Europarecht

Rechtserhaltende Benutzung von Marken bei Insolvenz des Markeninhabers

Aktenzeichen  3 U 2202/20

Datum:
8.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZInsO – 2021, 1875
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 133, § 157, § 141, § 398, § 413
MarkenG § 56, § 56, § 27, § 28
WZG § 8
UMV Art. 18, 20, 127
lnsO § § 129 Abs. 1, § 134 Abs. 1, § 143
ZPO § 56, § 256, § 377 Abs. 3, § 531

 

Leitsatz

1. Der wahre Inhaber des Markenrechts kann mit einer zivilrechtlichen Umschreibungsbewilligungsklage von dem zu Unrecht im Register Eingetragenen die Abgabe der Zustimmung zur Umschreibung auf sich verlangen.
2. Bei der Auslegung von markenrechtlichen Verträgen, insbesondere der Abgrenzung von Nutzungsrechtseinräumungen zu Markenrechtsübertragungen, sind neben dem Wortlaut der Vereinbarung auch weitere Umstände – wie nachfolgend von den Parteien getroffene Vereinbarungen mit Drittunternehmen oder das Unterlassen der Korrektur des Markenregisters – zu berücksichtigen.
3. Der einmalige Abverkauf von bereits produzierten und mit der streitgegenständlichen Marke gekennzeichneten Produkten des täglichen Bedarfs durch den Insolvenzverwalter an einen Abnehmer stellt in der Regel keine rechtserhaltende Benutzung der Marke dar, weil er nicht dazu dient, Marktanteile für die betroffenen Waren gegenüber denjenigen anderer Unternehmer zu gewinnen oder zu behalten.
4. Rein wirtschaftliche Probleme, etwa finanzielle Schwierigkeiten des Markeninhabers, stellen regelmäßig keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung einer Marke dar, da sie nicht unabhängig vom Willen des Inhabers der Marke eintreten. Etwas anderes kann gelten, wenn im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ein gerichtliches Verfügungsverbot erlassen wird. Es ist jedoch zu prüfen, ob es sich dabei um einen nur vorübergehenden Hinderungsgrund handelt, der nicht dazu führt, dass der Lauf der Benutzungsschonfrist gehemmt wird.

Verfahrensgang

19 O 3424/17 2020-06-04 Urt LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 04.06.2020, Az. 19 O 3424/17, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils, soweit es aufrechterhalten bleibt, und des Berufungsurteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 200.000,00 € festgesetzt.

Gründe

B.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage wenden. Zwar ist die Widerklage – mit Ausnahme von Teilen des Widerklageantrags Ziffer II. – zulässig (nachfolgend unter Ziffer I.). Sie ist jedoch insgesamt unbegründet (nachfolgend unter Ziffer II.).
I.
Die erhobene Widerklage ist nur teilweise zulässig. Zwar ist die Umschreibungsbewilligungsklage statthaft (nachfolgend unter Ziffer 1.). Der Widerklageantrag Ziffer II. (= Berufungsantrag Ziffer III.) bezieht sich jedoch teilweise nicht auf ein Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO (nachfolgend unter Ziffer 2.).
1. Die Widerklage ist grundsätzlich als sogenannte Umschreibungsbewilligungsklage vor den Zivilgerichten statthaft.
Stimmt die materielle Rechtslage mit dem formellen Register nicht überein, kann der materielle Inhaber des Markenrechts die Rückgängigmachung der Eintragung des Rechtsübergangs im Wege der Umschreibungsbewilligungsklage vor den Zivilgerichten erwirken (vgl. BPatG, Beschluss vom 28.06.2018 – 30 W (pat) 47/16, juris-Rn. 36). Die Umschreibungsbewilligungsklage richtet sich gegen den zu Unrecht im Register Eingetragenen auf Abgabe der Zustimmung zur Umschreibung. Nach § 894 Abs. 1 S. 1 ZPO gilt die Zustimmung zur Umschreibung mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben (Fezer, MarkenR, 4. Aufl. 2009, § 27 MarkenG Rn. 66).
Im vorliegenden Fall behaupten die Beklagten, dass die Klägerin zu Unrecht im Markenregister als Markeninhaberin registriert ist bzw. – in Bezug auf die deutschen Marken DE 1…1 „M… P…“ (Wortmarke) und DE 1…4 „M… P…“ (Wort-Bildmarke) – war. Die zivilrechtliche Umschreibungsbewilligungsklage ist daher die statthafte Klageart.
2. Der Widerklageantrag Ziffer II. (= Berufungsantrag Ziffer III.) ist jedoch – worauf der Senat im Termin vom 26.01.2021 hinwies – teilweise unzulässig, da er sich – auch in der Fassung des Schriftsatzes vom 02.02.2021 – nicht auf ein Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO bezieht.
Ein Rechtsverhältnis wird durch die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder Sachen gebildet. Einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, deren Vorliegen allein zu keinen bestimmten Rechtsfolgen führt, stellen hingegen kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar (BGH, Urteil vom 19.11.2014 – VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873, Rn. 23; OLG Nürnberg, Urteil vom 06.04.2021 – 3 U 2801/19, juris-Rn. 252). So können etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BGH, Urteil vom 20.04.2018 – V ZR 106/17, NJW 2018, 3441, Rn. 13).
Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs bezieht sich das Feststellungsbegehren, dass die Verzichtsanträge vom 05.04.2017 (Löschungsanträge) betreffend die deutschen Marken DE 1…1 „M… P…“ (Wortmarke) und DE 1…4 „M… P…“ (Wort-Bildmarke) von der Klägerin als einer Nichtberechtigten gestellt wurden, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Abgabe der Löschungsanträge nicht Inhaberin dieser Marken war, auf eine nicht feststellungsfähige bloße Vorfrage zu einem Rechtsverhältnis. Denn es ist unstreitig, dass die Klägerin, die im Zeitpunkt der Verzichtserklärung im Register als Inhaberin eingetragen war, diese beiden Marken mit Wirkung zum 05.04.2017 löschte. Nach der Bestimmung des § 48 Abs. 1 MarkenG wird die Eintragung der Marke auf Antrag ihres Inhabers jederzeit für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Register gelöscht (BGH, Beschluss vom 09.09.2010 – I ZB 81/09, GRUR 2011, 654, Rn. 14 – Yoghurt-Gums). Die Rechtswirkungen des Verzichts treten dabei unmittelbar mit der Erklärung ein (Miosga, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 48 Rn. 3). Selbst wenn der Senat vorliegend feststellen würde, dass die Klägerin im Zeitpunkt dieser Erklärung dazu materiell nicht berechtigt gewesen wäre (zu den Folgen im Patentrecht vgl. Keukenschrijver, in Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl. 2020, § 20 Rn. 14), wäre dies nur eine Vorfrage für die daraus resultierenden Folgen. Die Feststellung der Nichtberechtigung der Klägerin kann somit – wie die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verhaltens der Klagepartei – nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
II.
Die Widerklage ist insgesamt unbegründet. Denn die von den Beklagten vorgetragenen Übertragungsvorgänge haben nicht dazu geführt, dass die Beklagten Inhaber der mit der Widerklage geltend gemachten Marken geworden sind.
1. Eine Übertragung der Widerklagemarken erfolgte nicht durch den „Kaufvertrag über Nutzungsrechte“ vom 10./24.09.1985. Der Markenerwerb scheitert dabei sowohl an tatsächlichen (nachfolgend unter Buchstabe a)) als auch an rechtlichen (nachfolgend unter Buchstabe b)) Gründen.
a) Die für die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche beweispflichtigen Beklagten (nachfolgend unter Buchstabe aa)) konnten den erforderlichen Beweis nicht erbringen. Denn der Senat ist aufgrund einer Auslegung der Vereinbarung (nachfolgend unter Buchstabe bb)), der einvernommenen Zeugen (nachfolgend unter Buchstabe cc)) und der sonstigen zu berücksichtigenden Umstände (nachfolgend unter Buchstabe dd) aufgrund einer Gesamtwürdigung (nachfolgend unter Buchstabe ee)) nicht davon überzeugt, dass durch den „Kaufvertrag über Nutzungsrechte“ vom 10./24.09.1985 eine Übertragung der streitgegenständlichen Marken von der MPL auf die LHG erfolgte.
aa) Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche liegt bei den Beklagten.
Dies ergibt sich zum einen aus dem Grundprinzip der Beweislastverteilung, nach dem jede Partei die Voraussetzungen einer ihr günstigen Norm zu behaupten und zu beweisen hat (BGH, Urteil vom 13.11.1998 – V ZR 386/97, NJW 1999, 352, juris-Rn. 13).
Zum anderen sind markenrechtliche Vermutungsbestimmungen zu beachten. So wird gemäß § 28 Abs. 1 MarkenG vermutet, dass das durch die Eintragung einer Marke begründete Recht dem im Register als lnhaber Eingetragenen zusteht. Das bedeutet, dass nicht der im Markenregister Eingetragene seine Rechtsinhaberschaft beweisen muss, sondern derjenige, der diese gesetzliche Vermutung zur Berechtigung bestreitet, den vollen Beweis für seine Behauptung führen muss (BPatG, Beschluss vom 20.02.2002 – 28 W (pat) 220/00, juris-Rn. 12). Will der Gegner die Vermutung entkräften, muss er nach § 292 ZPO den vollen Beweis des Gegenteils führen (Hacker, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 28 Rn. 4). Die Vorschrift des § 28 Marken ist gemäß §§ 107 Abs. 1, 119 Abs. 1 MarkenG auch für international registrierte Marken mit Schutztatbestand für Deutschland anwendbar (Taxhet, in BeckOK MarkenR, 25. Ed. 01.04.2021, § 28 MarkenG Rn. 6). Gleiches gilt für Unionsmarken (Art. 19 UMV; Taxhet, a.a.O., Art. 20 UMV Rn. 47).
bb) Die Auslegung der Vereinbarung vom 10./24.09.1985 ergibt, dass diese lediglich die Einräumung von Nutzungsrechten und nicht die Übertragung von Markenrechten enthält.
(1) Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. In einem zweiten Auslegungsschritt sind sodann die außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH, Urteil vom 19.01.2000 – VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, juris-Rn. 20).
Zu ermitteln ist der objektive Sinn der Bestimmungen. Dabei ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass eine vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien einen bestimmten, rechtserheblichen Inhalt haben soll. Deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (BGH, Urteil vom 07.03.2005 – II ZR 194/03, NJW 2005, 2618, juris-Rn. 21).
(2) In dem Kaufvertrag über Nutzungsrechte vom 10./24.09.1985 ist dem Wortlaut nach von der MPL „das nicht ausschließliche Nutzungsrecht des Namens,M… P…’ sowie des vom Verkäufer noch zu schützenden Schriftzuges dieses Namens“ von der LHG gekauft worden. Eine Absicht der Vertragsparteien, eine Marke zu übertragen und diese Übertragung auch auf in diesem Zeitpunkt noch nicht eingetragene Marken zu erstrecken, geht somit nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Vertrags hervor. Gerade die Charakterisierung des Nutzungsrechts als „nicht ausschließliches“ zeigt, dass den Parteien dieses Rechtsinstitut vertraut war, denn nach dem Gesetz ist zwischen ausschließlichen oder nicht ausschließlichen Lizenzen zu unterscheiden (vgl. § 30 Abs. 1 MarkenG). Bei einer Markenübertragung wäre diese Unterscheidung dagegen sinnlos und ohne rechtserheblichen Inhalt.
Dass es sich um einen Lizenzvertrag handeln sollte, zeigt auch die Reglung unter Ziff. 2. Abs. 1. Darin verpflichtet sich die MPL, die Nutzungsrechte nicht auch an einen anderen Verkäufer zu verkaufen. Wäre das Stammrecht – als eine Übertragung der Marke – Vertragsgegenstand gewesen, hätte eine solche Möglichkeit von vornherein nicht bestanden und hätte daher auch nicht geregelt werden müssen.
Gleiches gilt für Ziff. 1. Abs. 3 des Vertrags, wonach der Käufer (also die LHG) das Recht hat, Subunternehmern und anderen Arten von Lizenznehmern die Nutzung des Namens „M… P…“ zu erlauben. Der Markeninhaber hat immer das Recht, Dritten eine Lizenz einzuräumen, weshalb eine derartige Regelung bei einer Markenübertragung nicht notwendig gewesen wäre.
Schließlich ist Ziffer 2. Abs. 3 des Vertrags zu berücksichtigen. Danach wird das derzeit nicht ausschließliche Nutzungsrecht am Namen „M… P…“ im Falle der Auflösung oder des Konkurses des Verkäufers automatisch zu einem ausschließlichen Nutzungsrecht für den Käufer. Dies zeigt, dass den Parteien die Bedeutung eines Nutzungsrechts durchaus bekannt und bewusst war.
Eine zwingende andere Beurteilung ist nicht deswegen veranlasst, weil im Vertrag geregelt ist, dass das Nutzungsrecht „gekauft“ werde. Zwar gehört der Lizenzvertrag seiner Rechtsnatur nach zu den Gebrauchsüberlassungsverträgen und stellt einen Vertrag sui generis dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 21.11.2002 – 2 U 29/02, GRUR-RR 2004, 8, juris-Rn. 87). Da jedoch bei der Lizenz ein Nutzungsrecht erworben wird, kann – insbesondere aus Laiensicht – durchaus von einem „Kauf“ des Nutzungsrechts gesprochen werden, zumal auch das Reichsgericht in dem Lizenzvertrag einen Rechtskauf gesehen und daher die Anwendung kaufrechtlicher Vorschriften postuliert hatte (vgl. RGZ 76, 235).
