Europarecht

Staatsangehörigkeit Nigeria, Ausweisung mit dreijährigem Einreise- und Aufenthaltsverbot, Drei strafrechtliche Verurteilungen zu Geldstrafen von jeweils 60, 40 und 180 Tagessätzen, zwei Mal wegen Erschleichens von Leistungen, einmal wegen Aufenthalts ohne Pass, Anhängiges Klageverfahren wegen Asylfolgeverfahrens, Spezial- und generalpräventive Ausweisung, Aktualität des generalpräventiven Ausweisungsinteresses

Aktenzeichen  M 4 K 21.3080

Datum:
27.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22107
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 53 ff.
AufenthG § 95 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG § 54 Abs. 2 Nr. 9
AufenthG § 54 Abs. 2 Nr. 8b
StGB § 78
StGB § 78c
AufenthG § 11 Abs. 3
VwGO § 114

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids, weil sowohl die Ausweisung (1.), die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (2.) als auch die Abschiebungsandrohung (3.) rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
Der Aufenthalt des Klägers gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung und die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt (§ 53 Abs. 1 AufenthG).
Das Gericht folgt zunächst der zutreffenden Begründung der Ausweisung durch den Beklagten im angegriffenen Bescheid und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 117 Abs. 5 VwGO. Lediglich ergänzend gilt Folgendes:
1.1. Der Aufenthalt des Klägers gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung, nicht nur wie vom Beklagten zutreffend angenommen, in generalpräventiver (1.1.2.), sondern auch in spezialpräventiver Hinsicht (1.1.1.).
1.1.1. Der Kläger ist rechtskräftig wegen Erschleichens von Leistungen in insgesamt neun Fällen zu zwei Geldstrafen von je 60 und 40 Tagessätzen und wegen Aufenthalts ohne erforderlichen Pass zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt worden und erfüllt damit ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG sowie auch nach § 54 Abs. 2 Nr. 8b AufenthG. Dies gilt auch dann, wenn man die Verurteilung zu 40 Tagessätzen wegen Leistungserschleichung in zwei Fällen außer Betracht lässt, was nach Auffassung des Gerichts jedoch vorliegend nicht erforderlich ist. Denn auch wenn sich der Beklagte in der zweiten ausländerrechtlichen Verwarnung vom … … 2020 – anders als in der ersten vom … … 2019 – die Verwertung der Verurteilung vom … … 2020 nicht ausdrücklich vorbehalten hat, ist hieraus nicht schon der Schluss zu ziehen, dass dem Kläger diese Verurteilung nicht mehr entgegengehalten werden soll. Bei den abgeurteilten Straftaten handelt es sich nicht um einen nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S.v. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Diese Vorschrift ist dahin zu verstehen, dass ein Rechtsverstoß nur dann unbeachtlich ist, wenn er sowohl vereinzelt als auch geringfügig ist. Eine vorsätzlich begangene Straftat ist grundsätzlich nicht geringfügig; dies kann nur dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtliches Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt worden ist (siehe schon BVerwG, U.v. 24.9.1996 – 1 C 9.94 – juris Rn. 20 f.). Allgemein wird eine Straftat als noch geringfügig angesehen, wenn sie zu einer Verurteilung von bis zu 30 Tagessätzen geführt hat oder als geringfügig eingestellt worden ist und der wegen dieser Tat festgesetzte Geldbetrag nicht mehr als 500 Euro betragen hat oder wenn sie als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von nicht mehr als 300 Euro geahndet worden ist; erforderlich ist jedoch immer eine wertende und abwägende Beurteilung (vgl. Katzer in Decker/Bader/Kothe, BeckOK Migrations- und Integrationsrecht, Stand 1.1.2021, § 54 AufenthG Rn. 95 ff.; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, § 54 AufenthG Rn. 95; Fleuß in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.1.2021, § 54 AufenthG Rn. 323 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stellen vorsätzliche Verstöße gegen aufenthaltsrechtliche Vorschriften (wie etwa unerlaubte Einreise, unerlaubter Aufenthalt, Täuschung der Ausländerbehörden) in aller Regel keine geringfügigen Rechtsverstöße dar (BayVGH, B.v. 18.9.2020 – 10 CE 20.1914, 10 CS 20.1915 – juris Rn. 30; B.v. 29.3.2021 – 10 B 18.943 – juris Rn. 52). Gleiches gilt für den ebenfalls strafbewehrten Aufenthalt im Bundesgebiet ohne erforderlichen Pass.
