Europarecht

Vorläufiger Rechtsschutz, Erlass einer Sicherungsanordnung, Veröffentlichung von lebensmittelrechtlichen Verstößen

Aktenzeichen  Au 9 E 21.2580

Datum:
11.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 5087
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 2 S. 1
LFGB § 40 Abs. 1a Nr. 3
Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002
Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) VO (EG) Nr. 178/2002

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, die im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin eine Gaststätte betreibt, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine beabsichtigte Veröffentlichung eines lebensmittelrechtlichen Verstoßes.
Am 28. August 2021 kam es in der Betriebsstätte der Antragstellerin im Stadtgebiet der Antragsgegnerin zu einer Lebensmittelintoxikation nach dem Genuss eines Rinderbratens mit Grillgemüse, die eine ärztliche Behandlung erforderlich machte. Aufgrund dieses Vorfalls ging bei der Antragsgegnerin am 30. August 2021 eine Verbraucherbeschwerde ein. Die von der Antragsgegnerin veranlasste Lebensmittelüberprüfung kam unter dem 14. September 2021 zum Ergebnis, dass das Produkt „Grillgemüse“ einen auffallend hohen Gehalt an Schimmelpilzen und Hefen aufwies. Der mikrobiologische Status lege den Verdacht der Nichteinhaltung hygienischer Anforderungen nahe.
Am 7. Oktober 2021 führte die Antragsgegnerin eine amtliche Probenahme (Nachprobe/Vergleichsprobe) durch. Dabei wurden sensorische sowie mikrobiologische Abweichungen bezüglich des Produkts „Grillgemüse“ festgestellt.
Das mit der Beprobung beauftragte Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (im Folgenden: LGL) führte in seinem Gutachten vom 25. Oktober 2021 zur Beurteilung aus, dass die vorgelegte Probe „Grillgemüse“ aufgrund erheblicher sensorischer Abweichungen bezüglich des Geruchs in Verbindung mit dem mikrobiologischen Befund Anzeichen von Verderb aufgewiesen habe. Aus den Verdachtsproben „Grillgemüse“ seien keine bakteriellen Erreger isoliert worden, die zu Lebensmittelerkrankungen führten. Die vorgelegte Probe sei für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) i.V.m. Abs. 5 der VO (EG) Nr. 178/2002 und damit nicht sicher. Der mikrobiologische Befund weist eine aerobe, mesophile Gesamtkeimzahl von 3,1 x 107 KBE/g und säureliebende Keime im Umfang von 2,9 x 107 KBE/g auf. Auf das Gutachten des LGL vom 25. Oktober 2021 wird ergänzend verwiesen.
Mit Anhörungsschreiben vom 29. November 2021 kündigte die Antragsgegnerin der Antragstellerin an, auf der Grundlage des § 40 Abs. 1a Nr. 3 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Unternehmens über den Vorfall zu informieren. Die Information der Öffentlichkeit solle über eine zeitnahe Eintragung der Informationen in das Internet-Portal des LGL erfolgen. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2021 wies der Bevollmächtigte der Antragstellerin darauf hin, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die beabsichtigte Veröffentlichung nicht vorlägen. Das beanstandete Lebensmittel „Grillgemüse“ sei nicht unsicher im Sinn des Lebensmittelrechts. Für den festgestellten Geruch „sauer“ seien in Brandweinessig eingelegte Maiskölbchen verantwortlich. Auch der mikrobiologische Befund lasse nicht den Schluss zu, dass das Gemüse für den Verzehr ungeeignet sei. Für säureliebende Keime werde kein konkreter Warn- oder Grenzwert genannt.
