Europarecht

Verpflichtung zur Entsorgung eines Altautos bei nicht mehr bestimmungsgemäßer Verwendung

Aktenzeichen  Au 9 K 18.1908

Datum:
8.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7288
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 3, § 15 Abs. 2, § 28, § 62
GG Art. 14 Abs. 2
BayAbfG Art. 29 Abs. 2, Art. 31
AbfZustV § 4 Abs. 1 Nr. 7
AltfahrzeugV § 4
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Ist eine Sache für ihren angestammten Verwendungszweck aktuell nicht mehr verwendungsfähig, so bleibt ihre ursprüngliche Zweckbestimmung nur dann erhalten, wenn eine Reparatur konkret ins Auge gefasst und in absehbarer Zeit realisiert werden kann. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zusagen führen regelmäßig nur dann zu Vertrauensschutz und einer Bindung der jeweiligen Behörde, wenn sie schriftlich erfolgt sind, Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG. Rn 29 (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3 Wird ein Fahrzeug nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet und kann im Übrigen eine sinnvolle Verwertung (Fahrzeug als Schutz einer Einfriedung) nicht angenommen werden kann, haben die bloßen Besitzinteressen hinter den Interessen der Allgemeinheit an einer ordnungsgemäßen Abfallbeseitigung zurückzustehen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4 Eine Beseitigungsanordnung nach KrWG stellt sich als Gemeinwohlverpflichtung im Sinne einer zu berücksichtigende Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar (ebenso BayVGH BeckRS 2013, 48245). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist mit dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2019 gestellten Antrag zwar zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Landratsamtes … vom 11. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. Die Verpflichtung der Klägerin, das auf ihrem Grundstück lagernde Fahrzeug (Opel Kadett – beige, Baujahr 1983) zu entfernen und einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zuzuführen (Nr. 1. des Bescheids vom 11. Oktober 2018), ist rechtmäßig.
1.1 Als Rechtsgrundlage für die Beseitigungsanordnung hat das nach Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 7 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) und Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zuständige Landratsamt … zutreffend Art. 31 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BayAbfG herangezogen und demgemäß eine Beseitigungsanordnung hinsichtlich des auf dem Grundstück der Klägerin in unzulässiger Weise abgelagerten Abfalls erlassen.
1.2 Das streitgegenständliche Fahrzeug ist als Abfall gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 KrWG zu qualifizieren. Abfälle sind demnach alle Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG ist ein Wille zur Entledigung im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen, deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.
Unzweifelhaft hat das auf dem Grundstück der Klägerin abgestellte Kraftfahrzeug seine ursprüngliche Zweckbestimmung verloren. Dies wird auch von der Klägerin nicht bestritten. Das Fahrzeug wird nämlich seit längerem – die Abmeldung des Fahrzeuges erfolgte dauerhaft bereits im Jahr 2010 – nicht mehr dazu genutzt, um von einem Ort zu einem anderen zu gelangen. Die Eignung des Fahrzeugs, als Fortbewegungsmittel zu dienen, ist angesichts des von der Polizeiinspektion … am 8. April 2018 in den Akten dokumentierten Zustands des Fahrzeuges (Behördenakte Blätter 5 – 7) endgültig weggefallen. Das streitgegenständliche Fahrzeug eignet sich auch offenkundig nicht zu der mit einer Kraftfahrzeughaltung manchmal erstrebten Repräsentation und das Fahrzeug wird offensichtlich auch nicht zur Werterhaltung von der Klägerin auf ihrem Grundstück verwahrt (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2013 – 20 ZB 13.8 – juris Rn. 3).
Offensichtlich ist weiter, dass auch eine alsbaldige Zuführung des Fahrzeugs zu seinem früheren Zweck als Fortbewegungsmittel nicht ersichtlich ist bzw. aufgrund des aktenkundig dokumentierten Zustandes des Fahrzeuges zwischenzeitlich ausgeschlossen ist. Ist eine Sache für ihren angestammten Verwendungszweck aktuell nicht mehr verwendungsfähig, so bleibt ihre ursprüngliche Zweckbestimmung nur dann erhalten, wenn eine Reparatur konkret ins Auge gefasst und in absehbarer Zeit realisiert werden kann.