Gegen eine Markenübertragung spricht auch, dass in dem Vertrag keine Regelungen über die Eintragung des Rechtsübergangs der Vertragsmarke im Markenregister enthalten sind (vgl. § 28 DPMAV). Denn der Erwerber kann sich erst nach der Eintragung auf die Vermutung des § 28 Abs. 1 MarkenG berufen. Des Weiteren fehlt ihm gemäß § 28 Abs. 2 MarkenG vor Antragsstellung die prozessuale Legitimation in den dort genannten Amtsverfahren. Zu erwarten wären auch Regelungen über die Kosten, die durch die Übertragung der Vertragsmarke entstehen.
(3) Für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden besteht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände – sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) – beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 11.05.2017 – I ZB 63/16, BeckRS 2017, 126042, Rn. 19).
cc) Die einvernommenen Zeugen sind für den Senat – insbesondere aufgrund der Pauschalität ihrer Angaben – nur bedingt überzeugend.
(1) Der Zeuge E… P…, der die Beweisfrage schriftlich beantwortete, führte mit Schreiben vom 11.03.2021 allgemein aus, dass im Jahr 1985 die Marke „M… P…“ an die LHG verkauft worden sei. Der Verkauf habe für die Marke gegolten, weltweit für alle Produkte, die möglich seien. Im Gegenzug habe die MPL mit dem Familiennamen weiterarbeiten können. Es würde seine Kräfte übersteigen, die zusätzlichen Bekundungen und Bestätigungen, die im Laufe der Zeit geschrieben wurden, juristisch richtig wiederzugeben.
(a) Im Rahmen der Würdigung der Angaben dieses Zeugen sind zum einen die mit einer schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage naturgemäß zusammenhängenden Unzulänglichkeiten zu berücksichtigen.
Mit Schriftsatz vom 23.02.2021 beantragten die Beklagten als Beweisführer, dass der Zeuge E… P… die Beweisfrage nach § 377 Abs. 3 ZPO schriftlich beantwortet. Zur Begründung führten sie aus, dass der Zeuge im Alter von 87 Jahren nicht reisefähig sei, seine Wohnung seit mindestens vier Monaten nicht verlassen habe und ca. 22 Stunden am Tag auf künstliche Sauerstoffversorgung angewiesen sei. Dafür legten sie ein ärztliches Attest vom 11.02.2021 vor (Anlage B 43). Auch eine Vernehmung nach § 128a ZPO scheide aus, weil der Zeuge und seine Ehefrau nicht über die erforderliche technische Einrichtung verfügen würden und diese auch nicht bedienen könnten.
Daraufhin änderte der Senat mit Beschluss vom 04.03.2021 den Beweisbeschluss vom 02.02.2021 dahingehend ab, dass der Zeuge E… P… die Beweisfrage zunächst schriftlich zu beantworten habe (§ 377 Abs. 3 ZPO). Zwar war dem Senat bewusst, dass es sich bei dem Zeugen um den Vater des Beklagten zu 1) handelt, der – u.a. als Geschäftsführer der M… P… DESIGN GmbH und der MPG sowie als Prokurist der MPL – in das streitige Geschehen umfassend verwickelt war, und das Beweisthema eine Frage betrifft, die zwischen den Parteien umfassend im Streit steht. Entscheidend war für den Senat jedoch, dass die Anordnung auf Antrag der beweispflichtigen Beklagten und vor dem Hintergrund der geschilderten Umstände zum schlechten Gesundheitszustand des Zeugen erfolgte (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 25.03.1993 – 5 U 977/92, MDR 1994, 410). Der Senat ging davon aus, dass die beweispflichtigen Beklagten – wenn nach Eingang der Auskunft und Einvernahme der übrigen Zeugen das Beweisergebnis mit den Parteien erörtert und dabei die Beweisfälligkeit der Beklagten festgestellt wird – eine Ladung des Zeugen beantragen, um Fragen stellen zu können (vgl. Greger, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 377 Rn. 10a).
Ein derartiger Antrag durch die Beklagten erfolgte nicht. Für den Senat war auch eine Ladung des Zeugen von Amts wegen nicht veranlasst. Zwar waren seine Aussagen sehr allgemein und pauschal. Er begründete dies jedoch damit, dass es seine Kräfte übersteigen würde, die zusätzlichen Bekundungen und Bestätigungen, die im Laufe der Zeit geschrieben wurden, juristisch richtig wiederzugeben. Darüber hinaus hatten auch die anderen – mündlich einvernommen – Zeugen keine detaillierte Kenntnis von den einzelnen Vereinbarungen mehr. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands des Zeugen ist im Rahmen der vom Senat vorgenommenen Beweisprognose nicht zu erwarten, dass der Zeuge in einer persönlichen Vernehmung mehr Details zu den Vereinbarungen der Parteien schildern würde.
Der Beweiswert der schriftlichen Zeugenaussage ist zwar nicht allein wegen ihrer Schriftlichkeit gemindert; der Richter muss aber bedenken, dass der persönliche Eindruck des Zeugen fehlt (Huber, in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 377 Rn. 9). In diesem Zusammenhang berücksichtigt der Senat insbesondere die Pauschalität der schriftlichen Angaben des Zeugen (vgl. Huber, a.a.O., § 377 Rn. 9; OLG Hamm, Urteil vom 30.07.2013 – 21 U 84/12, NJW 2014, 78, juris-Rn. 96). Der Zeuge konnte lediglich die pauschale Willensbildung der Parteien über den Verkauf der Marke im Jahr 1985 bezeugen, führte jedoch gleichzeitig aus, juristische Einzelheiten nicht mehr wiedergeben zu können.
(b) Zum anderen kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Zeuge als Vater des Beklagten zu 1) und als ehemaliger Geschäftsführer und Prokurist von unterschiedlichen beteiligten Unternehmen ein gewisses Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat.
(2) Auch die Zeugin A… K… P… bestätigte grundsätzlich den Willen der Parteien, im Jahr 1985 die zwei vorhandenen Marken „M… P…“ an die LHG zu verkaufen. Sie hätten daher einen – von ihrem Sohn vorgelegten – Vertrag geschlossen, mit dem die Marken übertragen wurden.
Im Rahmen der Würdigung der Angaben der Zeugin ist jedoch zu sehen, dass sie – wie ihr Ehemann, der Zeuge E…P… – über diesen pauschalen Wunsch der Parteien hinaus keine konkreten Angaben zu Vereinbarungen machen konnte. So gab sie an, dass sie nicht mehr wisse, was genau im Vertrag gemeint war, dafür müsste sie ihn wieder durchlesen. Auch wusste die Zeugin nicht, wer damals Geschäftsführer der am Vertrag beteiligten Gesellschaften war. Sie konnte auch nicht mehr angeben, von wann bis wann sie Geschäftsführerin war. Als Geschäftsführerin habe sie Verträge, die ihr vorgelegt wurden, nach Absprache unterschrieben, ohne sich an die einzelnen Verträge erinnern zu können. Außerdem sei sie im Wesentlichen für die Produktion zuständig gewesen. Warum die Marken auf die MPL eingetragen blieben, wusste sie nicht.
Nicht außer Acht gelassen werden kann auch, dass die Zeugin zunächst angab, dass sie und ihr Mann den Vertrag von 1985 unterschrieben hätten. Auf Vorhalt dieses Vertrags musste sie jedoch einräumen, den Vertrag doch nicht unterschrieben zu haben. Sie begründete dies damit, in die Verträge nicht so eingebunden gewesen zu sein.
Für den Senat nicht nachvollziehbar ist die Aussage der Zeugin zum Hintergrund des angeblichen Markenverkaufs. Die Zeugin führte aus, dass es bei der MPL Höhen und Tiefen gegeben habe, weshalb sie die Marken an die LHG hätten verkaufen wollen. Die LHG habe damals 20.000,00 DM gezahlt; dies sei der Wert der Marken für sie gewesen. Für den Senat ist es nur schwer vorstellbar, die beiden wichtigsten Marken eines Konsumgüterherstellers an ein juristisch unabhängiges Unternehmen für lediglich 20.000,00 DM zu veräußern.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Zeugin als Mutter des Beklagten zu 1) und als ehemaliger Geschäftsführerin der MPL ein gewisses Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat.
(3) Die Zeugin A… P… war sich ebenfalls sicher, dass alle Marken von 1985 bis zum Jahr 2000 der LHG gehört hätten. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass sie seit 1979 mit ihrem Mann – dem Beklagten zu 1) – zusammenarbeiten würde und da natürlich einiges mitbekommen habe. 1985 hätte es erhebliche Probleme bei der MPL gegeben, es habe die Insolvenz gedroht. Da hätten sie überlegt, wie es weitergehen könne. Ihr Mann habe im Jahr 1985 die LHG gegründet, die drei Läden und das Franchise-System und in diesem Zusammenhang eben auch die Marke gekauft habe.
Im Rahmen der Würdigung der Angaben der Zeugin ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass sie in Bezug auf die Vorgänge im Jahr 1985 nur Zeugin von Hörensagen ist. Dieser Art des Beweises haftet eine besondere Unsicherheit an, die über die allgemeine Unzuverlässigkeit des Zeugenbeweises hinausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 03.05.2006 – XII ZR 195/03, NJW 2006, 3416, Rn. 21).
Zum anderen ist zu beachten, dass der von der Zeugin geschilderte Hintergrund für die angebliche Übertragung der Marken – die Veräußerung des Franchise-Systems sowie einiger Läden an die LHG – sehr wohl mit dem Wortlaut des „Kaufvertrags über Nutzungsrechte“ vom 10./24.09.1985 (vgl. dazu die obigen Ausführungen unter Ziffer B.II.2.a)) in Einklang zu bringen ist. Denn es sollte damit der reine Vertrieb auf die LHG übertragen werden und die Herstellung der Waren weiterhin Sache der MPL bleiben. Dafür reicht die Einräumung eines Nutzungsrechts aus. Ein Grund, dass für den Zweck der Abspaltung der Vertriebstätigkeit die Übertragung der streitgegenständlichen Marken erforderlich ist, ist weder dargetan noch ersichtlich.
Schließlich kann nicht außer Acht bleiben, dass die Zeugin als Ehefrau des Beklagten zu 1) und als ehemalige Geschäftsführerin der LHG ein gewisses Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat.
(4) Der Zeuge M… P… bestätigte auch den grundsätzlichen Wunsch, die Marke und die Namensrechte zu verkaufen, damit die wertvollen Rechte bei einer Insolvenz der MPL und auch die guten Läden nicht „über die Wupper“ gehen. Er wisse zwar keine genauen Einzelheiten mehr, aber darum sei es gegangen.
Im Rahmen der Würdigung der Angaben dieses Zeugen ist zu beachten, dass der Zeuge ausführte, dass das Kaufmännische und das Vertragswesen nicht seine Sache gewesen seien, er eher der künstlerische Kopf der Geschichte gewesen sei. Es habe eine Menge GmbHs in der M… P… Gruppe gegeben, bei denen er in einer Vielzahl Geschäftsführer gewesen sei. An die Einzelheiten könne er sich nicht mehr erinnern.
Auch bei diesem Zeugen ist zudem zu berücksichtigen, dass er als Bruder des Beklagten zu 1) und als ehemaliger Geschäftsführer der MPL sowie als Angestellter im Firmenverbund bis 2016 ein gewisses Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat.
dd) Neben dem Wortlaut der Vereinbarung vom 10./24.09.1985 sprechen die nachfolgenden Umstände gegen den Vortrag der Beklagten, wonach über den Wortlaut der Vereinbarung hinaus eine Übertragung der Marken, einschließlich der zukünftigen Marken, auf die LHG vereinbart worden sei.
(1) Der Senat würdigt in diesem Zusammenhang zum einen die vom Beklagten zu 1) vorgerichtlich gemachten Ausführungen im Schriftsatz vom 21.11.2016 (Anlage KPW 14). Darin führt er selbst aus, dass es sich bei dem KaufvertragKaufvertrag von Nutzungsrechten“ aus dem Jahr 1985 um einen Markenlizenzvertrag handele. Aufgrund dessen stünde dem Beklagten zu 1) ein Nutzungsrecht an den Marken „M… P…“ zu.
(2) Gegen eine Markenübertragung sprechen zum anderen folgende von den Vertragsparteien getroffene Vereinbarungen mit Drittunternehmen (zum Wortlaut vgl. oben unter Ziffer A.I.3.c),d):
In dem Vertrag zwischen der MPL und der Gebrüder P… Lederwarenfabriken GmbH & Co. KG vom 16.09./09.10.1987 ist geregelt, dass die Gebrüder P… Lederwarenfabriken GmbH & Co. KG das Recht von MPL anerkennt, die Bezeichnung M… P… firmen- und warenzeichenmässig zu benutzen und als Warenzeichen eintragen zu lassen, und gegen das Warenzeichen Nr. I…1 „M… P…“ nicht vorgehen und den Widerspruch gegen die Anmeldung Nr. P …/18 Wz,,M… P…” nach Abschluss dieser Vereinbarung zurückziehen wird. Diese Vereinbarung spricht dagegen, dass die MPL die Marke mit Vertrag vom 10./24.09.1985 auf die LHG übertragen hat.
