Europarecht

Telekommunikationslinie, Angefochtene Nebenbestimmung, Straßengrundstück, Wegebaulastträger, Nachgeschobene Ermessenserwägungen, Verwaltungsgerichtsverfahren, Fahrbahnrand, Verwaltungsgerichte, Straßenbaubehörden, Straßenbaulastträger, Verpflichtungsklage, Ermessensausübung, Verlegung, Straßenunterhaltungsdienst, Befähigung zum Richteramt, Anerkannte Regeln der Technik, Nutzungsberechtigter, Interessenabwägung, Anfechtungsklage, Entwässerungseinrichtung

Aktenzeichen  W 10 K 19.852

Datum:
20.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39839
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 91
VwGO § 114
TKG § 68 Abs. 2 S. 1
TKG § 68 Abs. 3
TKG § 71
TKG § 72
BayVwVfG Art. 36 Abs. 1 Alt. 2
BayVwVfG Art. 40

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Bescheid des Staatlichen Bauamts Aschaffenburg vom 5. Juni 2019 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 24. Mai 2019 auf Zustimmung zur Verlegung einer neuen Telekommunikationslinie quer zur Fahrbahn im Abschnitt 320 der Staatsstraße 2305 in Höhe des Kilometers 2,863 und längs zur Fahrbahn im Abschnitt 320 der Staatsstraße 2305 von Station 0,917 bis Station 2,117 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.
III. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage im Hauptantrag (1.) hat in der Sache keinen Erfolg, da die von ihr angefochtenen Nebenbestimmungen zur Verlegetiefe im Bescheid vom 5. Juni 2019 aufgrund fehlerhafter Ermessensausübung zwar rechtswidrig sind und die Klägerin in eigenen Rechten verletzen, jedoch der Hauptverwaltungsakt ohne die Nebenbestimmungen nicht rechtmäßig bestehen kann, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (2.). Die zulässigerweise hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage (3.) erweist sich hingegen als begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über die Beifügung von Nebenbestimmungen zur begehrten Zustimmung hat, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dem gegenüber liegt keine Ermessensreduzierung auf Null vor, weshalb die Sache nicht im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif ist (4.).
1. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Insbesondere geht die Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass es sich bei den streitgegenständlichen Nebenbestimmungen gemäß § 68 Abs. 3 Satz 8, 9 TKG um selbstständig anfechtbare Teilmaßnahmen handelt (BVerwG, U.v. 6.11.2019 – 8 C 14.18 – juris Rn. 13; U.v. 22.11.2000 – 11 C 2.00 – juris Rn. 25), da es sich bei Nebenbestimmungen zur Zustimmung des Wegebaulastträgers gemäß § 68 Abs. 3 Satz 8, 9 TKG um solche im Sinne des Art. 36 Abs. 1 Alt. 1 BayVwVfG handelt (Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, § 68 Rn. 253 f.; Schütz in Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, 3. Aufl. 2021, § 68 Rn. 41). Ob die Klage in der Sache zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt hingegen davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist jedoch eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens (BVerwG, U.v. 6.11.2019 – 8 C 14.18 – juris Rn. 15, 18 ff.; U.v. 22.11.2000 – 11 C 2.00 – juris Rn. 25).
2. In der Sache erweist sich die Anfechtungsklage jedoch als unbegründet, da die angefochtenen Nebenbestimmungen zwar rechtswidrig sind und die Klägerin in eigenen Rechten verletzen, jedoch der angegriffene Hauptverwaltungsakt ohne die Nebenbestimmungen nicht rechtmäßigerweise bestehen kann, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Erlass von Nebenbestimmungen in Bezug auf die Verlegetiefe kann dem Grunde nach auf § 68 Abs. 3 Satz 8, 9 TKG gestützt werden. Nach § 68 Abs. 3 Satz 1 TKG bedarf die von der Klägerin beabsichtigte Verlegung neuer Telekommunikationslinien der schriftlichen Zustimmung des Trägers der Wegebaulast, hier des Beklagten (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1, Art. 41 Abs. 1 Nr. 1, Art. 58 Abs. 2 Nr. 1 BayStrWG), es handelt sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Schütz in Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, 3. Aufl. 2021, § 68 Rn. 27). Nach § 68 Abs. 3 Satz 8 Halbs. 