Europarecht

VI ZR 879/20

Aktenzeichen  VI ZR 879/20

Datum:
12.10.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:121021UVIZR879.20.0
Normen:
§ 826 BGB
Spruchkörper:
6. Zivilsenat

Leitsatz

Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen (Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661).

Verfahrensgang

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 30. April 2020, Az: 14 U 294/19vorgehend LG Aurich, 14. Oktober 2019, Az: 5 O 275/19

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 30. April 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger nimmt den beklagten Fahrzeughersteller auf Schadensersatz wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Anspruch.
2
Der Kläger erwarb am 25. November 2015 von der Autopark N. GmbH einen gebrauchten, von der Beklagten hergestellten Pkw VW Golf. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Die Motorsteuerung war mit einer das Abgasrückführungsventil steuernden Software ausgestattet, die erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus unterzogen wurde, und in diesem Falle in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid-optimierten Modus, schaltete. In diesem Modus fand eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltete der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.
3
Vor Abschluss des Kaufvertrags, am 22. September 2015, hatte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG a.F. und eine Presseerklärung veröffentlicht, wonach bei weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit Diesel-Motoren des Typs EA189 eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei. Am 25. September 2015 hatte sie die Öffentlichkeit darüber informiert, dass an einer “technischen Lösung” gearbeitet werde. Im Oktober 2015 hatte das Kraftfahrtbundesamt den Rückruf von Fahrzeugen mit dem Motor EA189 angeordnet und die Fahrzeughersteller angewiesen, Maßnahmen zu entwickeln und zu ergreifen, um die Vorschriftmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Die Beklagte entwickelte in der Folgezeit ein Software-Update, das das KBA als geeignet zur Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit auch des hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyps ansah. Der Kläger ließ das Software-Update im Frühjahr 2017 durchführen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht – soweit in der Revisionsinstanz von Interesse – die Beklagte zur Erstattung des um eine Nutzungsentschädigung reduzierten Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs sowie zum Ersatz von Aufwendungen für Felgen, Rückfahrkamera und Sonnenschutzfolie verurteilt. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet und dass sie verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs im Rahmen des Abgasskandals und daraus resultierender Rückruf- und Nachrüstungsaktionen im Zeitraum bis zur Rückgabe des Fahrzeugs entstehen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.
5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein nicht verjährter Anspruch auf Schadensersatz in Form der Rückabwicklung des Kaufvertrags sowie auf Ersatz weiterer materieller Schäden aus §§ 826, 249, 31 BGB zu. Die Beklagte habe den Kläger vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt, indem sie den Motor des Typs EA189 konzipiert, gebaut und in den Verkehr gebracht habe. Der Vorsatz der Beklagten entfalle nicht aufgrund der von ihr veranlassten Veröffentlichungen über die verwendete Software wie u.a. die Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015. Denn für den Vorsatz sei auf den Zeitpunkt der Tathandlung und damit auf den des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs abzustellen. Auf die Frage, ob die Sittenwidrigkeit und der diesbezügliche Vorsatz bei Abschluss des Kaufvertrags noch vorgelegen hätten und ob die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten und die im Nachgang veröffentlichten Pressemitteilungen geeignet seien, den vorherigen Vorwurf der Sittenwidrigkeit entfallen zu lassen, komme es daher insoweit nicht an.
6
Das Inverkehrbringen des mit der Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Motors sei auch sittenwidrig. Die Konzeption der Motorsteuerungssoftware mit der beschriebenen Funktionsweise habe sowohl gegenüber den Aufsichtsbehörden als auch gegenüber den Verbrauchern der planmäßigen Verschleierung des Umstands gedient, dass das Fahrzeug im Regelfahrbetrieb nicht die für die jeweilige Euro-Norm für Dieselfahrzeuge zulässigen Grenzwerte für den Ausstoß von NOx einhalte. Einziges plausibles Motiv dafür sei die Verschaffung eines Wettbewerbsvorteils oder die Generierung eines höheren Gewinns durch Kostenersparnis gewesen. Die Beklagte habe die Ahnungslosigkeit der Verbraucher, so auch des Klägers, bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte der Kläger den Kaufvertrag nicht geschlossen. In der Belastung mit der ungewollten Verbindlichkeit liege bereits der ersatzfähige Schaden im Sinne des § 826 BGB. Der Senat glaube dem Kläger, dass er zwar durch die Medien von dem Dieselskandal gehört habe, sich aber wegen seiner persönlichen Situation nach der Geburt seines herzkranken Sohns nicht intensiv mit der Thematik beschäftigt, sondern sich hinsichtlich des zu erwerbenden Fahrzeugs auf eine etwaige Information durch den Verkäufer verlassen habe. Er sei davon überzeugt, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen sei, weil er nicht gewusst habe, was auf ihn zukomme. Die Kenntnis des Klägers von der Dieselthematik im Allgemeinen stehe der Überzeugungsbildung nicht entgegen. Weil auch andere nicht betroffene Dieselmotoren der Beklagten verbaut worden seien, sei es durchaus möglich gewesen, nicht betroffene Dieselfahrzeuge zu erwerben. Der Kausalzusammenhang zwischen der vorsätzlichen sittenwidrigen Handlung und der Schädigung sei auch nicht aufgrund der Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015, den Presseerklärungen von Oktober 2015 und den Anweisungen an die Vertragshändler zu verneinen. Diese Maßnahmen der Beklagten seien nicht ausreichend gewesen, um den Zurechnungszusammenhang zu unterbrechen.
II.
7
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 826, 31 BGB nicht bejaht werden. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe dem Kläger durch die Konzeption und das Inverkehrbringen des mit der unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware ausgestatteten Motors in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt. Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit rechtsfehlerhaft allein auf den Zeitpunkt der haftungsbegründenden Handlung abgestellt und das weitere Verhalten der Beklagten bis zum Eintritt des angenommenen Schadens insoweit nicht in den Blick genommen.
8
1. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der in einer Gesamtschau durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., s. nur Senatsurteile vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20, ZIP 2020, 1715 Rn. 29; vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 15). Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (Senatsurteile vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20, ZIP 2020, 1715 Rn. 29; vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 15; vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 16 mwN). Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (Senatsurteile vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20, ZIP 2020, 1715 Rn. 29; vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 15; vom 7. Mai 2019 – VI ZR 512/17, NJW 2019, 2164 Rn. 8 mwN; Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 14).
9
Fallen die erste potentiell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens – wie im Streitfall – zeitlich auseinander, ist der Bewertung eines schädigenden Verhaltens als (nicht) sittenwidrig das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens bei dem konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Denn im Falle der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB wird das gesetzliche Schuldverhältnis erst mit Eintritt des Schadens bei dem konkreten Geschädigten begründet; der haftungsbegründende Tatbestand setzt die Zufügung eines Schadens zwingend voraus. Deshalb kann im Rahmen des § 826 BGB ein Verhalten, das sich gegenüber zunächst betroffenen (anderen) Geschädigten als sittenwidrig darstellte, aufgrund einer Verhaltensänderung des Schädigers vor Eintritt des Schadens bei dem konkreten Geschädigten diesem gegenüber als nicht sittenwidrig zu werten sein (Senatsurteile vom 8. Dezember 2020 – VI ZR 244/20, ZIP 2021, 84 Rn. 12; vom 23. März 2021 – VI ZR 1180/20, VersR 2021, 732 Rn. 10; Senatsbeschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661, Rn. 13, jeweils mwN). Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn wesentliche Elemente, die das bisherige Verhalten des Schädigers gegenüber zunächst betroffenen (anderen) Geschädigten als besonders verwerflich erscheinen ließen, durch die Änderung seines Verhaltens derart relativiert werden, dass der Vorwurf der Sittenwidrigkeit bezogen auf sein Gesamtverhalten gegenüber dem später betroffenen Geschädigten und im Hinblick auf den Schaden, der diesem entstanden ist, nicht gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 2020 – VI ZR 244/20, aaO Rn. 14, 17; vom 23. März 2021 – VI ZR 1180/20, VersR 2021, 732 Rn. 12; Senatsbeschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661 Rn. 17 f.).
10
2. Diesen Grundsätzen genügt die angefochtene Entscheidung nicht. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit allein auf den Zeitpunkt der von ihm angenommenen Schädigungshandlung – des Inverkehrbringens des mit der Manipulationssoftware versehenen Motors – abgestellt und der Änderung des Verhaltens der Beklagten ab 22. September 2015 in diesem Zusammenhang keine Bedeutung beigemessen hat. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen im Verhältnis zum Kläger nicht als sittenwidrig zu qualifizieren; angesichts der von der Beklagten ab dem 22. September 2015 ergriffenen Maßnahmen ist der Vorwurf der Sittenwidrigkeit bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht gerechtfertigt. Hierdurch wurden wesentliche Elemente, die ihr bisheriges Verhalten gegenüber bisherigen Käufern von Fahrzeugen mit Dieselmotoren der Baureihe EA189 als besonders verwerflich erscheinen ließen, derart relativiert, dass der Vorwurf der Sittenwidrigkeit bezogen auf ihr Gesamtverhalten gegenüber dem Kläger und im Hinblick auf den Schaden, der bei ihm durch den Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags im November 2015 entstanden sein könnte, nicht gerechtfertigt ist. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann das Verhalten der Beklagten bei der gebotenen Gesamtbetrachtung insbesondere nicht einer arglistigen Täuschung des Klägers gleichgesetzt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661 Rn. 15 ff.; Senatsurteil vom 13. April 2021 – VI ZR 276/20, VersR 2021, 855 Rn. 8 f. mwN).
11
a) Nach den getroffenen Feststellungen trat die Beklagte im September 2015 an die Öffentlichkeit, räumte Unregelmäßigkeiten ein und erarbeitete Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu bannen. So veröffentlichte sie am 22. September 2015 eine Ad-hoc-Mitteilung und eine im Wesentlichen gleichlautende Presseerklärung, wonach bei weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit Diesel-Motoren des Typs EA189 eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei. Am 25. September 2015 informierte sie die Öffentlichkeit darüber, dass sie an einer “technischen Lösung” arbeite. Sie schaltete darüber hinaus eine Webseite frei, auf der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer überprüft werden kann, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist. Darüber hinaus informierte sie Vertragshändler über die Verwendung der Umschaltlogik.
12
b) Bereits die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22. September 2015 war objektiv geeignet, das Vertrauen potenzieller Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren des Typs EA189 in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören, diesbezügliche Arglosigkeit also zu beseitigen. Aufgrund der Verlautbarung und ihrer als sicher vorherzusehenden medialen Verbreitung war typischerweise nicht mehr damit zu rechnen, dass Käufer von gebrauchten VW-Fahrzeugen mit Dieselmotoren der Baureihe EA189 die Erfüllung der hier maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben noch als selbstverständlich voraussetzen würden. Für das bewusste Ausnutzen einer diesbezüglichen Arglosigkeit dieser Käufer war damit kein Raum mehr; hierauf konnte das geänderte Verhalten der Beklagten nicht mehr gerichtet sein (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661 Rn. 19 ff.).
13
c) Die unter a) dargestellten Maßnahmen der Beklagten sind für das Ergebnis der Sittenwidrigkeitsprüfung nicht deshalb irrelevant, weil die Beklagte nicht sichergestellt hatte, dass ihre Informationen tatsächlich jeden potenziellen Käufer erreichten und einen Fahrzeugerwerb in Unkenntnis der Abschalteinrichtung in jedem Einzelfall verhinderten. Die Beklagte traf zur Vermeidung des Sittenwidrigkeitsvorwurfs nicht die Verpflichtung, jeden potentiellen Käufer über die für seine Kaufentscheidung wesentlichen Gesichtspunkte und die Mängel des Kaufgegenstands vollständig aufzuklären (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661 Rn. 22).
14
d) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, dass die Beklagte – wie die Revisionserwiderung geltend macht – ihre Bemühungen, den gesetzeswidrigen Zustand zu beseitigen, lediglich vorgespiegelt und ihr verwerfliches Verhalten nur in veränderter Weise fortgesetzt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661 Rn. 23 ff.).
III.
15
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Mit dem instanzgerichtlichen Vortrag, den die Revisionserwiderung im Rahmen ihrer Gegenrügen in Bezug genommen hat, hat sich das Berufungsgericht – aus seiner Sicht konsequent – nicht befasst. Eine eigene Entscheidung des Senats ist mangels jedweder Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu nicht möglich.
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