In dem Vertrag zwischen der LHG und der K. W. Franchise Vertriebs u. Großhandels GmbH i.G. vom 02.02.1990 ist geregelt, dass die MPL „lnhaberin des in der Warenzeichenrolle des Deutschen Patentamtes am 19.10.1987 unter der Nr. 1…4 für Leder- und Kunstlederwaren eingetragenen Warenzeichens,M… P…’ ist“. Die LHG habe von der MPL „das beschriebene Warenzeichen käuflich erworben und auch das uneingeschränkte Recht, Leder- und Kunstlederwaren mit diesem Zeichen zu vertreiben.“ Diese Formulierungen sprechen in ihrer Gesamtheit dagegen, dass die LHG aufgrund des Vertrags vom 10./24.09.1985 Markeninhaberin geworden ist. Vielmehr führt dieser Vertrag vom 02.02.1990 aus, dass die MPL Inhaberin der Marke DE1…4 geblieben sei und die LHG lediglich das Recht erworben habe, Leder- und Kunstlederwaren mit diesem Zeichen zu vertreiben. Dem auch in diesem Vertrag verwendeten Begriff des „Kaufs“ der Marke kommt dabei, wie der Sinn und Zweck des Vertrags insgesamt zeigen, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Vielmehr gingen die Parteien offensichtlich davon aus, mit diesem Ausdruck den Vorgang der Lizenzierung einer Marke zu bezeichnen, und dies nur laienhaft als „Kauf“ zu benennen.
(3) Zu berücksichtigen sind auch die im Zusammenhang mit den Markenrechten stehenden sonstigen Geschäfte und Transaktionen durch die MPL oder einer ihrer Nachfolgegesellschaften nach der angeblichen Veräußerung der Marke.
Zu nennen ist zum einen die „Gutachterliche Stellungnahme zur Wertermittlung des Markenrechts „M… P…“ zum 01.01.2011 (Anlage B 39). Laut S. 2 des Gutachtens erfolgte der Auftrag zu der Bewertung der Markenrechte „M… P…“ im Zusammenhang mit einer geplanten Veräußerung dieser Markenrechte durch die MPL. Eine derartige Beauftragung hätte jedoch keinen Sinn ergeben, wenn eine Veräußerung der Markenrechte bereits zuvor erfolgt wäre.
Die durch Verschmelzung aus der MPL im Jahr 2012 entstandene MPV hat die streitgegenständlichen deutschen Marken laut Markenregister auf die MPG übertragen, wobei die Eintragung am 04.03.2016 erfolgte. Im Register sind ebenfalls in Bezug auf die streitgegenständlichen IR-Marken und Unionsmarken Übertragungen von der MPV auf die MPG eingetragen.
Am 16.09.2015 wurde ein Markenkauf- und Übertragungsvertrag zwischen der MPG und der A… P… GmbH und Co.KG – der Komplementärin der MPV – geschlossen (Anlage A 2 zu B 33). Dieser Vertrag bezieht sich auf mehrere Marken mit dem Bestandteil „M… P…“, darunter die streitgegenständliche Unionsmarke Nr. 5…6. Diese Vereinbarung wurde rückwirkend auf den 16.09.2015 wieder aufgehoben.
Am 04.02./15.03.2016 erfolgte eine „Verpfändung von Marken mit Forderungsabtretung und Sicherungsübereignung“ durch die MPG an verschiedene Banken (Anlage KPW 23). Aus der zugehörigen Anlage ergibt sich, dass darunter die beiden deutschen Marken, die beiden IR-Marken und die Unionsmarke 4…3 fallen. Der Zeuge M… P… wollte, auf diesen Verpfändungsvorgang angesprochen, sich dazu nicht äußern.
(4) Nicht außer Acht gelassen werden kann schließlich, dass weder die LHG noch der Beklagte zu 1) jemals etwas im Hinblick auf die Pflege und oder Aufrechterhaltung der Marken getan, insbesondere auch keine Verlängerung der Eintragung vorgenommen haben. Die Marken wurden mehrfach übertragen und die Registereintragungen entsprechend geändert, ohne dass sich die LHG oder der Beklagte zu 1) um die Korrektur des angeblich falschen Registers gekümmert haben. Dies hat jeweils die im Register eingetragene Markeninhaberin veranlasst und bezahlt.
ee) Aufgrund einer Gesamtwürdigung aller vorstehend aufgeführten Umstände ist der Senat nicht davon überzeugt, dass über den Wortlaut der Vereinbarung vom 24.09.1985 hinaus die bestehenden Marken sowie zukünftige Marken mit dem Wortbestandteil „M… P…“ von der MPL auf die LHG übertragen wurden. Vor dem Hintergrund der Komplexität der gesamten Angelegenheit, der detaillierten schriftlichen Vereinbarung und der dargestellten sonstigen Umstände sind die pauschalen Angaben der Zeugen – allesamt Familienangehörige des Beklagten zu 1) – zur allgemeinen Willensbildung der Parteien über den Verkauf der Marke im Jahr 1985 dafür nicht ausreichend.
So konnten die Zeugen zwar den allgemeinen Wunsch der Parteien auf eine Übertragung der streitgegenständlichen Marke von der MPL auf die LHG bezeugen. Sie haben aber nicht dargelegt, warum der Wortlaut der Verträge – und zwar in sich stimmig und über den gesamten Zeitraum hinweg – sich nicht auf eine Übertragung der Marke, sondern auf die Einräumung von Nutzungsrechten bezieht. Auch konnten sie die nach der angeblichen Markenveräußerung erfolgten Geschäfte im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Marken durch die beteiligten Gesellschaften nicht nachvollziehbar erläutern. Außerdem ist der von den Zeugen geschilderte Zweck – der LHG die für den Vertrieb und den Betrieb der Verkaufsläden erforderlichen Rechte einzuräumen – auch sehr gut über die Einräumung von Nutzungsrechten möglich. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es bei der von den Zeugen geschilderten Sorge vor einer Insolvenz der MLP nahe gelegen hätte, eine Übertragung der Marken auf ein anderes Unternehmen – insbesondere durch eine Eintragung des neuen Inhabers im Register – nach außen kund zu tun, um zu verhindern, dass die Markenrechte in die Insolvenzmasse fallen.
b) Darüber hinaus scheitert ein Markenerwerb an rechtlichen Gründen. Denn es würde bei einer unterstellten Markenübertragung an den Voraussetzungen des zum damaligen Zeitpunkt geltenden § 8 S. 2 WZG (nachfolgend unter Buchstabe aa)) und der Bestimmbarkeit der übertragenen Marken fehlen (nachfolgend unter Buchstabe bb)). In Bezug auf die beiden Unionsmarken könnte der Rechtsübergang darüber hinaus an Art. 20 Abs. 3 UMV scheitern (nachfolgend unter Buchstabe cc)).
aa) Die von den Beklagten behauptete Markenübertragung im „Kaufvertrag über Nutzungsrechte“ vom 10./24.09.1985 würde an der Vorschrift des § 8 S. 2 WZG (in der hier maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten des ErstrG) scheitern.
(1) Nach der bis zum 30.04.1992 geltenden Fassung des § 8 WZG war es unabdingbare Voraussetzung für den Übergang oder die Übertragung eines Warenzeichens, dass es mit dem Geschäftsbetrieb oder dem Teil des Geschäftsbetriebs, zu dem es gehörte, überging. Eine Vereinbarung, die eine andere Übertragung zum Gegenstand hat, war unwirksam (§ 8 S. 3 WZG). Die Beweislast für die Mitübertragung des Geschäftsbetriebes trifft den Erwerber (vgl. Busse/Starck, Warenzeichengesetz, 6. Aufl. 1990, § 8 WZG Rn. 8 b)).
Durch diese Vorschrift sollte ein Auseinanderfallen von Betrieb und Zeichen verhindert und weiter bezweckt werden, dass die Herkunftsfunktion des Zeichens erhalten bleibt und Täuschungen der Allgemeinheit unterbunden werden. Wesentlich war, dass Geschäftsbetrieb und Warenzeichen in einer Hand bleiben und dass so die Gewähr dafür besteht, dass trotz der Rechtsübertragung auch in Zukunft die mit dem Warenzeichen versehene Ware aus dem gleichen Geschäftsbetrieb kommt. Für die rechtliche Beurteilung des Übergangs des Warenzeichens zusammen mit dem Geschäftsbetrieb war dabei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend (BGH, Urteil vom 07.07.1971 – I ZR 38/70, GRUR 1971, 573, juris-Rn. 16 – Nocado). Mit den Kennzeichen waren im Großen und Ganzen diejenigen Werte auf den Erwerber zu übertragen, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten den Schluss rechtfertigen, dass die mit den Zeichen verbundene Geschäftstradition vom Erwerber fortgesetzt wird (BGH, Urteil vom 26.05.1972 – I ZR 44/71, GRUR 1973, 363, juris-Rn. 16 – Baader). Dabei musste derjenige Teil des Geschäftsbetriebs auf den Erwerber übergehen, zu welchem das Warenzeichen gehörte (BGH, Urteil vom 30.01.1992 – I ZR 54/90, GRUR 1992, 314, juris-Rn. 16 – Opium).
Die Feststellung des maßgebenden Geschäftsbetriebs im Sinne der § 8 WZG war nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu treffen. Die Übertragung einer Marke erforderte zu ihrer Wirksamkeit nicht, dass der Erwerber mit dem Zeichen den bisherigen Geschäftsbetrieb in unveränderter Weise übernimmt und fortführt. Die Übertragung eines Warenzeichens war auch dann wirksam, wenn nur ein abgrenzbarer Teil des bisherigen Geschäftsbetriebs auf den Erwerber übertragen wurde und der Veräußerer seinen Geschäftsbetrieb im Übrigen aufgab oder für den verbleibenden Teil auf die Verwendung des Zeichens verzichtete. Der Geschäftsbetrieb, zu welchem die Marke gehört, blieb folglich auch dann erhalten, wenn der Zeicheninhaber seinen bisherigen auf die Herstellung und den Vertrieb gerichteten Geschäftsbereich auf den Vertrieb beschränkte (BGH, Urteil vom 02.03.1989 – I ZR 7/87, GRUR 1989, 422, juris-Rn. 28 – FLASH).
(2) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem „Kaufvertrag über Ladengeschäfte“ zwischen der MPL und der LHG vom 10.09.1985 (Anlage B 3), wonach drei Ladengeschäfte in Garmisch, Eching und Haibach verkauft wurden, und dem „Kaufvertrag über Franchisegeber-Lizenz“ zwischen der MPL und der LHG vom 08.10.1985 (Anlage B 2), wonach die LHG von der MPL u.a. sämtliche Rechte zur ausschließlichen und weltweiten Nutzung und Erweiterung des Franchisesystems als Franchisegeber kaufte, ein abgeschlossener Teilbetrieb von der MPL auf die LHG übertragen wurde.
(a) Die beweispflichtigen Beklagten führen insoweit aus, dass mit dem Vertrag vom 08.10.1985 (Anlage B2) sämtliche Franchise-Geber-Rechte hinsichtlich „M… P…“ geschlossen an die LHG verkauft und übertragen worden seien. Dafür sei ein Betrag in Höhe von knapp 200.000,00 DM gezahlt worden. Diese Franchise-Geber-Rechte hätten im Jahr 1985 einen abgrenzbaren Betriebsteil der MPL dargestellt. Außer dem vorgenannten Franchise-System habe die Verkäuferin an die Käuferin sämtliche damals schon bestehenden Franchise-Filialen übertragen. Als weiteren Betriebsteil habe die Verkäuferin an die Käuferin die von ihr selbst betriebenen Filialen in G…(Ort), E…(Ort) und H…(Ort) übertragen (Anlage B 3), wobei es sich dabei um diejenigen Eigenfilialen gehandelt habe, in denen die mit Abstand größten Umsätze erzielt wurden. Die Verkäuferin sei ein reines Vertriebs-Unternehmen gewesen, und die verschiedenen Vertriebsteile seien sowohl hinsichtlich des Eigenvertriebs als auch hinsichtlich des Franchise-Vertriebs selbstständig gewesen.
(b) Selbst bei Zugrundelegung dieses Vortrags wurde in den Verträgen vom 10.09.1985 und 08.10.1985 kein abgeschlossener Teilbetrieb seitens der MPL auf die LHG übertragen.
In diesem Zusammenhang ist zum einen zu berücksichtigen, dass die MPL unstreitig eigene Filialen in Konkurrenz zu den übernommenen Filialen und dem übernommenen Franchise-Betrieb der LHG in Deutschland weiter betrieb. Es liegt somit kein Übergang des Unternehmens derart vor, dass diejenigen Bestandteile übergehen, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten den Schluss rechtfertigen, dass die mit den Zeichen verbundene Geschäftstradition von der LHG fortgesetzt wird. Dass es sich bei den von der LHG übernommenen Filialen um die umsatzstärksten Läden handelte, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil beide Unternehmen mit dem Vertrieb von mit dem Zeichen „M… P…“ gekennzeichneten Waren befasst sein sollten.