1 TKG kann die Zustimmung mit Nebenbestimmungen versehen werden, die diskriminierungsfrei zu gestalten sind. Nach § 68 Abs. 3 Satz 9 TKG dürfen die Nebenbestimmungen nur die Art und Weise der Errichtung der Telekommunikationslinie sowie die dabei zu beachtenden Regeln der Technik, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die im Bereich des jeweiligen Wegebaulastträgers übliche Dokumentation der Lage der Telekommunikationslinie nach geografischen Koordinaten und die Verkehrssicherungspflichten regeln. Zudem ist zu prüfen, ob bei Beifügung der Nebenbestimmungen die allgemeinen Ermessensgrenzen eingehalten sind und ob sie, insbesondere im Hinblick auf die damit verfolgten Ziele, verhältnismäßig sind (Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, TKG § 68 Rn. 217 f.). Damit liegt eine gebundene Entscheidung insoweit vor, als es um das „Ob“ der Zustimmung zur beantragten Linienführung geht. Die Entscheidung über das „Wie“ der Durchführung der zustimmungspflichtigen Maßnahme steht demgegenüber bezüglich der in § 68 Abs. 3 Satz 8 und 9 TKG abschließend aufgezählten Aspekte im Ermessen des Wegebaulastträgers (Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, TKG § 68 Rn. 210) und dient in erster Linie der Sicherstellung der gesetzlichen Vorgaben des § 68 Abs. 2 S. 1 TKG (vgl. VG Saarland, U.v. 26.2.2002 – 1 K 87/00 – juris, noch zur Vorgängerregelung des § 50 Abs. 3 TKG). Planerische Gesichtspunkte und Fragen der Zweckmäßigkeit der Führung der unterirdisch verlegten Telekommunikationslinie dürfen vom Träger der Wegebaulast insoweit nicht in eigener Zuständigkeit geprüft werden, der Rahmen seiner Prüfungskompetenz wird allein durch seine Rechtsstellung als Unterhaltspflichtiger der Straßen und Wege bestimmt. Nur die Aspekte, für die er als Straßenbaulastpflichtiger zuständig ist, unterliegen in dem Verfahren nach § 68 Abs. 3 S. 1 TKG seiner Prüfungskompetenz. Durch die Zustimmungspflichtigkeit soll in erster Linie erreicht werden, dass der Träger der Wegebaulast Kenntnis darüber erhält, wo Telekommunikationslinien im öffentlichen Straßenraum verbaut sind und hiervon Pläne fertigen kann. Zu diesem Zweck muss er die konkrete Lage sowie Dimensionierung der Telekommunikationslinie kennen (vgl. VG Aachen, U.v. 27.11.2019 – 8 K 4668/17 – juris Rn. 88).
a) Unter Anwendung vorgenannter Grundsätze ist der Beklagte vorliegend dem Grunde nach verpflichtet, die Zustimmung zur unterirdischen Verlegung der Telekommunikationslinie zu erteilen. Eine wirksame Übertragung der Nutzungsberechtigung des Bundes auf die Klägerin gemäß § 69 Abs. 1 TKG liegt vor und wird auch von dem Beklagten nicht bestritten. Das Vorhaben beschränkt nicht den Widmungszweck der in Anspruch genommenen Verkehrswege (§ 68 Abs. 1 Satz 1 TKG). Das Vorhaben fällt auch unter die Nutzungsberechtigung nach § 68 Abs. 1 TKG, da eine neue, öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinie (§ 3 Nr. 26 TKG) verlegt werden soll. Zudem wird ein Verstoß gegen die Anforderungen des § 68 Abs. 2 TKG weder vorgetragen, noch ist ein solcher ersichtlich. Der gestellte Antrag entspricht zudem den in den Nutzungsrichtlinien des Bundesministeriums des Verkehrs festgelegten Voraussetzungen (im Internet:
https://www.bmvi.de/ SharedDocs/DE/Anlage/StB/nutzungsrichtlinien-03-2020.pdf? blob=pub-licationFile, abgerufen am 20.11.2020), so dass der Antrag nicht zu unbestimmt ist. Der Beklagte kann damit nicht geltend machen, die mit dem Antrag eingereichten Planunterlagen seien nicht ausreichend. In diesem Fall hätte er den Antrag vielmehr ablehnen und der Klägerin die Antragsunterlagen zurückgeben müssen.
b) Der Beklagte durfte unter Anwendung dargestellter Grundsätze auch Nebenbestimmungen in Bezug auf die zu beachtende Verlegetiefe treffen.