Die mit der Verwirklichung der genannten Tatbestände indizierte Gefährdung öffentlicher Interessen i.S.v. § 53 Abs. 1 AufenthG besteht auch noch im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts fort, weil eine Wiederholungsgefahr besteht und vom Kläger somit nach wie vor eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeht.
Der Kläger hat die ihm vorzuwerfenden Rechtsverstöße weder als isolierte Einzeltat begangen, noch sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass es sich dabei jeweils um eine außergewöhnliche Sondersituation handelte, deren Wiederholung nicht zu erwarten ist. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, nach der Bereinigung der finanziellen Schieflage des Klägers bestehe keine Wiederholungsgefahr mehr, bezieht sich ersichtlich nur auf das Erschleichen von Leistungen und steht mit dem passlosen Aufenthalt in keinem Zusammenhang. Aber auch im Übrigen ändert diese nichts an der Einschätzung des Gerichts. Der unerlaubte passlose Aufenthalt des Klägers dauert ebenso an wie seine ausstehende Mitwirkung bei der Passbeschaffung. Auch die letzte strafrechtliche Verurteilung hat den Kläger nicht dazu bewegen können, seiner Mitwirkungspflicht nunmehr nachzukommen. Auch zwei ausländerrechtliche Verwarnungen hat der Kläger nicht zum Anlass genommen, sich in Zukunft rechtstreu zu verhalten. Aus diesem Verhalten ist zu schließen, dass ein rechtstreues Verhalten des Klägers, insbesondere in Bezug auf aufenthaltsrechtliche Vorschriften auch in Zukunft nicht zu erwarten ist.
1.1.2. Unabhängig davon gefährdet der Aufenthalt des Klägers auch im Hinblick auf generalpräventive Erwägungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Eine Ausweisung kann auch nach dem seit 1. Januar 2016 geltenden Ausweisungsrecht regelmäßig (zu Ausnahmen bei durch § 53 Abs. 3 bis 4 AufenthG besonders geschützten Personenkreisen BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16/17 – juris Rn. 19 unter Verweis auf BT-Drs. 18/4097 S. 49) auf generalpräventive Gründe gestützt werden. Denn vom weiteren Aufenthalt eines Ausländers, der Straftaten begangen hat, kann auch dann eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, wenn von ihm selbst keine (Wiederholungs-)Gefahr mehr ausgeht, im Fall des Unterbleibens einer ausländerrechtlichen Reaktion auf sein Fehlverhalten andere Ausländer aber nicht wirksam davon abgehalten werden, vergleichbare Delikte zu begehen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn.17; BayVGH, U.v. 12.10.2020 – 10 B 20.1795 – juris Rn. 32 ff.). Zur Annahme eines generalpräventiven Ausweisungsinteresses im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG bedarf es – anders als unter Geltung von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG a.F. – nicht der Verurteilung wegen besonders schwerwiegender Delikte für die öffentliche Sicherheit und Ordnung wie Drogendelikte, Delikte im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder im Zusammenhang mit Terrorismus. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichts können im Einzelfall auch Falschangaben zur Erlangung einer Duldung (BayVGH, B.v. 10.12.2018 – 10 ZB 16.1511 – juris Rn. 19; B.v. 17.9.2020 – 10 C 20.1895 – juris Rn. 10), eine Identitätstäuschung gegenüber der Ausländerbehörde (BayVGH, B.v. 6.3.2020 – 10 ZB 19.2419 – juris Rn. 5), Falschangaben im Visumverfahren (BayVGH, B.v. 28.12.2018 – 10 C 18.1361 – juris Rn. 13), die Verletzung der Passpflicht (BayVGH, B.v. 4.5.2020 – 20.666 – juris Rn. 8) oder eine Körperverletzung (BayVGH, B.v. 