Europarecht

Pflicht zur Gewässerunterhaltung

Aktenzeichen  8 BV 14.613

Datum:
18.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131868
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG 2010 § 39, § 40
BayWG 2010 Art. 22, Art. 23 Abs. 3
BayWG 2010 Art. 37
WHG 2010 § 100 Abs. 1 S. 2
BayWG 2010 Art. 58 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Der Anwendungsbereich des Art. 37 BayWG 2010 erstreckt sich nicht auf Anlagen, die Bestandteil des Gewässer sind und daher dem Unterhaltsregime der §§ 39 bis 42 WHG 2010 und der Art. 22 bis 27 BayWG 2010 unterliegen. (Rn. 49 – 52)

Verfahrensgang

Au 3 K 12.1594 2014-01-14 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Gegenstand der Aufhebung der Bescheid des Landratsamts Dillingen a.d. Donau vom 16. November 2012 in der Fassung des Ergänzungs- und Änderungsbescheids vom 8. September 2016 ist.
II. Hinsichtlich der Klageabweisung im Übrigen in Ziffer I Satz 2 des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Januar 2014 wird auf die Anschlussberufung der Kläger der Bescheid des Landratsamts Dillingen a.d. Donau vom 16. November 2012 in der Fassung des Ergänzungs- und Änderungsbescheids vom 8. September 2016 insoweit aufgehoben, als er die Pflicht der Kläger zur Wehrbedienung nach Nr. 3.4.2 der genannten Bescheide betrifft. Im Übrigen verbleibt es bei der Klageabweisung.
III. Ziffer II Satz 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Januar 2014 wird geändert und erhält folgenden Fassung:
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger als Gesamtschuldner zu 1/3, der Beklagte zu 2/3 zu tragen.
Der Kostenausspruch des Verwaltungsgerichts Augsburg in Ziffer II Satz 2 des Urteils vom 14. Januar 2014 ist gegenstandslos.
IV. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
V. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Anschlussberufung der Kläger ist hingegen zulässig und begründet.
1. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die in Nr. 3.4.1 des Bescheids vom 16. November 2012 in der Fassung des Ergänzungs- und Änderungsbescheids vom 8. September 2016 vorgesehene Übertragung der Unterhaltungslast für die Schützenanlage mit Bedienungseinrichtung des S…-Wehrs auf die Kläger ist rechtswidrig und verletzt diese in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat diese Verfügung daher im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Nachdem die Beteiligten den Ergänzungs- und Änderungsbescheid vom 8. September 2016 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben, erstreckt sich die Aufhebung auch auf die in diesem Bescheid vorgenommene Änderung der Nr. 3.4.1 des Bescheids vom 16. November 2012, soweit sie die Kläger betrifft.
1.1 Gegen die Zulässigkeit der von den Klägern gegen diese Verpflichtung erhobenen Klage bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das Landratsamt hat den Klägern die Unterhaltungslast für die beweglichen Teile des S…-Wehrs im Rahmen der dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt, erteilten Plangenehmigung auferlegt. Nachdem diese sie belastende Regelung gegenüber den Klägern als notwendig Hinzugezogenen (Art. 13 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG; vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 13 Rn. 40) Bindungswirkung entfaltet (vgl. Kopp/Ramsauer a.a.O. Rn. 48), steht ihnen im Rahmen der hiergegen statthaften Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO die Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO zu.
1.2 Die Einwendungen der Kläger gegen die Übertragung der Unterhaltungslast greifen auch in der Sache durch. Die ihnen auferlegte Pflicht unterfällt der in § 39 WHG 2010, Art. 22 BayWG 2010 geregelten Gewässerunterhaltungspflicht (vgl. im Folgenden unter 1.2.1). Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts stellt die Bestimmung des Art. 37 BayWG 2010 zur Unterhaltung von wasserwirtschaftlichen Anlagen hierzu keine vorrangige spezialgesetzliche Regelung dar (vgl. unter 1.2.2). Vorliegend sind jedoch die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 für eine Übertragung der Unterhaltungslast auf die Kläger nicht erfüllt (vgl. unter 1.2.3).
1.2.1 Das Landratsamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Unterhaltung des S…-Wehrs und damit auch dessen beweglicher Teile als Teil der Gewässerunterhaltung den Bestimmungen der §§ 39 ff. WHG 2010 und Art. 22 ff. BayWG 2010 unterliegt.
