Europarecht

Missbilligung einer Rundfunksendung als Schleichwerbung

Aktenzeichen  B 3 K 18.764

Datum:
24.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2018, 44172
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RStV § 2 Abs. 2 Nr. 8 S. 2, RStV § 7 Abs. 3, RStV § 7 Abs. 7
BayMG Art. 8 Abs. 1 S. 1, BayMG Art. 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, BayMG Art. 15 Abs. 1 S. 1, BayMG Art. 16
GG Art. 5 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1 Zwar wird die Werbeabsicht eines Rundfunkveranstalters indiziert, wenn aus der Sicht eines objektiven Betrachters von der Präsentation eine werbliche Wirkung ausgeht. Darüber hinaus erfordert das Vorliegen einer Werbeabsicht iSd § 2 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 RStV aber hinreichende, gewichtige Indizien, die  diese Absicht belegen, weil einerseits die subjektive Motivation als innere Tatsache regelmäßig schwer nachweisbar ist, andererseits aber die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützte Programmfreiheit des Rundfunkanbieters tangiert ist. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
2 Indizien für das Vorliegen der Werbeabsicht eines Rundfunveranstalters (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 RStV) sind etwa die Intensität der Werbewirkung, die häufige Erwähnung des Produktnamens, die Alleinstellung eines beworbenen Unternehmens, die besondere Hervorhebung von Produkten in unsachlicher Weise oder die Intensität und Häufigkeit der Werbeaussagen. Die Werbeabsicht muss dabei nicht von vornherein bestanden haben, sondern kann sich auch erst im Laufe einer Sendung entwickeln. (Rn. 78 und 94) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die besondere Hervorhebung von Produkten aus dem eigenen subjektiven Blickwinkel einer für den Rundfunkveranstalter tätigen Person  steht der Annahme einer aufgedrängten Werbung entgegen. (Rn. 80 und 97 – 98) (redaktioneller Leitsatz)
4 Dass mit dem Interview eines Unternehmers zwangsläufig ein Werbeeffekt einhergeht, ist für sich genommen unbeachtlich und stellt noch keine Schleichwerbung dar. An einer redaktionellen Rechtfertigung fehlt es jedoch, wenn nicht etwa die Person des Interviewpartners oder dessen Firma inklusive deren Strategie im Mittelpunkt einer Sendung steht, sondern ein bestimmtes Produkt. (Rn. 100 – 101) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Streitgegenstand ist der gesondert mit Klage angegriffene Bescheid der Beklagten vom 29.06.2018.
1. Die Klage ist zulässig.
Die Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth beruht auf § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO, da die beschwerte Klägerin in … in Oberfranken ihren Sitz hat und das VG Bayreuth gemäß Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO für den Regierungsbezirk Oberfranken zuständig ist.
Ein Vorverfahren gemäß § 68 VwGO entfällt gemäß Art. 15 Abs. 2 AGVwGO. Diese Norm ist auf die Beklagte als „sonstige der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts“ anwendbar. Als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß Art. 10 Abs. 1 BayMG unterfällt die Beklagte, die der Rechtsaufsicht des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst unterliegt (vgl. Art. 19 Bayerisches Mediengesetz – BayMG -), diesem Anwendungsbereich.
Eine Klagebefugnis der Klägerin ist gegeben (§ 42 Abs. 2 VwGO), weil eine Verletzung ihrer grundrechtlich geschützten Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG i.V.m Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 111a BV) möglich ist (vgl. BVerwG vom 06.05.2015 – 6 C 11/14 und BayVGH vom 20.09.2017 – 7 B 16.1319).
2. Die Klage hat jedoch keinen Erfolg.
2.1 Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
Als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayMG) handelt die Beklagte in den Formen des Verwaltungsrechts, kann Verwaltungsverfahren nach Art. 9 BayVwVfG durchführen und Verwaltungsakte erlassen. Soweit die Beklagte nicht in ihrer spezifischen Veranstaltereigenschaft (Art. 111 a Abs. 2 Satz 1 BV) auftritt, ist sie Behörde i.S.v. Art. 35 BayVwVfG (vgl. BVerwG vom 06.05.2015 – 6 C 11/14).
Rechtsgrundlage und gesetzlichen Ermächtigung für den Missbilligungsbescheids ist Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG.
Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich durch Art. 5 GG garantierten Rundfunkfreiheit, die in ihrem Kern Programmfreiheit beinhaltet (vgl. BVerfG, B.v. 20.02.1998 – 1 BvR 661/94), und der durch Art. 12 GG geschützten Berufs(ausübungs) freiheit der Klägerin ist es der Beklagten verwehrt, ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung aus inhaltlichen Gründen unmittelbar gegen einen Rundfunksendung vorzugehen.
Gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 ByMG kann die Beklagte gegenüber Anbietern zur Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages, dieses Gesetzes und der nach diesem Gesetz erlassenen Satzungsbestimmungen, Richtlinien und Bescheide die erforderlichen Anordnungen treffen. Das erfasst ein breites Spektrum an Maßnahmen und schließt auch eine – wie hier vorliegende – Missbilligung einer Sendung ein {vgl. knapp VG München v. 04.06.2009 – M 17 K 05.597 -, in juris und BeckRS 2009, 48713; der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH v. 18.12.1998 – 7 ZS 98.1660, 7 ZS 98.2969 -, in juris und BayVBl 1999, 761, Rn. 47), spricht – in anderem Zusammenhang – von einer „Generalklausel“}. Sie kann Maßnahmen treffen, um die Anbieter zukünftig zu rechtmäßigem Verhalten zu bewegen. So verstanden darf sie als Minus-Maßnahme zur Festlegung zukünftigen Anbieterverhaltens begangene Verstöße in Form von Feststellungen oder Missbilligungen beanstanden (vgl. Bornemann/Kraus/Lörtz, Bayerisches Mediengesetz, Rn. 10 zu Art. 16).