Zum anderen ist zu beachten, dass für die Vorschrift des § 8 WZG das Unterbinden von Täuschungen der Allgemeinheit entscheidend war. Nach dem „Kaufvertrag von Nutzungsrechten“ vom 10.09./24.09.1985 sollte die LHG das Recht erhalten, unter dem Namen „M… P…“ Lederwarengeschäfte zu eröffnen, sowohl für sich, als auch für andere natürliche oder juristische Personen, Waren her zu stellen, zu kaufen, zu verkaufen und alle Geschäfte zu tätigen, durch die der Name „M… P…“ wirtschaftlich verwertet werden kann. Das gleiche Recht sollte die MPL für ihre Ladengeschäfte behalten. Beide Parteien sollten in der gleichen Branche tätig sein. Vor diesem Hintergrund hätte eine solche Markenübertragung zu einer erheblichen Täuschungsgefahr Veranlassung gegeben, zumal das Kennzeichen „M… P…“ den allein kennzeichnenden Bestandteil des Namens und der Firma der ursprünglichen Rechtsinhaberin MPL darstellte.
(3) Dass nach dem derzeit geltenden § 27 MarkenG eine sogenannte Leerübertragung einer Marke (ohne zumindest teilweisen Übergang eines Geschäftsbetriebs) möglich ist, da nunmehr das Prinzip der Nichtakzessorietät der Marke gilt (vgl. Fezer, MarkenR, 4. Aufl. 2009, § 27 MarkenG Rn. 7), ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn dieser Grundsatz der Nichtakzessorietät ist nicht rückwirkend auf Rechtshandlungen anzuwenden, die vor dem 01.01.1995 vorgenommen worden sind (BGH, Urteil vom 03.11.1994 – I ZR 71/92, GRUR 1995, 117, juris-Rn. 36 – NEUTREX). Eine rückwirkende Heilung von Leerübertragungen erfolgt somit nicht (Hacker, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 27 Rn. 64).
bb) Der Senat hat außerdem Bedenken, dass der „Kaufvertrag über Nutzungsrechte“ vom 10./24.09.1985 die – unterstellt – abgetretenen Markenrechte hinreichend bestimmbar aufführt.
Auf den dinglichen Übertragungsvorgang finden über § 413 BGB die Vorschriften der §§ 398 ff. BGB Anwendung (Hacker, a.a.O., § 27 Rn. 18). Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn der Gegenstand der Abtretung bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Rechtsnatur der Abtretung, die ein dingliches Rechtsgeschäft ist (BGH, Urteil vom 11.05.2017 – IX ZR 238/15, NJW 2017, 3373, Rn. 25). Notwendig ist deshalb im Falle einer eingetragenen Marke in der Regel die Bezeichnung der Register-Nummer, ggf. unter Hinzufügung des Zeichens. Um dem Erfordernis der Bestimmbarkeit zu genügen, ist zumindest ein Hinweis auf die Tatsache der Eintragung von Markenrechten notwendig (OLG Stuttgart, Urteil vom 23.10.1998 – 2 U 40/98, NJWE-WettbR 1999, 260, juris-Rn. 32 – ZILGREI). Sofern die notwendige Bestimmbarkeit gegeben ist, kann die Übertragung auch zukünftige Marken zum Gegenstand haben und dazu führen, dass der Rechtsübergang gemäß §§ 413, 398 BGB ohne weiteres mit dem Entstehen des Markenschutzes stattfindet (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.1998 – IX ZR 232/96, NJW-RR 1998, 1057, juris-Rn. 18). Um festzustellen, ob dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge geleistet wird, kann grundsätzlich abstrakt gefragt werden, ob ein Dritter allein anhand des Inhalts einer Vereinbarung ohne Zuhilfenahme anderer Umstände erkennen kann, auf welchen konkreten Gegenstand sich die Verfügung bezieht.
Im vorliegenden Fall bezieht sich der Vertrag auf das „Nutzungsrecht des Namens ‘M… P…’“ sowie den „noch zu schützenden Schriftzug dieses Namens“. Aufgrund dieser Formulierung ist für einen Dritten nicht erkennbar, auf welche konkreten Schutzrechte sich die – unterstellte – Markenübertragung erstrecken sollte. Die Bezeichnung des Nutzungsrechts „des Namens ‘M… P…’“ kann sich sowohl auf das Unternehmenskennzeichen der MPL als auch auf irgendwelche – nicht näher bezeichneten – sonstigen Namens- oder auf eingetragene oder uneingetragene Markenrechte beziehen. Unklar ist auch, was mit einem „noch zu schützenden Schriftzug dieses Namens“ gemeint ist.
Eine Klarstellung erfolgte auch nicht durch die Angaben der Zeugen. Der Zeuge E… P… führte in seiner schriftlichen Beantwortung der Zeugenfrage aus, dass im Jahr 1985 die Marke „M… P…“ an die LHG verkauft worden sei. Gleiches sagte der Zeuge M… P… Dagegen gab die Zeugin A… P… an, dass es zwei Marken gab – eine Wort- und eine Bildmarke – die im Jahr 1985 an die LHG verkauft wurden. Die Zeugin A… P… bestätigte hingegen, dass zwischen 1985 und 2000 alle Marken der LHG gehört hätten.
cc) Sollte der Vortrag der Beklagten dahingehend zu verstehen sein, dass über den Wortlaut der Vereinbarung vom 10./24.09.1985 hinaus durch mündliche Abrede alle zukünftigen Marken mit dem Wortbestandteil „M… P…“ von der MPL auf die LHG übertragen worden seien, scheitert eine derartige Übertragung hinsichtlich der Unionsmarken 4 088 183 und 5 155 296 an der Formvorschrift des Art. 20 Abs. 3 UMV. Danach muss die rechtsgeschäftliche Übertragung der Unionsmarke schriftlich erfolgen und bedarf der Unterschrift der Vertragsparteien; anderenfalls ist sie nichtig.
2. Eine Markenübertragung erfolgte auch nicht durch den Kaufvertrag von Nutzungsrechten vom 09.11.2000 zwischen der LHG und dem Beklagten zu 1). Auch bei diesem Vertrag scheitert der Markenerwerb sowohl an tatsächlichen (nachfolgend unter Buchstabe a)) als auch an rechtlichen (nachfolgend unter Buchstabe b)) Gründen. Außerdem konnte dieser Vertrag nur solche Rechte umfassen, welche die LHG von der MPL im Jahr 1985 erworben hatte (nachfolgend unter Buchstabe c)).
a) Der Senat ist aufgrund der Auslegung der Vereinbarung sowie einer Gesamtwürdigung der einvernommenen Zeugen und der sonstigen zu beücksichtigenden Umstände nicht davon überzeugt, dass durch den Kaufvertrag von Nutzungsrechten vom 09.11.2000 zwischen der LHG und dem Beklagten zu 1) eine Übertragung der streitgegenständlichen Marken erfolgte.
In Bezug auf die den Beklagten obliegende Beweislast wird auf die obigen Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1.a) aa) Bezug genommen.
Die Auslegung dieses Vertrags ergibt, dass durch diese Vereinbarung keine Markenübertragung erfolgte. Zunächst wird auf die Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1.a) bb) Bezug genommen. Auch die Vereinbarung vom 09.11.2000 bezieht sich nur auf ein „nicht ausschließliches Nutzungsrecht“. So heißt es in § 1 (Kaufsache), dass der Beklagte zu 1) von der LHG „das nicht ausschließliche Nutzungsrecht des Namens ‘M… P…’ sowie den Schriftzug dieses Namens“ zu einem Kaufpreis von 1,00 DM kauft. In diesem Zusammenhang ist auch auf § 2 der Vereinbarung zu verweisen, der regelt, dass das Recht zur Namensnutzung am 01.09. 2000 beginnt und unbefristet und unkündbar ist, sofern nicht Gründe im Marktverhalten des Käufers bestehen, die eine außerordentliche Kündigung unabdingbar machen. Auch diese Regelung würde keinen Sinn ergeben, wenn die Marke auf den Käufer übertragen worden ist.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der einvernommenen Zeugen veranlasst. Auch insoweit erfolgt zunächst eine Bezugnahme auf die Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1.a) cc). Hinsichtlich des behaupteten Übertragungsvorgangs vom 09.11.2000 ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Angaben der Zeugen im Detail teilweise nicht übereinstimmten. So gab der Zeuge E… P… im Rahmen der schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage an, dass im Jahr 2000 zwei zusätzliche Marken an den Beklagten übertragen worden seien. Die Zeugin A… P… führte hingegen aus, dass im Jahr 2000 die aus der Sicht des Beklagten zu 1) „nicht rechtens“ für die MPL eingetragenen Marken sicherheitshalber nochmal an diesen übertragen worden seien. Dagegen erklärte die Zeugin A… P…, dass der Beklagte zu 1) nach Gesprächen mit seinen Eltern festgestellt habe, dass es weitere Marke gebe, weshalb er sich mündlich von seinen Eltern habe bestätigen lassen, dass ihm ab 2000 alle Marken persönlich gehören. Der Zeuge M… P… konnte zur weiteren Firmenentwicklung nach 1985 im Einzelnen nichts weiter sagen.
In Bezug auf die zu berücksichtigenden sonstigen Umstände wird auf die Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1.a) dd) und hinsichtlich der vorzunehmenden Gesamtwürdigung auf Ziffer B.II.1.a) ee) Bezug genommen.
b) Auch in Bezug auf den Vertrag vom 09.11.2000 hat der Senat Bedenken hinsichtlich der Bestimmbarkeit der – unterstellt – übertragenen Marken. Denn auch in diesem Vertrag werden die Widerklagemarken nicht ausdrücklich erwähnt. Vielmehr ist nur allgemein vom „Nutzungsrecht des Namens ‘M… P…’ sowie den Schriftzug dieses Namens“ die Rede. Auf die Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1.b) bb) und – hinsichtlich des Inhalts der Zeugenaussagen – unter Ziffer B.II.2.a) wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des bei der Übertragung von Unionsmarken bestehenden Formerfordernisses wird auf die Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1.b) cc) Bezug genommen.
c) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kaufvertrag von Nutzungsrechten vom 09.11.2000 zwischen der LHG und dem Beklagten zu 1) nur solche Rechte umfassen konnte, welche die LHG von der MPL im Jahr 1985 erworben hatte. Da vor dem Hintergrund der Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1. der „Kaufvertrag über Nutzungsrechte“ vom 10./24.09.1985 nur eine Nutzungsrechtseinräumung und keine Markenrechtsübertragung enthielt, kann denknotwendig eine Weiterübertragung der Marke nicht erfolgen.
aa) Das auf dem Vertragsdokument erklärte „Einverständnis“ von A… P…, der Geschäftsführerin der MPL, führt mangels eines hinreichenden Bestätigungswillens nicht zu einer Bestätigung/Genehmigung vorangegangener Markenübertragungen.
Einer Willensbekundung kann nur dann eine Bestätigung mit der rechtlichen Wirkung der erneuten Vornahme des nichtigen Rechtsgeschäfts (§ 141 Abs. 1 BGB) entnommen werden, wenn der Erklärende sich der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bewusst ist oder jedenfalls Zweifel an seiner Wirksamkeit hat (BGH, Urteil vom 03.11.1994 – I ZR 71/92, GRUR 1995, 117, juris-Rn. 41 – NEUTREX; BGH, Urteil vom 10.05.1995 – VIII ZR 264/94, juris-Rn. 24). Gleiches gilt bei der Einwilligung bzw. Genehmigung zur Verfügung eines Nichtberechtigten nach § 185 BGB. Auch diese setzen voraus, dass sich der Erklärende zumindest der Möglichkeit bewusst ist, durch sein Handeln eine schwebend unwirksame Erklärung oder einen schwebend unwirksamen Vertrag zu genehmigen (BGH, Urteil vom 27.10 2008 – II ZR 158/06, NJW 2009, 289, Rn. 35). Das Verhalten des Zustimmungsberechtigten muss auch aus Sicht des Adressaten ausdrücken, das Geschäft gelten zu lassen. Diese Vorstellung setzt voraus, dass der Adressat der konkludenten Genehmigung in dem Zeitpunkt, in dem das in Rede stehende Verhalten an den Tag gelegt wird, ebenfalls die Zustimmungsbedürftigkeit des Hauptgeschäfts gekannt oder jedenfalls mit deren Möglichkeit gerechnet hat (Regenfus, in BeckOGK, 01.04.2021, § 182 BGB Rn. 128).
Im vorliegenden Fall ergeben sich aus dem Vertrag vom 09.11.2000 keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien oder die MPL die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags kannten oder mit ihr rechneten. Vielmehr heißt es in der Präambel dieses Vertrags ausdrücklich, dass die LHG „mit Vertrag vom 10.09.1985 […] die Namensrechte ‘M… P…’ von der MPL erworben“ habe. Auch der Zustimmungserklärung (“Die Fa. M… P… Lederwaren GmbH erklärt durch Unterschrift der Gf A… P… ihr Einverständnis zu diesem Vertrag“) sind keine entsprechenden Wirksamkeitszweifel zu entnehmen.