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 WHG 2010 umfasst die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers dessen Pflege und Entwicklung als öffentlichrechtliche Verpflichtung, wozu nach der in Satz 2 beispielhaften Aufzählung auch die Erhaltung des Gewässerbetts und des Ufers gehört (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 WHG 2010). Danach 40 erstreckt sich die Unterhaltungslast auch auf das S…-Wehr, weil es aufgrund seiner Ausgestaltung und Funktion als Bestandteil des Gewässers im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 1 WHG 2010, konkret des Gewässerufers der Brenz, anzusehen ist.
Dies ergibt sich zum einen aus der Ausführung und Lage des S…-Wehrs. Während ein Wehr, das von einem zum anderen Ufer reicht und ausschließlich nicht wasserwirtschaftlichen Zwecken dient, regelmäßig als selbstständige Anlage im Sinne von § 36 WHG 2010, Art. 20 BayWG anzusehen ist (Czychowski/Reinhard, WHG, 11. Auflage 2014, § 36 Rn. 6 m.w.N.), verläuft das S…-Wehr als seitliche Einfassung der Brenz und grenzt in diesem Bereich den Fluss auch nach unten ab. Es ist damit nicht zusätzlich zum Gewässerbett und seinem Ufer errichtet (OVG NW, U.v. 23.10.1975 – IX A 91/74 – OVGE 31, 223/231; OVG Hamburg, U.v. 23.2.1984 – Bf II 64/82 – juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 22.3.1990 – 1 A 73/88 – ZfW 1991, 129/132), sondern ist selbst Uferbestandteil, weshalb seine Unterhaltung zugleich zur Sicherung eines einwandfreien Gewässer- und Uferzustands erforderlich ist (HessVGH, U.v. 26.2.1997 – 7 UE 2907 – NVwZ-RR 1997, 612/613; NdsOVG, U.v. 10.12.2008 – 13 LC 2/06 – juris Rn. 33 m.w.N.). Nach dem Ordnungsprinzip des Art. 22 BayWG 2010 ist die Erfüllung der Unterhaltungspflicht vorrangig öffentlichrechtlichen Unterhaltungsträgern übertragen worden, um Gefährdungen des Wasserhaushalts zu begegnen (Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand März 2016, Art. 22 BayWG Rn. 6). Es wäre mit der Zielsetzung, die Erhaltung der Gewässer in einem ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit entsprechenden Zustand sicherzustellen, nicht zu vereinbaren, die Unterhaltung von Anlagen, die Teil eines Gewässers bzw. des Ufers und damit Gewässerbestandteil sind, aus der vom Gesetzgeber beabsichtigten einheitlichen Verantwortlichkeit für den Gewässerunterhalt herauszulösen und damit die ordnungsgemäße Gewässer- und Uferunterhaltung infrage zu stellen (vgl. OVG NW, U.v. 23.10.1975 – IX A 91/74 – OVGE 31, 223/230; HessVGH, U.v. 26.2.1997 – 7 UE 2907 – NVwZ-RR 1997, 612/613).
Auch die Funktion des Wehrs, die von Teilen der Literatur und Rechtsprechung als maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Einordnung als selbstständige Anlage oder als Gewässerbestandteil angesehen wird (Czychowsky/Reinhardt, WHG, § 36 Rn. 23 m.w.N.), spricht dafür, dass das S…-Wehr dem Gewässer selbst zuzuordnen ist und seine Unterhaltung von der Gewässerunterhaltungslast des § 39 WHG 2010, Art. 20 BayWG 2010 umfasst ist. Denn das S…-Wehr dient der Einfassung der Brenz, der Regulierung des Wasserflusses sowie der Hochwasserentlastung und damit wasserwirtschaftlichen Zwecken. Dagegen dient das Wehr nicht unmittelbar der Energiegewinnung durch die an den beiden Brenzarmen gelegenen Kleinkraftwerke; diese erfolgt vielmehr durch das Aufstauen der Brenz durch die an den jeweiligen Triebwerken gelegenen Streich-Wehre. Das S…-Wehr ist daher nicht als Benutzungsanlage einzuordnen, weil es nicht unmittelbar zur Verwirklichung eines Gewässerbenutzungstatbestands erforderlich ist. Den Triebwerksbetreibern dient das streitgegenständliche Wehr lediglich insoweit, als sie durch die Bedienung seiner Schützenanlage den Abfluss der Brenz in den Flutgraben regulieren können, soweit dieser die Leistungsfähigkeit der Triebwerke übersteigt. Hierdurch verliert es aber weder den Charakter als Uferbestandteil noch seine Funktion, den Wasserabfluss zu sichern. Gleiches gilt auch im Hinblick darauf, dass zudem die seitlichen Außenwangen des S…-Wehrs als Auflage für den Fußgängersteg genutzt werden. Es ist daher mit den Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes 2010 vereinbar, das S…-Wehr nicht als eine selbstständige Anlage im Sinne von § 36 WHG 2010, Art. 20 BayWG 2010 zu behandeln, sondern als Bestandteil des Gewässers einzuordnen, auch wenn es nicht ausschließlich wasserwirtschaftlichen Zielen dient (vgl. BVerwG, B.v. 17.11.2009 – 7 B 14.09 – NVwZ 2010, 267).