Nach Art. 11 Satz 2 Nr. 1 BayMG hat die Beklagte zur Erfüllung ihrer Funktionen aus Art. 2 (Rundfunkbetrieb; Programmorganisation; Regelung der Weiterverbreitung) die Aufgabe, für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen, zu denen ausdrücklich auch die Bestimmungen des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001 sowie des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages – JMStV – zählen. Die Erfüllung dieser Aufgabe setzt entsprechende Befugnisse voraus, die nunmehr Art. 16 BayMG bereitstellt.
Zuständig für die hier erfolgte Missbilligung ist gemäß Art. 16 Abs. 1 BayMG die Beklagte. Der Präsident vertritt die Landeszentrale gerichtlich und außergerichtlich (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayMG) und erledigt in eigener Zuständigkeit gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayMG laufende Angelegenheiten, die keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erhebliche Verpflichtung erwarten lassen.
Danach ist vorliegend die Zuständigkeit des Präsidenten gegeben, denn die streitgegenständliche Missbilligung hat als geringste aller möglichen Handlungsmöglichkeiten ohne weitere finanzielle Auswirkungen für die Klägerin mit einem rein regionalen Sendebereich keine grundsätzliche Bedeutung. Ein Beschluss des Medienrates ist damit nicht erforderlich.
Die Unterschrift des Geschäftsführers anstelle des Präsidenten auf dem streitgegenständlichen Bescheid ist (unabhängig von der in der Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung, dass die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes unabhängig von der Zeichnungsbefugnis sind vgl. dazu BFH vom 29.01.1981 – V R 47/77, Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, § 37 Anm. 37; a.A. beck-online Kommentar zum VwVfG § 37 Anm. 162) in der bestehenden Konstellation zumindest als Duldungsvollmacht nicht zu beanstanden. Der Präsident wird nach Art. 15 Abs. 4 Satz 1 BayMG durch den Geschäftsführer vertreten. Auch wenn Vertretung landläufig so verstanden wird, dass eine Person eine andere Person vorübergehend vertritt (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 27, Auflage 2017; vgl. auch Bornemann/von Coelln/Hepach/Himmelsbach/Gundel, Bayerisches Mediengesetz, Kommentar 2018, Art. 10 ‚Anm. 34 „Abwesenheitsvertretung“), kann Nr. 2.1 der Geschäftsanweisung vom 28.11.1990 (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayMG) dahingehend verstanden werden, dass der Geschäftsführer als „ständiger Geschäftsführer“ nicht lediglich als Abwesenheitsvertreter fungieren soll. Unabhängig davon macht die Beklagte in vergleichbaren Fällen offensichtlich in ständiger, bislang unbeanstandeter Praxis von einer unbegrenzten Zeichnungsbefugnis des Geschäftsführers Gebrauch, so dass von einer Duldungsvollmacht auszugehen ist, die auch im öffentlichen Recht Anwendung findet (vgl. Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, § 14 Anm. 22a, § 12 Anm. 25) und deren Anwendung keine zwingenden Vorschriften des öffentlichen Rechts entgegenstehen (Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, § 14 Anm. 22). Solche zwingenden Gründe liegen mangels einer entgegenstehenden anderen Organzuständigkeit (z.B. des Medienrats) nicht vor. Eine Überdenkung dieser Praxis erscheint angesichts der damit zusammenhängenden Stellung des Präsidenten allerdings angebracht.
Eine Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG erfolgte am 09.05.2017.
2.2 Der Bescheid ist auch materiell-rechtlich rechtsmäßig.
Die beanstandete Sendung erfüllt die Voraussetzungen einer gemäß § 7 Abs. 7 RStV verbotenen Schleichwerbung. Gemäß Art. 1 Abs. 2 BayMG gelten die Begriffsbestimmungen des § 2 des RStV. Schleichwerbung setzt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV eine werberelevante Präsentation (a) in subjektiver Werbeabsicht (b) voraus, die die Allgemeinheit hinsichtlich ihres eigentlichen Zwecks irreführen kann (c). Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt. Die diesbezügliche Ermessensausübung der Beklagten ist nicht zu beanstanden (d).
Die Auslegung und Anwendung des Schleichwerbungstatbestands unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle. Ein von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum der Landesmedienanstalten liegt nicht vor. Um vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG eine Einschränkung der Überprüfung seitens der Verwaltungsgerichte durch die Anerkennung eines Beurteilungsspielraums der Landesmedienanstalten rechtfertigen zu können, fehlt es hier wie auch sonst bei den werberechtlichen Vorschriften des § 7 RStV an der besonderen Komplexität der Entscheidungsfindung als einem hinreichend gewichtigen Sachgrund (BVerwG, Urteil vom 22.06. 2016 – 6 C 9/15 -, BVerwGE 155, 270-280, Rn. 16).
Das Schleichwerbungsverbot ist ein Ausfluss des Trennungs- und Kennzeichnungsgebots in § 7 Abs. 3 RStV. Danach muss Werbung im Rundfunk leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein. Dies „dient dazu, Schleichwerbung und sonstige nicht an den Prinzipien der Lauterkeit, der Wahrheit und der Klarheit der Werbung orientierte Mischformen sowie unterschwellige, für den Betrachter nicht ohne weiteres erkennbare Werbung zu vermeiden“ (vgl. Bornemann/ von Coelln/ Hepach/ Himmelsbach/ Gundel, Kommentar 2018, Art. 16 BayMG, Rdnr. 43 S. 118).
