Europarecht

Nebenbestimmung zur Verlegung einer Telekommunikationslinie – Fortsetzungsfeststellungsklage

Aktenzeichen  W 10 K 17.1458

Datum:
25.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 30281
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
TKG § 68 Abs. 3 S. 8, S. 9
BayVwVfG Art. 36 Abs. 1
BayStrWG Art. 42 Abs. 1 S. 1, S. 6

 

Leitsatz

1. Bei Nebenbestimmungen zur Zustimmung des Wegebaulastträgers gem. § 68 Abs. 3 S. 8 u. 9 TKG handelt es sich um solche i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Alt. 1 bzw. 2 BayVwVfG; sie sind selbständig anfechtbar. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage beschränkt sich auf die Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war und den Kläger in seinen Rechten verletzte. Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage kann nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes aus einem bestimmten Grund erreicht werden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Über die Klage entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten hierzu schriftlich ihr Einverständnis erklärt haben.
1. Die Klage ist unzulässig.
a) Die Klägerin hat ihre ursprüngliche Anfechtungsklage nach Erledigung der angegriffenen Nebenbestimmungen durch Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) in eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO). Als solche ist die Klage statthaft. Die Kammer geht dabei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass es sich bei den streitgegenständlichen Nebenbestimmungen gemäß § 68 Abs. 3 Satz 8, 9 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) um selbstständig anfechtbare Teilmaßnahmen handelt (BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2.00 – juris). Denn bei Nebenbestimmungen zur Zustimmung des Wegebaulastträgers gemäß § 68 Abs. 3 Satz 8, 9 TKG handelt es sich um solche im Sinne des Art. 36 Abs. 1 Alt. 1 bzw. 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG (Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, § 68 Rn. 254; Schütz in: Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, 2. Aufl. 2015, § 68 Rn. 41, juris).
Der Klage fehlt jedoch zum einen das erforderliche berechtigte Feststellungsinteresse (Fortsetzungsfeststellungsinteresse, siehe dazu im Folgenden b)), zum anderen auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (siehe dazu im Folgenden c)). Dies würde im Übrigen auch gelten, wenn entgegen der oben genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts davon auszugehen wäre, dass der Rechtsschutz gegen belastende Nebenbestimmungen im Wege einer Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer nebenbestimmungsfreien Zustimmung gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 TKG bzw. zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber zu verfolgen ist (vgl. die Nachweise bei Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 54 ff. m.w.N.; so auch VG Augsburg, U.v. 13.2.2013 – Au 4 K 12.1090 – juris Rn. 27). Das (ursprüngliche) Verpflichtungsbegehren wäre wegen fehlender Passivlegitimation des Beklagten nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (mangels sachlicher Zuständigkeit für die beantragte Zustimmung des Wegebaulastträgers) unbegründet gewesen, weshalb die Klägerin allenfalls die (isolierte) Aufhebung der – in der Erteilung einer Zustimmung mit belastenden Nebenbestimmungen enthaltenen – Teilversagung hätte beanspruchen können (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 113 Rn. 109; § 121 Rn. 21a). Insoweit wäre nach der Erledigung dieser Teilversagung durch Aufhebung aber eine Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO mit dem Ziel der Rechtswidrigkeitsfeststellung aus den nachstehenden Gründen ebenfalls wegen Fehlens des berechtigten Feststellungsinteresses bzw. des Rechtsschutzinteresses unzulässig.
b) Als Grundlage eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses der Klägerin im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kommt vorliegend nur die Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese setzt voraus, dass der Beklagte auch in Zukunft unter im Wesentlichen unveränderten Umständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen gleichartigen (unterstellt rechtswidrigen) Verwaltungsakt erlassen wird (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 133 m.w.N.). Die gerichtliche Entscheidung muss geeignet sein, die Rechtsstellung des Klägers zu verbessern (Riese in Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand Mai 2018, § 113 Rn. 150 m.V.a. BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 8 B 47.14 – juris Rn. 19; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 130). Dies ist hier zu verneinen, da die Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Zustimmungsbescheides auf der fehlenden sachlichen Zuständigkeit des Beklagten für die Straßenbaulast an der konkreten Ortsdurchfahrt gemäß Art. 42 Abs. 1 Satz 1, 6 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) beruhte. Dieser Umstand war auch der Grund für die Aufhebung und damit für die Erledigung des Verwaltungsaktes gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Eine Wiederholung dieses Fehlers ist zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht hinreichend wahrscheinlich, da es sich um eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall handelte. Die Straßenbaulast an der Ortsdurchfahrt einer Staats straße hängt wegen des den Gemeinden mit maximal 25.000 