Die Festsetzung von Verlegetiefen kann auf Grundlage der ATB-BeStra als anerkannten Regeln der Technik getroffen werden. § 68 Abs. 3 Satz 9 TKG benennt als Zweck für den Erlass von Nebenbestimmungen die Einhaltung der zu beachtenden Regeln der Technik. Regeln der Technik sind alle allgemein zugänglichen Normungen, Richtlinien und Merkblätter. Eine allgemein anerkannte Regel der Technik liegt vor, wenn die technische Regel sich in der praktischen Anwendung bewährt hat und von den einschlägigen Fachkreisen als richtig anerkannt wird. Wie der Gesetzgeber der TKG-Novelle 2012 durch die ausdrückliche Zulassung von Abweichungen in § 68 Abs. 2 Satz 2 TKG n.F. bestätigt hat, gehören zu den zu beachtenden technischen Regeln insbesondere die der ATB-BeStra (Schütz in Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, 3. Aufl. 2021, § 68 Rn. 23; Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, TKG § 68 Rn. 271). Diese erlauben grundsätzlich Regelungen zur Verlegetiefe und erfordern in gewissen Bereichen sogar Mindestverlegetiefen („Ob“ der Nebenbestimmung), hinsichtlich der konkreten Tiefe kommt es auf die konkrete Lage der Telekommunikationslinie gemäß den ATB-BeStra an („Wie“ der Nebenbestimmung), wie der Blick insbesondere auf Nr. 3.1.3 Abs. 3 und Abs. 4 ATB-BeStra verdeutlicht.
Darüber hinaus kann der Erlass von Nebenbestimmungen in Bezug auf zu beachtende Verlegetiefen auch auf Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG gestützt werden. Nicht von § 68 Abs. 3 Satz 8 und 9 TKG erfasst und damit auch nicht ausgeschlossen ist der Erlass von Nebenbestimmungen, die im Sinne des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG der Sicherung der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Zustimmung dienen. Aus der Verwendung des Wortes „nur“ in § 68 Abs. 3 Satz 8 TKG ist nicht zu schließen, der Rückgriff auf die „Generalermächtigung“ des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG, die dem Wegebaulastträger ermöglicht, die Zustimmung nach § 68 Abs. 3 Satz 1 TKG zu erteilen, obwohl deren Voraussetzungen an sich nicht vorliegen, sei fachrechtlich ausgeschlossen. Derartige Nebenbestimmungen haben eine andere Zielrichtung als Nebenbestimmungen, die auf der Grundlage des § 68 Abs. 3 Satz 8 und 9 TKG erlassen werden (vgl. Stelkens, TKG-Wegerecht, 1. Aufl. 2010, TKG § 68 Rn. 254). Ohne jegliche Regelung zur Verlegetiefe würde der Bescheid vorliegend nicht den in den ATB-BeStra konkretisierten gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen. Die Festlegung einer Verlegetiefe ist insofern zwingend notwendig, um das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen der Zustimmung nach § 68 Abs. 2 Satz 1 TKG, namentlich der Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik, und damit die Rechtmäßigkeit des Bescheids sicherzustellen. Bei den ATB-BeStra handelt es sich, wie ausgeführt, um anerkannte Regeln der Technik. Als solche sind sie vom Beklagten verbindlich eingeführt worden und konkretisieren einerseits den gesetzlichen Tatbestand, wie sich aus dem unbeschränkten Verweis in § 68 Abs. 2 Satz 2 TKG (vgl. Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, VwGO § 114 Rn. 70 f.) und deren in Nr. 1.1 ATB-BeStra dargestellten Sinn und Zweck ergibt, wonach sie beschreiben, wo und in welcher Weise Leitungen unter Berücksichtigung der verkehrlichen und technischen Belange der Straßenbauverwaltung, der Straßennutzer und bereits vorhandener Leitungseinrichtungen verlegt werden können und wie die Verlegung überwacht und geprüft werden muss. Andererseits stellen sie ausweislich derselben Norm verbindliche Vorgaben für die Ausübung des Einzelfallermessens auf, da die technischen Bestimmungen eine allgemeine Grundlage für die gebotene Interessenabwägung und die Gestaltung der technischen Auflagen und Bedingungen, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, darstellen. Es handelt sich der Sache nach somit um norminterpretierende bzw. normkonkretisierende und daneben auch ermessenslenkende technische Regelungen, welche die Funktion von Verwaltungsvorschriften erfüllen, ohne selbst solche Vorschriften zu sein (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 214 a.E.). Die in die Abwägung einzustellenden Belange werden insbesondere in Nr. 2 Abs. 6 und 7 ATB-BeStra konkretisiert.
c) Die Festsetzung einer Verlegetiefe von 80 cm hinsichtlich der längs zur Straße verlaufenden Stationen 0,980 bis 1,094, 1,106 bis 1,261, 1,268 bis 1,319, 1,336 bis 1,618, 1,626 bis 1,786, 1,786 bis 2,001 und 2,015 bis 2,090 im Abschnitt 320 der Staatsstraße … genügt im Einzelfall jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie ermessensfehlerhaft ist, § 114 Satz 1 VwGO. Da sich die Nebenbestimmungen bereits in Bezug auf die vorgenannten Abschnitte als rechtswidrig erweisen, kommt es auf die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Nebenbestimmung zur Verlegetiefe im Abschnitt 320 der Staatsstraße … in Höhe des Kilometers 2,863 quer zur Fahrbahn – mit der Frage einer Beschwer der Klägerin (vgl. 3.1.3 Abs. 4 ATB-BeStra) – nicht mehr an.
aa) Die vorgenannten längs zur Straße verlaufenden Stationen liegen ausweislich der Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung und der im Zuge derselben besprochenen Planunterlagen (Bl. 66 bis 71 der Akte) im äußeren Bereich des Straßengrundstücks, so dass Nr. 3.1.3 Abs. 3 ATB-BeStra zur Anwendung kommt.