(a) Der werbliche Charakter der Sendung erschließt sich nach Anhörung der entsprechenden Passagen der beanstandeten Werbung von selbst. Dies musste auch der Moderator in der mündlichen Veranstaltung feststellen, als mehrere Passagen vorgespielt wurden. Es ist in Gesamtwürdigung der Sendung festzustellen, dass von der Sendung ein massiver werblicher Effekt ausgegangen ist, während der redaktionell gestaltete Teil lediglich den Handlungsrahmen für die Werbebotschaft bildete.
Die konkreten Aussagen während des Interviews, die Fragestellungen des Moderators sowie allgemein sein Verhalten lassen die fraglichen Passagen als Werbung erscheinen. Ein wesentliches Kriterium liegt darin, dass gerade nicht lediglich das allgemeine Betätigungsfeld des Unternehmers, sondern spezifisch die herausgehobene Produktpalette der „Party.“ und insbesondere die (behaupteten) Vorzüge der einzelnen Produkte Erwähnung finden, denn gerade dies ist charakteristisch für eine werbliche Darstellung der Produkte. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese mit emotionsverbundenen Situationen verknüpft werden, wie dies der Moderator mehrmals getan hat, er beispielsweise den Spass des Klopfens (ab 17:38) oder beim Trinken allgemein (20.42 bis 21:38) hervorhob, er die Situation von für eine Party einkaufenden Jugendlichen ins Spiel brachte (41:13), Karnevalsumzüge (49:00) oder die Situation beim Skifahren aufgriff und die fehlende Verletzungsgefahr bei PET-Flaschen thematisierte (50:20) bzw. die Geeignetheit einiger Produkte der herausgehobenen Produktpalette für eine bestimmte Käuferschaft („Mädels“) besonders betonte. Der werbliche Charakter begann bereits mit dem problematischen Einwurf des Moderators, bei den verkauften Flaschen handle es sich um „gute Mischungen in kleinster Form“ (ab 18:50). Sodann (ab 18:54) wurden die Flaschen vom Moderator „symbolisch“ hochgehalten und auf ihre Merkmale sowie Handhabung eingegangen. Dabei wurde insbesondere das ritualisierte Klopfen der Flaschen beleuchtet und auch vorgeführt. Im Anschluss wurden auf Anregung und mit deutlich positiven Einwürfen des Moderators einige weitere Produkte, die alle ausnahmslos aus der thematisierten Produktpalette stammen, vorgestellt (ab 19:52).
Bei Gesamtwürdigung des Sendungsverlaufes tritt der Werbecharakter erkennbar in den Vordergrund. Die Sendung geht insbesondere deutlich über das hinaus, was zur Information über die interviewte Person oder die Firma auch bei einer Sendung der leichten Unterhaltung ohne Kennzeichnung zulässig ist. Tragende Aspekte für diese Einordnung sind vor allem die umfangreiche Vorstellung der Produktpalette des Unternehmens und des (kostenpflichtigen) Museums, sowie die stets anerkennende und bewundernde Haltung des Moderators, der spätestens nach der Vorstellung seines Gastes bevorzugt als reiner Stichwortgeber der Produkt-Präsentation auftrat; die redaktionelle Interview-Gestaltung erscheint so als bloß untergeordneter Aspekt, der die werblichen Elemente einrahmt.
Aufgrund dieser Umstände erscheinen auch weite Teile des restlichen Interviews im werblichen Licht: So zeigt sich bereits die anfängliche Vorstellung des Gastes sowie seines Tagesablaufes mangels kritischer Distanz als bloße Hinführung, als Einstimmung zum eigentlichen werblichen Teil. Auch das Vorführen und Analysieren des Klopfens der Flaschen vor dem Trinken, mag es für einige Zuhörer auch Informationswert haben, rückt die Produkte in ein positives, geselliges Licht. Als besonders werblich stellt sich – wie ausgeführt – dar, dass spezifisch einzelne Produkte vorgestellt werden, die der Moderator zumeist anerkennend und ohne jegliche sachliche Distanz würdigt.
Darüber hinaus kann etwa die Frage des Moderators nach dem Lieblingsprodukt des Unternehmers genannt werden, die zwar an sich durchaus einen gewissen Informationswert hat, im Kontext umfassender werblicher Aussagen aber vorwiegend als weitere Möglichkeit erscheint, ein bestimmtes Produkt anzupreisen. Im gleichen Licht erscheint die Erwähnung des Fabrikverkaufs, die in die Frage nach einer günstigeren Erwerbsmöglichkeit gipfelte.
(b) Das Schleichwerbungsmerkmal der Werbeabsicht eines Rundfunkveranstalters ist gegeben. Insbesondere ist die integrierte werbliche Darstellung des maßgeblichen Produkts bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls nicht durch programmlich-redaktionelle Erfordernisse (s.o.) gerechtfertigt (vgl. dazu BVerwG vom 22.06.2016 – 6 C 9/15 – in juris).
Für die Annahme der gesetzlichen Vermutung der Werbeabsicht wegen der Zahlung eines Entgelts gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 RStV und Ziffer 4 Nr. 4 der Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring sowie Teleshopping im Hörfunk (WerbeRL/HÖRFUNK) – im Folgenden: WerbeRL) in der Fassung vom 23.02.2010 sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Grundsätzlich besteht der Tatbestandsvorsatz immer aus einem Wissenselement und einem Willenselement. Dass der Klägerin der Werbeeffekt durchaus bewusst war, lässt sich unschwer der Ankündigung der Sendung auf Facebook am 22.03.2017 entnehmen: Auch hier wird vorab das Produkt „G.“ in den Mittelpunkt gestellt. Erst danach folgt die Ankündigung des Interviewpartners, die wiederum mit der offenbar bekannten akustischen Kennzeichnung des Produktes, des Klopfens „klopf, klopf, klopf“ endet.
