Europarecht

Versagung einer Reiterlaubnis im Landschaftsschutzgebiet

Aktenzeichen  M 11 K 14.5659

Datum:
14.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayNatSchG BayNatSchG Art. 28 Abs. 1 S. 1 , Art. 33, Art. 34 Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

Das Sachbescheidungsinteresse für ein Verpflichtungsbegehren fehlt in der Regel dann, wenn die begehrte Verpflichtung für den Antragsteller ersichtlich nutzlos ist. Das ist dann der Fall, wenn fest steht, dass der Antragsteller aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen an einer Verwertung der begehrten Erlaubnis verhindert ist. (redaktioneller Leitsatz)
Ein Reiter kann, wenn der Eigentümer einen Weg zu Unrecht für ungeeignet hält und den Weg deswegen sperrt, “staatlichen” Schutz beanspruchen, d.h. bei der zuständigen Behörde beantragen, eine Sperrung aufzuheben bzw. zu beseitigen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Verfahrensgegenstand ist der Antrag des Klägers auf Erteilung der begehrten Erlaubnis vom 12. Februar 2014, allerdings mit der Maßgabe, wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er die Erteilung der naturschutzrechtlichen Erlaubnis nicht hinsichtlich des gesamten Landschaftsschutzgebiets begehrt, was der schriftliche Antrag vom 12. Februar 2014 dem Wortlaut nach vermuten lassen würde, sondern dass er die Erlaubnis nur begehrt beschränkt auf die Benutzung des Weges zwischen … und …, d. h. der im Landschaftsschutzgebiet gelegenen sogenannten …-talstraße.
Das Reiten ist wegen § 5 Abs. 1 Nr. 10 der Verordnung erlaubnispflichtig. Die Voraussetzungen liegen vor, öffentlicher Verkehr findet auf dem Weg nicht statt, da er mit Ausnahme einer zu vernachlässigenden kurzen Teilstrecke nicht gewidmet ist, geschweige denn für das Reiten.
Der Kläger kann die Erteilung der beantragten Erlaubnis vom Beklagten nicht verlangen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 der Landschaftsschutzverordnung „…-tal“ des Landkreises …
Dabei kann offen bleiben, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis auf der Grundlage von § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung vorliegen. Denn selbst wenn das der Fall wäre, müsste das Landratsamt trotzdem derzeit wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses des Klägers die beantragte Erlaubnis nicht erteilen.
Das Sachbescheidungsinteresse für ein Verpflichtungsbegehren fehlt in der Regel dann, wenn die begehrte Verpflichtung – hier die Erlaubnis auf der Grundlage der Landschaftsschutzgebietsverordnung – für den Antragssteller ersichtlich nutzlos ist. Das ist dann der Fall, wenn fest steht, dass der Antragsteller aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen, die jenseits des – auf die Erteilung der naturschutzrechtlichen Erlaubnis beschränkten – Verfahrensgegenstands liegen, an einer Verwertung der begehrten Erlaubnis gehindert ist.
Das ist derzeit der Fall. Denn selbst wenn dem Kläger die naturschutzrechtliche Erlaubnis zu erteilen wäre, so könnte er von ihr doch nicht Gebrauch machen. Denn er wäre an der Benutzung, d. h. an dem Bereiten des Weges, der sogenannten …-talstraße aus Rechtsgründen, die jenseits des naturschutzrechtlichen Erlaubnistatbestandes liegen, gehindert.