Die ATB-BeStra unterteilen gemäß ihrer Systematik das Straßengrundstück in drei Abschnitte: Fahrbahn mit Standstreifen, Bankett als unbefestigter Seitenstreifen (Nr. 1.2 ATB-BeStra) – beides zusammengefasst unter dem Oberbegriff der Kronenbreite der Straße (Nr. 1.2 ATB-BeStra) – und äußerer Bereich des Straßengrundstücks im Sinne der Nr. 1.2 ATB-BeStra. Der äußere Bereich des Straßengrundstücks umfasst dabei aufgrund seiner Negativabgrenzung zur Kronenbreite der Straße den gesamten Bereich, welcher außerhalb der Bankette, jedoch noch auf dem Straßengrundstück liegt.
Wie vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung dargelegt, beträgt die Breite des Banketts bei ausgebauten Straßen in der Regel 1,50 m, im vorliegend nicht ausgebauten Abschnitt sei die Bankettbreite jedoch sehr wechselhaft. Teilweise lägen Bankettbreiten von 1,50 m vor, teilweise seien diese jedoch auch deutlich geringer. Die längs zur Straße verlaufenden Stationen sollten ausweislich des dem Bescheid beigefügten Datenblatts allesamt in einem Abstand von 2 bis 3 m zur Fahrbahn verlaufen, so dass diese sämtlich im äußeren Bereich des Straßengrundstücks liegen werden. Die Argumentation des Beklagten, der Bereich des Linienverlaufs liege gemäß Art. 2 Abs. 1 BayStrWG noch auf der Straße und man sei der Klägerin deshalb mit der Festlegung einer Mindestverlegetiefe von unter 1,20 m schon entgegengekommen, verfängt nicht. Aufgrund der den ATB-BeStra eigenen Regelungssystematik und deren Zweck, die bundesgesetzlichen Regelungen u.a. des TKG zu konkretisieren, verbietet sich ein Rückgriff auf die allgemeine Definition der Bestandteile der Straße in Art. 2 Abs. 1 BayStrWG. Die ATB-BeStra trifft gegenüber Art. 2 Abs. 1 BayStrWG auch eine ganz andere Zielrichtung, da sie nicht den Gegenstand und den Umfang der Widmung des Straßengrundstücks regelt. Darüber hinaus geht es vorliegend um die verschiedenen Bereiche des Straßengrundstücks, hierfür trifft Art. 2 Abs. 1 BayStrWG keine Regelung.
Aufgrund der Lage außerhalb jeglicher Ortsdurchfahrt im äußeren Rand des Straßengrundstücks richtet sich die festzusetzende Verlegetiefe nach Nr. 3.1.3 Abs. 3 ATB-BeStra, welcher eine Mindestüberdeckung (Nr. 1.2 ATB-BeStra) von 50 cm statuiert. Ausweislich des Wortlauts wird ein Mindestwert festgesetzt. Es liegt damit im Ermessen des Trägers der Wegebaulast, aus berechtigten Gründen (vgl. Nr. 2 Abs. 6, Abs. 7 ATB-BeStra), welche er ordnungsgemäß ermitteln, gewichten und mit den berechtigten – auch wirtschaftlichen – Belangen der Klägerin abwägen muss, eine die Mindestüberdeckung überschreitende Verlegetiefe im Einzelfall anzuordnen.
