Europarecht

Vorläufiger Rechtsschutz, Einstweilige Anordnung, Geschlossene Veranstaltung, Öffnungszeiten

Aktenzeichen  Au 9 E 21.1654

Datum:
12.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23941
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
BayIfSMV § 15 Abs. 1 der 13.

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung, dass die aktuelle 13. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung der Bewirtung von Gästen im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung in ihrem Stadel mit Wintergarten über 1 Uhr hinaus nicht entgegensteht.
Die Antragstellerin betreibt einen gastronomischen Betrieb (Landgasthof), zu dem neben einem Restaurant auch ein Hotel und ein 200 m² großer Stadel gehört, an den ein sogenannter Wintergarten angebaut ist. Der Stadel (mit angeschlossenem Wintergarten) wird zur Ausrichtung privater und geschäftlicher Feiern genutzt. Die Räumlichkeiten sind für 80 bis 180 Personen vorgesehen. Der sonstige Restaurantbetrieb erfolgt getrennt von der Nutzung des Stadels.
Die 13. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 384, BayRS 2126-1-17-G), geändert durch Verordnung vom 27. Juli 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 516), erlassen durch das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
[15] Gastronomie
(1) Gastronomische Angebote dürfen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen unter folgenden Voraussetzungen zur Verfügung gestellt werden:
1. Gastronomische Angebote dürfen nur zwischen 5 Uhr und 1 Uhr zur Verfügung gestellt werden.
2. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass ein Mindestabstand von 1,5 m zwischen allen Gästen, soweit diese nicht dem in § 6 Abs. 1 genannten Personenkreis angehören, gewährleistet ist.
3. In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die 7-Tage-Inzidenz von 50 überschritten wird, bedürfen Gäste aus mehreren Hausständen an einem Tisch eines Testnachweises nach Maßgabe von § 4.
4. Es besteht für das Personal, soweit es in Kontakt mit Gästen kommt, Maskenpflicht sowie für Gäste, solange sie nicht am Tisch sitzen, FFP2-Maskenpflicht.
5. In geschlossenen Räumen ist Tanzen nicht zulässig, soweit es sich nicht um nach dieser Verordnung zulässige Veranstaltungen handelt.
6. In geschlossenen Räumen ist Musikbeschallung und -begleitung nur als Hintergrundmusik zulässig, soweit es sich nicht um nach dieser Verordnung zulässige Veranstaltungen handelt.
7. Der Betreiber hat nach Maßgabe des Rahmenkonzepts, das von den zuständigen Staatsministerien im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege bekanntgemacht wird, ein Schutz- und Hygienekonzept auszuarbeiten und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen.
8. Der Betreiber hat die Kontaktdaten der Gäste nach Maßgabe von § 5 zu erheben.
(2) Für erlaubnisbedürftige reine Schankwirtschaften nach den § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 des Gaststättengesetzes gilt Abs. 1 mit der Maßgabe entsprechend, dass in geschlossenen Räumen die Bedienung am Tisch erfolgen muss und Abgabe und Verzehr von Getränken an der Theke oder am Tresen nicht zulässig sind.
(3) 1Zulässig sind die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken. 2In Gebäuden und geschlossenen Räumen besteht für das Personal, soweit es in Kontakt mit Kunden kommt, Maskenpflicht sowie für Kunden FFP2-Maskenpflicht. 3Erworbene Speisen und Getränke zum Mitnehmen dürfen nicht am Ort des Erwerbs oder in seiner näheren Umgebung verzehrt werden.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2021 bat der Bevollmächtigte der Antragstellerin beim Antragsgegner um Bestätigung, dass die Überlassung der Räumlichkeiten in dem von der Antragstellerin unterhaltenen Gastronomie- und Hotelbetrieb unter die Regelung des § 7 der 13. BayIfSMV fallen, die eine zeitliche Reglementierung nicht vorsehen. Mit E-Mail vom 13. Juli 2021 teilte der Antragsgegner mit, dass aus Gründen der Gleichstellung sowohl in den Räumlichkeiten der Gastronomie als auch in sonstigen angemieteten Räumlichkeiten die gleiche Regelung gelte, nämlich, dass ab 1:00 Uhr keine gastronomischen Angebote mehr zur Verfügung gestellt werden dürfen. Die geschlossene Gesellschaft dürfe sich jedoch auch nach 1:00 Uhr in dem jeweiligen Betrieb oder Raum aufhalten und sich gegebenenfalls selbst versorgen.