Das LGL hat unter dem 14. Dezember 2021 nochmals zum Vorgang Stellung genommen. Die sensorische Untersuchung der Probe „Grillgemüse“ sei durch mehrere Sachverständige erfolgt, die auch mit der Lebensmittelmatrix „Sauergemüse“ vertraut seien. Bei der sensorischen und mikrobiologischen Beurteilung der Gemüsemischung sei die Komponente „Maiskölbchen“ berücksichtigt worden. Die Probe sei in ihrer Gesamtheit und nicht in den Einzelkomponenten bezüglich des Geruchs beurteilt worden. Bei einer erhöhten aeroben, mesophilen Keimzahl handle es sich grundsätzlich um einen Hygieneindikator, der eine Vielzahl an verschiedenen Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen repräsentiere. Für die aeroben, mesophilen Keime gebe es grundsätzlich nur Richtwerte, jedoch keine Warnwerte. Die von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V. (DGHM) für Mischsalate veröffentlichten Werte seien demnach nicht auf andere Nahrungsmittel übertragbar. Für frische Gemüsemischungen gebe es aktuell keine Richtwerte der DGHM. Die Beurteilung der Probe als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet und damit als nicht sicher gemäß Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. b) und Abs. 5 der VO (EG) Nr. 178/2002 werde in vollem Umfang aufrechterhalten.
Auf die ergänzende gutachterliche Stellungnahme des LGL vom 14. Dezember 2021 wird verwiesen.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2021 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzugeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR zu unterlassen, die mit Schreiben vom 21. Dezember 2021 (behördliches Az. *) angekündigte Veröffentlichung gemäß § 40 Abs. 1a LFBG auf der Internetseite des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit oder in sonstiger Weise vorzunehmen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die * GmbH eine Kette von etwa 46 Gaststätten in ganz Deutschland umfasse. In der hier betroffenen Gaststätte sei es vor den streitgegenständlichen Vorkommnissen im Hinblick auf die Einhaltung von Hygienevorschriften bislang zu keinen Auffälligkeiten gekommen. Auch im vorliegenden Fall sei kein Verstoß nachgewiesen. Eine Veröffentlichung dürfe nicht erfolgen. Ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften sei nicht feststellbar. Das Ergebnis des Gutachtens des LGL sei unzutreffend. So enthalte das Grillgemüse einen säurehaltigen Gemüse-Bestandteil, nämlich in Branntweinessig eingelegte Maiskölbchen. Es liege in der Natur der Sache, dass diese wegen des Essigs einen säuerlichen Geruch hätten. Aufgrund des säuerlichen Geruchs könne eine Ungeeignetheit des Grillgemüses für den Verzehr durch Menschen nicht festgestellt werden. Der Geruch sei vielmehr dem Lebensmittel selbst in seinem unverdorbenen Zustand zuzuordnen. Auch aus dem mikrobiologischen Befund lasse sich nicht schlussfolgern, dass das beanstandete Grillgemüse für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet und damit nicht sicher sei. Ein Anzeichen von Verderb ergebe sich aus dem Befund nicht. Für das konkrete Lebensmittel „Grillgemüse“ lägen bereits keine maßgeblichen Richtwerte vor. Hinzu komme, dass sich das Gutachten des LGL widerspreche. So werde festgestellt, dass aus dem Grillgemüse keine bakteriellen Erreger isoliert werden konnten, die zu Lebensmittelerkrankungen führten. Die Probe des Grillgemüses überschreite nicht die DGHM-Richtwerte der aeroben, mesophilen Gesamtkeimzahl. Bakterielle Erreger, die zu Lebensmittelerkrankungen führten, hätten nicht festgestellt werden können. Daher liege auch kein Verstoß gegen Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Abs. 2 Buchst. b) vor. Es lägen keine Tatsachen vor, die begründeten, dass der Verzehr des Grillgemüses durch einen Menschen ungeeignet und daher unsicher sei. Auch die ergänzende Stellungnahme des LGL vom 25. Oktober 2021 ändere an diesem Ergebnis nichts. Zwar seien die Maiskölbchen in der Gemüsemischung nur eine Komponente von mehreren, jedoch liege es in der Natur der Sache, dass diese wegen ihrer Behandlung mit Essig einen sauren Geruch aufwiesen. Dass der Geruch der Maiskölbchen sich bei den sonst geruchslosen Komponenten durchsetze, sei selbstredend. Auch sei nicht nachzuvollziehen, dass aufgrund des sauren Geruchs von einem Verderb des Lebensmittels ausgegangen werde. So könne das Grillgemüse ohne externes Zutun nicht sauer werden. Der Geruch des Lebensmittels deute gerade nicht auf einen Verderb hin. Allein aus der sensorischen Wahrnehmung des Geruchs könne sich damit keine Ungeeignetheit zum Verzehr i.S.d. Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 178/2002 ergeben. Die Maßnahme der geplanten Veröffentlichung sei für einen Gaststättenbetrieb von immenser Auswirkung und stelle sich als weitreichenden Eingriff in das Grundrecht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs dar. Die von der Antragsgegnerin geplante Veröffentlichung gemäß § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFBG auf der Grundlage eines Gutachtens, das keine konkreten Grenzwerte nenne und auf nicht nachprüfbaren subjektiven Wahrnehmungen beruhe, sei nicht rechtmäßig. Es fehle bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen, da kein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorgaben vorliege. Selbst wenn man einen Verstoß annehmen sollte, wäre dieser unerheblich bzw. nicht wiederholt aufgetreten. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „nicht unerheblichen Ausmaßes“ sei anhand von quantitativen und qualitativen Kriterien zu konkretisieren. Im vorliegenden Fall sei im Gutachten des LGL festgestellt worden, dass die Verdachtsprobe keine bakteriellen Erreger aufweise, die Lebensmittelerkrankungen hervorrufen könnten. Mit besonders nachteiligen Folgen für den einzelnen Verbraucher beim Verzehr sei damit nicht zu rechnen. Auch handle es sich nicht um eine Menge, von der eine Vielzahl von Verbrauchern betroffen gewesen wäre. Auch die Verhängung des Bußgelds in Höhe von 428,50 EUR sei nicht rechtmäßig. Diesbezüglich sei bereits Einspruch eingelegt worden. Auch ein Anordnungsgrund läge vor. Die schweren wirtschaftlichen Folgen einer Veröffentlichung könnten durch eine zukünftige Richtigstellung nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Auf den weiteren Vortrag im Antragsschriftsatz vom 23. Dezember 2021 wird ergänzend verwiesen.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 7. Januar 2022 entgegengetreten und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Inverkehrbringen eines „für den Verzehr des Menschen ungeeigneten“ und damit „nicht sicheren Lebensmittels“ einen nicht unerheblichen Verstoß gem. § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB darstelle. Auf die Erfahrung und Sachkunde des LGL bei lebensmittelrechtlichen Verstößen werde verwiesen. Verstöße, die mit einer Gesundheitsgefahr einhergingen oder ekelerregend wären, seien nach den Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz grundsätzlich erheblich. Auf die weiteren Ausführungen im Antragserwiderungsschriftsatz vom 7. Januar 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.
II.
Der statthafte und zulässige Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufzugeben, die mit der Mitteilung vom 29. November 2021 angekündigte Veröffentlichung gemäß § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFBG zu unterlassen, ist zwar zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist statthaft und auch sonst zulässig.
Dem Antrag steht der in § 123 Abs. 5 VwGO normierte Vorrang des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Veröffentlichung von lebensmittelrechtlichen Verstößen der Antragstellerin ist als Realakt zu qualifizieren, deren Verhinderung in der Hauptsache mit einer allgemeinen Leistungsklage auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruches und nicht mit einer Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO durchzusetzen ist. Die Ankündigung der Veröffentlichung ist als schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln einzustufen (vgl. VG München, B.v. 9.1.2013 – M 18 E 12.5834 – juris Rn. 38 m.w.N.). Auch ein solches kann in Rechte eingreifen, ohne dass dies zwangsläufig zur Einordnung als Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) führen würde.
2. Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist in der Sache nicht begründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts eines Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung v.a. bei dauernden Rechtsverhältnissen erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Antragstellerin begehrt hier eine Sicherungsanordnung, da sie eine drohende Beeinträchtigung ihrer Rechtsposition verhindern will.
Die begehrte einstweilige Anordnung würde zudem – jedenfalls teil- bzw. zeitweise – die Hauptsache vorwegnehmen. Auch eine solche eingeschränkte Vorwegnahme der Hauptsache ist im Hinblick auf den Charakter des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 123 Abs. 1 VwGO nur dann zulässig, wenn eine bestimmte Regelung zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn sonst die zu erwartenden Nachteile unzumutbar wären und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache besteht (Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 26. Auf. 2021, § 123 Rn. 13 ff. m. w. N.).
Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen für den Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung nicht gegeben. Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund, jedoch keinen Anordnungsanspruch, wie es gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO erforderlich ist, glaubhaft gemacht.
2.1 Von dem erforderlichen Anordnungsgrund, d.h. der Dringlichkeit der begehrten gerichtlichen Entscheidung, ist auszugehen, weil durch die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Veröffentlichung des lebensmittelrechtlichen Verstoßes auf der Internetseite des LGL, die Verwirklichung von Rechten der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Auch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen ändern nichts daran, dass die faktischen Wirkungen von Informationen der Öffentlichkeit durch Behörden regelmäßig nicht mehr umfassend beseitigt werden können (vgl. VGH BW, B.v. 28.1.2013 – 9 S 2423/12 – juris). Eine Verbraucherinformation zu Rechtsverstößen eines Unternehmens kann zudem für dieses unter Umständen existenzgefährdend wirken.
2.2 Die Antragstellerin hat hingegen keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin Informationen zu dem streitgegenständlichen lebensmittelrechtlichen Verstoß der Antragstellerin auf dem Internetportal des LGL einstellen will. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Antragstellerin würde voraussetzen, dass sich die von der Antragsgegnerin geplante Veröffentlichung als rechtswidriger Eingriff in die Grundrechtspositionen der Antragstellerin insbesondere deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung, deren Berufsausübungsfreiheit und deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt. Da die Voraussetzungen für eine Veröffentlichung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand vorliegen, wird die Antragstellerin in einer evtl. Hauptsache voraussichtlich nicht obsiegen.
2.2.1 Als Ermächtigungsgrundlage für die Veröffentlichung kommt vorliegend allein die von der Antragsgegnerin angeführte Norm des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFBG in Betracht. Nach dieser Vorschrift informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 38 Abs. 2a Satz 2 LFGB auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen durch eine Stelle nach Art. 37 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 2017/625, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass (2.2.1.1) gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Endverbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, (2.2.1.2) in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und (2.2.1.3) die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,00 EUR zu erwarten ist.
§ 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB hat dabei den Charakter einer Auffangvorschrift, die zur Anwendung kommt, wenn für keine der übrigen Fallvarianten des § 40 Abs. 1a LFGB die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind. Die veröffentlichungsrelevanten Verstöße sind dabei auf andere als die in § 40 Abs. 1a Satz 1 Nrn. 1 und 2 LFGB genannten Vorschriften im Anwendungsbereich des LFGB beschränkt und müssen dem Gesundheitsschutz, dem Täuschungsschutz oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen. Die Anwendbarkeit des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB erfordert ein kumulatives Vorliegen der drei dort genannten Voraussetzungen. Es muss also ein Verstoß gegen die Vorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefährdungen, Täuschung oder zur Einhaltung hygienischer Anforderungen festgestellt werden, der Verstoß muss ein nicht nur unerhebliches Ausmaß haben oder wiederholt erfolgen und es muss ein Bußgeld von mindestens 350,00 EUR zu erwarten sein (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Kommentar, Stand: März 2021, § 40 LFGB Rn. 103).
Für die Anwendung des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung besteht. Die Information ist nach der ausdrücklichen Gesetzesfassung immer dann erforderlich, wenn gegen eine entsprechende Vorschrift verstoßen wurde. Bedeutung hat dies insbesondere für Vorschriften über bloße Warnhinweise, soweit sie den Zweck haben, eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen. Auch solche Vorschriften dienen nämlich dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen. Sofern der im Raum stehende Verstoß gegen gesundheitsschützende Vorschriften ein Gesundheitsrisiko für Menschen oder Tiere darstellt, bestimmen sich die Voraussetzungen für eine Veröffentlichung ausschließlich nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 (vgl. Holle in Streinz/Meisterernst, BasisVO/LFGB, Kommentar, 1. Aufl. 2021, § 40 LFGB Rn. 106; VGH BW, B.v. 28.11.2019 – 9 S 2662/19 – juris Rn. 7). Die vorliegend in Streit stehende Vorschrift des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB schafft damit die Möglichkeit, auch unterhalb der Schwelle der Gesundheitsgefahr eine (nationale) Regelung zur Information der Öffentlichkeit zu treffen. Dies zugrunde gelegt, kommt es vorliegend deshalb für die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Veröffentlichung nicht darauf an, ob mit dem hier in Streit stehenden lebensmittelrechtlichen Verstoß tatsächlich eine Gesundheitsgefahr verbunden ist. Eine solche wurde im Gutachten des LGL vom 25. Oktober 2021 ausgeschlossen, da in der Verdachtsprobe „Grillgemüse“ keine bakteriellen Erreger isoliert wurden, die zu Lebensmittelerkrankungen führen.
Auch die Tatsache, dass es für die vorliegend in Streit stehende (frische) Gemüsemischung keine Richt- oder Warnwerte der Ständigen Arbeitsgemeinschaft „mikrobiologische Richt- und Warnwerte für Lebensmittel“ gibt, führt nicht zum Ausschluss der Anwendbarkeit des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB. Die Überschreitung von im Anwendungsbereich des LFGB festgelegten zulässigen Grenzwerten, Höchstgehalten oder Höchstmengen ist lediglich Voraussetzung für die Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 LFGB, nicht aber für die hier in Streit stehende Vorschrift des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB. Letztere setzt lediglich einen Verstoß gegen eine sonstige Vorschrift im Anwendungsbereich des LFGB voraus, die dem Schutz der Endverbraucher vor Gesundheitsgefährdungen, Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dient.
2.2.1.1 Nach der im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Beurteilung von Sach- und Rechtslage liegt vorliegend ein durch Tatsachen hinreichend begründeter Verdacht vor, dass die Antragstellerin gegen Rechtsvorschriften, die den Schutz vor Gesundheitsgefährdungen oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, verstoßen hat.
Für die Frage, ob ein durch Tatsachen hinreichend begründeter Verdacht besteht, genügen ein in tatsächlicher Hinsicht unaufgeklärter Verdacht oder theoretische Überlegungen der Behörde nicht. Die den Verdacht begründeten Tatsachen müssen aus Sicht der Behörde aufgeklärt und in den Überwachungsergebnissen entsprechend dokumentiert sein (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – juris Rn. 44). Damit bedarf es einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass ein Verstoß auch tatsächlich gegeben ist. § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB verlangt, dass sich der begründete Verdacht auf Verstöße gegen Vorschriften bezieht, die dem Schutz vor Gesundheitsgefährdungen oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen. Dabei sind in erster Linie Verstöße gegen Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 erfasst (vgl. Boch, LFGB, 8. Online-Auflage 2019, § 40 Rn. 45). Im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die Vorschrift, bei welcher der hinreichend begründete Verdacht eines Verstoßes besteht, auch selbst bußgeldbewehrt ist. § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB stellt seinem Wortlaut nach für dieses Tatbestandsmerkmal lediglich auf „Vorschriften im Anwendungsbereich“ des Gesetzes ab und setzt zunächst nicht voraus, dass diese auch eigenständig bußgeldbewehrt sind.
Ausgehend von diesen Maßstäben kann der Sachverhalt bezüglich der der Antragstellerin vorgeworfenen lebensmittelrechtlichen Verstöße in tatsächlicher Hinsicht als behördlich ausreichend aufgeklärt erachtet werden. Die streitgegenständliche Verfolgsprobe (Nachprobe/Vergleichsprobe) vom 7. Oktober 2021 wurde vom LGL unter dem 25. Oktober 2021 dahingehend fachlich beurteilt, dass diese aufgrund erheblicher sensorischer Abweichungen bezüglich des Geruchs in Verbindung mit dem durchgeführten mikrobiologischen Befund Anzeichen von Verderb aufgewiesen hat. Zwar wurden in der Probe keine bakteriellen Erreger isoliert, die zu Lebensmittelerkrankungen führen, jedoch wurde die Probe für den Verzehr durch den Menschen als ungeeignet i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Buchst. b i.V.m. Abs. 5 der VO (EG) Nr. 178/2002 und damit als nicht sicheres Lebensmittel eingestuft. Die Probe ergab eine deutlich erhöhte Anzahl von aeroben, mesophilen Gesamtkeimen und von Säure liebenden Keimen. In der ergänzenden Stellungnahme des LGL vom 14. Dezember 2021 wurde diese Beurteilung unverändert aufrechterhalten. Zur sensorischen Untersuchung selbst ist in dieser Stellungnahme ausgeführt, dass die Untersuchung durch mehrere Sachverständige, die auch mit der Lebensmittelmatrix „Sauergemüse“ vertraut seien, durchgeführt worden sei. Bei der sensorischen und mikrobiologischen Beurteilung der Gemüsemischung sei auch die Komponente „Maiskölbchen“, die nach den Angaben der Antragstellerin in Essig eingelegt würden, berücksichtigt worden. Die Probe sei sensorisch in ihrer Gesamtheit und nicht in den Einzelkomponenten bezüglich ihres Geruchs beurteilt worden. Der Geruch der Probe sei als eindeutig „sauer“ beurteilt worden. Die Maiskölbchen stellten dabei nur eine Minor-Komponente der Gemüsemischung dar und würden nur zu einem geringen Anteil zum sensorischen Eindruck beitragen. Als ursächlich für die olfaktorische Wahrnehmung „sauer“ sei der mikrobiologische Befund insbesondere im Hinblick auf die vorhandenen säureliebenden Keime zu betrachten. Bei einer erhöhten aeroben, mesophilen Keimzahl handle es sich grundsätzlich um einen Hygieneindikator, der eine Vielzahl an verschiedenen Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen repräsentiere. Nur bei Feststellung entsprechender sensorischer Abweichungen würden aerobe, mesophile Keimzahlen als Unterstützung für die Beurteilung eines Lebensmittels als „für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet“ und damit als „nicht sicher“ herangezogen. In den beiden lebensmittelrechtlichen Stellungnahmen des mit besonderer Fachkunde ausgestatten LGL vom 25. Oktober 2021 und vom 14. Dezember 2021 sind die der Antragstellerin zur Last gelegten lebensmittelrechtlichen Verstöße umfassend und nachvollziehbar dokumentiert. Insbesondere hat sich das LGL in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. Dezember 2021 mit den von der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 13. Dezember 2021 aufgeworfenen Fragen zum lebensmittelrechtlichen Gutachten vom 25. Oktober 2021 nochmals ausdrücklich und detailliert auseinandergesetzt. Das Gericht sieht keine Veranlassung, die lebensmittelrechtlichen Aussagen des LGL zur Verzehrfähigkeit des beanstandeten Produkts in Zweifel zu ziehen.
2.2.1.2 Der lebensmittelrechtliche Verstoß ist auch von nicht nur unerheblichem Ausmaß.
Im Rahmen der Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs „in nicht nur unerheblichem Ausmaß“, der einer vollen gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, können nur solche Verstöße als erheblich gelten, die von hinreichendem Gewicht sind, um die für die betroffenen Unternehmen mit einer Veröffentlichung verbundenen potenziell gravierenden Folgen zu rechtfertigen. Ein solcher kann etwa anzunehmen sein, wenn es sich um einen Verstoß mit besonders nachteiligen Folgen für den einzelnen Verbraucher handelt oder wenn eine Vielzahl von Verbrauchern betroffen ist (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – juris Rn. 54). In quantitativer Hinsicht kann bei der Bestimmung, ob ein Verstoß als erheblich zu bewerten ist, zwar nicht auf die Häufigkeit abgestellt werden, da es sich bei Wiederholungen um eine eigenständige Tatbestandsalternative des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB handelt. Jedoch kann im Rahmen einer Quantitätsbemessung neben der Anzahl der betroffenen Verbraucher auch auf die Dauer der Verstöße abgestellt werden. Weiterhin kann der räumliche Umfang der Verstöße Berücksichtigung finden. In qualitativer Hinsicht ist vor allem auf den Unrechtsgehalt abzustellen (vgl. VG Freiburg, B.v. 30.4.2019 – 4 K 168/19 – juris Rn. 34; Holle in Streinz/Meisterernst, a.a.O., § 40 LFGB Rn. 113 ff.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe spricht für die Erheblichkeit der vorgeworfenen Verstöße, dass es bereits am 30. August 2021, d.h., in engem zeitlichen Zusammenhang mit der streitgegenständlichen nochmaligen Nach- und Vergleichsprobe vom 7. Oktober 2021 des beanstandeten Produkts „Grillgemüse“ zu einer Verbraucherbeschwerde gekommen ist. Auch diese Lebensmittelbeschwerde betraf den Genuss von Grillgemüse, in dem Champignons, Zwiebeln, Minimais, Pimentos de Padron, rote Paprika enthalten waren. Nach dem Besuch der Betriebsfiliale der Antragstellerin in der *straße in * kam es bei einem Gast ca. eine Stunde nach dem Verzehr zu Übelkeit, Erbrechen und extrem starken Magenschmerzen, die eine ärztliche Behandlung wegen Lebensmittelintoxikation erforderlich machte. Die Begutachtung dieser Beschwerdeprobe ergab am 14. September 2021 im Rahmen der vom LGL durchgeführten mikrobiologischen Untersuchung ungewöhnlich hohe Gehalte an Schimmelpilzen und Hefen. Das LGL führt in seiner lebensmittelrechtlichen Stellungnahme vom 14. September 2021 hierzu aus, dass der mikrobiologische Status der Probe u.a. darauf zurückzuführen sein könne, dass die Hygieneanforderungen des Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. IX Nr. 3 der VO (EG) Nr. 852/2004 nicht eingehalten worden seien. Ungeachtet des Ergebnisses dieser ersten lebensmittelrechtlichen Beprobung durch das LGL mit abschließender Stellungnahme vom 14. September 2021 kam es auch bei der nachfolgend durchgeführten Vergleichsprobe am 7. Oktober 2021 erneut zu einer lebensmittelrechtlichen Beanstandung des gleichen Produkts als nunmehr „für den Verzehr durch den Menschen ungeeignetes Lebensmittel“, welches „nicht sicher“ i.S.v. Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. b und Abs. 5 der VO (EG) Nr. 178/2002 sei. Insbesondere der zeitliche Zusammenhang zwischen der Lebensmittelbeschwerde vom 30. August 2021 betreffend das Produkt „Grillgemüse“ und des Ergebnisses der erneuten Beprobung des Produkts vom 7. Oktober 2021 belegen für das Gericht einen nicht nur unerheblichen lebensmittelrechtlichen Verstoß. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob es sich insoweit bereits um einen wiederholten Verstoß i.S.d. § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB handelt. Dies kann vorliegend offenbleiben. Die Ergebnisse der Beprobungen vom 14. September 2021 und vom 25. Oktober 2021 legen nahe, dass es sich bei dem beanstandeten „Grillgemüse“ um ein lebensmittelrechtlich bedenkliches Produkt handelt, dass seitens der Antragstellerin jedoch auch nach der ersten Verbraucherbeschwerde vom 30. August 2021 in unveränderter Form in der Betriebsfiliale der Antragstellerin Verwendung gefunden hat. Dies lässt auf die Inkaufnahme gesundheitlicher Beeinträchtigungen ausgelöst durch das beanstandete Produkt schließen. Auch die Stellungnahme der Betriebsleiterin im Rahmen des eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahrens vom 11. November 2021, in der diese Erklärungen für das Beprobungsergebnis sucht, zeigt hinreichend deutlich auf, dass im Betrieb der Antragstellerin keine Sensibilität in Bezug auf die zweifach festgestellten lebensmittelrechtlichen Beanstandungen des Produkts vorhanden ist. Auch dies legt für das Gericht einen nicht unerheblichen lebensmittelrechtlichen Verstoß i.S.d. § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB nahe. Für die Erheblichkeit der vorgeworfenen Verstöße spricht weiter, dass die betroffene Filiale der Antragstellerin bereits aufgrund ihrer zentralen Lage täglich von einer nicht unerheblichen Zahl von Verbrauchern aufgesucht werden kann.
2.2.1.3 Zusätzlich zu einem nicht unerheblichen oder wiederholten Verstoß setzt die Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB eine Bußgelderwartung von mindestens 350,00 EUR voraus, wobei dieses zusätzliche Erfordernis nicht nur im Fall von wiederholten, sondern auch bei erstmaligen, aber nicht nur unerheblichen Verstößen gilt (vgl. VG Freiburg, B.v. 30.4.2019 – 4 K 168/19 – juris Rn. 36; Holle in Streinz/Meisterernst, a.a.O., § 40 Rn. 122).