Auch die einvernommenen Zeugen machten keine Aussagen zu bestehenden Zweifeln an der Wirksamkeit der angeblichen Markenübertragung durch die LHG auf den Beklagten zu 1). So gab der Zeuge E… P… im Rahmen der schriftlichen Beantwortung der Zeugenfrage an, dass es, als der Beklagte zu 1) die LHG im Jahr 2000 verkauft habe, noch zusätzlich zwei zwischenzeitlich auf die MPL eingetragene Marken gegeben habe, die noch sicher an den Beklagten zu 1) übertragen werden sollten. Dies sei 2000 gemacht worden. Die Zeugin A… P… gab auf die Frage, warum sie die Zustimmungserklärung auf dem Vertrag vom 09.11.2000 als Geschäftsführerin der MPL unterschrieben habe, an, dass sie dies nicht wisse. Auf eine weitere Frage führte die Zeugin aus, dass es, so viel sie wisse, weitere zwei Marken gewesen seien, die die MPL nicht rechtlich eingetragen habe und die auf den Beklagten zu 1) übertragen worden seien, weil die Marken 1985 ja an die LHG gegangen seien.
bb) Darüber hinaus könnte eine Zustimmung der MPL nur über das Tatbestandsmerkmal der Nichtberechtigung der LHG hinweghelfen. Wenn – wie im vorliegenden Fall – die Markenübertragung auch aus anderen Gründen (wie beispielsweise der fehlenden Bestimmtheit) scheitert, ist die Zustimmungserklärung diesbezüglich unbehelflich.
3. Eine Übertragung der streitgegenständlichen Marken erfolgte auch nicht aufgrund der Erklärung der Frau A… P… vom 14.01.2013 (Anlage B15). Diese Erklärung stellt weder einen Übertragungsvertrag (nachfolgend unter Buchstabe a)) noch die wirksame Genehmigung bzw. Bestätigung einer vorangegangenen Markenübertragung dar (nachfolgend unter Buchstabe b)).
a) Eine Markenübertragung kann in der Erklärung vom 14.01.2013 nicht gesehen werden. Denn eine dingliche Übertragung von Markenrechten setzt einen Abtretungsvertrag nach §§ 413, 398 BGB voraus. Diese für den Rechtsübergang unverzichtbare Voraussetzung des Abschlusses eines Abtretungsvertrages zwischen Zedent und Zessionar ist bei der Bestätigung vom 14.01.2013 nicht erfüllt, weil es sich dabei um eine einseitige Erklärung von Frau A… P… handelt. Dass die Erklärung auf dem Briefpapier des Beklagten zu 1) niedergelegt ist, führt nicht zum Vorhandensein von zwei korrespondierenden Willenserklärungen.
b) Die Erklärung vom 14.01.2013 stellt auch keine wirksame Genehmigung bzw. Bestätigung einer vorangegangenen Markenübertragung dar.
aa) Die behauptete Bestätigung oder Genehmigung der Markenübertragung scheitert bereits daran, dass die Auslegung der Erklärung ergibt, dass sie sich nur auf die Einräumung von Nutzungsrechten bezieht (vgl. dazu die Ausführungen des Senats unter Ziffer B.II.1.a) bb)). Auch in dieser Erklärung heißt es, dass der Beklagte zu 1) an den „Registrierungen […] aufgrund der o.a. Verträge das Nutzungsrecht“ habe. Es wird daher darin kein Kauf von Stammrechten, sondern lediglich ein Nutzungsrecht bestätigt.
Gegen Genehmigung bzw. Bestätigung einer Markenübertragung sprechen auch die unter Ziffer B.II.1.a) dd)(2) aufgeführten sonstigen Umstände. Für den Senat erscheint es unglaubwürdig, wenn einerseits angeblich eine Markeninhaberschaft des Beklagten zu 1) bestätigt wird und anderseits die MPL oder eine ihrer Nachfolgegesellschaften nach der angeblichen Veräußerung der Marke markenmäßige Verfügungen vornehmen.
bb) Außerdem wurde am 14.01.2013 die Ablösung der Frau A… P… als Geschäftsführerin der Komplementärin der MPV (Anlage B 18), der A… P… Verwaltungs GmbH, im Handelsregister eingetragen (Anlage KPW 18). Ihr fehlte daher im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung die erforderliche Vertretungsmacht.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund des Vorbringens der Beklagten veranlasst, wonach die Vereinbarung mündlich Anfang Januar 2013 erfolgt sei. Das Vereinbarte sei dann kurz darauf in der schriftlichen Erklärung (Anlage B15) festgehalten worden.
(1) Zum einen ist dieser erstmals in der Berufung erfolgte Vortrag verspätet.
Ausweislich des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils hatten die Beklagten in erster Instanz Folgendes vorgetragen:
Die Mutter des Beklagten zu 1) habe diesem – als Geschäftsführerin der MPV (Anlage B 18) – am 14.01.2013 bestätigt, dass ihm ausschließlich die entsprechenden Marken (dt. und lR-Marken) gehören (Anlage B 15). Hintergrund dieses Schreibens sei gewesen, dass die MPV am 27.12.2012 einen Lizenzvertrag mit zwei anderen Gesellschaften des M…-P…-Konzerns geschlossen hatte und dabei als Lizenzgeberin für die Marken aufgetreten war. Der Beklagte zu 1) habe sich daraufhin zur rechtlichen Absicherung und Vermeidung künftiger Verwechslungen mit der Erklärung vom 14.01.2013 bestätigen lassen, dass er nach wie vor Markeninhaber war. Die Vertretungsberechtigung spiele keine Rolle.
Dafür, welche Tatsachen in erster Instanz vorgetragen, welche bestritten worden und welche unbestritten geblieben sind, erbringt der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, zu welchem auch die Wiedergabe von Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen gehört, gemäß § 314 ZPO Beweis, der nur durch das Sitzungsprotokoll der letzten mündlichen Verhandlung, soweit dieses Tatsachenvortrag konkret wiedergibt, entkräftet werden kann. Im Berufungsverfahren ist von der Richtigkeit dieser tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts auszugehen. Da die Klagepartei diese Feststellungen nicht im Wege eines Tatbestandsberichtigungsantrags gerügt hat, sind sie für das Berufungsgericht nach §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend (BGH, Urteil vom 17.01.2012 – XI ZR 457/10, NJW-RR 2012, 622, Rn. 18). Daraus folgt, dass eine Partei im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg unter Hinweis auf erstinstanzliche Schriftsätze geltend machen kann, der Tatbestand des angefochtenen Urteils gebe den Sachvortrag unrichtig wieder und begründe deshalb Zweifel an der Tatsachenfeststellung des Erstrichters (OLG Nürnberg, Urteil vom 02.03.2021 – 3 U 321/16, juris-Rn. 94).
Die Behauptung, dass die Vereinbarung in mündlicher Form bereits vor dem 14.01.2013 erfolgt sei, wurde daher erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellt. Dieser von der Klagepartei bestrittene Vortrag unterfällt § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO. Die Beklagten tragen nichts dazu vor, warum sie diese Behauptung unter Beachtung der allgemeinen Prozessförderungspflicht nicht bereits in erster Instanz aufgestellt hatten.
(2) Zum anderen hat die einvernommene Zeugin A… P… eine mündliche Vereinbarung, die dann zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich fixiert worden sei, nicht bestätigt.
cc) Schließlich fehlte der erklärenden A… P… der erforderliche Bestätigungswille (vgl. bereits die Ausführungen unter Ziffer B.II.2.c) aa)). Denn ihr sind – wie sich dem Tatbestand des Ersturteils entnehmen lässt (vgl. oben unter Ziffer B.II.3.b) bb)(1)) – keine Zweifel an der Wirksamkeit des damaligen Rechtsgeschäfts gekommen. Vielmehr war – ausweislich der tatbestandlichen Ausführungen des Erstgerichts – Hintergrund dieser Bestätigung, dass die MPV am 27.12.2012 einen Lizenzvertrag mit zwei anderen Gesellschaften des M…-P…-Konzerns geschlossen hatte und dabei als Lizenzgeberin für die Marken aufgetreten war; der Beklagte zu 1) habe sich daraufhin zur rechtlichen Absicherung und Vermeidung künftiger Verwechslungen mit der Erklärung vom 14.01.2013 bestätigen lassen, dass er nach wie vor Markeninhaber sei. Ein Festhalten an einem unerkannt nichtigen Geschäft ist aber – wie bereits ausgeführt – keine Bestätigung.
4. Eine gegenüber der Klägerin wirksame Markenübertragung oder Genehmigung bzw. Bestätigung einer vorangegangenen Markenübertragung erfolgte schließlich nicht auf der Grundlage der handschriftlichen Bestätigung von E… P… (Anlage B 16).
a) Die insoweit beweispflichtigen Beklagten (vgl. dazu unter Ziffer B.II.1.a) aa)) bleiben beweisfällig dafür, dass diese Bestätigung zu einem Zeitpunkt abgegeben wurde, in welcher E… P… entsprechende Vertretungsmacht hatte.
aa) Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind (§ 416 ZPO); dies setzt nach § 420 ZPO die Vorlage der Urschrift voraus. Diese Beweisregel erstreckt sich nicht auf den Inhalt der niedergelegten Erklärungen. Ob die in der Privaturkunde enthaltenen Angaben – auch über die Zeit der Ausstellung – zutreffen, ob insbesondere ein in der Urkunde bestätigtes Rechtsgeschäft zustande gekommen ist und welchen Inhalt es hat, unterliegt der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung (BGH, Urteil vom 24.06.1993 – IX ZR 96/92, NJW-RR 1993, 1379, juris-Rn. 26).
Im vorliegenden Fall tragen die Beklagten vor, dass die Bestätigung aus dem Februar 2015 stamme. Dies bestreitet die Klägerin. Zur Begründung führt die Klägerin u.a. aus, dass das Schriftstück keinen Eingang in die Geschäftspapiere des Unternehmens gefunden habe. Außerdem sei es vorgerichtlich nicht vorgelegt worden, sondern erst im Klageverfahren mit dem zweiten Schriftsatz vom 05.09.2017. Schließlich gebe es zwei von den Beklagten vorgelegte Versionen der Anlage B 16, wobei auf einer sich folgender – offensichtlich erst 2017 erstellter – Computervermerk befinde:
Hier ist die Übersicht der Marken 2017 (für unsere internen Zwecke). Ganz wichtig zum nachsehen können. Wann wurde welche Marke von wem eingetragen, wem gehörte sie 2013 und 2015, wer war Vertretungsberechtigt und wie sind sie an mich übertragen worden (falls sie übertragen wurden).
Die Beklagten bleiben beweisfällig für ihre Behauptung, dass die Bestätigung im Februar 2015 zustandegekommen sei. Der Privaturkunde selbst ist kein Datum entnehmbar. In der schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage erwähnte der Zeuge E… P… diese Bestätigung nicht; im Gegenteil führte er aus, dass alle Marken spätestens im Jahr 2000 auf den Beklagten zu 1) übertragen worden seien. Die Zeugin A… P… gab zwar an, dass hinsichtlich einer EU-Marke E… P… bestätigt habe, dass diese dem Beklagten zu 1) gehöre, ohne jedoch ein Datum dieser Bestätigung zu nennen. Die anderen Zeugen konnten zu der Bestätigung keine Angaben machen.
Der Beklagte zu 1) war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Instanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Senat war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Er konnte in diesen Terminen zu seiner Sicht der Übertragungsvorgänge durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vortragen und die Zeugen befragen. Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass im vorliegenden Fall die Grundsätze der Notwendigkeit der Parteianhörung unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit anwendbar wären, ist damit den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan (BGH, Urteil vom 08.07.2010 – III ZR 249/09, NJW 2010, 3292, Rn. 16).
bb) E… P… war bis zum 28.12.2015 Geschäftsführer der MPG. Die MPV, für die E… P… eine Einzelprokura hatte und die im Jahr 2015 registrierte Inhaberin der streitgegenständlichen Marken war, wurde am 07.01.2016 aufgelöst und ist erloschen. Es ist für den Senat – gerade auch vor dem Hintergrund der von der Klagepartei geschilderten Umstände, warum sie bestreitet, dass die Erklärung aus dem Februar 2015 stamme – durchaus vorstellbar, dass die handschriftliche Bestätigung erst nach diesen Zeitpunkten erfolgte und E… P… somit nicht mehr für die Vornahme von Markenübertragungen oder entsprechenden Bestätigungen bevollmächtigt war.
b) Die Erklärung ist außerdem vom lnsolvenzverwalter N… A… wirksam gemäß §§ 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 lnsO angefochten worden, weshalb die Klägerin vor dem Hintergrund der erfolgten Abtretung der Ansprüche durch den Insolvenzverwalter den Widerklageansprüchen die Vorschrift des § 242 BGB entgegenhalten kann.
aa) Eine hinreichende Anfechtungserklärung liegt in dem Schreiben des lnsolvenzverwalters vom 20.12.2017 (Anlage KPW 22).
Die Anfechtung muss nicht – geschweige denn ausdrücklich – als solche „erklärt” werden. Für die Ausübung des Anfechtungsrechts genügt jede erkennbare – auch konkludente – Willensäußerung, dass der Insolvenzverwalter eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz nicht hinnehme, sondern zur Masseanreicherung wenigstens wertmäßig auf Kosten des Anfechtungsgegners wieder auszugleichen suche (BGH, Urteil vom 21.02.2008 – IX ZR 209/06, NJW-RR 2008, 1272, Rn. 11).