Die zusätzliche Verlinkung mit der Homepage des Unternehmens, die verständlicherweise vordringlich der Bewerbung der eigenen Produkte und weniger der Information über das regional tätige Unternehmen dient, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass der Werbeeffekt aktiv gewollt war. Damit liegt die Annahme einer Werbeabsicht bereits nahe.
Bei der Werbeabsicht steht das Willenselement im Vordergrund: dem Betroffenen kommt es gerade darauf an, einen werblichen Effekt herbeizuführen. Er handelt mit einem Erfolgswillen. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob er davon ausgeht, dass der Erfolg sicher eintritt.
Unabhängig davon, dass die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters schon dann indiziert ist, wenn aus der Sicht eines objektiven Betrachters von der Präsentation eine werbliche Wirkung ausgeht (vgl. Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 68), können und müssen nach Ansicht der Kammer hinreichende, gewichtige Indizien diese Absicht belegen (vgl. BVerwG v. 22.06.2016 – C 9.15 – in juris), weil einerseits die subjektive Motivation als innere Tatsache regelmäßig schwer nachweisbar ist, andererseits aber die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützte Programmfreiheit des Rundfunkanbieters tangiert ist. Dabei kommen als Indizien die Intensität der Werbewirkung, die häufige Erwähnung des Produktnamens oder auch die Alleinstellung eines beworbenen Unternehmens in Frage (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 72; BayVGH vom 09.03.2015 – 7 B 14.1605 -, Rn. 30, juris). Auch die besondere Hervorhebung von Produkten in unsachlicher Weise oder die Intensität und Häufigkeit der Werbeaussagen können herangezogen werden.
Alle diese Indizien liegen hier vor. Die Werbeabsicht der Klägerin ergibt sich vorliegend nicht nur aus der gesteigerten Intensität und der Häufigkeit der werblichen Darstellungen sondern auch aus der Alleinstellung des beworbenen Angebots. Eine möglicherweise wegen ihrer zurückhaltenden Form noch gerechtfertigte Werbeaussage kann deshalb nicht mehr angenommen werden.
Gerade die Art und Weise der Darstellung spricht vorliegend für eine werbliche Absicht: so agierte der Moderator über weite Teile als maßgeblicher Stichwortgeber für die werblichen Darstellungen des Unternehmers und übernahm die führende Rolle. Damit ging die werbliche Wirkung untypischerweise im Wesentlichen von ihm selbst und nicht von der interviewten Person aus, was deutlich für ein subjektives Willenselement der Werbung des Moderators spricht, zumal er auch noch den lebendigen Eindruck vermittelte, in der Sendung selbst zu konsumieren. Er hob in der Sendung mehrfach die Produkte besonders und insbesondere aus seinem eigenen subjektiven Blickwinkel hervor, was der Annahme einer aufgedrängten Werbung entgegensteht und ebenso wenig durch programmlich-redaktionelle Gründe (s.u.) gerechtfertigt werden kann. Dies gilt etwa für die folgenden Passagen:
aa) Gleich zu Beginn verhilft er dem Produkt zur passenden Einführung unter Hervorhebung des Produktnamens (Minute 10:00 bis 10:32). Er nennt absichtlich nur einen Teil des Produktnamens, um dem Interviewten die Möglichkeit zu eröffnen, sein Produkt namentlich zu erwähnen. Dabei wäre es weltfremd anzunehmen, dass ihm gerade in diesem Moment, der vollständige Produktname entfallen ist, zumal der Interviewte bereits im Raum sitzt und eine Palette seiner Produkte bereits auf dem Tisch steht. Er wiederholt dazu in bester Werberolle einprägsam den Produktnamen:
Moderator: „Wie kommt man dann auf G., ähm, Party…“
R.: „Party.“
Moderator: „Party., genau.“
bb) Zwischen Minute 18:51 und 19:05 tritt der Moderator wiederum als Stichwortgeber („gute Mischungen“) für die werbenden Aussagen zum Produkt auf:
Moderator: „Sind ja eigentlich Cocktails, ne, kann man ja sagen.
R.: „Ja.“
Moderator: „Gute Mischungen …“
R.: „Gute Mischungen.“
Moderator: „… in kleinster Form. Also für alle, im Radio kann man des immer so schlecht zeigen, aber wir halten’s a mal hoch, symbolisch. Und da sieht man diese, welche Größe is des?“
R.: „Zwei CL oder zwanzig ML.“
cc) Im Anschluss daran ist es erneut der Moderator, der den „Spaßfaktor“ des Produkts, was den Werbeeffekt – weil einprägsamer – verstärkt, in den Mittelpunkt rückt (Minute 19:05 bis 19:51).
Moderator: „Ja. Und des sind die, ding, also diese kleinen Flaschen, die man dann immer aufn Tisch klopft, damit‘s schäumt oder.“
R.: „Ja.“
Moderator: „Is des.“
R.: „Genau. Warum klopft ma die überhaupt. Da wird ich oft g‘fragt. Ja.“
Moderator: „Ja genau. Also ich dacht immer, das man des eben zum Schäumen bringt, was aber ja beim Trinken eher stört, oder, also i kann‘s gar ned.“
R.: „Soll ich‘s a mal machen?“
Moderator: „Ja, klopf a mal, genau.“
*klopf* klopf*klopf*klopf*klopf*
Moderator: „Ja, des is, genau, des is des Geräusch.“
R.: „Und dann schäumt‘s. Ja.“
Moderator: „Aber wie. Jetzt wenn mas aufmacht, sprudelts aber ned raus. Ge. Des is der Vorteil von der Speziflaschen.“
R.: „Ja, den kann ma.“
Moderator: „Also, was hat ma fürn Grund, das des schäumt, dass des vermischt wird, oder?“
R.: „Ja, aber, es setzt sich eigentlich nix ab.“
Moderator: „Ja, stimmt.“
R.: „Also, des is jetzt ned.“
Moderator: „Is ned, is der Spass.”
