Europarecht

Vorlagefrage – Auslegung RL 2002/65/EG Fernabsatz von Finanzdienstleistungen

Aktenzeichen  22 O 12332/17

Datum:
29.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17894
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AEUV Art. 267
RL 2002/65/EG Art. 1 Abs. 2, Art. 2 lit.b), Art. 6 Abs. 1
BGB § 312b Abs. 1 u Abs. 2, § 355 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Das Verfahren wird gemäß § 148 ZPO ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV zur Auslegung von 
– Art. 6 Absatz 1 i.V.m. Art. 2 litera b) der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (nachfolgend kurz: Richtlinie 2002/65/EG)
folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
– Sind die Art. 6 Absatz 1 und Art. 2 lit. b) der Richtlinie 2002/65/EG so auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung oder Gepflogenheit entgegenstehen, die einen im Fernabsatz geschlossenen Verbrauchervertrag zur Prolongation und Konditionenanpassung eines bereits Jahre zuvor abgeschlossenen Darlehensvertrages mit grundpfandrechtlicher Besicherung zur Finanzierung einer Immobilie nicht als Vertrag über eine Finanzdienstleistung im Sinne einer Bankdienstleistung oder einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung ansehen, für die dem Verbraucher erneut ein Recht zum Widerruf dieses Vertrages über die Prolongation und Konditionenanpassung innerhalb einer Frist von 14 Kalendertagen zusteht?

Gründe

Die Parteien streiten beim vorlegenden Gericht darüber, ob dem Kläger als Verbraucher ein Recht zum Widerruf zweier im Fernabsatz geschlossener Verträge zur Prolongation und Konditionenanpassung bereits Jahre zuvor abgeschlossener Darlehensverträge mit grundpfandrechtlicher Besicherung zur Finanzierung einer Immobilie mit der Folge zusteht, dass er unter anderem unter Vorbehalt gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen zurückfordern kann,
die bei einem wirksamen Widerruf der Prolongations- und Konditionenanpassungsverträge nicht angefallen wären.
1. Rechtlicher Rahmen
a. Unionsrecht
Die Erwägungsgründe der Richtlinie 2002/65/EG lauten auszugsweise wie folgt:
„(13) Mit der vorliegenden Richtlinie soll ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleistet werden, um den freien Verkehr von Finanzdienstleistungen sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten sollten in den durch diese Richtlinie harmonisierten Bereichen keine anderen als die darin festgelegten Bestimmungen vorsehen dürfen, es sei denn, die Richtlinie sieht dies ausdrücklich vor.
(14) Diese Richtlinie erfasst Finanzdienstleistungen jeder Art, die im Fernabsatz erbracht werden können. Für bestimmte Finanzdienstleistungen gelten jedoch besondere gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, die auch weiterhin auf diese Finanzdienstleistungen anwendbar sind. Dennoch sollten Grundsätze für den Fernabsatz solcher Dienstleistungen festgelegt werden.
(16) Ein einzelner Vertrag, der aufeinander folgende oder getrennte Vorgänge der gleichen Art umfasst, die in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, kann je nach Mitgliedstaat in rechtlicher Hinsicht unterschiedlich ausgestaltet sein; die vorliegende Richtlinie muss aber in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen anwendbar sein. Daher sollte diese Richtlinie für den ersten einer Reihe von aufeinander folgenden oder getrennten Vorgängen der gleichen Art gelten, die in einem zeitlichen Zusammenhang stehen und als ein Gesamtvorgang betrachtet werden können, und zwar unabhängig davon, ob dieser Vorgang oder diese Reihe von Vorgängen Gegenstand eines einzigen Vertrags oder mehrerer aufeinander folgender Verträge ist.“
(17) Als „erste Dienstleistungsvereinbarung“ gelten beispielsweise eine Kontoeröffnung, der Erwerb einer Kreditkarte oder der Abschluss eines Portfolioverwaltungsvertrags; als „Vorgänge“ gelten beispielsweise Einzahlungen auf das eigene Konto oder Abhebungen vom eigenen Konto, Zahlungen per Kreditkarte oder Transaktionen im Rahmen eines Portfolioverwaltungsvertrags. Die Erweiterung einer ersten Vereinbarung um neue Komponenten, z. B. um die Möglichkeit, ein elektronisches Zahlungsinstrument zusammen mit dem vorhandenen Bankkonto zu benutzen, ist nicht ein „Vorgang“, sondern ein Zusatzvertrag, auf den diese Richtlinie Anwendung findet. Zeichnungen neuer Anteile desselben Investmentfonds gelten als „aufeinander folgende Vorgänge der gleichen Art“.
(23) Um einen optimalen Schutz des Verbrauchers zu gewährleisten, muss dieser hinlänglich über die Bestimmungen dieser Richtlinie und die auf diesem Gebiet gegebenenfalls bestehenden Verhaltensmaßregeln informiert werden, und ihm sollte ein Recht auf Widerruf eingeräumt werden.
Die Richtlinie 2002/65/EG bestimmt:
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) Gegenstand dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher.
(2) Bei Verträgen über Finanzdienstleistungen, die eine erstmalige Dienstleistungsvereinbarung mit daran anschließenden aufeinander folgenden Vorgängen oder einer daran anschließenden Reihe von Vorgängen der gleichen Art umfassen, die in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, gelten die Bestimmungen dieser Richtlinie nur für die erste Vereinbarung.
Falls es keine erstmalige Dienstleistungsvereinbarung gibt, aber die aufeinander folgenden oder getrennten Vorgänge der gleichen Art, die in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, zwischen den gleichen Vertragsparteien abgewickelt werden, gelten die Artikel 3 und 4 nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste einer neuen Reihe von Vorgängen, so dass die Artikel 3 und 4 Anwendung finden.
Artikel 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) …
b) „Finanzdienstleistung“ jede Bankdienstleistung sowie jede Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung;
Artikel 6 Widerrufsrecht
(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Verbraucher innerhalb einer Frist von 14 Kalendertagen den Vertrag widerrufen kann, ohne Gründe nennen oder eine Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Bei Fernabsatzverträgen über Lebensversicherungen, die unter die Richtlinie 90/619/EWG fallen, und bei Fernabsatzverträgen über die Altersversorgung von Einzelpersonen wird diese Frist jedoch auf 30 Kalendertage verlängert.
Die Widerrufsfrist beginnt zu laufen:
– am Tag des Abschlusses des Fernabsatzvertrags, außer bei den genannten Lebensversicherungen; bei diesen beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher über den Abschluss des Fernabsatzvertrags informiert wird;
– oder an dem Tag, an dem der Verbraucher die Vertragsbedingungen und Informationen gemäß Artikel 5 Absatz 1 oder 2 erhält, wenn dieser Zeitpunkt später als der im ersten Gedankenstrich genannte liegt.
Die Mitgliedstaaten können zusätzlich zum Widerrufsrecht vorsehen, dass die Wirksamkeit von Fernabsatzverträgen über Geldanlagedienstleistungen für die Dauer der in diesem Absatz vorgesehenen Frist ausgesetzt wird.

(3) Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass das Widerrufsrecht in folgenden Fällen ausgeschlossen ist:
a) bei einem Kredit, der überwiegend für den Erwerb oder die Erhaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem bestehenden oder geplanten Gebäude oder zur Renovierung oder Aufwertung eines Gebäudes bestimmt ist; oder
b) bei einem Kredit, der entweder durch eine Hypothek auf einen unbeweglichen Vermögensgegenstand oder durch ein Recht an einem unbeweglichen Vermögensgegenstand gesichert ist; oder

b. Nationales Recht
§ 312b Absatz 1 und Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der vom 23.02.2011 bis 12.06.2014 gültigen Fassung (zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.12.2004 (Bundesgesetzblatt I S. 3102) und durch Gesetz vom 17.01.2011 (Bundesgesetzblatt I S. 34)) lautet:
(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Finanzdienstleistungen im Sinne des Satzes 1 sind Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung.

(4) Bei Vertragsverhältnissen, die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinander folgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge der gleichen Art umfassen, finden die Vorschriften über Fernabsatzverträge nur Anwendung auf die erste Vereinbarung. Wenn derartige Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinander folgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 2. …
§ 312d Absatz 1 und Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der vom 04.08.2011 bis 21.07.2013 gültigen Fassung (zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.07.2002 (Bundesgesetzblatt I S. 2850), vom 02.12.2004 (Bundesgesetzblatt I S. 3102), vom 29.07.2009 (Bundesgesetzblatt I S. 2355); vom 29.07.2009 (Bundesgesetzblatt I S. 2413) und vom 27.07.2011 (Bundesgesetzblatt I S. 1600)) lautet:
(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden.
(2) Die Widerrufsfrist beginnt abweichend von § 355 Absatz 3 Satz 1 nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, bei der Lieferung von Waren nicht vor deren Eingang beim Empfänger, bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung und bei Dienstleistungen nicht vor Vertragsschluss.
Die Überleitungsvorschrift des Artikels 229 § 11 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit 08.12.2004 geltenden Fassung (zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.12.2004 (Bundesgesetzblatt I S. 3102) lautet:
(1) Auf Schuldverhältnisse, die bis zum Ablauf des 7. Dezember 2004 entstanden sind, finden das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung Anwendung. Satz 1 gilt für Vertragsverhältnisse im Sinne des § 312b Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe, dass es auf die Entstehung der erstmaligen Vereinbarung ankommt.

2. Umstände des Ausgangsverfahrens
a. Der Kläger schloss als Verbraucher mit der Beklagten, einer Hypothekenbank, am 06./07.08.2003 zwei grundpfandrechtlich gesicherte Darlehensverträge über € 340.318,00 und € 109.000,00 mit einer ursprünglichen Zinsbindung von 15 Jahren zum Zweck einer Immobilienfinanzierung ab.
Am 08./09.06.2012 schloss der Kläger auf dem Postweg zu diesen Darlehensverträgen zwei Prolongationsvereinbarungen ab, durch die mit Wirkung ab 01.10.2014 ein niedrigerer Zinssatz und eine erneute fünfzehnjährige Zinsbindung vereinbart wurden. Die Prolongationsvereinbarungen enthielten Widerrufsbelehrungen, die nicht darauf hinwiesen, dass die Frist für den Widerruf nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 und 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch beginnt.
Mit Schreiben vom 27.12.2016 widerrief der Kläger gegenüber der Beklagten beide Prolongationsvereinbarungen und löste beide Darlehen ab, wobei er unter Vorbehalt der Wirksamkeit des Widerrufs Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von insgesamt € 26.443,95 bezahlte. Deren Rückzahlung begehrt der Kläger unter anderem mit seiner Klage vor dem vorlegenden Gericht mit der Begründung, dass die Beklagte darum aufgrund des wirksamen Widerrufs ungerechtfertigt bereichert sei.
b. Das vorlegende Gericht neigt dazu, die im Rahmen der geschlossenen Prolongationsvereinbarungen von der Beklagten gewährten Konditionenanpassungen unter den Begriff der Finanzdienstleistung im Sinne einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung zu fassen und dem Kläger ein Widerrufsrecht nach Fernabsatzrecht zuzubilligen.
Maßgeblich ist hierbei nach Auffassung des vorlegenden Gerichts die Definition der Finanzdienstleistung in § 312b Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der vom 23.02.2011 bis 12.06.2014 gültigen Fassung, durch die Artikel 2 litera b) der Richtlinie 2002/65/EG ins deutsche Recht umgesetzt ist. Es neigt deshalb zu einer weiten Auslegung des Begriffs der Finanzdienstleistung, weil nach Erwägungsgrund (13) durch die Richtlinie ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleistet und nach Erwägungsgrund (14) ausdrücklich Finanzdienstleistungen aller Art erfasst werden sollen, die im Fernabsatz erbracht werden können. Dieses hohe Verbraucherschutzniveau wäre infrage gestellt, wenn die im Rahmen von Prolongationsvereinbarungen mit Konditionenanpassungen seitens des Anbieters erbrachten Leistungen, wie hier die Anpassung des Zinssatzes und die Gewährung einer neuen Zinsbindungsfrist, nicht von der Richtlinie erfasst würden. Dies hätte zur Folge, dass dem Verbraucher das Recht zum Widerruf bei in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht mindestens ebenso bedeutsamen Regelungen wie im Ausgangsvertrag versagt bliebe.
Das vorlegende Gericht sieht den zeitlichen Anwendungsbereich von § 312b Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der vom 23.02.2011 bis 12.06.2014 gültigen Fassung nach Art. 229 § 11 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit 08.12.2004 geltenden Fassung in Verbindung mit § 312b Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die Art. 1 Absatz 2 der Richtlinie 2002/65/EG umsetzen, als eröffnet an, weil die Prolongationsvereinbarungen am 08./09.06.2012 abgeschlossen wurden. Es handelt sich dabei nicht um Vertragsverhältnisse im Sinne von § 312b Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinander folgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge der gleichen Art umfassen, weil es sich nicht um Vorgänge zur Erfüllung oder zum Vollzug der erstmaligen Vereinbarung handelt, sondern um eine Erweiterung beziehungsweise Verlängerung bestehender Verträge.
Das vorlegende Gericht sieht eine weite Auslegung des Begriffs der Finanzdienstleistung derzeit durch die uneinheitliche instanzgerichtliche Rechtsprechung infrage gestellt. Während vereinzelt Prolongationsvereinbarungen im Fernabsatz unter den Begriff der Finanzdienstleistung nach § 312b Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gefasst werden (Landgericht Nürnberg-Fürth, BKR 2015, 422, 423, Teilziffer 39), scheint die stärkere Tendenz dahin zu gehen, dies abzulehnen, weil durch die Prolongationsvereinbarung kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt werde, die Dienstleistung der Bank daher allein in der ursprünglichen Kreditgewährung liege und es für die Annahme eines Fernabsatzvertrages der Erbringung einer weiteren Dienstleistung durch den Unternehmer, nicht lediglich einer vertragscharakteristischen Leistung des Verbrauchers bedürfe (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, BeckRS 2017, 146041; Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 15.12.2017, 19 U 16/16; Kammergericht vom 10.02.2017, 26 U 40/16; Oberlandesgericht Karlsruhe vom 09.01.2018, 17 U 128/17; Oberlandesgericht München vom 15.05.2018, 5 U 4139/17).
Mit der nachfolgenden Vorlagefrage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um die Auslegung des Terminus „Finanzdienstleistung“ bei Fernabsatzverträgen (Art. 6 Absatz 1 i.V.m. Art. 2 litera b) der Richtlinie 2002/65/EG). Dies deshalb, weil das vorlegende Gericht nach dem Sinn der Norm davon ausgeht, dass dem Begriff eine weite Auslegung zuteilwerden muss, die ein hohes Verbraucherschutzniveau für Finanzdienstleistungen jeder Art einschließlich Prolongationen und Konditionenanpassungen sicherstellt, die für den Verbraucher in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht ebenso weitreichend sein können wie die Regelungen des Ausgangsvertrages:
Sind die Art. 6 Absatz 1 und Art. 2 lit. b) der Richtlinie 2002/65/EG so auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung oder Gepflogenheit entgegenstehen, die einen im Fernabsatz geschlossenen Verbrauchervertrag zur Prolongation und Konditionenanpassung eines bereits Jahre zuvor abgeschlossenen Darlehensvertrages mit grundpfandrechtlicher Besicherung zur Finanzierung einer Immobilie nicht als Vertrag über eine Finanzdienstleistung im Sinne einer Bankdienstleistung oder einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung ansehen, für die dem Verbraucher erneut ein Recht zum Widerruf dieses Vertrages über die Prolongation und Konditionenanpassung innerhalb einer Frist von 14 Kalendertagen zusteht? Richter am Landgericht


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