Der Zustand des Fahrzeuges schließt eine Reparatur des Fahrzeuges aus. Von einer Zuführung zum ursprünglichen Verwendungszweck kann bei dem Zustand des Fahrzeugs nach jedenfalls seit neun Jahren unveränderter Umstände, in der das Fahrzeug auch nach Angaben der Klägerin nicht mehr bewegt wurde und lediglich als Schutz ihres Zaunes (Einfriedung) dient, keine Rede sein. Die Polizeiinspektion … hat im Rahmen der Ortseinsicht am 8. April 2018 festgestellt, dass es sich bei dem Altauto der Klägerin um ein Fahrzeugwrack handelt. Die Karosserie des Fahrzeugs sei komplett durchgerostet. Auch zum Ausschlachten eigne sich das Fahrzeug nicht mehr, da das komplette Innenleben (Sitze etc.) aus dem Fahrzeug bereits entfernt wurde. Die Klägerin hat weiter angegeben, dass das Fahrzeug im Jahr 2010 dauerhaft außer Betrieb gesetzt wurde. Auch die unzureichend geschützte Lagerung des Fahrzeuges im Freien spricht für die Aufgabe der ursprünglichen Zweckbestimmung und dafür, dass eine Wiederbenutzung nicht mehr in Betracht kommt.
Weiter widerspricht es der für den subjektiven Abfallbegriff nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG maßgeblichen Verkehrsauffassung, ein älteres Fahrzeug, welches bereits massive Rostschäden aufweist, weiterhin ungeschützt auf dem Grundstück abzustellen, weil eine solche weitere Lagerung regelmäßig zu weiteren Substanzschäden wie beispielsweise einer ungehindert fortschreitenden Korrosion führt, die bei einer etwaigen späteren beabsichtigten erneuten Inbetriebnahme im Straßenverkehr erhebliche Reparaturaufwendungen bis hin zur vollständigen Restaurierung erfordert (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 20 CS 13.768 – juris Rn. 16; OVG RP, B.v. 3.6.2010 – 7 LA 36/09 – NVwZ 2010, 1111). Darüber hinaus führt die zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt erfolgte Entfernung der Sitze des Fahrzeuges nach der maßgeblichen Verkehrsanschauung zum Entfallen der Eigenschaft als Fortbewegungsmittel. Als solches will die Klägerin das Fahrzeug auch nicht mehr benutzen. Ihren Äußerungen im Verfahren ist zu entnehmen, dass ausschließliches Ziel der weiteren Lagerung des Fahrzeuges auf dem Grundstück der Schutz eines Gartenzaunes vor Schäden durch Dritte sei. Diese von der Klägerin angegebene weitere bzw. künftige Nutzung des Fahrzeugs erscheint aus Sicht der Kammer jedoch nicht nachvollziehbar sinnhaft. Jedenfalls ist der von der Klägerin angeführte Zweck des Schutzes ihres Eigentums (Einfriedung) durch den Verbleib des Altautos, welches offensichtlich seine ursprüngliche Zweckbestimmung endgültig verloren hat, nicht schützenswert. Dritten ist es bereits begrifflich nicht gestattet, die Einfahrt des Grundstücks der Klägerin, in der das Altauto lagert, zu befahren. Eine eventuelle befürchtete Sachbeschädigung Dritter kann den Verbleib des den objektiven Abfallbegriff erfüllenden Fahrzeuges auf dem Grundstück nicht rechtfertigen. Insoweit ist die Klägerin auf die Inanspruchnahme zivilrechtlichen Schutzes zu verweisen.
Nachdem es sich bei dem streitgegenständlichen Kraftfahrzeug demnach um Abfall handelt, dessen sich der Besitzer entledigen will, kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich dabei (auch) um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 4 KrWG handelt, der aufgrund seines konkreten Zustandes geeignet ist, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und dessen Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden kann. Damit ist es auch unerheblich, ob von den vorhandenen Rostschäden am Fahrzeug eine Umweltgefährdung ausgeht.