27.4.2020 – 10 C 20.51 – juris Rn. 7) ein generalpräventives Ausweisungsinteresse begründen. Erforderlich ist lediglich, dass die Ausweisung an Straftaten oder Verhaltensweisen anknüpft, bei denen sie nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet erscheint, andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten (BVerwG, U.v. 3.5.1973 – I C 33.72 – juris Rn. 34; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 53 AufenthG Rn. 64; Dörig, Handbuch Migrations- und Integrationsrecht, 2. Auflage 2020, § 7 Rn. 27; Fleuß in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.1.2021, § 53 AufenthG Rn. 32). Auch muss das Ausweisungsinteresse noch aktuell sein (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn.17). Darüber hinaus sind Art und Schwere der jeweiligen Anlasstat lediglich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (so auch Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 53 AufenthG Rn. 63).
Gemessen daran besteht im Fall des Klägers ein generalpräventives Ausweisungsinteresse. Gerade bei der vom Kläger begangenen vorsätzlichen Straftat der Passlosigkeit im Zusammenhang mit seinen ausländerrechtlichen Pflichten besteht ein erhebliches öffentliches Interesse, andere Ausländer davon abzuhalten, vergleichbare Verstöße zu begehen. Die mit dem Vollzug des Aufenthaltsrechts beauftragten Behörden sind in vielen Fällen auf die Mitwirkung des Ausländers angewiesen, da gerade im Passbeschaffungsverfahren die persönliche Antragstellung und die Beschaffung und Vorlage persönlicher Dokumente erforderlich sind und nicht durch die Behörden erfolgen können. Daher ist es gerechtfertigt, auch anderen Ausländern vor Augen zu führen, dass der passlose Aufenthalt nicht nur zu strafrechtlichen Konsequenzen führt, sondern auch die Aufenthaltsbeendigung sowie ein nachfolgendes Einreise- und Aufenthaltsverbot nach sich ziehen kann.
Das generalpräventive Ausweisungsinteresse ist im Falle des Klägers auch noch aktuell. Für die zeitliche Begrenzung eines generalpräventiven Ausweisungsinteresses, das an strafrechtlich relevantes Handeln anknüpft, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 12.7.2018 – 1 C 16.17 – juris Rn. 23) für die vorzunehmende gefahrenabwehrrechtliche Beurteilung eine Orientierung an den Fristen der §§ 78 ff. StGB zur Strafverfolgungsverjährung angezeigt. Dabei bildet die einfache Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 StGB, deren Dauer sich nach der verwirklichten Tat richtet und die mit Beendigung der Tat zu laufen beginnt, eine untere Grenze. Die obere Grenze orientiert sich hingegen regelmäßig an der absoluten Verjährungsfrist des § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB, die regelmäßig das Doppelte der einfachen Verjährungsfrist beträgt. Innerhalb dieses Zeitrahmens ist der Fortbestand des Ausweisungsinteresses anhand generalpräventiver Erwägungen zu ermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 4.5.2020 – 10 ZB 20.666 – juris Rn. 8). Da der passlose Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB in drei Jahren verjährt, die regelmäßige Obergrenze also sechs Jahre beträgt, ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die Aktualität des generalpräventiven Ausweisungsinteresses unzweifelhaft zu bejahen. Die Verurteilung erfolgte am 5. Januar 2021, Rechtskraft ist am 18. März 2021 eingetreten. Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft München II nach Nr. 42 der Anordnung über Mitteilung in Strafsachen gibt den 5. Januar 2021 als Datum der letzten Tat an (Bl. …).