bb) Zwar ist eine Überprüfung der Ermessenserwägungen der Behörde durch das Gericht nur eingeschränkt möglich, weil dieses nur prüft, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist, § 114 Satz 1 VwGO. Gemessen daran liegt jedoch ein Ermessensfehlgebrauch vor. Es kann dabei offenbleiben, ob der Beklagte sein in Nr. 3.1.3 Abs. 3 ATB-BeStra eingeräumtes Ermessen schon dadurch unzulässig eingeengt hat, dass er bei der Festlegung der konkret geforderten Verlegungstiefe – ausweislich des Schreibens des Staatlichen Bauamts Aschaffenburg an die Klägerin vom 18. Juli 2019 – einer „Amtsfestlegung“ gefolgt ist. Denn selbst wenn der Beklagte – wie er im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dargelegt hat – diese „Amtsfestlegung“ in der Vergangenheit und damit auch im vorliegenden Fall nicht gleichsam schematisch im Sinne einer verbindlichen innerbehördlichen Vorgabe (ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift), sondern im Sinne einer Modifizierungen im Einzelfall zulassenden Leitlinie angewendet hat, welche die Berücksichtigung von besonderen örtlichen Gegebenheiten zulässt, müssen in jedem Einzelfall die Grundsätze pflichtgemäßen Ermessens eingehalten sein, die eine Ermittlung, Gewichtung und Abwägung der berechtigten Gründe (vgl. Nr. 2 Abs. 6, Abs. 7 ATB-BeStra) unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände erfordert (Art. 40 BayVwVfG). Dies ist vorliegend jedoch schon deshalb nicht der Fall, da sowohl die „Amtsfestlegung“ als auch die – nachgeschobenen – Ermessenserwägungen stets nur die Belange des Straßenbaulastträgers im Blick haben, eine hinreichende Einstellung auch der klägerischen Interessen in eine Abwägung jedoch vermissen lassen.
Bereits die „Amtsfestlegung“ im Schreiben des Staatlichen Bauamts vom 18. Juli 2019 erweist sich als problematisch, auch wenn im Ergebnis offenbleiben kann, ob eine derartige „vorgezogene“ Ermessensausübung mit der Folge der Selbstbindung der Verwaltung im vorliegenden Fall zulässig ist, denn jedenfalls muss eine Abwägung der berechtigten gegensätzlichen Interessen – insbesondere anhand der in Nr. 2 Abs. 6 und Abs. 7 ATB-BeStra aufgeführten Erwägungen – erfolgen, woran es vorliegend jedoch fehlt. Ausweislich vorgenannten Schreibens gibt es in Bezug auf die Verlegetiefen ein regelmäßiges behördliches Vorgehen des Staatlichen Bauamts Aschaffenburg abhängig vom Abstand der Telekommunikationslinie zur Fahrbahn. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, die Überschrift mit „Amtsfestlegung“ sei missverständlich und die Handlungsanweisung sei nicht bindend, sondern betreffe nur einen in die Abwägung einzustellenden Zweck. Allerdings spricht hiergegen bereits der Wortlaut als „Amtsfestlegung“ sowie deren unterschiedslose Anwendung auf den vorliegenden Linienverlauf. Es ist dabei aus den Umständen nicht ersichtlich, dass der Beklagte auch die berechtigten Interessen der Klägerin ermittelt, mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt und einen dem Gewicht der betroffenen Belange entsprechenden Ausgleich vorgenommen hätte. Die Begründung der in der Amtsfestlegung aufgeführten Verlegetiefen wird lediglich auf behördliche „Erfahrungswerte“ und Probleme der Unterhaltung der Straße im Streckenabschnitt gestützt, hingegen kommen Belange der Linienbetreiber nicht zur Sprache. Die pauschale Festlegung von Mindestverlegetiefen in Abhängigkeit vom Abstand zur Fahrbahn berücksichtigt in erster Linie die Eigeninteressen des Straßenbaulastträgers, insbesondere an der möglichst einfachen Straßenunterhaltung, und demgegenüber nur unzureichend die (auch wirtschaftlichen) Interessen des Linienbetreibers.
Auch wenn die Handlungsanweisung – wie der Beklagte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgetragen hat – nur einzelne im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung einzustellende Erwägungen enthält, genügt die vorliegend getroffene Ermessensentscheidung im Ergebnis nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Regelungsgeber der ATB-BeStra hat zwar mit der Vorgabe von Mindestverlegetiefen im äußeren Grundstücksbereich (Nr. 3.1.3 Abs. 3 ATB-BeStra) bereits eine grundlegende abstrakte Abwägung zwischen den Interessen der Straßennutzer und des Wegebaulastträgers getroffen, wie bereits im Wortlaut „Mindestverlegetiefe“ zum Ausdruck kommt, allerdings ist das Festlegen einer größeren Tiefe durch den Wegebaulastträger möglich und verlangt eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall anhand der örtlichen Verhältnisse des konkreten Linienverlaufs. Eine solche liegt jedoch selbst bei Berücksichtigung der im gerichtlichen Verfahren nachgeschobenen Erwägungen des Beklagten (§ 114 Satz 2 VwGO) nicht vor.