Einwohnern eingeräumten Wahlrechtes (Wiget in: Zeitler, Bayer Straßen- und Wegegesetz, Stand März 2019, Art. 42 Rn. 25 ff.) von den Umständen des konkreten Einzelfalles, insbesondere dem Bestehen einer Übernahmeerklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 Satz 6 BayStrWG ab, welches jeweils im Einzelfall zu prüfen ist. Von einer hinreichend konkreten Wiederholungswahrscheinlichkeit des vorliegenden Rechtsfehlers kann somit nicht ausgegangen werden, weil der Beklagte in der Regel seine sachliche Zuständigkeit vor der Erteilung einer Zustimmung gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 TKG prüfen wird. Überdies hat der Beklagte seinen Rechtsfehler selbst nachträglich erkannt und den streitgegenständlichen Bescheid gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG zurückgenommen. Dieser Umstand spricht – abgesehen davon, dass es an einem substantiierten Vortrag der Klägerin hierzu fehlt – zum einen dagegen, dass im Bereich des Beklagten auch künftig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegenüber der Klägerin Zustimmungsbescheide (mit belastenden Nebenbestimmungen) erlassen werden, obwohl es wegen des Übergangs der Straßenbaulast auf die Gemeinde oder auf einen anderen Rechtsträger an der sachlichen Zuständigkeit fehlt. Zum anderen zeigt die eigenständige Rücknahme des Bescheides durch den Beklagten gerade, dass es mangels eines Streits über die Rechtswidrigkeit desselben keiner gerichtlichen Feststellung bedarf.
Dem gegenüber kann die Klägerin mit ihrer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht beanspruchen, dass das Gericht in eine Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Nebenbestimmungen eintritt, weil es darauf auch im ursprünglichen Anfechtungsprozess (bei Hinwegdenken der Bescheidsaufhebung durch den Beklagten) nicht angekommen wäre. Die Fortsetzungsfeststellungsklage beschränkt sich auf die Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war und den Kläger in seinen Rechten verletzte (Rennert in Eyermann, VwGO, § 121 Rn. 25). Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage kann jedoch nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes aus einem bestimmten Grund erreicht werden (st.Rspr., vgl. BVerwG, B.v. 5.9.1984 – 1 WB 131.82 – juris Rn. 33; B.v. 11.11.2009 – 6 B 22.09 – beck-online; Decker in Posser/Wolff, Beck´scher Onlinekommentar VwGO, Stand 1.7.2019, § 113 Rn. 88.1). Denn der Sinn und Zweck der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO besteht darin, den Kläger nicht infolge der Erledigung seines Anfechtungsbegehrens um die Früchte seiner bisherigen Prozessführung zu bringen (BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 8 B 47.14 – juris Rn. 16). Im vorliegenden Fall hätten sich bei Hinwegdenken des erledigenden Ereignisses (Aufhebung des Zustimmungsbescheides durch den Beklagten) die Vorteile der bisherigen Prozessführung der Klägerin jedoch darin erschöpft, dass der angefochtene Bescheid voraussichtlich wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit des Beklagten und damit formeller Rechtswidrigkeit aufgehoben worden wäre (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); auf die Frage, ob einzelne Nebenbestimmungen materiell rechtmäßig waren, wäre es deshalb nicht mehr angekommen. Auch greift im vorliegenden Fall die Überlegung nicht, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage die prozessökonomische Klärung präjudizieller Rechtsfragen in einem bereits anhängigen Prozess ermöglichen soll (BVerwG a.a.O.), denn die Frage der materiellen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Nebenbestimmungen würde sich aus den genannten Gründen nicht stellen. Da sich mit der Umstellung der Anfechtungsin eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO nicht der Streitgegenstand ändert, sondern das Klagebegehren der Rechtswidrigkeitsfeststellung in dem der Anfechtungsklage (Aufhebung des Verwaltungsakts) enthalten ist und hinter diesem zurückbleibt (Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 109; Decker in Posser/Wolff, Beck´scher Onlinekommentar VwGO, § 113 Rn. 81.1), kann mit der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht im Ergebnis eine weitergehende Prüfung des Gerichtes beansprucht werden, als sie in einem Anfechtungsprozess erfolgt wäre. Dem entspricht es, dass die Rechtskraft eines Fortsetzungsfeststellungsurteils lediglich die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes umfasst hätte (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 121 Rn. 89), nicht aber den konkreten Rechtswidrigkeitsgrund. Dieser ergibt sich vielmehr aus den Gründen des Urteils, welche selbst aber nicht in Rechtskraft erwachsen.
c) Des Weiteren fehlt es der Klage auch am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin ihre Rechtsstellung in einem Fortsetzungsfeststellungsprozess nicht verbessern kann (Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 150 m.V.a. BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 8 B 47.14 – juris Rn. 19; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 130). Denn der angefochtene Bescheid wurde vom Beklagten wegen fehlender sachlicher Unzuständigkeit aufgehoben; ein weitergehender Vorteil, welcher der Klägerin aus der Feststellung der Rechtswidrigkeit desselben erwachsen könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. oben b)).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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