1.2. Die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet führt dazu, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise die Bleibeinteressen des Klägers überwiegt. Bei dieser Abwägung sind nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen (§ 53 Abs. 2 AufenthG).
Voraussetzung für eine Ausweisung bei einer bestehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Ausländers ist gemäß § 53 Abs. 1 AufenthG eine umfassende und ergebnisoffene Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, die vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geleitet wird. Dieser Grundsatz des § 53 Abs. 1 AufenthG erfährt durch § 54 und § 55 AufenthG weitere Konkretisierungen. Einzelnen in die Abwägung einzustellenden Ausweisungs- und Bleibeinteressen wird von vornherein ein spezifisches bei der Abwägung zu berücksichtigendes Gewicht beigemessen. Bei der Abwägung des Interesses an der Ausreise mit den Bleibeinteressen sind darüber hinaus die in § 53 Abs. 2 AufenthG aufgeführten Umstände (näher dazu etwa BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3.16 – juris Rn. 24 f.) in die wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen.
Der Kläger erfüllt – wie dargestellt – ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG sowie nach § 54 Abs. 2 Nr. 8b) AufenthG. Auch wenn der Kläger „nur“ zu einer Geldstrafe verurteilt und dem § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vom Gesetzgeber nur eine „Auffangfunktion“ beigelegt wurde (so die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097, S. 52), kommt dem Ausweisungsinteresse bei der Abwägung im konkreten Einzelfall ein erhebliches Gewicht zu. Das Gewicht, das der Gesetzgeber dem sich aus der Mitwirkungsverweigerung gegenüber den Ausländerbehörden ergebenden Ausweisungsinteresse beigemessen hat, ergibt sich auch aus der Regelung in § 54 Abs. 2 Nr. 8b) AufenthG, nach der eine Nichtmitwirkung an Maßnahmen der zuständigen Behörden für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes trotz bestehender Rechtspflicht ausdrücklich als schwer wiegend festgelegt ist, selbst wenn solche Angaben nicht zu einer Verurteilung geführt haben. Gerade die Verweigerung im Passbeschaffungsverfahren hat zur Folge, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer, der nicht freiwillig ausreist, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu Unrecht in die Länge ziehen kann.
Für den Kläger ist weder ein in § 55 AufenthG „vertyptes“ noch ein sonstiges Bleibeinteresse erkennbar.
Für ihn spricht sein mittlerweile fast sechs Jahre andauernder Aufenthalt im Bundesgebiet. Allerdings ist hier zu sehen, dass dieser Aufenthalt seit dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens im Februar 2018, und somit seit mehr als drei Jahren, nur noch geduldet ist, weil der Kläger an der Passbeschaffung bzw. Identitätsklärung nicht mitwirkt. Eine wirtschaftliche bzw. berufliche Integration hat trotz der fast eineinhalbjährigen ungelernten Helfertätigkeit als Sortierer bzw. Reinigungskraft nicht stattgefunden. Besondere integrative Bindungen des Klägers im Bundesgebiet sind nicht ersichtlich. Der Kläger ist erst im Erwachsenenalter ins Bundesgebiet eingereist. Er beherrscht die Heimatsprache seines Herkunftslands und kann dort einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die Ausweisung hat keine negativen Folgen für Familienangehörige, der Kläger hat sich nicht rechtstreu verhalten.
Vor diesem Hintergrund ist die Ausweisungsentscheidung auch verhältnismäßig und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
2. Die Befristung des angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf drei Jahre begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Gericht ist hierbei auf die Prüfung, ob Ermessensfehler vorliegen, beschränkt (§ 114 VwGO). Solche sind hier nicht erkennbar; der Kläger hat insoweit auch nichts vorgetragen.
3. Auch die auf § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden.
II.
Der Kläger hat als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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