R.: „Is der Spass, ja.
Moderator: „Is der Spass an der Freude, damit ma ned nur sinnlos reintrinkt, sondern vorher so a bissl Ritual hat.
dd) Ab Minute 19:51 bis 22:41 ist es wiederum der Moderator, der den Weg für die Darstellung der unterschiedlichsten Produktvarianten bereitet, die werbliche Darstellung unterstützt sowie durch seine Fragestellung befördert. Letztlich hebt er wiederholt den Spaßfaktor hervor und konsumiert selbst.
Moderator: „Genau. Was hast du da grad in der Hand? Wollma mal schauen. Des is, hat die Farbe.“
R.: „Des is jetzt ein Neuer, des is der G. Party. mit Nussi, mit Haselnuss und Nougat.“
Moderator (zusprechend): „Aha.“
R.: „Ist auch gerade so ne Welle, mit Haselnuss.“
Moderator (anerkennend): „Ja.“
R.: „Sowohl als Brand, hamma auch n Haselnussschnaps und n Haselnussdestillat oder auch als Likör, sehr beliebt.“
Moderator: „Gut, und wieviel, ich sag mal PS, wieviel Alkohol hat der?“
R.: „Der Nussi hat jetzt nur ganz leichte 18%.“
Moderator (anerkennend): „Mhmm.“
R.: „Des is also wie a Schluck Bier sozusagen.“
Moderator: „Des könnma jetzt quasi so lang hochrechnen, wie ma haben därf, ja, 0,3, is ja beim Autofahren und da gehen a paar rein, gell.“
R.: „Ja dann.“
Moderator: „Also soll ja jetzt ned gleich.“
R.: „Ja, sollma ned machen, aber, ich sag ja, des is jetzt wie a Schluck Bier.“
Moderator: „Ma sollt ja ned sich gleich abschießen.“
R.: „Ne.“
Moderator: „Sondern man soll ja auch was schmecken.“
R.: „Genau.“
(20:42) Moderator: „Und da habt ihr eben Haselnuss. Und was haben wir noch? Zählen wir mal a paar auf, da sind ja ganz viele Farben.“
R.: „Da ist jetzt noch drin, der, ein Erdbeerlikör, der ‚lady‘.“
Moderator: „Mhm. Ach musst ned alle auspacken.“
R.: „Dann hamma auch ganz tolle Mischung, Maracuja mit Vanille.“
Moderator (beeindruckt): „Ui, des ist was für die Mädels.“
R.: „Und dann haben wir dann hier den Blauen, des ist so der Favorit auch bei der Jugend, weil er so schön die Farbe hat, das ist Holunder mit Johannes.
Moderator (lachend): „Des is ja sogar g’sund.“
R.: „Sag ich doch.“
Moderator (anerkennend): „Wunderbar. Wunderbar. Also ganz a große Vielfalt. Ich mein des ist jetzt nur …“
R.: „Genau, und des is jetzt noch a bubble gum, also a amerikanischer Kaugummischnaps.“
Moderator: „Der ist rosa.“
R.: „Der is rosa.“
Moderator: „Also pink ist der, ja genau.“
R.: „Des sind ganz verrückte Farben.“
Moderator: „Mhm. Also schöner Partyspass. Steht ja drauf auch, Party. und äh, ja da stellt man mal sowas in die Runde und dann trinken wir mal miteinander auf gute Zeit, gell.“
R.: „Ist halt immer a Spass eigentlich.“
Mit seinen darin enthaltenen Hinweisen auf die „Gesundheit“ und die Verkaufs-Zielgruppe „Mädchen“ verlässt der Moderator vollends einen möglicherweise noch redaktionellen Teil der Sendung.
ee) Ähnliches gilt für die erneute Hinführung des Interviews in Minute 27:20 bis 27:47:
Moderator: „Montagabend, Feierabend und …; bei mir der Herr R., der …, der Firma G., und wenn man G. hört, dann weiß ma auch, das sind die kleinen Likörflaschen, die sog. Part. und was es da noch alles gibt, ne, da muss man auf die Internetseite, da ist eine ganz eine große Produktpalette, hab ich mich schon erkundigt und wir kommen mal zum Schnapsmuseum, das habt ihr auch mit in diesen Räumen.“
ff) In folgender Passage regt der Moderator zum Kauf der Produkte an (ab 29:47 bis 30:05):
R.: Dann hamma auch seit mindestens 30 Jahren auf den kanarischen Inseln, hamma einen Importeur, in Teneriffa sitzen.“
Moderator: „Ach ja. Und. Is interessant, also, für alle Urlauber, die jetzt scho buchen, Teneriffa, denkt a weng an unsere Heimat.“

gg) In einer weiteren Passage gibt der Moderator dem Unternehmer die Möglichkeit, auf die meistverkauften Produkte einzugehen. Die vom Unternehmer hierzu genannte gemischte Packung an Schnäpsen würdigt der Moderator mit „eigenen Erfahrungen“, die diese in einem sehr positiven Licht erscheinen lassen. Sogar die negative Darstellung der Situation, wenn es das fragliche Produkt nicht gäbe, vertieft auch wegen der darin liegenden Wiederholung die werbliche Botschaft (41:13 bis 42:05):
Moderator: „Was ist denn der absolute Renner? Was geht am Besten?“
R.: „Der absolute Renner sind eigentlich so die gemixten Packungen. So wie des, was ich jetzt mitbracht hab, ehm, 5 Sorten im gemischten Pack mit 25 Flaschen, des is, nehmen die Leut‘ auf die Party mit, ehm, es is ja auch oft so, dass die Leute wenn sie jetzt auf ne Party gehen, die wissen jetzt noch gar nicht, was sie kaufen. Im Regal, da fällt dann die Entscheidung ganz spontan und dann muss man was Gutes im Angebot haben.“
Moderator: „Also des versteh ich auch, weil wenn du sagst, du kommst auf a Party, ich hab da an Holunderschnaps dabei [?] ach komm, bitte, ne, ne, wir wollen ja jetzt da ned irgendwie die, den Baum auskratzen und […], also des heißt da kann jeder mal schaun, meins ist Erdbeere, meins ist Haselnuss und so und wenn was übrig bleibt, des wird a getrunken.“
R.: „Wird sich einer finden, der den Rest trinkt.“
Moderator (lachend): „Genau.“
hh) Die deutliche Frage des Moderators ab Minute 47:46 bis 48:00, nach der Preisgestaltung beim Museumsbesuch, hebt die Werbeabsicht besonders hervor.