Vor diesem Hintergrund ist es ausreichend, dass der Insolvenzverwalter in dem Schreiben vom 20.12.2017 gegenüber dem Beklagten zu 1) die Anfechtung der behaupteten Neuvornahme einer Markenübertragung als gläubigerbenachteiligend oder vorsorglich als unentgeltlich erklärt, selbst wenn in der handschriftlichen Bestätigung von E… P… nur die Genehmigung oder Bestätigung einer vorangegangenen Markenübertragung zu sehen wäre.
bb) Die Anfechtung bezieht sich auf eine Rechtshandlung i.S.v. § 129 Abs. 1 InsO.
Sowohl die Übertragung von Marken auf deinen Dritten als auch die Genehmigung oder Bestätigung einer vorangegangenen Markenübertragung sind als Rechtshandlungen anzusehen, weil es sich dabei um von einem Willen getragene Maßnahmen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handelt, die rechtliche Wirkungen auslösen (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2014 – IX ZR 164/13, NJW 2014, 1737, Rn. 9).
Ohne Relevanz ist dabei, dass diese Rechtshandlung durch den Einzelprokuristen der MPV und nicht der MPG (späteren lnsolvenzschuldnerin) vorgenommen wurde. Zum einen können die anfechtbaren Rechtshandlungen nicht nur vom (späteren) Insolvenzschuldner, sondern auch – außer in den hier nicht einschlägigen Fällen der §§ 132-134 InsO – von Gläubigern oder weiteren Dritten vorgenommen worden sein (vgl. Raupach, in BeckOK InsO, 23. Ed. 15.04.2021, § 129 InsO Rn. 28; Karsten Schmidt, InsO, 19. Aufl. 2016, § 129 Rn. 36). Zum anderen führte das Ausscheiden der Komplementärin A… P… Verwaltungs GmbH aus der MPV am 07.01.2016 zum Erlöschen der MPV und zur Gesamtrechtsnachfolge der einzig verbliebenen Kommanditistin MPG (vgl. Hierzu BGH, Urteil vom 15.03.2004 – II ZR 247/01, NZG 2004, 611, juris-Rn. 4), so dass Handlungen der MPV als Handlungen der späteren lnsolvenzschuldnerin MPG anzusehen sind und somit seitens des lnsolvenzverwalters angefochten werden können.
cc) Die in der handschriftlichen Bestätigung von E… P… vorgenommene Übertragung von Marken auf deinen Dritten bzw. die Genehmigung oder Bestätigung einer vorangegangenen Markenübertragung ist als unentgeltliche Leistung i.S.v. § 129 Abs. 1 InsO anzusehen.
(1) Der Begriff der Unentgeltlichkeit ist weit auszulegen. Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll. Der insolvenzrechtliche Begriff der unentgeltlichen Leistung setzt eine Einigung über die Unentgeltlichkeit als solche nicht voraus. Maßgebend ist in erster Linie der objektive Sachverhalt. Erst wenn feststeht, dass der Zahlungsempfänger einen Gegenwert für seine Zuwendung erbracht hat, ist zu prüfen, ob gleichwohl der Hauptzweck des Geschäfts Freigiebigkeit gewesen ist (BGH, Urteil vom 05.03.2015 – IX ZR 133/14, NJW 2015, 1672, Rn. 49).
Wird eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Leistende selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat; maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat (BGH, Urteil vom 17. 10. 2013 – IX ZR 10/13, NJW 2013, 3720, Rn. 6). Für die Entgeltlichkeit genügt es, dass der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß eine ausgleichende Leistung an einen Dritten erbringt (BGH, Urteil vom 20.12.2012 − IX ZR 21/12, NJW-RR 2013, 990, Rn. 25).
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob der Leistungsempfänger eine werthaltige Gegenleistung erbringt, ist der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs. Hat er vertragliche Leistungen bereits erbracht, kann eine ausgleichende Gegenleistung nur nach dem Wert seiner bestehenden, aber noch nicht beglichenen Forderung bemessen werden (BGH, Urteil vom 03.03.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276-283, Rn. 17).
(2) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist die in der handschriftlichen Bestätigung liegende Leistung als unentgeltlich anzusehen.
In der Bestätigung selbst ist keine Gegenleistung vereinbart.
Die im Jahr 1985 bezahlten 20.000,00 DM netto können ebenfalls nicht als eine ausgleichende Gegenleistung angesehen werden. Zum einen erfolgte diese Leistung bereits am 31.12.1985. Zum anderen erfolgte diese Zahlung von der LHG an die MPL, Parteien der handschriftlichen Bestätigung waren jedoch die MPV (als im Jahr 2015 registrierte Inhaberin der streitgegenständlichen Marken), vertreten durch den Prokuristen E… P…, und der Beklagte zu 1). Und schließlich ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand der Zahlung ausweislich der Rechnung vom 01.10.1985 (Anlage B 30) das „Nutzungsrecht an dem Namen M… P…“ und nicht die Übertragung dieses Rechts war.
dd) Die behauptete Markenübertragung oder Genehmigung bzw. Bestätigung einer vorangegangenen Markenübertragung erfolgte weniger als vier Jahre vor der Eröffnung des lnsolvenzverfahrens über das Vermögen der MPG am 01.07.2016 (vgl. § 134 Abs. 1 InsO). Sie benachteiligte auch die Gläubiger der MPG im Sinne des § 129 Abs. 1 lnsO, weil sie der künftigen lnsolvenzmasse Vermögensgegenstände entzog.
ee) Aufgrund der Insolvenzanfechtung kann im vorliegenden Fall die Klägerin vor dem Hintergrund der erfolgten Abtretung der Ansprüche durch den Insolvenzverwalter den Widerklageansprüchen die Vorschrift des § 242 BGB entgegenhalten.
Die Rechtsfolgen einer erfolgreichen Anfechtung ergeben sich aus § 143 InsO: Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden (BGH, Urteil vom 16.10.2014 – IX ZR 282/13, NJW 2015, 164, Rn. 10). Für den Fall, dass durch die handschriftliche Bestätigung ursprünglich wirksam Marken übertragen worden wären oder ursprüngliche Markenübertragungen bestätigt bzw. genehmigt worden wäre, würde daher ein Rückforderungsanspruch des Insolvenzverwalters gegen den Beklagten zu 1) bestehen.
Der Insolvenzverwalter hat diesen Rückforderungsanspruch gegen den Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 04.04.2018 an die Klägerin abgetreten (Anlage KPW 22). Dies ist rechtlich möglich (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2011 – IX ZR 91/10, NJW-RR 2011, 1272, Rn. 8 ff.).
Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin die Erfüllung der mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche gemäß § 242 BGB verweigern. Diese Einrede beruht auf dem Einwand, dass treuwidrig handelt, wer etwas fordert, was er sofort zurückgeben müsste („dolo agit, qui petit, quod statim rediturus est“; vgl. Jacoby, in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 88. Lieferung 05.2021, § 143 Rn. 12).
C.
Die Berufung der Beklagten ist hingegen begründet, soweit sie sich gegen die Stattgabe der Klage wenden. Zwar ist die Klage zulässig (nachfolgend unter Ziffer I.). Der Klagepartei ist jedoch der Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke nicht gelungen ist (nachfolgend unter Ziffer II.).
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere hatte die zwischenzeitliche Auflösung der Gesellschafterin der Klägerin – der Gebr. P… Lederwaren GmbH & Co KG – keinen Einfluss auf die Parteifähigkeit der Klägerin gemäß § 50 Abs. 1 ZPO.
Der nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigende Verlust der Parteifähigkeit tritt erst mit Vollbeendigung einer juristischen Person ein, also der Löschung der vermögenslosen Gesellschaft im Handelsregister. Bestehen dagegen Anhaltspunkte dafür, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung rechts- und parteifähig (BGH, Urteil vom 05.03.2020 – I ZR 32/19, GRUR 2020, 738, Rn. 14 – Internet-Radiorecorder). Dafür reicht bei einem Aktivprozess schon die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft einen Vermögensanspruch geltend macht (BGH, Urteil vom 25.10.2010 – II ZR 115/09, NJW-RR 2011, 115, Rn. 22).
Durch die zwischenzeitliche Auflösung der Gesellschaft der Klägerin änderte sich im vorliegenden Fall der Gesellschaftszweck: die Kommanditgesellschaft wurde zur Abwicklungsgesellschaft. Dabei bestand im (vorliegenden) Aktivprozess die Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft fort, da mit dem streitbefangenen Anspruch Gesellschaftsvermögen geltend gemacht wurde. Da nur der Gesellschaftszweck der P… Lederwaren GmbH & Co. KG geändert war, bestand auch weiterhin die Gesellschaftereigenschaft der P… Lederwaren GmbH & Co. KG bei der Klägerin und damit die Parteifähigkeit der Klägerin fort.
Dem aktuellen Handelsregisterauszug lässt sich entnehmen, dass das Insolvenzverfahren aufgehoben und die Gesellschaft fortgesetzt wird.
II.
Die Klage ist allerdings unbegründet. Aufgrund der von den Beklagten erhobenen Nichtbenutzungseinrede kann die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht auf die Klagemarken stützen, weil ihr – worauf der Senat mit Beschluss vom 13.04.2021 hinwies – der Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke – der Marke IR 556 781 „M… P…“ – nicht gelungen ist (§ 25 Abs. 2 S. 1, § 26 MarkenG, Art. 127 Abs. 3, 18 UMV).
1. Werden Ansprüche wegen Verletzung einer eingetragenen Marke im Wege der Klage geltend gemacht, so hat der Kläger auf Einrede des Beklagten nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage für die Waren oder Dienstleistungen, auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs beruft, gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zum Zeitpunkt der Klageerhebung seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich war (§ 25 Abs. 2 S. 1 MarkenG). Diese Vorschrift findet im Wesentlichen auch auf IR-Marken Anwendung (§§ 117, 124 MarkenG).
Bei Unionsmarken ist die vergleichbare Bestimmung des Art. 127 Abs. 3 UMV einschlägig. Danach kann der Beklagte im Wege des Einwands den Verfall der Unionsmarke wegen mangelnder ernsthafter Benutzung geltend machen. Nach dem in Bezug genommenen Art. 58 Abs. 1 lit. a UMV wird die Unionsmarke für verfallen erklärt, wenn diese innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Union für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen (so auch Art. 18 Abs. 1 UMV).
Es kommt damit jeweils darauf an, ob die Marken innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren bis zur Klageerhebung rechtserhaltend i.S.d. § 26 MarkenG, Art. 18 UMV benutzt worden sind. Dies betrifft den Zeitraum zwischen Mai 2012 und Mai 2017. Außerdem kommt es auch darauf an, ob bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz ein fünfjähriger Nichtbenutzungszeitraum vollendet wurde (vgl. § 25 Abs. 2 S. 2 MarkenG).
Die Beweislast für die rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke trägt die Klägerin als Markeninhaberin. Dies ergibt sich aus § 25 Abs. 2 S. 1 MarkenG und dem insoweit zumindest entsprechend anwendbaren Art. 47 Abs. 2, Art. 64 Abs. 2 UMV (so auch OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 31.10.2019 – 6 U 89/19, GRUR-RR 2020, 102, Rn. 32 ‒ Batterie-Plagiat).
2. Die Benutzungsschonfrist der am 22.06.1990 eingetragenen IR-Marken Nr. 5…1 und Nr. 5…2 als auch der am 20.02.2006 eingetragenen Unionsmarke 4…3 endete deutlich vor der gerichtlichen Geltendmachung des vorliegenden Anspruchs.
Soweit die Klägerin meint, sie habe bis zum 07.07.2021 eine „Benutzungsschonfrist“, ist dies unzutreffend. Die „Benutzungsschonfrist“ beginnt nicht mit der Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Handelsregister.
Durch die Neufassung des § 25 Abs. 2 MarkenG, die ab dem 14.01.2019 gilt, ändert sich für den Streitfall nichts. Danach wird die Benutzungsschonfrist nicht mehr ab dem Zeitpunkt der Eintragung, sondern ab dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr möglich ist, gerechnet. Bei der vorliegenden Marke war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung die Benutzungsschonfrist bereits abgelaufen. Die Rechtsänderung kann sich daher nicht auswirken (so auch OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 08.08.2019 – 6 U 60/18, GRUR-RR 2020, 4, Rn. 20 – Cassella).
3. Die am 08.08.2016 gegründete (Eintragung ins Handelsregister am 25.08.2016) Klägerin erwarb mit Vertrag vom 26.08.2016 die streitgegenständlichen Marken von der M… P… GmbH (im Folgenden: MPG). Eine Markennutzung durch die Klägerin erfolgte bislang unstreitig nicht.
Ohne Relevanz ist die Behauptung der Klägerin, dass eine Markenbenutzung „geplant und aktuell in Arbeit und Aufbau befindlich“ sei. Denn die Klägerin hat im Laufe dieses fast vier Jahre andauernden Rechtsstreits keine konkreten Vorbereitungshandlungen für eine derartige Markenbenutzung dargelegt.
4. Die Klägerin ist für eine relevante Markennutzung durch die MPG bzw. die M… P… lnsolvenzabwicklungsgesellschaft GmbH beweisfällig geblieben (nachfolgend unter Buchstaben a) bis d)). Es liegen auch keine berechtigten Gründe für eine Nichtbenutzung vor (nachfolgend unter Buchstabe e)).
a) Der Jahresabschluss der MPG zum 31.12.2015 (Anlage KPW 15) und die Summen- und Saldenliste bzgl. der Debitorenkonten bis 21.04.2016 (Anlage KPW 16) sind schon aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten nicht geeignet, eine rechtserhaltende Benutzung innerhalb eines fünfjährigen Zeitraums bis zum 18.05.2021 – dem Zeitpunkt, dem der Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz entspricht – darzulegen.
