben.
Aus diesem Grund verfängt auch nicht das allgemein gehaltene Argument des Antragstellers, dass nach § 177, § 178 Abs. 1 Nr. 2, § 180 ZPO auch eine Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen möglich sei, weil das Gericht bei der vorliegenden Sachlage im Kontext des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO bzw. § 173 VwGO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO davon ausgehen darf, dass Schreiben des Gerichts den Antragsteller an der angegebenen c/o-Adresse nicht mit der gleichen Sicherheit erreichen wie an seiner Privatanschrift. Lediglich ergänzend wird in diesem Zusammenhang noch angemerkt, dass die angegebene c/o-Adresse auch die Maßstäbe der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. Oktober 2000 (BGH, U.v. 31.10.2000 – VI ZR 198/99 – dazu sogleich) nicht wahrt, da die konkrete und genaue Funktion des Antragstellers in der Adresse nicht aufgeführt wird, sodass nicht von der „ernsthaften Möglichkeit“ der Zustellung durch Übergabe ausgegangen werden kann.
2. Die vom Antragsteller zitierte Rechtsprechung im Schriftsatz vom 7. Juli 2021 ändert nach Auffassung der Kammer nichts an der Unzulässigkeit des vorliegenden Antrages. Soweit sich der Antragsteller auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 31. Oktober 2000 und 20. Januar 2015 beruft (BGH, U.v. 31.10.2000 – VI ZR 198/99; BGH, U.v. 20.1.2015 – VI ZR 137/14), wonach als ladungsfähige Anschrift auch die Angabe der Arbeitsstelle genügen kann, wenn diese sowie der Zustellungsempfänger und dessen dortige Funktion so konkret und genau bezeichnet wird, dass von einer ernsthaften Möglichkeit ausgegangen werden kann, die Zustellung durch Übergabe werde gelingen, ist zunächst anzumerken, dass die Fallkonstellation in dieser Entscheidung mit der vorliegenden nicht vergleichbar ist. Wie aus den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs deutlich wird, geht es um die ladungsfähige Anschrift des Beklagten (und gerade nicht um die des Klägers), womit weitergehend die Zustellung der Klageschrift und die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses betroffen sind (§ 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 261 ZPO; s. auch BGH, U.v. 31.10.2000 – VI ZR 198/99 – juris Rn. 24). Der vom Bundesgerichtshof implizit angelegte Maßstab, bezüglich der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Beklagten in der Klageschrift keine überzogenen Anforderungen aufzustellen, erscheint vor dem Hintergrund der Begründung der zivilprozessualen Rechtshängigkeit eines Rechtsstreits samt der damit einhergehenden materiell-rechtlichen Folgefragen (vgl. etwa nur die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) nachvollziehbar. Dieser Aspekt mag sich noch umso stärker auswirken, wenn der Kläger die Wohnanschrift des Beklagten nicht kennt bzw. diese nur mit erheblichem Zeitaufwand ermitteln könnte. Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, wenn der Bundesgerichtshof einem Kläger zubilligt, als Angabe der ladungsfähigen Adresse des Beklagten die Arbeitsanschrift zu benennen, wenn in dieser die dortige Funktion des Beklagten konkret und genau bezeichnet wird, sodass dort jedenfalls eine Ersatzzustellung nach §§ 181, 182 ZPO möglich wäre.
Die genannten Aspekte greifen jedoch in der vorliegenden Fallkonstellation, in der es um die Angabe der Privatanschrift des Antragstellers gegenüber dem Gericht geht, gerade nicht. Vorliegend geht es gerade nicht darum, dem Antragsteller bezüglich der Angabe der Geschäftsadresse der Gegenseite als abgesenkte Anforderung zur ladungsfähigen Anschrift entgegenzukommen. Der abstrakte Kontext der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs – es ging um einen Arzthaftungsprozess – ist vielmehr so zu verstehen, dass der Kläger die Privatanschrift der Gegenseite im Aktivrubrum seines vorbereitenden Schriftsatzes nennen möchte, aber – aus was für Gründen auch immer – nicht kann, während der Antragsteller im vorliegenden Fall seine Wohnanschrift angeben kann, aber nicht möchte.
Unabhängig hiervon ist auch zu sehen, dass es anders als vor den Zivilgerichten bei der Begründung der Rechtshängigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Streitsache vor den Verwaltungsgerichten nicht auf die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes bei der Gegenseite ankommt, sodass zweifelhaft erscheint, inwiefern diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs i.S.v. § 173 S. 1 VwGO auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar ist. Soweit sich der Antragsteller auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg bezieht (B.v. 7.10.2016 – OVG 11 S 28.16 – juris Rn. 5), ist anzumerken, dass sich diese Entscheidung nicht hinreichend mit der anders gelagerten Fallkonstellation der Zustellung an den Beklagten i.S.v. § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 261 ZPO in Randnummer 24 der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs auseinandergesetzt hat.
Diese Annahme erscheint letztendlich auch folgerichtig vor dem Hintergrund, dass auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die grundsätzliche Angabe des Wohnorts der Parteien nach § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 ZPO ein zwingendes Erfordernis ist (BGH, U.v. 9.12.1987 – IVb ZR 4/87 – juris Rn. 7) – mit dieser Rechtsprechung hat sich die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg nicht auseinandergesetzt. Da nach alledem sowohl in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie des Bundesverwaltungsgerichts höchstrichterlich geklärt ist, dass die Angabe der Wohnanschrift als Regelfall vom Kläger verlangt werden darf (BGH, U.v. 9.12.1987 – IVb ZR 4/87 – juris Rn. 7; BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24.97 – juris Rn. 27 ff.), folgt das Gericht nicht den vom Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 7. Juli 2021 zitierten (divergierenden) Entscheidungen aus der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung.
3. Das Gericht hat dann den Antragsteller nach § 82 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit Schreiben vom 24. und 28. Juni eindeutig aufgefordert, seine ladungsfähige Anschrift mitzuteilen (dazu: BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24.97 – juris Rn. 42). Dass dem Antragsteller im Schreiben vom 24. Juni 2021 nicht kalendermäßig eine Frist gesetzt wurde, sondern stattdessen aufgefordert wurde, dem Gericht „unverzüglich“ seine ladungsfähige Anschrift zu nennen, ist unschädlich. Dem Antragsteller wurde mit den gerichtlichen Schreiben vom 24. und 28. Juni 2021 der Rechtsstandpunkt des Gerichts hinreichend deutlich gemacht, dass als Grundsatz die Wohnanschrift als ladungsfähige Anschrift zu nennen ist, wovon nur bei Vorliegen besonderer Gründe, die dem Gericht darzulegen sind, abgewichen werden kann. Mit der Formulierung „unverzüglich“ musste dem (anwaltlich vertretenen) Antragsteller deutlich sein, dass ein weiteres schuldhaftes Zuwarten bei der Angabe seiner ladungsfähigen Adresse für ihn rechtliche Nachteile haben kann. Stattdessen hat der Antragsteller im Nachgang hierzu (auch öffentlichkeitwirksam) rechtlich insistiert, die Angabe seiner Wohnadresse könne vom Gericht nicht gefordert werden (siehe auch: https://www. …*), und sich außerdem geweigert, dem Gericht die maßgeblichen Tatsachen in Zusammenhang mit der Eintragung der Auskunftssperre im Melderegister zu nennen.
Nach alledem war der Antrag des Antragstellers wegen Verstoßes gegen die sich aus § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebende Pflicht der Angabe der ladungsfähigen Anschrift als unzulässig abzulehnen.
4. Die Kostenentscheidung in Nr. II folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts in Nr. III ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2013.


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