In Ermangelung eines einschlägigen Bußgeldkatalogs hängt die Höhe der Geldbuße neben den festgestellten Mängeln, die den objektiven Tatbestand erfüllen, von subjektiven Merkmalen wie Vorsatz oder Fahrlässigkeit, Häufigkeit der Verstöße, Erstmaligkeit der Verstöße, Einsichtsfähigkeit und weiteren Kriterien ab (vgl. VG Freiburg, B.v. 30.4.2019 – 4 K 168/19 – juris Rn. 38). Vorliegend wurde gegen die Betriebsleiterin der streitgegenständlichen Gaststätte bereits am 30. November 2021 ein Bußgeld in Höhe von 400,00 EUR verhängt. Im Unterschied zu der Beurteilung, ob ein begründeter Verdacht eines lebensmittelrechtlichen Verstoßes vorliegt oder ob in nicht unerheblichem Ausmaß gegen diese Vorschriften verstoßen wurde, steht der Behörde bei der Bemessung eines Bußgelds ein Ermessen zu, dessen Ausübung jedoch gerichtlich nachprüfbar ist und einer entsprechenden Begründung bedarf (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., § 40 LFGB Rn.115). Das behördliche Ermessen, welches gerichtlich lediglich nach § 114 Satz 1 VwGO überprüft werden kann, bleibt vorliegend unbeanstandet. So wurden bei der Bemessung der Geldbuße insbesondere die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, der tatbestandliche Vorwurf und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betriebsleitung berücksichtigt. Insbesondere maßgeblich für die Höhe der Geldbuße war der Vorwurf des in Verkehrbringens eines nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmittels, wodurch die Gäste genussuntauglichen Lebensmitteln ausgesetzt wurden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der hier inmitten stehende Verstoß gemäß § 60 Abs. 5 Nr. 1 LFGB mit einer Geldbuße bis zu einer Höhe von 100.000,00 EUR geahndet werden kann, so dass sich die tatsächlich verhängte Geldbuße im untersten Bereich des eröffneten Rahmens bewegt.
Das über den von der Betriebsleiterin der Antragstellerin gegen den vorbezeichneten Bußgeldbescheid eingelegte Einspruch vom 14. Dezember 2021 noch nicht entschieden worden ist, hindert eine Veröffentlichung auf der Grundlage des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB nicht. Der Tatbestand des § 40 Abs. 1a LFGB verlangt insoweit nämlich lediglich, dass ein Bußgeld in Höhe von mindestens 350,00 EUR zu erwarten ist. Dass vor einer Veröffentlichung tatsächlich ein Bußgeld in dieser Höhe für den lebensmittelrechtlichen Verstoß verhängt wurde, wird nach § 40 Abs. 1a LFGB gerade nicht vorausgesetzt.
2.2.2 Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB – wie hier – vor, so ist die zuständige Behörde zur Veröffentlichung verpflichtet. Ihr steht nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm insoweit kein Ermessen zu.
2.2.3 Auch der Inhalt der geplanten Veröffentlichung ist nicht zu beanstanden. Dieser ist einheitlich durch § 40 Abs. 1a LFGB vorgegeben. Der Gesetzgeber hat außer der Bezeichnung des Lebensmittels und der Nennung des Lebensmittelunternehmens keine weiteren konkreten Vorgaben gemacht, sodass die Art und Weise der Darstellung im Wesentlichen der Antragsgegnerin obliegt. Allerdings ist nur die Verbreitung richtiger Informationen zur Erreichung des Informationszwecks der Vorschrift geeignet. Die zuständigen Behörden haben bei der Rechtsanwendung von Verfassungs wegen Vorkehrungen zu treffen, um die Richtigkeit der Informationen sicherzustellen und Fehlvorstellungen der Verbraucher zu vermeiden (vgl. OVG NW, B.v. 14.3.2019 – 13 B 67/19 – juris; VGH BW, B.v. 28.11.2019, 9 S 2662/19 ZLR 2020, 106 ff.; VG Würzburg, B.v. 24.7.2019 – W 8 E 19.766 – juris). Ausgehend hiervon ist der Veröffentlichungstext der Antragsgegnerin rechtlich nicht zu beanstanden.
3. Nach allem war der Antrag daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Von einer Halbierung des für die Hauptsache anzunehmenden Streitwerts in Höhe von 5.000,00 EUR entsprechend Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl Sonderbeilage Januar 2014) hat die Kammer im Hinblick auf die von der Antragstellerin begehrte Vorwegnahme der Hauptsache abgesehen.


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