Moderator: „Fabrikverkauf, komma gleich mal zum, des klingt immer wie, da kriegt ma‘s billiger, wie schaut‘s da aus?“
R.: „Ja, is schon bissel günstiger, is schon, doch.“
ii) Die Verbindung der Frage des Moderators (Minute 50:24 bis 50:36) nach dem Klassiker mit der „geeigneten“ Situation „Skifahren“ intensiviert die Werbung zusätzlich.
Moderator: „Ja, habt da den Klassiker Williamsbirne auch?“
R.: „Ja, Williamsbirne hamma auch.“
Moderator: „Ja, gibt’s auch, siehste …“
R.: „Obstler, Willy, Marille, alles dabei.“
Moderator: „Ja, gekühlt isser dann auch gleich, wenn du Skifährst. Also ihr habt ja an alles gedacht, des is ja unglaublich.“
jj) Auch gegen Schluss der Sendung (Minute 57:35 bis 59:30) fasst der Moderator die werblichen Inhalte noch einmal zusammen und wiederholt und verstärkt sie dadurch.
Moderator: „… Heute hat sich‘s wieder voll gelohnt. Nicht nur von dem was der … mir mitgebracht hat, …“
…: „Scho alles leer.“
Moderator: „Alles leer scho, ja oh Gott (lacht). Die Minis, die sich da nennen, zum Beispiel …, aber schaun‘s a mal auf die Homepage […] die heißt?“
R.: …
Moderator: „Ah ja, ok, also ganz einfach: … Und da sieht man dann auch endlos Produkte. Ich denk, da is für jeden Geschmack was dabei, auf jeden Fall.“

Moderator: „Jedenfalls kam die in die Tankstelle und wollt so ein Schnaps und dann hat sie‘s ned verstand, die Frau von der Tankstelle. Sagt se ‚Was?!‘ ‚ sagt se ‚Kräuter für’n Magen‘, na denkt se, des is Medizin, an der Tankstelle verkauf‘n die Medizin. [?]
(59:04) Moderator: „Und dieser P.Wind, der ja auch jetzt wieder verlangt wird.“
R.: „Ja, genau.“
Moderator: „Und der auch aus P. kommt. Also, des hab ich mich grad informieren lassen von dir. Der wird vielleicht wieder aufgelegt.“
R.: „Wird wieder aufgelegt. Ist ein Kaffeelikör.“
Moderator (erstaunt, angetan): „Ein Kaffeelikör!“
R.: „Is guad.“
Moderator: So jetzt die spaltende Frage, schütt ma den in den Kaffee oder trinkt man den vor oder nach dem Kaffee? Er schmeckt nach Kaffee […]“
R.: „Nach‘m Kaffee.“
Insgesamt werden 15 Einzelprodukte (daneben: die gemischte Packung sowie das Museum) des Unternehmens genannt, wobei der Moderator stets unterstützend agiert: „…, …, G. Party. mit Nussi (sowohl als Schnaps als auch als Likör), Erdbeerlikör, Maracuja mit Vanille, Holunder mit Johannes, bubble gum, altbayerischen Bierlikör, Obstler, Willy, Marille, … Kräuter, … Wind“.
Die Häufigkeit der werblichen Darstellung, ihre zeitliche Dimension – sie macht überschlagen etwa 30 bis 40% des gesamten Interviews aus -, die vom Moderator selbst ins Spiel gebrachten, das Produkt bewertenden Elemente, die Kombination mit emotionsbehafteten und damit den Werbeeffekt verstärkenden Situationen, die fehlende kritische Distanz des Moderators, seine Funktion als Stichwortgeber und seine Kaufanregungen, lassen im Ergebnis und in der Gesamtschau des Interviews nur den Schluss zu, dass dem Moderator seine werbliche Funktion keinesfalls nur unbewusst geblieben ist; vielmehr spricht sein „Schlusswort“ („Ah ja, ok, also ganz einfach: „…de“. Und da sieht man dann auch endlos Produkte. Ich denk, da is für jeden Geschmack was dabei, auf jeden Fall.“ s.o.) unzweifelhaft dafür, dass ihm zumindest im Laufe seines Interviews der werbliche Charakter durchaus bewusst geworden ist. Die Tatsache, dass er sich hiervon gerade nicht distanzierte und dem Interview eine andere Richtung gab, sondern vielmehr den Werbeeffekt durch seine weiteren Aktionen noch weiter verstärkte (s.o. Kaufanregung für Urlauber auf Teneriffa, Hinweis auf günstigeren Fabrikverkauf), lässt erkennen, dass sich bei ihm relativ bald (auch) eine werbliche Absicht entwickelte. Eigentlich fehlte lediglich noch eine konkrete Preisangabe.