Ob die neuen Gründe für den Verwaltungsakt nach dem allgemeinen Verwaltungsrecht nachgeschoben werden durften, da sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert, der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt und die ursprüngliche Ermessenserwägung nicht im Kern ausgewechselt wird (vgl. BverwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 32), kann insofern offenbleiben, da auch die nachgeschobenen Ermessenserwägungen nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung genügen. Ob ein Nachschieben von Gründen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen derart veränderte Ermessenserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind (vgl. BverwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 31). Hierzu ist insbesondere anzumerken, dass im streitgegenständlichen Bescheid eine Ermessenausübung nicht zum Ausdruck kommt. Ein Ermessensausfall, der ein Nachschieben von Ermessenserwägungen unmöglich machen würde, liegt dennoch nicht vor (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – juris Rn. 32; Decker in BeckOK VwGO, Stand: 1.10.2020, § 114 Rn. 47). Ob die Behörde einen bestehenden Ermessensspielraum verkannt hat, muss anhand einer Auslegung des Bescheids ermittelt werden. Auch wenn sie in dessen Begründung keine Ermessenserwägungen mitgeteilt hat, so kann sich aus dem Gesamtzusammenhang dennoch ergeben, dass sie eine Ermessensentscheidung getroffen und welche Ermessenserwägungen sie angestellt hat (vgl. BVerwG, B.v. 15.1.1988 – 7 B 182./87 – juris Rn. 7). Das Staatliche Bauamt hat für das Gericht und die Klägerin erkennbar seinen Ermessenspielraum zumindest erkannt, indem es im beigefügten individuellen Datenblatt Verlegetiefen festsetzte, die von der Mindestüberdeckung in Nr. 3.1.3 Abs. 3 ATB-BeStra abweichen. Aus dem in der Akte befindlichen Vermerk vom 30. Mai 2019, der noch in einem engen zeitlichen Zusammenhang zum Bescheidserlass steht und insofern unter Anwendung angeführter Grundsätze bei der Bescheidsauslegung ebenfalls berücksichtigt werden darf, geht hervor, dass der vorhandene Ermessensspielraum erkannt wurde. Dennoch wurde dieser Spielraum nur unzureichend allein anhand der örtlichen Verhältnisse ausgefüllt.
cc) Da der Beklagte auch bei Zugrundelegung der nachgeschobenen Ermessenserwägungen vornehmlich die Belange des Wegebaulastträgers berücksichtigt und die Belange der Klägerin schon nicht hinreichend ermittelt bzw. nicht mit dem erforderlichen Gewicht in die Abwägung eingestellt hat, liegt ein Ermessensfehler in Form der Ermessensfehleinschätzung vor, § 114 Satz 1 VwGO. Zwar ist dem Beklagten durchaus zuzugestehen, dass es abstrakt gesehen häufiger zu Schäden kommen dürfte, je niedriger die Mindestüberdeckung ist. Selbst wenn die örtlichen Verhältnisse im Einzelfall auf dem gesamten Abschnitt wie behauptet problematisch sein sollten, fehlt es dennoch an einer hinreichenden Ermittlung auch der klägerischen Interessen und deren sachgerechten Abwägung mit den Interessen des Wegebaulastträgers unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Der Gesichtspunkt der Straßenunterhaltung und die örtlichen Verhältnisse dürfen dabei grundsätzlich in die Abwägung eingestellt werden, sie stellen allerdings immer nur Teilaspekte dar. §§ 71 und 72 TKG treffen für das Nutzungsverhältnis bzw. die Unterhaltung eine eigene, dem Verfahren der Verlegung nach § 68 TKG nachgelagerte Regelung. Allerdings konkretisieren die ATB-BeStra die Regelung des § 68 Abs. 3 TKG. Nr. 2 Abs. 7 ATB-BeStra legt insofern ausdrücklich fest, dass die Leitungen u.a. die Unterhaltung von Straßen und deren Ausstattung nicht mehr als unvermeidbar erschweren dürfen, was zeigt, dass die Straßenunterhaltung grundsätzlich berücksichtigt werden darf, jedoch trotzdem eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zu erfolgen hat („nicht mehr als unvermeidbar“). Außerdem kommt schon in § 68 Abs. 3 Satz 8, 9 TKG zum Ausdruck, dass die Trennung zwischen der Verlegung und der Nutzung bzw. der Unterhaltung regelungssystematisch nicht stringent durchgehalten wird, da u.a. die in § 68 Abs. 3 Satz 9 TKG aufgeführte „übliche Dokumentation“ auch Wirkungen für den nachgelagerten Zeitraum der Unterhaltung zeitigt.