Am 6. August 2021 stellte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Augsburg einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und beantragt,
Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass § 15 Abs. 1 der 13. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) einem gastronomischen Angebot der Antragstellerin an eine geschlossene Gesellschaft nach 1.00 Uhr in dem Stadel und Wintergarten der Antragstellerin nicht entgegensteht.
Zur Begründung wird ausgeführt, einstweiliger Rechtsschutz könne im Wege einer Anordnung nach § 123 VwGO gesucht werden, da zwischen den Beteiligten streitig sei, ob die Antragstellerin die Veranstaltungsräume auch nach 1:00 Uhr bedienen dürfe. Der Antragsgegner sei für den Vollzug der Verordnung zuständig. Der Antrag sei nicht durch die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes nach § 47 Abs. 6 VwGO ausgeschlossen, da die Wirksamkeit der Norm gerade nicht in Frage gestellt werde. Zudem seien beide Rechtschutzmöglichkeiten als gleichwertig anzusehen. Die vom Antragsgegner vorgenommene Interpretation sei unverhältnismäßig, verstoße gegen das Gleichheitsgebot und die Berufsfreiheit. Der Antragsgegner mache geltend, dass die Verlängerung der Bewirtung zu einer Ungleichbehandlung gegenüber einem üblichen gastronomischen Betrieb darstellen würde. Ein üblicher gastronomischer Betrieb und eine geschlossene Veranstaltung würden sich jedoch dadurch unterscheiden, dass sich im gastronomischen Bereich ständig wechselnde Gäste über einen Zeitraum von ein bis zwei Stunden aufhalten würden. Durch den ständigen Wechsel komme es zu einer wesentlichen Erhöhung der Infektionsgefährdung. Bei geschlossenen Gruppen würden vom Verordnungsgeber etwaige Infektionsgefahren ohne zeitliche Beschränkung akzeptiert. Die zeitliche Einschränkung des gastronomischen Angebots der Antragstellerin sei weder geeignet dem Infektionsschutz zu dienen noch sei sie verhältnismäßig. Nach Aussage des Antragsgegners sei ein Verbleiben der Gäste nach 1:00 Uhr ohne weitere Anwesenheit des Personals möglich, dies führe jedoch dazu, dass dem Infektionsschutz nicht mehr ausreichend Rechnung getragen werden könne, da das geltende Infektionsschutzkonzept nicht mehr beachtet werden müsste. Eine Verlagerung der Veranstaltung in den privaten Bereich wäre dem Infektionsschutz nicht zuträglich. Die Einschränkung sei auch nicht verhältnismäßig, weil es der Antragstellerin nicht möglich sei, Hochzeiten oder andere Veranstaltungen mit längerer Dauer anzubieten. Dies führe dazu, dass Interessenten auf andere Bundesländer ausweichen oder die Feiern in den privaten Bereich verlegt würden. Durch die Interpretation des Antragsgegners gingen der Antragstellerin wesentliche Einkünfte verloren, ohne dass dem Infektionsschutz Rechnung getragen würde. Die Eilbedürftigkeit folge daraus, dass der Antragstellerin durch die beschränkten Betriebsmöglichkeiten ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehe. Ohne Erlass der einstweiligen Anordnung entstünden der Antragstellerin nicht mehr zu beseitigende Nachteile. Im Hinblick auf die kurze Geltungsdauer der Regelung sei die Durchführung des Hauptsacheverfahrens nicht möglich.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, zur Vermeidung der Schlechterstellung von Gastwirtschaften mit Feiern in privat angemieteten Räumen bestehe bei geschlossenen Gesellschaften die Möglichkeit, die Räume eines gastronomischen Betriebs auch über 1:00 Uhr hinaus zu nutzen. Lediglich die gastronomischen Angebote in Sinn von § 15 der 13. BayIfSMV dürften nicht zur Verfügung gestellt werden. Insoweit erfolge eine Gleichstellung mit privaten Feiern in angemieteten Räumen, da auch in diesem Fall ein Caterer gastronomische Angebote nur zwischen 5:00 und 1:00 Uhr zur Verfügung stelle dürfe.