Soweit die Klägerin darüber hinaus behauptet, dass die MPG „bis zuletzt fortgeführt“ worden sei und dabei „in Fortführung der Geschäftstätigkeit“ bzw. „im Rahmen eines normalen Geschäftsgangs“ die Marken rechtserhaltend benutzt habe, und diesen Vortrag unter Zeugenbeweis stellt, braucht der Senat diesem Beweisangebot nicht nachkommen. Denn die Klägerin trägt mit dieser pauschalen Behauptung keine konkreten Tatsachen vor, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, eine relevante Markennutzung als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 28.05.2019 – VI ZR 328/18, NJW 2019, 3236, Rn. 10). Selbst wenn der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass der Umsatz der MPL und ihrer Rechtsnachfolger zu einem nicht unerheblichen Teil auf „M…-P…-Produkten“ beruhte, sind die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet, dass der Senat auf Grund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11.05.2010 – VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217, Rn. 11). Vor dem Hintergrund des Jahresabschlusses der MPG zum 31.12.2015, der Summen- und Saldenliste bzgl. der Debitorenkonten bis 21.04.2016 und der am 22.04.2016 angeordneten vorläufigen Insolvenzverwaltung über das Vermögen der MPG handelt es sich um eine in formelhafter und pauschaler Weise erfolgte Aufstellung von Tatsachenbehauptungen, ohne diese zu dem zu Grunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.11.2015 – VI ZB 11/15, NJW-RR 2016, 63, Rn. 9).
b) Die von der Klägerin vorgelegte Rechnung der M… P… Insolvenzabwicklungsgesellschaft mbH i. L. vom 08.10.2016 über 250.051,30 € brutto (Anlage KPW 17) kann keine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarken dartun.
aa) Bezüglich des Umfangs der Benutzung sind insbesondere das Handelsvolumen, der Benutzungszeitraum oder die Häufigkeit der nachgewiesenen Benutzung relevant (EuG, Urteil vom 08.07.2004 – T-334/01, GRUR Int 2004, 955 Rn. 35 – HIPOVITON). Zwischen diesen einzelnen Faktoren besteht eine gewisse Wechselbeziehung, weshalb ein geringeres Volumen durch eine große Häufigkeit oder Konstanz ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuG, a.a.O. Rn. 36 – HIPOVITON). Entscheidend ist, dass die Marken tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent gewesen sind (EuGH, Urteil vom 13.09.2007 – C-234/06 P, GRUR 2008, 343, Rn. 74 – Il Ponte Finanziaria Spa).
Zwar kann selbst eine geringfügige Benutzung als ernsthaft anzusehen sein, wenn sie mit Blick auf die Gewinnung oder Erhaltung von Marktanteilen wirtschaftlich gerechtfertigt ist (BGH, Beschluss vom 18.05.2017 – I ZR 178/16, GRUR-RS 2017, 126762, Rn. 17 – Glückskäse). Die Benutzung der Marke braucht nicht immer umfangreich zu sein, um als „ernsthaft“ eingestuft zu werden, da eine solche Einstufung von den Merkmalen der betreffenden Ware oder Dienstleistung auf dem entsprechenden Markt abhängt (EuGH, Urteil vom 11.03.2003 – Rs. C-40/01, GRUR 2003, 425, Rn. 39 – Ansul/Ajax). Entscheidend ist jedoch, dass die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (EuGH, Urteil vom 22.10.2020 – C-720/18, C-721/18, GRUR 2020, 1301 Rn. 32 – testarossa). Eine rechtserhaltende, ernsthafte Benutzung i.S.v. § 26 Abs. 1 MarkenG setzt daher voraus, dass die Marke in einer Weise verwendet wird, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, Marktanteile für die betroffenen Waren oder Dienstleistungen gegenüber denjenigen anderer Unternehmer zu gewinnen oder zu behalten (BGH, a.a.O., Rn. 17 – Glückskäse).
Auch schließt der Verkauf von Waren an nur einen einzigen Abnehmer nicht von vornherein die Ernsthaftigkeit der Benutzung aus (EuGH, Urteil vom 11.05.2006 – C 416/04, GRUR 2006, 582, Rn. 76 – VITAFRUIT). Für die Ernsthaftigkeit der Benutzung ist entscheidend, dass der Vorgang für den Markeninhaber wirklich geschäftlich gerechtfertigt ist (EuGH, Beschluss vom 27.01.2004 – C-259/02, juris-Rn. 24 – LA MER TECHNOLOGY).
bb) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs stellt der einmalige Abverkauf von mit der streitgegenständlichen Marke gekennzeichneten Produkten durch den Insolvenzverwalter an einen Abnehmer keine rechtserhaltende Benutzung der Marke dar.
(1) Im vorliegenden Fall enthält die vorgelegte Rechnung vom 08.10.2016 keine Angabe zu Art und Umfang der verkauften Waren, sondern verweist auf einen Kaufvertrag. Die Klägerin trägt zu dem Kaufvertrag vor, dass es sich um eine Rechnung des Insolvenzverwalters an die S… R1. GmbH handele, der der angehängte Kaufvertrag zugrunde liege, mit dem über 30.000 Teile Lederwaren (Taschen, Geldbörsen) verkauft worden seien, die allesamt mit der Marke „M… P…“ gekennzeichnet gewesen seien. Diesen Verkauf stellt die Klagepartei unter Zeugenbeweis. Die S… R1. GmbH habe die Ware sukzessiv über ihre eigenen stationären Geschäfte verkauft, was bis ins Jahr 2017 hinein gedauert habe.
Dem von der Klägerin nunmehr als Anlage KPW 32 in ungeschwärzter Form vorgelegten Kaufvertrag vom 08.08.2016 lässt sich entnehmen, dass die S… R1. GmbH vom Insolvenzverwalter der MPG insgesamt 30.588 Teile Lederwaren, die als „M… P…“- Waren gelabelt bzw. gebrandet sind, erwarb. Der Kaufpreis sollte 217.500,00 € netto betragen. Der Gläubigerausschuss hatte seine Zustimmung zu diesem Vertrag nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO erteilt.
(2) Der Abverkauf von bereits produzierten Waren durch den Insolvenzverwalter diente nicht dazu, Marktanteile für die betroffenen Waren oder Dienstleistungen gegenüber denjenigen anderer Unternehmer zu gewinnen oder zu behalten. Wie die Klägerin selbst vorträgt, sollte der Abverkauf aus insolvenzrechtlicher Sicht zur Generierung von Masse führen. Daraus folgt jedoch, dass damit kein Absatzmarkt erschlossen oder gesichert werden, sondern gemäß § 159 InsO das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen verwertet werden sollte. Dies zeigt auch die Notwendigkeit der Zustimmung des Gläubigerausschusses nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO, die u.a. dann erforderlich ist, wenn das Warenlager im ganzen veräußert werden soll.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den veräußerten Waren um Koffer, Damen- und Herrenbörsen, Ausweishüllen u.ä. handelte. Bei derartigen Waren des täglichen Bedarfs ist ein einmaliger Veräußerungsvorgang an einen einzigen Abnehmer kein geschäftlich gerechtfertigter Vorgang. Es kann keine Rede davon sein, dass hierdurch eine stetige Präsenz auf dem Markt mit einem stabilen Erscheinungsbild gesichert wurde.
Außerdem kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die am 08.08.2016 gegründete Klägerin nur kurz nach Abschluss des Kaufvertrags vom 08.08.2016 und noch vor der Rechnungserstellung vom 08.10.2016 die streitgegenständlichen Marken mit Vertrag vom 26.08.2016 erwarb. Es hätte nahegelegen, dass sie als künftige Markeninhaberin den Bestand der mit den Marken gekennzeichneten Waren übernimmt und selbst auf dem Markt auftritt.
(3) Schließlich hat die Klägerin die für die rechtserhaltende Benutzung erforderliche Beziehung zwischen der Marke und den mit Kaufvertrag vom 08.08.2016 veräußerten Waren nicht hinreichend dargetan.
Die Benutzung einer eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung, für die sie eingetragen ist, dadurch zu garantieren, dass sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (BGH, Urteil vom 18.10.2007 – I ZR 162/04, GRUR 2008, 616, Rn. 10 – AKZENTA). Der angesprochene Verkehr muss die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung ansehen (BGH, Urteil vom 10.04.2008 – I ZR 167/05, GRUR 2009, 60, Rn. 22 – LOTTOCARD). Sofern also bei den einschlägigen Waren die jeweiligen Marken üblicherweise auf den Waren selbst, ihrer Verpackung oder Umhüllung angebracht werden, sind diese Verwendungsformen grundsätzlich auch zur Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung unabdingbar, weil dann nur auf diese Weise die erforderliche Herkunftsfunktion erfüllt wird (Ströbele, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 46).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den veräußerten Waren wie Koffer oder Damen- und Herrenbörsen gerichtsbekannt um Produkte, bei denen die jeweiligen Marken üblicherweise auf den Waren selbst, ihrer Verpackung oder Umhüllung angebracht werden. Diese notwendige Beziehung zwischen Ware und Marke lässt sich dem vorgelegten Kaufvertrag jedoch nicht entnehmen. Der Vertrag führt lediglich allgemein aus, dass die veräußerten Produkte als „M… P…“- Waren gelabelt bzw. gebrandet seien. Da die Klägerin keine Muster oder Fotografien der veräußerten Produkte vorgelegt hat, kann der Senat nicht erkennen, ob die angesprochenen Verkehrskreise bei den derart veräußerten Waren die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen dafür ansehen.
c) Der unter Zeugenbeweis gestellte Vortrag der Klägerin über die Benutzung der streitgegenständlichen Marken durch die MPG in Einzelhandelsgeschäften und Outlets steht vor dem Hintergrund der am 22.04.2016 angeordneten vorläufigen Insolvenzverwaltung und der Tatsache, dass die vorgelegte Aufstellung über Jahresumsätze an den einzelnen Standorten (Anlage KPW 25) im Mai 2016 endet, der Vollendung eines fünfjähriger Nichtbenutzungszeitraum bis zum 18.05.2021 – dem Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz entspricht – auch vor dem Hintergrund einer unter Umständen notwendigen Beweisaufnahme nicht entgegen. Auf diesen Umstand hatte der Senat ausdrücklich im Beschluss vom 13.04.2021 hingewiesen, ohne dass die Klägerin zu diesem Punkt eine Stellungnahme abgab.
d) Die von der Klägerin vorgelegten Auszüge aus dem die „M… P…“-Produkte betreffenden Produktangebot bei Amazon und eBay vom 24.01.2018 (Anlagen KPW 26 und KPW 27) sind nicht geeignet, eine rechtserhaltende Benutzung darzutun. Denn als Verkäufer sind bei den jeweiligen Angeboten immer andere Personen oder Firmen als die MPG genannt. Die Klägerin führt zwar aus, dass diese Produkte ursprünglich von der MPG oder mit deren Zustimmung in den Verkehr gebracht worden seien. Die Verwendung der Marke durch Abnehmer der Ware ist jedoch bereits deshalb nicht für den Markeninhaber rechtserhaltend, weil es insoweit an einem markenmäßigen Fremdbenutzungswillen des Abnehmers fehlt (vgl. Ströbele, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 160, 165). Außerdem scheidet eine Zurechnung der Drittbenutzung auch dann aus, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Markeninhaber wegen einer Erschöpfung des Markenrechts nach § 24 MarkenG dem Dritten die Benutzung der Marke markenrechtlich nicht untersagen kann (Fezer, MarkenR, 4. Aufl. 2009, § 26 MarkenG Rn. 165). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass weder die MPG noch die M… P… lnsolvenzabwicklungsgesellschaft GmbH im Zeitpunkt des Ausdrucks der Anlagen aufgrund der vorangegangenen Insolvenz noch existierten.
e) Es liegen auch keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG, Art. 18 Abs. 1 UMV vor.
aa) Der Begriff der berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung einer Marke darf nicht weit ausgelegt werden. Denn die Verwirklichung des Ziels des Benutzungszwangs wäre gefährdet, wenn jedes auch noch so kleine Hindernis, solange es nur vom Willen des Markeninhabers unabhängig wäre, für die Rechtfertigung der Nichtbenutzung der Marke ausreichte (EuGH, Urteil vom 14.06.2007 – C-246/05, GRUR 2007, 702, Rn. 51 – Armin Häupl/Lidl). Welche Gründe als berechtigt anzusehen sind, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
Damit die Hindernisse für die Nutzung als berechtigte Gründe in diesem Sinne gelten, müssen diese vom Willen des Markeninhabers unabhängig sein; die Gründe dürfen also nicht innerhalb des Gestaltungswillens oder der Risikosphäre des Markeninhabers liegen (EuGH, a.a.O., Rn. 32 ff. – Armin Häupl/Lidl; OLG Frankfurt, Urteil vom 14.07.2016 – 6 U 131/15, juris-Rn. 49) oder zum normalen unternehmerischen Risiko gehören (Ströbele, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 130). Rein wirtschaftliche Probleme, etwa finanzielle Schwierigkeiten des Markeninhabers, können dementsprechend keinen berechtigten Grund für eine Nichtbenutzung darstellen, da diese nicht vom Markeninhaber unabhängig sind, sondern vielmehr ein allgemeines Risiko jedes Geschäftsbetriebes darstellen (EUIPO, 1. BK, Entscheidung vom 12.01.2012 – R 2412/2010-1 Rn. 25; Fuhrmann, in BeckOK MarkenR, 25. Ed. 01.04.2021, Art. 18 UMV Rn. 72).