Für die Annahme eines Ermessensfehlgebrauchs spricht zudem, dass das Staatliche Bauamt erkennbar von einem falschen Verständnis des in den ATB-BeStra verwendeten Rechtsbegriffs des äußeren Bereichs des Straßengrundstücks ausgegangen ist. Wie aus den Schriftsätzen des Beklagten und seinen Schilderungen in der mündlichen Verhandlung hervorgeht, ist er der Ansicht, dass damit derjenige Bereich gemeint sei, der das Straßengrundstück nach außen hin abschließe. Tatsächlich kann eine Telekommunikationslinie jedoch auch direkt neben den Banketten, also in dem gesamten Bereich zwischen der Kronenbreite der Straße und dem Rand des Straßengrundstücks verlegt werden, die Verlegung am – wie der Beklagte es selbst nennt – „äußersten Rand des Straßengrundstücks“ ist nicht notwendig. Mit einem solchen Begriffsverständnis will der Beklagte zum Ausdruck bringen, dass die Verlegung möglichst weit außen und so tief wie möglich erfolgen soll. Es hätte aber von der Behörde richtigerweise ermittelt werden müssen, wie weit entfernt von der „Kronenbreite der Straße“ und wie tief die Telekommunikationslinie insbesondere unter Berücksichtigung der örtlichen Umstände des Einzelfalls, etwaig erforderlicher Unterhaltungsarbeiten und der (auch wirtschaftlichen) Interessen des Linienbetreibers auf dem jeweiligen Straßenabschnitt notwendigerweise hätte verlegt werden müssen. Dies ist hier jedoch nicht (hinreichend) erfolgt.
Im Ergebnis stellen die technischen Bestimmungen eine allgemeine Grundlage für die gebotene Interessenabwägung und die Gestaltung der Nebenbestimmungen, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, dar. So werden die maßgeblichen Kriterien insbesondere in Nr. 1.1, Nr. 2 Abs. 6 und 7 ATB-BeStra aufgeführt. Der Beklagte hat die dort genannten Abwägungskriterien aber nicht bzw. nicht mit der gebotenen Gewichtung in eine Abwägung eingestellt, indem er zuvorderst (eigene) Belange des Straßenbaulastträgers berücksichtigt und die Belange der Klägerin vernachlässigt hat. Selbst wenn bei einer Überdeckung von lediglich 50 cm bei einem pauschal angenommenen Abtrag im Muldenbereich von 20 cm nur noch eine Überdeckung von 30 cm vorhanden wäre, so würde dies die Interessen des Linienbetreibers nicht bzw. nur unzureichend berücksichtigen. Es ist nämlich insbesondere einzustellen, dass eine öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinie (§ 3 Nr. 26 TKG) verlegt werden soll und eine größere Verlegungstiefe in jedem Fall einen finanziellen Mehraufwand bedeutet. Die im konkreten Fall vorgebrachten Ermessenserwägungen berücksichtigen jedoch solche berechtigten Interessen der Klägerin nicht bzw. nicht ausreichend. Es wird nicht deutlich, warum gerade im gegebenen Streckenabschnitt eine Verlegetiefe von 80 cm nach Abwägung der widerstreitenden Interessen notwendig und angemessen ist.
d) Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf (isolierte) Aufhebung der angefochtenen Nebenbestimmungen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, da der rechtswidrige Teil des Verwaltungsakts nicht in der Weise selbständig abtrennbar ist, dass der nicht aufgehobene Teil ohne Änderung seines Inhalts sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Die angefochtene Nebenbestimmung steht mit dem Inhalt des Verwaltungsakts in einem solchen Zusammenhang, dass sie die mit dem Verwaltungsakt ausgesprochene Rechtsgewährung inhaltlich einschränkt und dass nach Aufhebung der Nebenbestimmung der bestehenbleibende Teil des Verwaltungsakts entgegen dem geltenden Recht eine uneingeschränkte Begünstigung enthielte, was materiellrechtlich eine isolierte Aufhebung ausschließt (BVerwG, U.v. 6.11.2019 – 8 C 14.18 – juris Rn. 18 f.; U.v. 17.2.1984 – 4 C 70.80 – juris Rn. 14).
Der Hauptverwaltungsakt der Zustimmung kann ohne jegliche Regelung zu den einzuhaltenden Verlegetiefen nicht rechtmäßigerweise bestehen bleiben. Telekommunikationslinien sind gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 TKG so zu errichten und zu unterhalten, dass sie den anerkannten Regeln der Technik, mithin den ATB-BeStra (vgl. § 68 Abs. 2 Satz 2 TKG), genügen. Würde man im vorliegenden Falle die Nebenbestimmung aufheben, so enthielte der Zustimmungsbescheid keine Regelung hinsichtlich der Verlegetiefe mehr. Nr. 3.1.3 ATB-BeStra erfordert jedoch bei Verlegung im äußeren Bereich des Straßengrundstücks eine Mindestverlegetiefe, so dass der Zustimmungsbescheid ohne Regelung hierzu im Widerspruch zum materiellen Recht stünde. Für die fehlende materielle Abtrennbarkeit spricht darüber hinaus, dass der Abstand zur Fahrbahn und die Verlegetiefe im konkreten Fall modifizierbar sind und die Ausübung von Ermessen erfordern. Dem Gericht ist aufgrund von § 114 Satz 1 VwGO, welcher auch den Grundsatz der Gewaltenteilung konkretisiert, eine selbständige Festlegung einer Verlegetiefe jedoch verwehrt.