Unabhängig von der Erlaubnis auf der Grundlage der Verordnung hat der Kläger zwar grundsätzlich das Recht aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 des BayNatSchG. Danach darf er Privatwege wie die hier im Eigentum der Bayerischen Staatsforsten stehende …-talstraße dann bereiten, wenn diese für das Reiten geeignet ist. Aufgrund des Bescheides des Landratsamts vom 3. April 2003, in dem festgestellt wird, dass das nicht der Fall ist, ist derzeit davon auszugehen, dass der Kläger aus Rechtsgründen gehindert ist, diesen Weg zu bereiten. Der Bescheid vom 3. April 2003 ist jedenfalls nicht nichtig. Solange er nicht aufgehoben wird, wobei fraglich erscheint, ob das vom Kläger in zeitlicher Hinsicht noch verlangt werden kann, ist der Bescheid wirksam und zu beachten.
Unabhängig davon ist dem Kläger auch noch aus einem weiteren Grund mit der Erlaubnis nicht geholfen, da der Weg derzeit vom Eigentümer, den Bayerischen Staatsforsten, gesperrt ist. Dabei ist im gegenwärtigen Zeitpunkt unerheblich, ob die Sperrung des Weges inhaltlich zu Recht erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 17.01.1983 – 9 B 80 A.956 -, BayVBl. 1983, 339) kann ein Reiter, wenn der Eigentümer einen Weg zu Unrecht für ungeeignet hält und den Weg deswegen sperrt, „staatlichen“ Schutz beanspruchen, d. h. bei der zuständigen Behörde beantragen, eine Sperrung aufzuheben bzw. zu beseitigen. Dieses Verlangen richtet sich nach den Vorschriften der Art. 34 Abs. 3, Absatz 2 und Art. 33 BayNatSchG, die den Vorschriften der Art. 30 Abs. 3, Abs. 2 und Art. 29 BayNatSchG a. F., die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes galten, entsprechen. Das ist bislang weder beantragt noch erfolgt.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a. a. O.) führt weiter aus, dass im Gesetz nicht geregelt ist, wer über die Eignung eines Privatwegs zum Reiten befindet und die Entscheidung deshalb zunächst Sache des Wegeeigentümers ist. Ob es richtig ist, dass ein Wegeeigentümer erst einmal berechtigt ist, einen Privatweg zu sperren, kann offen bleiben. Denn im vorliegenden Fall kann sich der Wegeeigentümer, die Bayerische Staatsforsten, darüber hinaus auch auf eine entsprechende Bestätigung des Rechts, den Weg zu sperren, berufen. Denn aufgrund des Bescheids des Landratsamtes vom 3. April 2003 (dort Nr. 2) sind die Bayerischen Staatsforsten als Rechtsnachfolger des damaligen Bescheidsadressaten berechtigt, den Weg für das Reiten zu sperren. Wie oben bereits ausgeführt, gilt insoweit, dass diese Befugnis zur Sperrung jedenfalls nicht nichtig ist. Bis zu ihrer Aufhebung ist sie daher zu beachten.
Daher besteht bei der derzeitigen Sach- und Rechtslage, wegen der der Kläger selbst bei erteilter Erlaubnis nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung gleichwohl den Weg nicht bereiten dürfte, kein Sachbescheidungsinteresse für die Verpflichtung zur Erteilung der Erlaubnis.
Für eine inhaltliche Entscheidung, ob die Voraussetzungen der Anspruchsnorm erfüllt sind, müsste der Kläger zunächst die Sperrung des Weges beseitigen. Die Beseitigung des Weges wäre der erste Schritt, der vor Erteilung der naturschutzrechtlichen Erlaubnis liegen müsste. Denn andernfalls würde eine Situation entstehen, aufgrund derer der Beklagte verpflichtet würde, eine Erlaubnis zu erteilen, von der der Kläger aus Rechtsgründen keinen Gebrauch machen dürfte. Andererseits könnte der Kläger zunächst gegen die Sperrung des Weges vorgehen, ohne sich die fehlende naturschutzrechtliche Erlaubnis entgegenhalten lassen zu müssen. Denn der sachnähere erste Schritt ist das Vorgehen gegen die allgemeine Sperrung des Weges für Reiter. Erst dann kommt es im Folgenden auf die individuelle Erlaubnis für den Kläger an.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).


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