Dagegen sind – entsprechend der Regelung in Art. 19 Abs. 1 S. 2 TRIPS – als triftige Gründe für die Nichtbenutzung einer Marke Umstände anerkannt, die unabhängig vom Willen des Inhabers der Marke eintreten und ein Hindernis für die Benutzung der Marke bilden, wie z.B. Einfuhrbeschränkungen oder sonstige staatliche Auflagen für durch die Marke geschützte Waren oder Dienstleistungen (BGH, Beschluss vom 28.09.2006 – I ZB 100/05, GRUR 2007, 321, Rn. 31 – COHIBA). Ein berechtigter Grund für eine Nichtbenutzung kann sich auch aus einem nur für einen vorübergehenden Zeitraum geltenden gesetzlichen Werbeverbot ergeben (BGH, a.a.O., Rn. 32 – COHIBA). Auch wenn im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ein gerichtliches Verfügungsverbot erlassen wird, wonach die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Markeninhabers und damit auch alle Verfügungs- und Benutzungshandlungen hinsichtlich der Marke im Geschäftsverkehr auf den Insolvenzverwalter übertragen wurden, kann dies ein berechtigter Grund für eine Nichtbenutzung darstellen (EUIPO, 1. BK, Entscheidung vom 11.12.2007 – R 77/2006-1, Rn. 51 – Miss Intercontinental).
Ob ein in den Fünf-Jahres-Zeitraum fallender vorübergehender Hinderungsgrund für eine Markenbenutzung ausreicht, um davon auszugehen, dass berechtigte Gründe i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG vorlagen, die Marke nicht zu benutzen, ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dagegen führt das Vorliegen eines nur vorübergehenden Hinderungsgrundes nicht dazu, dass der Lauf der Benutzungsschonfrist gehemmt wird (BGH, a.a.O., Rn. 36 – COHIBA). Dabei ist eine nur viermonatige Hinderung als verhältnismäßig kurzer Zeitraum anzusehen, der nicht ausreicht, um berechtigte Gründe i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG anzunehmen, da es dem Markeninhaber ohne weiteres möglich war, während des verbliebenen Zeitraums von vier Jahren und acht Monaten, der den vollen Fünf-Jahres-Zeitraum annähernd erreichte, die Benutzung der Marke aufzunehmen (BGH, a.a.O., Rn. 36 – COHIBA).
bb) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs stellen eventuelle wirtschaftliche Probleme der MPG vor Insolvenzeröffnung keine berechtigten Gründe für eine Nichtnutzung der Marken dar, da diese allein in der Sphäre des Markeninhabers liegen.
Gleiches gilt für den Beschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 22.04.2016, mit welchem über das Vermögen der MPG die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und bestimmt wurde, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (Anlage B 19). Denn die Klägerin trägt selbst vor, dass für die MPG zunächst lediglich ein schwacher Insolvenzverwalter bestimmt war, sodass der Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft die Geschäfte weiterführen konnte und nur zur Wirksamkeit des Vertragsschlusses der Zustimmung des Insolvenzverwalters bedurfte. Ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO – welches als berechtigter Grund für eine Nichtbenutzung anerkannt ist – wurde der MPG somit nicht auferlegt.
Am 01.07.2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der MPG eröffnet und Herr Rechtsanwalt N… A… zum Insolvenzverwalter bestellt. Damit ging zwar das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, automatisch auf den Insolvenzverwalter über (vgl. § 80 Abs. 1 InsO). Ein berechtigter Grund zur Nichtbenutzung ging damit jedoch nicht einher. Zum einen ist der Insolvenzverwalter wegen seiner vergleichbaren Stellung als gesetzlicher Vertreter i.S.d. § 278 S. 1 BGB anzusehen (Lorenz, in BeckOK BGB, 58. Ed. 01.05.2021, § 278 BGB Rn. 9; Stadler, in Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, § 278 Rn. 17; Ulber, in Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 278 Rn. 16). Zum anderen erwarb die am 08.08.2016 gegründete Klägerin bereits mit Vertrag vom 26.08.2016 die streitgegenständlichen Marken. Somit lagen zwischen Insolvenzeröffnung und Markenerwerb durch die Klägerin weniger als zwei Monate. Dieser verhältnismäßig kurze Zeitraum, in welchem die Hinderung der Markennutzung bestand, reicht nicht aus, um berechtigte Gründe i.S. von § 26 Abs. 1 MarkenG anzunehmen, da es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen wäre, während des verbliebenen Zeitraums von über vier Jahren und 10 Monaten die Benutzung der Marke aufzunehmen.
5. Der Klagepartei ist auch nicht der Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung durch die Beklagten nach § 26 Abs. 2 MarkenG, Art. 18 Abs. 2 UMV gelungen.
a) Nach § 26 Abs. 2 MarkenG, Art. 18 Abs. 2 UMV gilt auch die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers als Benutzung durch den Inhaber. Maßgeblich ist dabei, dass der Dritte sich bewusst ist, eine fremde Marke zu benutzen. (BGH, Urteil vom 18.10.2007 – I ZR 162/04, GRUR 2008, 616, Rn. 21 – AKZENTA). Voraussetzung ist der tatsächliche Willen des Dritten, die Marke für den Markeninhaber zu benutzen (Fezer, MarkenR, 4. Aufl. 2009, § 26 MarkenG Rn. 165). Auch die Zurechnung im Rahmen von Unterlizenzen ist grundsätzlich möglich, wenn die Benutzung mit Zustimmung des Markeninhabers erfolgte (BGH, Urteil vom 06.02.2013 – I ZR 106/11, GRUR 2013, 925, Rn. 43 – VOODOO). Voraussetzung ist eine vorherige (ausdrückliche) Zustimmung des Markeninhabers; eine bloße Duldung der Benutzung ist nicht ausreichend (vgl. Ströbele, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 26 Rn. 156, 162).
b) Im vorliegenden Fall ist bereits fraglich, ob der Klägerin der Nachweis gelingt, dass die maßgeblichen Nutzungen durch die Beklagten im relevanten Zeitraum mit (ausdrücklicher) Zustimmung des Markeninhabers erfolgten.
Eine Zustimmung durch die Klägerin, welche die Marken mit Vertrag vom 26.08.2016 erwarb, ist weder dargetan noch ersichtlich. Im Gegenteil übersandte die Klägerin wegen der Nutzung der Marken im Rahmen einer für die D…(Firma) produzierten Produktlinie mit Anwaltsschreiben vom 14.03.2017 eine Berechtigungsanfrage an die Fa. D…, welche mit Schreiben vom 24.03.2017 beantwortet wurde (Anlage KPW 6). Diese Nutzung war sodann Auslöser für die vorliegende Unterlassungsklage.
Eine vorangegangene Zustimmung zur Markennutzung endete jedenfalls mit Schreiben des Insolvenzverwalters der MPG vom 11.07.2016, in welchem dieser gegenüber dem Beklagten zu 1) ausführte, dass er vorsorglich die weitere Erfüllung des Lizenzvertrages gemäß § 103 Abs. 1 InsO ablehne, weshalb dieser „nach Zugang dieser Erklärung nicht mehr berechtigt [sei], Namen und Schriftzug „M… P…“ im Geschäftsverkehr zu nutzen“ (Anlage KPW 8). Der von der Klägerin vorgelegte Ausdruck des Onlineshops der D…(Firma) stammt jedoch erst vom 24.01.2018 (Anlage KPW 24).
c) Darauf kommt es jedoch nicht in entscheidungserheblicher Weise an. Denn die Klägerin bleibt dafür beweisfällig, dass die Beklagten mit Fremdbenutzungswillen handelten.
aa) Allerdings sprechen für einen Fremdbenutzungswillen grundsätzlich die vom Beklagten zu 1) vorgerichtlich gemachten Ausführungen im Schriftsatz vom 21.11.2016 (Anlage KPW 14). Darin führt er selbst aus, dass es sich bei dem Kaufvertrag „Kaufvertrag von Nutzungsrechten“ aus dem Jahr 1985 um einen Markenlizenzvertrag handele. Aufgrund dessen stünde dem Beklagten zu 1) ein Nutzungsrecht an den Marken „M… P…“ zu (vgl. auch die Ausführungen unter Ziffer B.II.1.a) dd)(1)).
Es ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass eine Partei nicht gehindert ist, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen (BGH, Urteil vom 05.07.1995 – KZR 15/94, GRUR 1995, 700, juris-Rn. 9 – S. straße-Aufnäher). Lediglich ein gerichtliches Geständnis nach § 288 ZPO entfaltet eine – durch § 290 ZPO beschränkte – Bindungswirkung. Ein solches liegt jedoch hier nicht vor. Ein vom Prozessvortrag abweichendes vorgerichtliches Vorbringen kann daher nur ein Umstand im Rahmen der Beweiswürdigung sein (Greger, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 286 Rn. 14), wobei in Rechnung zu stellen ist, dass die Einführung neuer rechtlicher Gesichtspunkte in den Prozess häufig Anlass geben kann, bisher nur beiläufig Vorgetragenes zu präzisieren (BGH, a.a.O., juris-Rn. 12 – S. straße-Aufnäher).
Zum anderen ist zu beachten, dass nur bei einem wirksamen Lizenzvertrag regelmäßig von einem Fremdbenutzungswillen ausgegangen werden kann (BGH, Urteil vom 18.10.2007 – I ZR 162/04, GRUR 2008, 616, Rn. 21 – AKZENTA). Von einem solchen kann jedoch nur bis zum 11.07.2016 ausgegangen werden (vgl. die obigen Ausführungen unter Ziffer C.II.4.b)). Der von der Klägerin vorgelegte Ausdruck des Onlineshops der DATEV ist nach diesem Zeitpunkt erstellt (Anlage KPW 24).
bb) Die vom Senat einvernommen Zeugen gaben übereinstimmend an, dass das „Umfeld“ der Beklagten davon ausging, dass die Klagemarken dem Beklagten zu 1) gehören (vgl. die obigen Ausführungen unter Ziffer B.II.1.a) cc)). Alle Zeugen konnten zumindest pauschal den allgemeinen Wunsch der Parteien auf eine Übertragung der streitgegenständlichen Marke von der MPL auf die LHG und eine entsprechende Vorstellung der Vertragspartner bezeugen.
(1) Aufgrund einer Gesamtwürdigung aller vorstehend aufgeführten Umstände ist der Senat – wie oben unter Ziffer B.II.1.a) ausgeführt – zwar nicht davon überzeugt, dass über den Wortlaut der Vereinbarungen hinaus die Marken mit dem Wortbestandteil „M… P…“ von der MPL auf die LHG bzw. den Beklagten zu 1) tatsächlich übertragen wurden. Vor dem Hintergrund der Komplexität der gesamten Angelegenheit, der detaillierten schriftlichen Vereinbarung und der dargestellten sonstigen Umstände sind dafür die pauschalen Angaben der Zeugen – allesamt Familienangehörige des Beklagten zu 1) – zur allgemeinen Willensbildung der Parteien über den Verkauf der Marke nicht ausreichend.
(2) Für die hier maßgebliche Feststellung des Vorliegens eines Fremdbenutzungswillens ist jedoch eine andere Beurteilung veranlasst.
Zum einen handelt es sich dabei um eine innere Tatsache, weil es auf den tatsächlichen Willen des Dritten, die Marke für den Markeninhaber zu benutzen, ankommt. Diese subjektive Willensrichtung kann möglicherweise bereits aufgrund des – von den Zeugen bestätigten – pauschalen und allgemeinen Wunsches der Parteien auf eine Übertragung der streitgegenständlichen Marke auf den Beklagten zu 1) bestehen, ohne dass es für diese Frage entscheidend auf schriftliche Vertragsurkunden oder sonstige objektive Umstände ankommt.
Zum anderen ist für das Vorliegen des Fremdbenutzungswillens die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet. Und der Senat kann nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht ausschließen, dass die Beklagten nicht subjektiv von einem Erwerb der streitgegenständlichen Marken ausgingen. Dies bestätigt den Vortrag des Beklagten zu 1), dass er die Marken für sich und nicht für andere benutzen wollte.
Es ist daher aufgrund einer „non-liquet“-Situation eine Beweislastentscheidung zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin zu treffen.
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
Der Senat sieht keinen Anlass für eine Zulassung der Revision. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch gebietet die Fortbildung des Rechts eine Zulassung der Revision. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt allgemein von Bedeutung ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, der die Auslegung von Parteivereinbarungen und die Würdigung von Zeugenangaben zugrunde liegt. Ein darüber hinausgehender abstrakt genereller Klärungsbedarf ist nicht ersichtlich. Die der tatrichterlichen Würdigung des Senats zugrunde liegenden Rechtsfragen, insbesondere auch zur rechtserhaltenden Benutzung, sind höchstrichterlich geklärt.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 3 ZPO, 45 Abs. 1, 47, 51 Abs. 1 GKG und entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die sich die Parteien nicht gewandt haben. Dabei entfallen auf die Klage und die Widerklage jeweils 100.000,00 €.


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