3. Die Klägerin konnte ihre Klage jedoch in der mündlichen Verhandlung um eine hilfsweise Verpflichtungsklage auf Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erweitern, § 91 Abs. 1 VwGO. Diese erweist sich als zulässig und begründet, da die Beifügung der rechtswidrigen Nebenbestimmungen zur begehrten Zustimmung den Anspruch der Klägerin auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht erfüllt und sie dadurch in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1, 2 VwGO. Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt jedoch nicht vor („Mindestverlegetiefe“, Nr. 3.1.3 Abs. 3 ATB-BeStra), mangels Spruchreife konnte das Gericht somit nur die Verpflichtung aussprechen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.
a) Die Klageerweiterung in der mündlichen Verhandlung um eine hilfsweise Verpflichtungsklage auf Neuverbescheidung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Zur Begründung kann zwar nicht auf § 264 Nr. 2 ZPO zurückgegriffen werden, da die Verpflichtungsklage den Klagegrund erweitert (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 91 Rn. 15), allerdings hat der Beklagte der Klageerweiterung nicht widersprochen und sich damit rügelos darauf eingelassen (§ 91 Abs. 2 VwGO), sodass vom Vorliegen der gemäß § 91 Abs. 1 Alt. 1 VwGO erforderlichen Zustimmung auszugehen ist. Mit der hilfsweise erhobenen Verbescheidungsklage kann der Streit darüber hinaus in Gänze ausgeräumt werden, ohne dass der Streitstoff ausgewechselt wird, so dass auch Sachdienlichkeit im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO zu bejahen ist.
b) Dem steht auch keine teilweise Bestandskraft des streitgegenständlichen Bescheids entgegen. Der in der Klagebegründung formulierte Antrag dient zunächst nur der Verdeutlichung des Klagebegehrens und wird lediglich für die mündliche Verhandlung angekündigt (Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2020, § 82 Rn. 23). Zwar ist bei anwaltlicher Vertretung zu beachten, dass durch den konkret angekündigten Antrag und die hierzu gegebene Begründung der Streitgegenstand grundsätzlich festgelegt wird (Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2020, § 82 Rn. 24). Allerdings hat die Klägerin in der gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO fristwahrenden Klageschrift zunächst den ganzen Bescheid angegriffen und den Antrag erst in der Klagebegründung nachgereicht. Aus dem zunächst vollumfänglichen Angriff auf den Zustimmungsbescheid wird deutlich, dass die Klägerin sich gegen den Bescheid als solchen richten möchte. Durch den rechtzeitigen unbeschränkten Angriff auf den Bescheid im Klageschriftsatz ist deshalb kein Ablauf der Klagefrist eingetreten, der Eintritt der Bestandskraft wurde damit aufgeschoben (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 91 Rn. 14). Ob das Gericht die materielle Teilbarkeit schlussendlich bejaht, ist als Frage der Begründetheit der Klage bei der Antragstellung nicht ersichtlich. Um keine Rechtsschutzmöglichkeiten der Klägerin abzuschneiden, musste es ihr deshalb unbenommen bleiben, ihre Klage in der mündlichen Verhandlung um den hilfsweise gestellten Verbescheidungsantrag zu erweitern.
4. Die Verbescheidungsklage erweist sich auch als begründet. Die Beifügung der ermessensfehlerhaften und damit rechtswidrigen Nebenbestimmungen zur klägerseits begehrten Zustimmung verletzt die Klägerin in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Eine Ermessensreduzierung auf Null lag jedoch nicht vor („Mindestverlegetiefe“, Nr. 3.1.3 Abs. 3 ATB-BeStra), mangels Spruchreife konnte das Gericht somit nur die Verpflichtung aussprechen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, 3 VwGO. Dem Beklagten konnten die Kosten in Gänze auferlegt werden, da die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Dafür sprach, dass der Anfechtungsantrag gegen die streitbefangenen Nebenbestimmungen im Verbescheidungsantrag aufging und dieser in der Sache Erfolg hatte. Darüber hinaus scheiterte der Erfolg der Anfechtungsklage lediglich an der materiellen Teilbarkeit des Bescheids.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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