1.3 Ebenfalls nicht geeignet, ein anderes rechtliches Ergebnis zu begründen, ist der Vortrag der Klägerin, dass ihr von Seiten eines Vertreters des Beklagten vor Jahren zugesagt worden sei, sie solle zum Schutz ihrer Einfriedung ein Altauto entsprechend auf ihrem Grundstück platzieren; der Beklagte werde gegen dieses Fahrzeug abfallrechtlich nicht einschreiten. Sollte eine derartige Zusage überhaupt von Seiten des Beklagten getroffen worden sein, woran bereits erhebliche Zweifel bestehen, so wären diese rechtlich unverbindlich und nicht geeignet, einen irgendwie gearteten Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin zu begründen. Zusagen führen regelmäßig nur dann zu einer Bindung der jeweiligen Behörde, wenn sie schriftlich erfolgt sind (Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG), woran es hier offensichtlich mangelt.
Nach allem bestehen für das Gericht an der Abfalleigenschaft des streitgegenständlichen Fahrzeuges deshalb keine Zweifel.
1.4 Da das Grundstück der Klägerin unstreitig keine zugelassene Abfallbeseitigungsanlage im Sinne von § 28 KrWG ist, erfolgte die Ablagerung des Altfahrzeuges in unzulässiger Weise im Sinne des Art. 31 Abs. 1 BayAbfG.
1.5 Die Aufforderung des Landratsamtes, das Altauto innerhalb angemessener Frist zu beseitigen und ordnungsmäßig zu entsorgen, ist nicht unverhältnismäßig und auch ansonsten frei von Ermessensfehlern. Da das Fahrzeug seit seiner Abmeldung im Jahr 2010 nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet wird und im Übrigen eine sinnvolle Verwertung durch die Klägerin – diese möchte das Fahrzeug weiterhin lediglich zum Schutz ihrer Einfriedung verwenden – nicht angenommen werden kann, haben ihre Interessen, die sich letztlich darauf beschränken, das Fahrzeug im Besitz zu haben, hinter den Interessen der Allgemeinheit an einer ordnungsgemäßen Abfallbeseitigung zurückzustehen, weshalb die geordnete Entsorgung zu Recht angeordnet wurde. Die Anordnung, in unzulässiger Weise gelagerten Abfall zu beseitigen, ist von Art. 31 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BayAbfG gedeckt.
1.6 Schließlich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die ausgesprochene Beseitigungsanordnung. Zwar mag es sich durchaus um einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) handeln, der die Befugnis des Eigentümers, mit einer Sache nach seiner Entscheidung zu verfahren, diese gegebenenfalls auch ohne irgendeine Nutzungsabsicht schlicht zu besitzen, schützt. § 3 Abs. 3 KrWG stellt sich jedoch als die Gemeinwohlverpflichtung aus Art. 14 Abs. 2 GG zu berücksichtigende Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2013 – 20 ZB 13.8 – juris Rn. 6).
Nicht zum Erfolg der Klage führt auch der Verweis der Klägerin auf Bezugsfälle vergleichbarer Altautos, bei denen der Beklagte untätig geblieben sei. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ist keine Verletzung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gem. Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 Bayerische Verfassung (BV) gegeben („keine Gleichheit im Unrecht“; BVerwG, U.v. 22.3.1972 – IV C 121.68 – BayVBl. 1972, 557; BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 1 ZB 15.154 – juris Rn. 4; VGH BW, U.v. 30.8.2017 – 8 S 17/16 – juris Rn. 56).
1.7 Die Auswahl der Klägerin als Adressat der Anordnung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Verantwortlicher und damit zutreffender Adressat einer Entsorgungsanordnung ist im Fall des Art. 31 Abs. 1 BayAbfG der Verursacher und im Fall des Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayAbfG der abfallrechtlich Pflichtige. Die Klägerin übt nach ihrem Vorbringen im Verfahren die tatsächliche Sachherrschaft über das streitgegenständliche Fahrzeug aus und ist daher als Abfallbesitzerin im Sinn von § 3 Abs. 9 KrWG tauglicher Adressat der Beseitigungsanordnung. Die Klägerin wurde von Seiten des Beklagten auch als letzte Halterin des Fahrzeuges ermittelt, was für ihr Eigentum am streitgegenständlichen Fahrzeug spricht.
2. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Beklagten vom 11. Oktober 2018 ist auch insoweit rechtmäßig, als er in Nr. 2 die Vorlage eines entsprechenden Verwertungsnachweises fordert. Diese Verpflichtung lässt sich auf § 62 KrWG stützen. Der Beklagte konnte den Nachweis auf Grundlage des § 62 KrWG einfordern, um die Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 1 der AltfahrzeugV sicherzustellen. Danach darf ein Fahrzeug, dessen sich jemand entledigen muss, nur einer anerkannten Annahmestelle, einer anerkannten Rücknahmestelle oder einem anerkannten Demontagebetrieb überlassen werden. Gewähr hierfür bietet der nach § 4 Abs. 2 AltfahrzeugV über die Überlassung des Fahrzeuges auszustellende Nachweis. Dessen Vorlage kann die Behörde gemäß § 62 KrWG verlangen.
3. Die Klage bleibt auch ohne Erfolg, soweit die Klägerin die Aufhebung der in Nrn. 4 und 5 des Bescheids ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen begehrt.
Die Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage jeweils in Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 und 5 VwZVG.
Die Beseitigungs- und Nachweisvorlagepflicht sind Handlungspflichten, für deren Durchsetzung als Zwangsmittel gemäß Art. 29 Abs. 2 VwZVG grundsätzlich Zwangsgeld, Ersatzvonahme, Ersatzzwangshaft und unmittelbarer Zwang zur Verfügung stehen. Die Auswahl von Zwangsgeld nach Art. 31 VwZVG als geeignetes und gleichzeitig mildestes Mittel ist nicht zu beanstanden.
Die Zwangsgeldandrohungen stehen auch hinsichtlich ihrer Höhe mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,- EUR und höchstens 50.000,- EUR. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen, wobei nach Satz 4 der Vorschrift das wirtschaftliche Interesse nach pflichtgemäßen Ermessen zu schätzen ist. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles und die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigen. Eine Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23). Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin bemisst sich vorliegend ganz wesentlich nach den voraussichtlich anfallenden Beseitigungs- und Entsorgungskosten. Fehler bei der Ausübung des nach Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG eingeräumten Ermessens sind nicht ersichtlich (§ 114 VwGO).
Schließlich lagen vorliegend auch die Vollstreckungsvoraussetzungen im hierfür maßgeblichen Zeitraum vor. Eine Zwangsgeldandrohung ist ein aufschiebend bedingter Leistungsbescheid (Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG) über eine Geldforderung, die entsteht und fällig wird (Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG), wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Voraussetzung ist zum einen, dass während des maßgeblichen Zeitraumes bzw. zum maßgeblichen Zeitpunkt alle Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind. Bei einer Anordnung (Grundverfügung), der – wie hier – nicht sofort nachzukommen ist, müssen die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht nur bei Ablauf der Erfüllungsfrist (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG), sondern auch schon während des davor liegenden Erfüllungszeitraumes vorliegen. Darüber hinaus ist weitere Bedingung, dass bei Ablauf der Erfüllungsfrist (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) die durch die Grundverfügung auferlegte Pflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt ist (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 VwZVG) (BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – BayVBl 2002, 275 ff.).
Da vorliegend im mit der Klage angegriffenen Bescheid vom 11. Oktober 2018 zunächst die sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) in Bezug auf die Handlungspflichten der Klägerin in Nrn. 1 und 2 des Bescheids angeordnet wurde und erst im Schreiben des Beklagten vom 5. Dezember 2018 (Gerichtsakte Bl. 44) die sofortige Vollziehung für die Zukunft gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO ausgesetzt wurde, lagen während und bis zum Ablauf der der Klägerin im Bescheid gesetzten Handlungsfristen (bis zum 19. November 2018 bezüglich Nr. 4. des Bescheids bzw. bis zum 22. November 2018 hinsichtlich Nr. 5. des Bescheids) die Voraussetzungen eines vollziehbaren Verwaltungsaktes (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG) vor. Betreffend des der Klägerin gesetzten Erfüllungszeitraums kam es auch nicht zu einer gerichtlichen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Folglich erweisen sich auch die in Nrn. 4 und 5 des mit der Klage angegriffenen Bescheids ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen als rechtmäßig und bleibt die Klage auch insoweit ohne Erfolg.
4. Nach allem war die Klage der Klägerin daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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