Der Antrag wurde dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zur Stellungnahme zugeleitet. Dieses führt mit Schreiben vom 11. August 2021 aus, die begehrte Feststellung widerspreche dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV, der allein an die Bewirtungstätigkeit und nicht an einen bestimmten Personenkreis anknüpfe. Für die Einordnung der gastronomischen Leistung sei es daher unerheblich, ob diese gegenüber einer geschlossenen Gesellschaft oder einem nicht derart abgrenzbaren Personenkreis erbracht wird. Im Übrigen bezeichne auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin deren Leistung als gastronomisches Angebot. Die Antragstellerin mache zutreffend geltend, dass sich die geschlossene Gesellschaft in dem jeweiligen Betrieb oder Raum auch über die Sperrstunde hinaus aufhalten dürfe. Auf diese Weise werde eine Schlechterstellung der Gastronomie gegenüber privaten Feiern in angemieteten Räumlichkeiten verhindert. Die zeitliche Reglementierung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV gelte in gleicher Weise in angemieteten Räumlichkeiten, so dass beispielsweise ein Caterer zwischen 1:00 Uhr und 5:00 Uhr keine gastronomischen Angebote zur Verfügung stellen darf. Eine „Betreuung“ der Gäste in diesem Zeitraum durch Personal der Antragstellerin falle nach allgemeinem Begriffsverständnis unter ein gastronomisches Angebot und sei nicht zulässig. Eine willkürliche Ungleichbehandlung liege nicht vor, da der gleiche Lebenssachverhalt jeweils gleichbehandelt werde. Soweit ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit gerügt werde, habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. Juli 2021 bereits festgestellt, dass der Eingriff nicht übermäßig belastend sei.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf den in der Akte enthaltenen Schriftverkehr der Beteiligten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Bei sachgerechter Auslegung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass die in § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV getroffene einschränkende Regelung, nach der gastronomische Angebote lediglich bis 1:00 Uhr zur Verfügung gestellt werden dürfen, nicht für in ihrem gastronomischen Betrieb durchgeführte geschlossene Veranstaltungen gilt. Sie macht daher geltend, dass sie bei der genannten Veranstaltungsart nicht den Einschränkungen des § 15 Abs. 1 der 13. BayIfSMV unterliegt. Das von der Antragstellerin verfolgte Rechtsschutzziel ist nicht darauf gerichtet, eine nach § 27 Abs. 2 der 13. BayIfSMV mögliche Ausnahmegenehmigung zu erhalten.
b) Es liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor, da unter den Beteiligten streitig ist, ob die in § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV getroffene zeitliche Reglementierung auch für die von der Antragstellerin angebotenen Feiern geschlossener Gesellschaften Geltung beanspruchen kann.
c) Die Antragstellerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Durchführung einer Veranstaltung unter Missachtung der nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV geltenden zeitlichen Einschränkungen ist nach § 28 Nr. 11 der 13. BayIfSMV bußgeldbewehrt. Im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten, auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung die Räumlichkeiten für private Feiern zu vermieten und gastronomische Angebote über 1:00 Uhr hinaus anzubieten und erst gegen eine etwaige spätere behördliche Untersagungsverfügung gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
d) Unter Berücksichtigung des konkret zur Entscheidung gestellten Antragsbegehrens, das den Streitgegenstand des Verfahrens beschreibt und auf das die rechtliche Überprüfung beschränkt ist, ist der vorliegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO nicht durch die Möglichkeit eines Antrags nach § 47 Abs. 6 VwGO in einem eventuellen Normenkontrollverfahren gegen die Verordnung selbst ausgeschlossen. Zum einen richtet sich der Antrag nicht auf die Unwirksamkeitserklärung bzw. die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Rechtsnorm. Die Wirksamkeit der streitentscheidenden Norm, über deren Auslegung Streit besteht, wird gerade nicht in Frage gestellt. Der Antragstellerin geht es vielmehr darum, unter Weitergeltung der Regelungen in § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV feststellen zu lassen, dass die in den Räumen ihres Gastronomiebetriebs bewirteten geschlossenen Gesellschaften nicht den in dieser Norm getroffenen Einschränkungen unterliegt.
2. Der auf diese Feststellung begrenzte Antrag ist jedoch in der Sache unbegründet.
a) Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder eine drohende Gefahr zu verhindern oder wenn dies aus anderen Gründen nötig erscheint. Erforderlich sind danach ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Sache, sowie ein Anordnungsanspruch, d.h. ein Anspruch auf die begehrte Maßnahme, die nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen sind. Dies ist der Fall, wenn sich das Vorliegen eines Anordnungsgrunds und Anordnungsanspruchs als überwiegend wahrscheinlich darstellt.
Da die von der Antragstellerin begehrte Feststellung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde, das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO grundsätzlich aber nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses dient, sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifizierte Anforderungen zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur dann in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht und der Antragstellerin durch das Abwarten in der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, B.v. 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – juris; vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2016 – 12 CE 16.66 – juris). Der Ausgang eines eventuellen Hauptsacheverfahrens muss demnach offensichtlich erfolgreich erscheinen.
