Europarecht

Qualifikation einer Lehrkraft an einer Fahrlehrerausbildungsstätte

Aktenzeichen  RN 5 K 19.1118

Datum:
31.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27920
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FahrlG-DV § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
FahrlG § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 54 Abs. 1 S. 2, § 68 Abs. 1 Nr. 12, Nr. 14
VwGO § 43 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Aus der Gleichwertigkeit der Qualifikationen Meister einerseits und Bachelor andererseits im Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen folgt nicht, dass diese gegeneinander austauschbar sind. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine Ausnahme von den Anforderungen an die Qualifikation von Lehrkräften an einer Fahrlehrerausbildungsstätte nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FahrlG gibt es keine Rechtsgrundlage. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Es liegt eine zulässige Feststellungsklage vor. Der Kläger begehrt bei sachgerechter Auslegung seines Anliegens die Feststellung, dass eine Fahrlehrerausbildungsstätte die Anforderungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DV-FahrlG) erfüllt, wenn sie ihn als Lehrkraft beschäftigt. Der Kläger hat hinsichtlich der damit zusammenhängenden Frage, ob die inhaltlichen Anforderungen dieser Vorschrift in seiner Person erfüllt sind, ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Vor dem Hintergrund, dass die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung ist als der Kläger, muss es für ihn eine Möglichkeit geben, mit ausreichend Rechtssicherheit zu klären, ob eine Fahrlehrerausbildungsstätte durch die Beschäftigung seiner Person gesetzliche Vorgaben einhält oder nicht und er damit im Falle einer beabsichtigten Bewerbung auf eine frei werdende Stelle die formalen Voraussetzungen der streitigen Norm erfüllt oder nicht. Andernfalls würden im Hinblick auf die klaren gesetzgeberischen Vorgaben zur personellen Ausstattung einer Fahrlehrerausbildungsstätte unter Umständen unzumutbare Beeinträchtigungen der in Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit drohen. Zwar wird ein berechtigtes Interesse noch nicht angenommen werden können, wenn ein Stelleninteressent lediglich behauptet, dass er sich hinsichtlich einer bestimmten Stelle für ausreichend qualifiziert hält. Der Kläger legt aber ausführlich dar, weshalb er den Standpunkt einnimmt, dass er die Anforderungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 DV-FahrlG, ggf. durch eine der Fahrlehrerausbildungsstätte zu erteilende Ausnahmegenehmigung, erfüllt. Ob der Standpunkt des Klägers zutrifft, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit. Ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO ist nach alledem ausreichend dargelegt.
Die zwischen den Beteiligten in den Schriftsätzen noch strittige Frage, ob der Kläger auch selbst eine auf Erteilung einer Ausnahme gerichtete Klage erheben könnte, hat sich mit der sachgerechten Antragstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, auf die das Gericht hingewirkt hat, überholt.
2. In der Sache bleibt die Klage ohne Erfolg. Weder über eine unmittelbare Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV-FahrlG, noch über die (gedachte) Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahme an eine Fahrlehrerausbildungsstätte kann die begehrte Feststellung getroffen werden.
a) Eine Voraussetzung für die amtliche Anerkennung einer Fahrlehrerausbildungsstätte ist gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FahrlG, dass Lehrkräfte in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, die in der Lage sind, in ihrem Aufgabenbereich den Fahrlehreranwärtern die nach § 7 FahrlG notwendigen Kompetenzen zu vermitteln. Die Anforderungen an die Qualifikationen dieser Lehrkräfte sind auf der Grundlage von § 68 Abs. 1 Nr. 14 FahrlG in § 9 DV-FahrlG geregelt. Hier im Streit steht die Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV-FahrlG.
Der Kläger kann keines der in dieser Bestimmung genannten Studien des Maschinenbaufachs, des Kraftfahrzeugbaufachs oder der Elektrotechnik vorweisen. Damit würde eine Fahrlehrerausbildungsstätte durch die Beschäftigung seiner Person nicht die diesbezüglichen Mindestanforderungen hinsichtlich der personellen Ausstattung erfüllen. Über den insoweit eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift hinaus können auch die vom Kläger angestrengten Überlegungen zu keinem anderen Ergebnis führen.
Soweit der Kläger unter Vorlage entsprechender Bescheinigungen vorträgt, dass seine Qualifikation als Kraftfahrzeugtechnik-Meister im Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen ebenso wie ein Bachelor-Abschluss dem Niveau 6 zugeordnet sei und somit eine Gleichwertigkeit vorliege, kann dies auf die Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV-FahrlG nicht Einfluss nehmen. Die Qualifikationen Meister einerseits und Bachelor andererseits sind nicht gegeneinander austauschbar. Eine Qualifikation als Meister kann nicht in einen Abschluss als Bachelor umgeschrieben werden. Bildungswegentscheidungen haben sich am angestrebten Tätigkeitsfeld und nicht am Niveau dieser Qualifikationsrahmen zu orientieren. Der Erwerb eines Bachelorabschlusses ist nur durch ein Hochschulstudium möglich. Insbesondere hat ein erfolgreicher Absolvent einer Meisterprüfung damit nicht auch den Bachelorabschluss erworben. Es mögen daher bei Meister einerseits und Bachelor andererseits Tätigkeiten von gleicher Komplexität vorliegen, dies lässt aber den eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV-FahrlG unberührt.
Hinzu kommt, dass die gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich der personellen Ausstattung in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV-FahrlG zum 2.1.2018 verschärft wurden. In Anwendung der alten Fassung dieser Bestimmung war auch ein Studium an einer Ingenieurschule und damit an einer Fachschule unterhalb des Standards einer Fachhochschule ausreichend. Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung dieser Vorschrift diese Möglichkeit nicht mehr vorgesehen, im Hinblick auf die Gewährleistung hoher Standards in der Fahrlehrerausbildung also gerade nicht auf den Abschluss eines Hochschulstudiums verzichtet.
Auch aus der vom Kläger in Bezug genommen Rechtslage in Österreich ergeben sich für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache keine abweichenden Erkenntnisse. Die vom Kläger benannte Bestimmung, § 109 Abs. 2 Österreichisches Kraftfahrtgesetz, regelt Befreiungsmöglichkeiten von Anforderungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung, also Aspekte im Zusammenhang mit der Errichtung einer Fahrschule und betrifft damit eine andere Fallgestaltung. Zwar wird dort eine „gleichwertige“ andere Schulausbildung berücksichtigt, gleichwohl kann diese Wortwahl eines anderen Gesetzgebers offenkundig nicht dazu führen, dass nunmehr die „Gleichwertigkeit“ von Meister und Bachelor bei Anwendung von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV-FahrlG tatbestandsmäßig eine Gleichstellung von Meister und Bachelor bedeuten soll. Im Übrigen lässt der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV, anders als die genannte österreichische Vorschrift, gerade keine „gleichwertigen“ Abschlüsse zu.
Eine Verletzung europäischen Rechts kann die entscheidende Kammer vorliegend nicht erkennen. Der Kläger hat weder einen österreichischen Abschluss, noch ist er in Österreich in irgendeiner Weise berufstätig oder für bestimmte Aufgaben von der öffentlichen Hand zugelassen.
b) Eine Fahrlehrerausbildungsstätte könnte für eine Tätigkeit des Klägers hinsichtlich seiner fehlenden Qualifikation bezüglich § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DV-FahrlG auch keine Ausnahmegenehmigung erhalten. In der Konsequenz kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger mithilfe einer solchen Ausnahme im Falle einer Beschäftigung an einer Fahrlehrerausbildungsstätte dazu beitragen würde, dass diese die personellen Mindestanforderungen einhält.
Ausnahmen von Vorschriften des Fahrlehrergesetzes und den auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen können nur zugelassen werden, soweit dies § 54 FahrlG ausdrücklich erlaubt. Die Möglichkeit einer Ausnahme von § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FahrlG ist nicht vorgesehen. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 FahrlG können von den auf Grund des § 68 Absatz 1 Nr. 12 FahrlG erlassenen Rechtsverordnungen Ausnahmen von den Anforderungen an die Unterrichtsräume, die Lehrmittel und die Lehrfahrzeuge genehmigt werden. Wie der Beklagte zutreffend erläutert, handelt es sich insoweit um ein Redaktionsversehen, da auf § 68 Abs. 1 Nr. 14 FahrlG Bezug zu nehmen ist. Die genannten Anforderungen an Unterrichträume, Lehrmittel und Lehrfahrzeuge sind näher bestimmt in § 10 bis 12 DV-FahrlG. Für eine Ausnahme von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG gibt es keine Rechtsgrundlage.
Auch aus dem Hinweis des Klägers auf die Gestattungsmöglichkeit in § 9 Abs. 2 DV-FahrlG lassen sich für seine Situation keine günstigen Erkenntnisse gewinnen. Die Vorschrift betrifft inhaltlich nicht sein Qualifikationsdefizit, sondern regelt einen anderen Fall. Die Existenz dieser Bestimmung bestätigt vielmehr, dass eine Ausnahme von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DV-FahrlG nicht möglich ist. Der Gesetzgeber hat bewusst geregelt, in welchen konkreten Fällen Ausnahmen vorgesehen sind.
c) Da es dem Kläger vorliegend erkennbar um die Klärung der Frage geht, ob er in der Weise an einer Fahrlehrerausbildungsstätte tätig werden kann, dass für diese durch seine Beschäftigung auch die Anforderungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG erfüllt sind, bedarf es vorliegend keiner Erörterung der bereits im Verwaltungsverfahren diskutierten Problempunkte, ob bzw. mit welchen konkreten Tätigkeitsmöglichkeiten er auch ohne Hochschulstudium an einer Fahrlehrerausbildungsstätte tätig werden dürfte. Soweit der Rahmenplan für die Fahrlehrerausbildung in Fahrlehrerausbildungsstätten den Einsatz eines Ingenieurs vorsieht, ist der Kläger nach alledem jedenfalls diesbezüglich nicht ausreichend qualifiziert.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.


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