Dabei ist es nicht erforderlich, dass eine solche werbliche Absicht gleich zu Beginn seines Interviews bestanden haben muss. Auch wenn den Aussagen des Moderators in der mündlichen Verhandlung, er mache sich vor dem Interview keine großen Gedanken und bereite sich allenfalls eine halbe Stunde vorher darauf vor, Glauben geschenkt werden mag, so steht dies einer sich erst im Laufe des Interviews entwickelnden Werbeabsicht nicht entgegen.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erwiderte, dass auch „negative“ Elemente des Produktes (fehlende alkoholfreie Getränke) angesprochen worden seien, so steht den obigen Ausführungen nicht entgegen; auch die Erwähnung eines Produktes in einem derartigen Zusammenhang bringt erfahrungsgemäß allein schon durch die Wiederholung einen Werbeeffekt mit sich.
Dieses Interview mit werblicher Absicht muss sich die Klägerin, da es ihre Sendung ist, zurechnen lassen (vgl. Bornemann in Bornemann/von Coelln/Hepach/Himmelsbach/Gundel, Bayerisches Mediengesetz, 44. Auflage 2018, Art. 8 Rn. 104), da durch die bereits erwähnte Ankündigung auf Facebook deutlich wird, dass sie die werbliche Art des Interviews billigte.
Eine sogenannte „aufgedrängte“ Werbung durch den Interviewpartner, die einen Schluss auf eine Werbeabsicht des Rundfunksenders nicht zulassen würde, liegt nicht vor.
Nach der Rechtsprechung (z.B. BGH, U.v. 22.02.1990 – I ZR 78/88 – BGHZ 110, 278 = juris Rn. 34) ist Werbung im Rahmen des Unvermeidbaren zulässig, weil sie als Bestandteil der realen Umwelt bei Berichten und Darstellungen nicht künstlich ausgespart werden kann. Das heißt, dass Werbung im Rahmen des Notwendigen zulässig ist bei (fiktiven) Darstellungen, also Spielfilmen, Fernsehspielen, Theaterstücken, Spielszenen, erklärenden und beratenden Beiträgen, bei der Übertragung von (realen) Ereignissen oder Berichten darüber, insbesondere über sportliche Veranstaltungen und, wenn Waren, Dienstleistungen oder Tätigkeiten selbst Gegenstand der Berichterstattung sind, z.B. bei Tests ( vgl. BayVGH, Urteil vom 09.03.2015 – 7 B 14.1605 -, Rn. 34, juris).
Die beanstandete Sendung, die der Hervorhebung regionaler Besonderheiten dienen soll, kann keiner der genannten Fallgruppen zugeordnet werden. Insbesondere war das im Mittelpunkt der Sendung stehende Produkt „Party.“ selbst keinesfalls beispielsweise als Testobjekt Gegenstand der Berichterstattung. Vielmehr hätten nach dem redaktionellen Konzept, so wie es in der mündlichen Verhandlung dargestellt wurde, die Firma und/oder der interviewte Unternehmer der Gegenstand der Berichterstattung sein sollen. Dies misslang jedoch.
Auch eine redaktionelle Rechtfertigung dieses werblichen Charakters der Sendung ist nicht ersichtlich. Aus dem schriftsätzlichen Vorbringen (z.B. bisherige Gästeauswahl) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass vor allem Personen aus dem Sendegebiet sowie deren Beschäftigung vorgestellt werden – seien es Künstler, Politiker oder Unternehmer. Dass gerade mit einem Interview eines Unternehmers zwangsläufig ein Werbeeffekt einhergeht, ist für sich genommen unbeachtlich. Insofern ist es für sich genommen unproblematisch, wenn die Vorstellung des Interviewgastes verbunden wird mit der Information, welches Unternehmen er vertritt. Gleiches gilt hinsichtlich des historischen Abrisses der Entwicklung der Firma mit ihrer sich verändernden Produktpalette. Auch ist es in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn hervorgehoben wird, aufgrund welcher Strategie, zu der auch einzelne Produkte gehören können, das Unternehmen – entgegen vielen anderen – überlebt hat.
Allerdings standen in der beanstandeten Sendung nicht etwa die Firma inklusive deren Strategie und schon gar nicht die interviewte Person im Mittelpunkt der Sendung; vielmehr war nahezu alleiniger Mittelpunkt der Sendung das Produkt die „Party.“. Die dargelegte Historie der Firma (bis etwa 17:40) fungierte eher als Überleitung zu dem eigentlichen Höhepunkt „Party.“. Ab diesem Zeitpunkt drehte sich die Sendung nahezu ausschließlich darum. Es wurden gerade nicht lediglich allgemein Geschäftsfeld, Aufbau oder Vertriebsstruktur des Unternehmens bzw. die interviewte Person und deren Besonderheiten dargestellt, sondern die Sendung beschränkte sich inhaltlich im Wesentlichen auf die Darstellung der „Party.“ aus allen erdenklichen Blickwinkeln.
Ab dem genannten Zeitpunkt ( etwa 17:40) erfährt der Hörer entgegen des angegebenen redaktionellen Zieles nur noch bruchstückhaft etwas über die Firma an sich (Schnapsmuseum ab 27:20 bis etwa 27:30 und 46:43 bis 47:43), Selbstverkostung (39:05 bis 41:13) oder die Herkunft der Glasflaschen und die Verwendung von PET-Flaschen (48:11 bis 48:49). Der interviewte Gast dagegen geriet sogar völlig in den Hintergrund. Er wurde weder zur Person weiter befragt, noch wurde seine spezifische Rolle in der Firma vertieft. Schon gar nicht beschäftigte sich die Sendung mit lokalem Geschehen.
Der werbliche Charakter stellt zudem einen wesentlichen Bestandteil der Sendung dar, weil wiederkehrend und über viele Minuten lang das Produkt aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt wird.
Allein die Darstellung des Programms als „Quatsch-Sendung“ (Schriftsatz der Klägerin vom 13.09.2018) rechtfertigt weder seinen werblichen Charakter noch steht dies der Annahme einer Werbeabsicht entgegen. Auch eine fehlende personelle oder wirtschaftliche Verbindung zur interviewten Person oder dessen Firma lässt die obigen Feststellungen nicht entfallen.
(c) Mangels ausdrücklicher Kennzeichnung kann diese Darstellung der Produkte auch die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen (Werbe-)Zwecks irreführen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV genügt hier bereits die Eignung zur Irreführung. Nach BVerwG, Urt. v. 22.06.2016 – 6 C 9.15 -, in MMR 2016, 698, Rn. 27, ist dieses Merkmal bereits dann erfüllt, wenn und weil eine Werbung nicht als solche gekennzeichnet war.
Dies ist hier der Fall. Die werblichen Aussagen wurden zwar durch ein angeblich redaktionell strukturiertes Interview ergänzt; tatsächlich jedoch diente es vorrangig der – nicht als Werbung gekennzeichneten – Produktpräsentation. Eine Kennzeichnung als Werbung fehlt völlig.
(d) Die erforderliche Ermessensausübung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG „kann“) der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Eine Ermessensentscheidung des Beklagten unterliegt gemäß § 114 VwGO nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Das Gericht prüft nach § 114 VwGO lediglich, ob die Behörde überhaupt Ermessen ausgeübt hat, ob sie bei der Ermessensausübung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens über- oder unterschritten hat und ob sie von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Dabei ist zu überprüfen, ob in die Ermessenerwägungen alles eingestellt wurde, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Ermessensfehlerhaft ist, wenn von einem nichtzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wurde (vgl. BayVGH, Beschluss vom 01.09.2008, Az.:12 ZB 08.1324). Die Behörde hat bei ihrer Ermessensentscheidung von Amts wegen all das zu ermitteln, was erforderlich ist, um die Interessen der Behörde und des Betroffenen abwägen zu können. Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG soll die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Hierdurch soll der Betroffene zur Wahrung der nach Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutzgarantie erkennen können, von welchen Gesichtspunkten sich die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens hat leiten lassen. Das in Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG enthaltene Wort „soll“ ist deshalb so zu verstehen, dass die Behörde regelmäßig verpflichtet ist, dem Betroffenen die Beweggründe für die Ausübung des Ermessens, insbesondere das Für und Wider der getroffenen Entscheidung, mitzuteilen (BayVGH vom 15.07.2010 – 7 BV 09.1276).
Dieser Verpflichtung ist die Beklagte in ausreichender Weise nachgekommen. Dem Bescheid vom 29.06.2018 ist zu entnehmen, dass aufgrund der „Intensität der Produktdarstellung“ und der „Offensichtlichkeit der Werbetendenz“ sowie der fehlenden Rechtfertigung durch eine „aufgedrängte Werbung“ von einer Schleichwerbung ausgegangen wird. Im Schriftsatz vom 14.08.2018 legt sie die Beweggründe für die Missbilligung dar („mildestes Mittel“); diese sei erforderlich, um das Bewusstsein der Klägerin bezüglich werblicher Darstellung zu wecken und um zukünftig ein redaktionell gerechtfertigtes Programm zu gewährleisten.
Dieser Abwägung sind keine Ermessensfehler zu entnehmen. Weder wurde von einem unzutreffend oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, noch fehlen entscheidungserhebliche Erwägungen. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte für eine willkürliche Entscheidung der Beklagten oder für den Einfluss sachfremder Erwägungen erkennbar.
Insbesondere verletzt die streitgegenständliche Missbilligung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach darf die Ermessensentscheidung nicht außer Verhältnis zum Zweck der gesetzlichen Ermächtigung stehen. Je intensiver die streitige Einschränkung ist, desto schwerer müssen die Gründe dafür wiegen und desto strenger ist die Kontrolle durch das Gericht.
Vorliegend beinhaltet die streitgegenständliche Maßnahme der Beklagten über die Missbilligung hinaus keine weiteren Konsequenzen. Sie stellt insofern lediglich eine Ermahnung dar. Eine mildere Form einer Maßnahme ist nicht ersichtlich. Sie erscheint aber auch ausreichend, um der Klägerin bewusst zu machen, dass die missbilligte Sendung nicht mit den gesetzlichen Standards übereinstimmt, und um sie bei zukünftigen Sendungen zur kritischen Prüfung der werblichen Aspekte zu veranlassen.
Die Warnfunktion entfällt auch nicht nach über einem Jahr unbeanstandeter Sendetätigkeit. Die erste Anhörung zu dieser Sendung vom 27.03.2017 erfolgte bereits am 09.05.2017 und damit bereits 2,5 Monate nach deren Ausstrahlung; insofern war bereits eine gewisse Aufmerksamkeit bei der Klägerin erreicht. Zwar ist ihr darin zuzustimmen, dass eine Warnfunktion im Verlauf der Zeit nachlässt, doch ist nach einem Jahr noch nicht der Punkt erreicht, an dem sie sinnentleert wäre.
Die Missbilligung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Moderator zwischenzeitlich nicht mehr in der Sendung tätig ist, denn die Missbilligung richtet sich in erster Linie an den die Verantwortung tragenden Sender und nicht nur an den Moderator.
3. Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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