1.2.2 Entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichts ist diese Einordnung auch nicht entbehrlich. Denn die vom Verwaltungsgericht als vorrangig angesehene Vorschrift des Art. 37 BayWG 2010 findet auf Anlagen, die Bestandteile des Gewässers sind, keine Anwendung.
Die Verpflichtung zur Unterhaltung von Gewässern erster Ordnung obliegt grundsätzlich dem Beklagten (§ 40 Abs. 1 Satz 1 WHG 2010, Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayWG 2010). Unter den Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 besteht für die Kreisverwaltungsbehörde die Möglichkeit, die Unterhaltungslast ganz oder teilweise auf Dritte zu übertragen. Soweit das Erstgericht meint, diese Vorschriften kämen nicht zum Tragen, weil die Unterhaltungslast für sämtliche wasserwirtschaftliche Anlagen und damit auch für solche, die Bestandteil des Gewässers sind, in Art. 37 BayWG 2010 spezialgesetzlich geregelt ist, verkennt es den Regelungsgehalt dieser Bestimmung.
Gemäß Art. 37 Satz 1 BayWG 2010 haben die Unternehmer wasserwirtschaftliche Anlagen in dem bewilligten, erlaubten, genehmigten, planfestgestellten oder plangenehmigten Zustand zu erhalten. Nach Satz 2 der Norm sind sonstige Anlagen so zu unterhalten, dass schädliche Gewässerveränderungen vermieden werden. Die Vorschrift übernimmt die bisherige Regelung zur Unterhaltung von Wasserbenutzungsanlagen und sonstigen Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern nach Art. 59 Abs. 8 BayWG in der bis zum 28. Februar 2010 gültigen Fassung und weitet diese dort enthaltenen Verpflichtungen aus auf alle Anlagen an, in, über und unter einem Gewässer (sonstige Anlagen) sowie auf wasserwirtschaftliche Anlagen, die aufgrund einer Erlaubnis, Bewilligung, Planfeststellung oder Plangenehmigung errichtet worden sind (Ell in Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Art. 37 BayWG Rn. 2). Dabei ist der Anlagenbegriff in Art. 37 Satz 1 und 2 BayWG 2010 weit auszulegen (Knopp in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand Mai 2015, Art. 37 Rn. 4 m.w.N.). Das hat jedoch nicht zur Folge, dass Anlagen, die als Teil des Gewässers einzuordnen sind, unter diese Vorschrift fallen. Denn Art. 37 BayWG 2010 beinhaltet ausschließlich Regelungen zur Anlagenunterhaltungspflicht, nicht aber zur Gewässerunterhaltung. Daher erstreckt sich die Bestimmung des Art. 37 BayWG 2010 lediglich auf solche Anlagen, die nicht Bestandteil des Gewässers sind und die daher nicht dem Unterhaltsregime der §§ 39 bis 42 WHG 2010 und der Art. 22 bis 27 BayWG 2010 unterliegen (vgl. Ell in Drost a.a.O. Rn. 4 und 8 a.E.).
Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts hat sich der Anwendungsbereich des Art. 37 BayWG 2010 gegenüber der Vorgängerregelung des Art. 58 Abs. 8 BayWG a.F., die sich nicht auf Gewässerbestandteile erstreckte (Knopp in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand Oktober 2009, Art. 59 Rn. 135), insoweit nicht erweitert. Das Erstgericht begründet seine gegenteilige Meinung damit, dass Art. 37 Satz 1 BayWG 2010 nunmehr im Gegensatz zu Art. 58 Abs. 8 BayWG a.F. auf Anlagen Bezug nimmt, die Gegenstand einer Planfeststellung oder Plangenehmigung sind. Daraus zieht es den Schluss, dass auch Anlagen, die dem Gewässerausbau dienen, von der Vorschrift erfasst sein müssten, weil nur diese der Planfeststellungsoder Plangenehmigungspflicht nach § 68 Abs. 1 und 2 WHG 2010 unterfielen. Dabei verkennt das Verwaltungsgericht jedoch, dass aus dieser Änderung nicht zwangsläufig folgt, dass auch unselbständige Anlagen, die Bestandteil eines Gewässers sind, unter Art. 37 BayWG 2010 fallen (insoweit unzutreffend – ohne Begründung -Czychowski/Reinhardt, WHG, § 36 Rn. 7; vgl. hierzu auch ders. a.a.O. § 36 Rn. 23). Soweit Art. 37 BayWG 2010 auf planfestgestellte bzw. plangenehmigte Anlagen Bezug nimmt, erstreckt sich die Regelung lediglich auf selbstständige Anlagen, die dem Gewässerausbau dienen – wie etwa Dämme, die notwendig sind, um die Herstellung des Gewässers zu bewerkstelligen (vgl. Ell in Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Art. 37 BayWG Rn. 8), oder auf selbständige Baulichkeiten im Zusammenhang mit einer Nassauskiesung. Für Gewässerbestandteile ist dagegen nach den Vorgaben des Landesgesetzgebers der Anwendungsbereich des Art. 37 BayWG 2010 nicht eröffnet (vgl. LT-Drs. 16/2868 S. 44).
Demzufolge hat das Verwaltungsgericht die Begründetheit der Klage gegen die Übertragung der Unterhaltungslast an der Schützenanlage des S…-Wehrs auf die Kläger zu Unrecht auf einen Vorrang des Art. 37 BayWG 2010 gestützt, der die Unterhaltungslast dem Unternehmer einer wasserwirtschaftlichen Anlage auferlegt und keine Übertragungsmöglichkeit auf andere Private vorsieht. Das S…-Wehr -und damit auch seine beweglichen Teile – ist vielmehr nach § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG 2010, Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayWG 2010 grundsätzlich vom Beklagten zu unterhalten, so dass die Übertragung der Unterhaltungslast auf Dritte nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 erfolgen kann.
1.2.3 Die in Nr. 3.4.1 des Bescheids vom 16. November 2012 in der Fassung des Ergänzungs- und Änderungsbescheids vom 8. September 2016 verfügte Übertragung der Unterhaltungslast für die Schützenanlage mit Bedienungseinrichtung des S…-Wehrs auf die Kläger ist jedoch rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 nicht vorliegen.
Nach dieser Bestimmung kann die Kreisverwaltungsbehörde die Unterhaltungslast für ein Gewässer auf Dritte übertragen, wenn und soweit die Unterhaltung allein deren Interessen dient oder der Aufwand für die Unterhaltung durch sie verursacht wird. Die Verpflichtung der Kläger, mit den anderen Triebwerksbetreibern als Gesamtschuldner die beweglichen Teile des S…-Wehrs, das entsprechend vorstehenden Ausführungen einen Gewässerbestandteil darstellt, zu unterhalten, ist daher von Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 nicht gedeckt, weil die Schützenanlage nicht ausschließlich („allein“) ihnen einen materiellen Vorteil bringt und ihr Unterhaltungsaufwand auch nicht durch die Kläger und die anderen Triebwerksbetreiber verursacht wird.
Die Bedienung der Schützenanlage des S…-Wehrs steuert die Menge des von der Brenz in den Flutgraben abgeleiteten Wassers. Nach den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth in der mündlichen Verhandlung am 29. September 2016 wird im Hochwasserfall durch die Veränderung der Schützen sichergestellt, dass die Wassermenge in den beiden Brenzarmen die Leistungsfähigkeit der Turbinen an den Wasserkraftanlagen nicht übersteigt. Der Vertreter der Fachbehörde hat aber weiter eingeräumt, dass dieser Hochwasserschutz nicht nur den Triebwerksbetreibern zugutekommt, sondern hierdurch die Überschwemmungsgefahr für sämtliche Anlieger an den beiden Brenzarmen reduziert wird. Nach seinen eindeutigen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung dient die Bedienung des S…-Wehrs damit entgegen früheren schriftsätzlichen Behauptungen nicht ausschließlich den Triebwerksbetreibern, sondern auch der Stadt g… bzw. den sonstigen Anliegern an den beiden Brenzarmen. Hinzu kommt, dass bei Niedrigwasser durch das S…-Wehr auch die für Fische erforderliche Mindestwassermenge im Flutgraben sichergestellt wird. Unabhängig von der von den Beteiligten unterschiedlich beurteilten Frage, ob von der Wehranlage überwiegend die Kraftwerksbetreiber profitieren oder ob ihre Bedienung überwiegend im Interesse der Stadt bzw. der Anlieger der Brenzarme liegt, kann jedenfalls ein ausschließlicher Vorteil der Kläger und der mitverpflichteten Triebwerksbetreiber, wie ihn Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 als Voraussetzung für eine Übertragung der Unterhaltungslast vorsieht, nicht festgestellt werden.
Nachdem auch weder von Beklagtenseite vorgetragen wird noch sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Aufwand für die Unterhaltung des S…-Wehrs durch die Kläger und die anderen Triebwerksbetreiber verursacht wird, liegen damit schon die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 nicht vor.
Darüber hinaus spricht auch viel dafür, dass die vorgenommene Übertragung der Unterhaltungslast für die Schützenanlage des S…-Wehrs auf die Kläger ermessensfehlerhaft erfolgt ist. Denn der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Ausführung der Schützentafel fehlerhaft erfolgt sei, weil ihre Höhe nicht dem Eichpfahlmaß am S…Wehr entspreche (Niederschrift vom 29.9.2016 S. 4). Nach seinen Angaben müsste die oberste Holzbohle der Schützentafel abgenommen werden. Hiervon habe man aber im Hinblick darauf, dass noch nicht rechtskräftig entschieden sei, wer als Träger der Unterhaltungslast für diese Maßnahme aufzukommen habe, bislang abgesehen. Damit hat sich das Landratsamt bei der Übertragung der Unterhaltungslast indes von sachfremden Überlegungen leiten lassen. Denn ungeachtet des Umstands, dass ein alleiniger Nutzen der Triebwerksbetreiber an der Bedienung der Schützenanlage entsprechend obigen Ausführungen ohnehin nicht feststellbar ist, dient die Übertragungsmöglichkeit nach Art. 23 Abs. 3 BayWG 2010 nicht dazu, die Kosten für eine fehlerhafte Ausführung von dem für den Bau verantwortlichen Unterhaltsträger auf Dritte zu übertragen, die hierauf keinen Einfluss hatten.
Das Verwaltungsgericht hat daher der Klage gegen die Übertragung der Unterhaltungslast in Nr. 3.4.1 des Bescheids vom 16. November 2012 in der Fassung des Ergänzungs- und Änderungsbescheids vom 8. September 2016 im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist daher zurückzuweisen.
2. Die Anschlussberufung (§ 127 VwGO) der Kläger ist dagegen zulässig und begründet. Die Verpflichtung der Kläger, gesamtschuldnerisch mit den anderen Triebwerksbetreibern die beweglichen Teile des S…-Wehrs zu bedienen (vgl. Nr. 3.4.2 des Bescheids vom 16. November 2012 in der Fassung des Ergänzungsund Änderungsbescheids vom 8. September 2016), ist rechtswidrig und – weil die Kläger hierdurch offensichtlich belastet werden – gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.
Die Übertragung der Bedienpflicht ist von den Voraussetzungen der vom Beklagten als Rechtsgrundlage herangezogene Bestimmung des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG 2010 i.V.m. Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG 2010 nicht gedeckt. Danach kann das Landratsamt im Rahmen der Gewässeraufsicht nach pflichtgemäßem Ermessen die notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts oder zur Erfüllung wasserrechtlicher Verpflichtungen anordnen.
2.1 Die Verpflichtung, durch die Bedienung der Schützenanlage des S…-Wehrs sicherzustellen, dass im Hochwasserfall nicht mehr Wasser in der Brenz verbleibt, als durch Turbinen und Leerschüsse der Triebwerke abgeführt werden kann, kann zwar als eine Maßnahme zur Vermeidung der Beeinträchtigung des Wasserhaushalts im Sinne der genannten Vorschrift gewertet werden. Eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts liegt bei jeder nachteiligen Veränderung gegenüber dem vorherigen Zustand vor (Czychowski/Reinhardt, WHG, § 100 Rn. 34). Entsprechend vorstehenden Ausführungen dient die Bedienung des Wehrs dem Hochwasserschutz und damit der Gefahrenabwehr. Auch die Erforderlichkeit der Bedienung der Schützenanlage im Hochwasserfall steht nicht infrage.
2.2 Die angefochtene Bedienpflicht kann jedoch wegen der vom Landratsamt vorgenommenen Adressatenauswahl keinen Bestand haben. Nachdem die aufsichtsbehördliche Anordnung nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG 2010 ein ordnungsrechtliches Eingriffsinstrument auf dem Gebiet des Wasserrechts darstellt, kommt als Adressat vor allem in Betracht, wer für sein Verhalten und das Verhalten der seiner Aufsicht oder Weisung unterstehenden Personen oder für den Zustand der in seinem Eigentum oder seiner tatsächlichen Gewalt stehenden Sachen verantwortlich ist (vgl. Art. 9 Abs. 1 und 2 LStVG; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 100 Rn. 59 m.w.N.). Unter diesen Gesichtspunkten kann die Verantwortlichkeit der Kläger zur Bedienung des S…Wehrs offensichtlich nicht begründet werden. Auch der Grundsatz des Vorteilsausgleichs, der die Inanspruchnahme Einzelner rechtfertigen kann (vgl. etwa zur Übertragung der Straßenreinigungspflicht BayVerfGH, U.v. 30.12.1971 – 236 IV 70 -BayVBl 1972, 552/553), vermag im vorliegenden Fall die vorgenommene Adressatenauswahl nicht zu begründen. Denn entsprechend obigen Ausführungen profitieren nicht nur die Kläger und die mitverpflichteten weiteren Triebwerksbetreiber von der Bedienung des S…-Wehrs, sondern auch die Stadt g… und die weiteren Anlieger an den beiden Brenzarmen. Eine Regelung, wonach die Kläger vorrangig vor den anderen genannten Personen heranzuziehen wären, ist nicht ersichtlich (vgl. auch Nr. 9.5 VollzBekLStVG). Daher ist die einseitige Inanspruchnahme der Kläger und der anderen Kraftwerksbetreiber nicht gerechtfertigt. Eine Trennung der Unterhaltungslast von der Bedienpflicht ist im vorliegenden Fall rechtlich nicht zulässig und ermessensfehlerhaft.
2.3 Im Hinblick auf die Ermessensentscheidung des Landratsamts bestehen ferner insofern rechtliche Bedenken, als es die von der Klägerseite vorgebrachten haftungsrechtlichen Einwände nicht berücksichtigt hat. Diese Frage muss aber nicht abschließend entschieden werden, weil es hierauf nicht mehr ankommt. Die Kläger haben schlüssig dargelegt, durch die Verpflichtung zur Bedienung der Schützenanlage bestehe das Risiko, gegenüber den anderen Triebwerksbetreibern sowie sonstigen Anliegern der Brenz und des Flutgrabens haften zu müssen, ohne dass hierfür eine realisierbare Versicherungsmöglichkeit bestehe. Unabhängig von der Möglichkeit von Bedienungsfehlern sei bei extremem Hochwasser (HQ 100) nicht auszuschließen, dass auch bei einer ordnungsgemäßen Bedienung der Schützenanlage die in die beiden Brenzarme gelangende Wassermenge die Leistungsfähigkeit der Turbinen übersteige. Gleichermaßen könnten in diesem Fall je nach Einstellung der Schützenanlage entweder die am Flutgraben gelegenen Grundstücke oder Flächen von Anliegern an den beiden Brenzarmen überflutet werden. Angesichts dessen erscheint es jedenfalls zweifelhaft, ob das Landratsamt im Rahmen seiner Ermessensausübung die Haftungsrisiken sachgerecht ermittelt und gewertet hat.
3. Der Beklagte trägt als unterlegene Partei gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens. Im Hinblick auf die erfolgreiche Anschlussberufung der Kläger ist der Kostenausspruch des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2014 zu ändern und die Kostentragungspflicht des Beklagten entsprechend zu erhöhen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die verbleibende anteilige Kostentragungspflicht der Kläger beruht auf ihrem erstinstanzlichen Unterliegen in Bezug auf ihre Klage gegen Nr. 3.4.3 des Bescheids vom 16. November 2012, die sie nicht zum Gegenstand der Anschlussberufung gemacht haben.
Nachdem der Beiladungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom Senat mit Beschluss vom 1. Juli 2014 aufgehoben worden ist, ist der erstinstanzliche Ausspruch zu den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gegenstandslos.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.
5. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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