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist der Antrag abzulehnen. Nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gegeben. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf die vorläufige Feststellung, dass die von ihr angebotenen Veranstaltungen geschlossener Gesellschaften nicht der Regelung in § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV unterliegen, sondern die Vorgaben in § 7 Abs. 2 der 13. BayIfSMV zu beachten haben.
(1) Nach dem ausdrücklichen Wortlaut in § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV dürfen gastronomische Angebote nur zwischen 5:00 Uhr und 1:00 Uhr zur Verfügung gestellt werden. Dabei wird in § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV im Gegensatz zu den in § 7 Abs. 2 der 13. BayIfSMV getroffenen Regelungen nicht zwischen Veranstaltungen mit einem von Anfang an begrenzten und geladenen Personenkreis (sogenannte geschlossene Gesellschaft) und einzelne, das gastronomische Angebot in Anspruch nehmende Personen unterschieden. Der fehlenden Differenzierung in § 15 Abs. 1 der 13. BayIfSMV liegt auch keine planwidrige Regelungslücke zugrunde, wie die unterschiedlichen Regelungen in § 7 (private Veranstaltungen) und § 15 (Gastronomie) der 13. BayIfSMV belegen. Nach dem eindeutigen Wortlaut in § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV sind von der Vorschrift alle gastronomischen Angebote umfasst, unabhängig davon, ob es sich um eine geschlossene Gesellschaft oder um Angebote für einen unbestimmten Personenkreis handelt. Da der Betreiber nach § 15 Abs. 1 Nr. 8 der 13. BayIfSMV die Kontaktdaten der Gäste erheben muss, ist eine Differenzierung zwischen geschlossenen Gesellschaften und öffentlichem Gastronomiebetrieb aus Gründen des Infektionsschutzes zur Nachverfolgung von Infektionsketten auch nicht erforderlich.
Demgegenüber regelt § 7 Abs. 2 der 13. BayIfSMV ausschließlich – anknüpfend an die zulässige Personenzahl – die generelle Zulässigkeit von privaten Veranstaltungen. Die Vorschrift trifft keine Vorgaben über deren Ausgestaltung. Sofern im Rahmen einer privaten Veranstaltung im Sinn von § 7 Abs. 2 der 13. BayIfSMV gastronomische Angebote in Anspruch genommen werden, richten sich die hierbei zu berücksichtigenden Regelungen nach § 15 der 13. BayIfSMV. Schon aus diesem Grund ist die Annahme, die Durchführung von Veranstaltungen geschlossener Gesellschaften falle ausschließlich unter die Bestimmungen des § 7 der 13. BayIfSMV nicht zutreffend.
(2) Für die Beurteilung, ob die von der Antragstellerin im Rahmen von geschlossenen Gesellschaften angebotene gastronomische Bewirtung unter die in § 15 Abs. 1 der 13. BayIfSMV getroffenen Regelungen fällt, kommt es nicht darauf an, ob die Bewirtung – getrennt vom übrigen Restaurantbetrieb – lediglich in dem sogenannten Stadel mit Wintergarten des Gastronomie- und Hotelbetriebs der Antragstellerin erfolgt. Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen gastronomischen Betrieb, der nicht je nach Veranstaltungsart bzw. gemieteter Räumlichkeiten in unterschiedliche Sparten aufgespaltet werden kann. Unzweifelhaft werden auch bei sogenannten geschlossenen Gesellschaften im Stadel mit Wintergarten die gastronomischen Angebote der Antragstellerin in Anspruch genommen, so dass der Betrieb der Antragstellerin in seiner Gesamtheit nach den Vorschriften in § 15 der 13. BayIfSMV zu bewerten ist.
(3) Die unterschiedliche Behandlung von privaten Feiern geschlossener Gesellschaften in gemieteten Räumlichkeiten und in der Gastronomie durchgeführten Feiern verstößt nach Auffassung der Kammer nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da es sich um unterschiedliche Sachverhalte handelt und für die vorgenommene Differenzierung ein sachlicher Grund vorliegt.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, B.v. 7.2.2012 – 1 BvL 14/07 – juris Rn. 40; BVerfG, B.v. 15.7.1998 – 1 BvR 1554/89 – juris Rn. 119 m.w.N.). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfG, B.v. 11.10.1988 – 1 BvR 777/85 – juris; BVerfG, B.v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07 – juris; BVerfG, B.v. 21.6. 2011 – 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 76). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, B.v. 7.7.2009 – 1 BvR 1164/07 – juris; BVerfG, B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 77). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierender verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, B.v. 18.7.2012 – 1 BvR 16/11 – juris Rn. 30; BVerfG, B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 65; BVerfG, B.v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07 – juris Rn. 79).
Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, B.v. 6.3. 2002 – 2 BvL 17/99 – juris; BVerfG, U.v. 16.3.2004 – 1 BvR 1778/01 – NVwZ 2004, 597/602). Das Gleiche gilt, wenn der Normgeber es unterlässt, tatsächliche Ungleichheiten des zu ordnenden Lebenssachverhalts zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BVerfG, U.v. 16.3.2004, a.a.O.).
Die Differenzierung in § 7 Abs. 2 und § 15 Abs. 1 der 13. BayIfSMV beruht unter Berücksichtigung des dem Verordnungsgeber eingeräumten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums auf sachgerechten Erwägungen. Sachbezogene Erwägungen, über die Eignung einer Regelung, die der Verordnungsgeber zur Erreichung eines bestimmten Ziels anstellt, können im Hinblick auf dessen Gestaltungsfreiheit als Normgeber nur dann beanstandet werden, wenn sie eindeutig widerlegbar oder offensichtlich fehlerhaft wären oder wenn sie der verfassungsrechtlichen Wertordnung widersprächen. Das Gericht kann nicht seine eigenen Wertungen und Einschätzungen an die Stelle derjenigen des Verordnungsgebers setzen (BayVerfGH, U.v. 15.4.1994 – Vf. 6-VII-92 – juris). Grundsätzlich obliegt es dem Verordnungsgeber im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens durch unterschiedliche Regelungen dem Infektionsschutz Rechnung zu tragen. Die unterschiedlichen Regelungen für private Veranstaltungen in § 7 Abs. 2 der 13. BayIfSMV und für gastronomische Angebote in § 15 Abs. 1 der 13. BayIfSMV sind nicht willkürlich oder völlig sachfremd.
Sofern bei privaten Feiern, die in eigens dafür angemieteten Räumen stattfinden, gastronomische Angebote (Catering) in Anspruch genommen werden, fallen auch diese Angebote unter die Regelung des § 15 der 13. BayIfSMV. Insoweit liegt bereits keine Ungleichbehandlung mit dem Angebot der Antragstellerin vor. Sofern darauf abgestellt wird, dass private Feiern ohne gastronomisches Angebot und somit ohne eine zeitliche Beschränkung durchgeführt werden, liegt kein vergleichbarer Sachverhalt vor. In diesem Fall unterscheidet sich die private Feier in ihrer Ausgestaltung und in infektionsschutzrechtlicher Sicht ganz wesentlich von den im Rahmen von Gastronomiebetrieben durchgeführten Veranstaltungen.
Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass Interessenten aufgrund der Beschränkung der Dauer der Feierlichkeiten in andere Bundesländer abwandern, so führt dies nicht zur Unverhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelung. Eventuell abweichende Regelungen in anderen Bundesländern sind für den Antragsgegner nicht bindend. Dies ergibt sich aus der Regelung in § 32 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG), wonach die jeweiligen Landesregierungen ermächtigt werden, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, entsprechende Ge- und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten durch Rechtsverordnungen zu erlassen. Bezüglich der Ausgestaltung der gebotenen Schutzmaßnahmen kommt dem Antragsgegner ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, der vorliegend jedenfalls nicht in gesetzwidriger Weise überschritten wurde.
(4) Soweit die Antragstellerin in der Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) sieht, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits festgestellt, dass die Regelung in einem angemessenen Verhältnis zu den grundrechtlich geschützten Belangen der Betroffenen steht (BayVGH, B.v. 6.7.2021 – 25 NE 21.1647 – BeckRS 2021, 18467 Rn. 32).
c) Sofern die Antragstellerin die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Regelungen in § 15 Abs. 1 der 13. BayIfSMV, insbesondere die zeitliche Beschränkung auf gastronomische Angebote zwischen 5 Uhr und 1 Uhr grundsätzlich in Zweifel zieht, ist sie auf die direkte Überprüfung der entsprechenden Regelungen vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Wege eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO bzw. dem vorgesehenen Eilrechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO zu verweisen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 26.10.2020 – 20 CE 20.2185 – juris Rn. 14).
Da § 15 Abs. 1 Nr. 1 der 13. BayIfSMV der Durchführung von geschlossenen Gesellschaften im gastronomischen Betrieb der Antragstellerin über 1:00 Uhr hinaus entgegensteht, war der Antrag abzulehnen.
3. Da der Antrag erfolglos bleibt, trägt die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Verfahrenskosten.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Kammer hat vorliegend den in der Hauptsache gebotenen Streitwert (§ 52 Abs. 2 GKG) für sachdienlich erachtet, da sich das gerichtliche Verfahren auf den Eilrechtsschutz beschränkt.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben