Europarecht

Widerruf einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis, Zuverlässigkeitsprüfung bei juristischer Person, Absolute sprengstoffrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, Rechtskräftige Verurteilung zu Freiheitsstrafe über einem Jahr

Aktenzeichen  M 7 S 20.6281

Datum:
19.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 12536
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
SprengG § 34 Abs. 2 S. 1
SprengG § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
SprengG § 8 Abs. 3
SprengG § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
SprengG § 7 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer am *. Dezember 2020 erhobenen Klage gegen den Widerruf ihrer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis und die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid der Regierung von Oberbayern – Gewerbeaufsichtsamt – (im Folgenden: Regierung) vom 27. Oktober 2020.
Mit Urteil des Landgerichts … – Große Wirtschaftsstrafkammer – vom … Mai 2013, rechtskräftig seit 27. Februar 2014, wurde der Vorstand der Antragstellerin, Herr R., wegen unrichtiger Darstellung, falscher Angaben in sieben Fällen und verbotener Marktmanipulation in 22 Fällen gemäß § 331 Nr. 1 HGB, § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG, §§ 399 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 4, 408 AktG, §§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 3 Abs. 2 MaKonV, §§ 14 Abs. 1, 25 Abs. 2, 53, 56 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Laut Urteil habe Herr R. bis spätestens 14. Juli 2005 als Alleinvorstand einer börsennotierten Aktiengesellschaft in einem sogenannten Listingverfahren zunächst gegenüber einer Wertpapierhandelsbank – im Rahmen der Einbeziehung von Optionsscheinen in den Freiverkehr der … Wertpapierbörse – einen von ihm am 30. Juni 2005 unterschriebenen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004 vorgelegt, in dem insbesondere die Aktivposition „ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital“ nicht angegeben gewesen sei. Zudem sei das Jahresergebnis fehlerhaft ausgewiesen gewesen. Dadurch seien in dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004 – wie Herr R. gewusst und gewollt habe – Umstände, welche für die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft relevant gewesen seien, falsch dargestellt worden (Tat Ziff. 1). Weiter habe Herr R. im März 2006 und August 2006 beim zuständigen Registergericht mehrere Gesellschaften bzw. auch Kapitalerhöhungen angemeldet, obwohl er zu dem Zeitpunkt gewusst habe, dass die jeweilige Einlage alsbald wieder an die Einzahlende bzw. Gesellschafterin zurückfließen sollte. Dabei habe er in Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen bewusst wahrheitswidrig versichert, dass die Einlage bewirkt sei und der Gegenstand der Leistung endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführung bzw. des Vorstands bereit stünde. Entsprechend seiner vorgefassten Absicht sei es zu den Rückzahlungen gekommen. In einem Fall habe er als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft gehandelt (Taten Ziff. 2 bis 8). Zwischen Dezember 2005 und März 2007 habe der mit den Gepflogenheiten des Wertpapierhandels vertraute Herr R. jeweils aufgrund neugefassten Willensentschlusses für Aktien von fünf börsennotierten Gesellschaften aufeinander abgestimmte Kauf- und Verkaufsorders an Börsenhandelsplätzen eingestellt, welche in der Folge auch ausgeführt worden seien. Teilweise habe er in Ausführung eines gemeinsam mit zwei anderweitig Verfolgten gefassten Tatplans und im Rahmen der vereinbarten Arbeitsteilung gehandelt. Dabei seien die gegeneinander korrespondierenden Kauf- und Verkaufsaufträge so aufeinander abgestimmt worden, dass dabei die Handelsnominale (Stückzahl), die Orderlimitierung und der Einstellungszeitpunkt zumindest im Wesentlichen übereingestimmt hätten und die Aufträge an dem Börsenplatz direkt und unmittelbar gegeneinander ausgeführt hätten werden können. Hierbei sei Herrn R. und seinen Tatgenossen bewusst gewesen, dass die Orders bei dritten Handelsteilnehmern den – nicht der tatsächlichen Situation entsprechenden – Eindruck weckten, für die jeweiligen Aktien bestehe ein liquider Markt mit voneinander unabhängigem Angebot und Nachfrage (Taten Ziff. 9 bis 30).
Mit Schreiben der Regierung vom 23. Juni 2020 wurde die Antragstellerin zum beab sichtigten Widerruf ihrer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis angehört. Es sei – wie bereits schon mit Schreiben vom 20. Februar 2020 mitgeteilt – im Rahmen der obligatorischen Zuverlässigkeitsprüfung festgestellt worden, dass Herr R. gemäß § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SprengG aufgrund der o.g. Verurteilung durch das Landgericht … nicht zuverlässig sei. Aufgrund der Unzuverlässigkeit des Herrn R. sei die Erlaubnis der Antragstellerin von Gesetzes wegen zu widerrufen. Zugleich wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, eine andere zuverlässige Person des Vorstands mit der Gesamtleitung des Umgangs und Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen zu beauftragen und dadurch die Erlaubnis für die Antragstellerin aufrecht zu erhalten, § 8 Abs. 3 SprengG.
Mit Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom … August 2020 wurde beantragt, anstelle des Vorstands, Herrn R., den Betriebsleiter der Gesellschaft, Herrn H., in die Erlaubnisurkunde einzutragen. Darüber hinaus sei die Antragstellerin auch bereit, einen Prokuristen zu bestellen, der als Vertretungsberechtigter in die Erlaubnisurkunde eingetragen werden könne. Hierauf erwiderte die Regierung mit E-Mail vom 25. August 2020, dass weder Betriebsleiter noch Prokuristen alleine vertretungsberechtigt i.S.d. Sprengstoffgesetzes seien.
Mit Schreiben vom … September 2020 wurde von Herrn R. – nach seiner früheren Mitteilung vom *. April 2020 habe der Aufsichtsrat in seiner Sitzung vom 12. März 2020 beschlossen, Herrn K. zum weiteren Vorstand ab 15. März 2020 zu bestellen – mitgeteilt, dass, nunmehr in der nächsten Aufsichtsratssitzung ggf. ein neuer Vorstand bestellt würde, um die Sprengerlaubnis zu erhalten. Darüber hinaus wurde gebeten, eine Liste mit Sprengmeistern zu übersenden, die als Dienstleistung das Sprengen von Lawinen für Dritte vornehmen würden. Möglicherweise sei es haftungsrechtlich sogar interessanter zukünftig Sprengungen extern zu vergeben.
Mit E-Mail vom 12. Oktober 2020 teilte die Regierung mit, man beabsichtige weiter, den Antrag abzulehnen und die sprengstoffrechtliche Erlaubnis der Antragstellerin zu widerrufen. Dabei werde zugrunde gelegt, dass ein neuer Vorstand auch bis Ende Oktober 2020 nicht bestellt sein werde. Ein erneuter Terminaufschub sei aus Sicht der Behörde nicht tragbar.
Mit Bescheid vom 27. Oktober 2020 – zugestellt am 3. November 2020 – widerrief die Regierung die der Antragstellerin erteilte sprengstoffrechtliche Erlaubnis Nr. … vom 17. Januar 2013 (Nr. 1). Die Antragstellerin wurde verpflichtet, die unter Nr. 1 genannte Erlaubnis mit allen drei Ausfertigungen bis spätestens zum 30. November 2020 der Regierung zurückzugeben (Nr. 2). Zudem wurde die Antragstellerin verpflichtet, der Regierung bis spätestens zum 30. November 2020 nachzuweisen, dass die noch im Besitz der Antragstellerin befindlichen explosionsgefährlichen Stoffe fachgerecht dauerhaft unbrauchbar gemacht oder einem Berechtigten überlassen wurden (Nr. 3) sowie die Verzeichnisse nach § 16 SprengG ebenfalls bis spätestens zum 30. November 2020 der Regierung zu übergeben (Nr. 4). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2 bis 4 wurde angeordnet (Nr. 5). Der Antragstellerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei für den Bescheid eine Gebühr von 454,50 EUR festgesetzt wurde (Nr. 6).
Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage für den Widerruf der Erlaubnis sei § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG. Danach sei eine Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Vorliegend sei anstatt dem bisherigen Vertretungsberechtigten Herrn S. nun Herr R. als Vorstand der Erlaubnisinhaberin bestellt worden. Die Behörde habe Herrn R. als Vorstand und Vertretungsberechtigten der Antragstellerin auf dessen Zuverlässigkeit geprüft. Dabei sei die Verurteilung durch das Landgericht … festgestellt worden sowie, dass seit Eintritt der Rechtskraft des Urteils zehn Jahre noch nicht verstrichen seien. Herr R. besitze somit gemäß § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SprengG nicht die erforderliche Zuverlässigkeit. Die fehlende sprengstoffrechtliche Zuverlässigkeit des Herrn R. als Vorstand und nach § 78 AktG vertretungsberechtigte Person hätte zur Versagung geführt und deshalb sei die Erlaubnis der Antragstellerin zu widerrufen. Die von der Antragstellerin während des Anhörungsverfahrens ersatzweise vorgeschlagenen Personen (Betriebsleiter bzw. noch zu bestellender Prokurist) seien keine nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung einer Aktiengesellschaft berufene Personen im Sinne von § 8 Abs. 3 SprengG, die mit der Gesamtleitung des Umgangs oder des Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen beauftragt werden könnten. Die Anordnung in Nr. 2 beruhe auf § 35 Abs. 2 SprengG i.V.m. Nr. 35.1 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Sprengstoffgesetz (SprengVwV) und Art. 52 Satz 1 BayVwVfG, die Anordnung in Nr. 3 auf § 32 Abs. 5 Satz 1 SprengG. Die Anordnung in Nr. 4 stütze sich auf § 16 Abs. 1 Satz 4 SprengG. Die Anordnungen nach Nrn. 2 bis 4, die aufgrund der durch den Widerruf der Erlaubnis entstandenen Situation erfolgten, seien in Ausübung pflichtgemäßer Ermessensausübung getroffen worden. Das öffentliche Interesse an der Herstellung gesetzesmäßiger Zustände und der Vermeidung von potentiellen Gefahren, die von zwar widerrufenen, aber noch nicht zurückgegebenen Erlaubnisurkunden bzw. von explosionsgefährlichen Stoffen in Händen von unberechtigten Personen ausgingen, hätte Vorrang gegenüber möglichen Nachteilen für die Antragstellerin. Mit der zum 30. November 2020 gesetzten Frist werde der Antragstellerin zudem ausreichend Zeit eingeräumt, ihre mit der widerrufenen Erlaubnis verbundenen Geschäftstätigkeiten ordentlich abzuschließen und die Anordnungen unter Nrn. 2 bis 4 vollumfänglich zu erfüllen. Die Anordnungen nach Nrn. 2, 3 und 4 würden gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nach pflichtgemäßem Ermessen im öffentlichen Interesse für sofort vollziehbar erklärt. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids hätte zur Folge, dass eine Gefahrensituation – mit dem Verbleib vorhandener explosionsgefährliche Stoffe und der Erlaubnisurkunde hätte die Antragstellerin trotz widerrufener Erlaubnis weiterhin explosionsgefährliche Stoffe im Besitz bzw. wäre es ihr möglich, explosionsgefährliche Stoffe zu erwerben, mit diesen umzugehen und Verkehr zu betreiben – über einen längeren Zeitraum bestehen würde. Das öffentliche Interesse, einem Unberechtigten den Zugang zu explosionsgefährlichen Stoffen zu verwehren sowie der Behörde eine Kontrolle zu ermöglichen und somit die Gefahrensituation unverzüglich zu beseitigen, überwiege daher das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung einer Klage.
Mit am 2. November 2020 per Fax versendetem Schreiben der Antragstellerin vom 30. Oktober 2020 wurde von Herrn R. mitgeteilt, dass am 2. November 2020 eine Aufsichtsratssitzung zur Bestellung eines weiteren Vorstands stattfinden solle. Mit E-Mail vom 4. November 2020 teilte die Regierung mit, dass die Erlaubnis inzwischen widerrufen und der entsprechende Bescheid den Bevollmächtigten postalisch zugestellt worden sei.
Mit E-Mail vom 4. November 2020 wurde der Regierung mitgeteilt, dass am 2. November 2020 Herr K. in der Aufsichtsratssitzung zum weiteren Vorstand der Gesellschaft bestellt worden sei. Im Folgenden wurde der Vorstandsbeschluss vom 18. November 2020 übersandt, wonach Herr K. durch den Vorstand mit der Gesamtleitung des Umgangs und Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen beauftragt wurde, sowie ein Nachweis, dass die Bestellung des Herrn K. zum weiteren Vorstand am 20. November 2020 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde.
Die Bevollmächtigten der Antragstellerin haben am 2. Dezember 2020 Klage (M 7 K 20.6280) gegen den Bescheid vom 27. Oktober 2020 erhoben und zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SprengG sei nicht geregelt, dass bei einer Aktiengesellschaft grundsätzlich nur der Vorstand in die Erlaubnisurkunde eingetragen werden könne. Es werde nicht einmal eine Vertretungsberechtigung vorausgesetzt. Dies bedeute, dass im vorliegenden Fall auch eine andere Person, die nicht Vorstand der Gesellschaft sei, in die Erlaubnisurkunde eigetragen werden könne, sofern sie mit der Leitung des Betriebs, einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle beauftragt sei. Die Beauftragung erfolge im Falle einer Aktiengesellschaft durch den Vorstand. Daraus ergebe sich aber zwangsläufig, dass der Beauftragte gerade nicht Vorstand der Gesellschaft sein müsse, da dies andernfalls im Gesetz ausdrücklich so bestimmt worden wäre. Das Gesetz würde nicht vom Vertreter sprechen, sondern vom Beauftragten. Dementsprechend sei mit Schreiben an die Regierung vom 20. August 2020 beantragt worden, anstelle des Vorstands, Herrn R., den Betriebsleiter der Gesellschaft, Herrn H., in die Erlaubnisurkunde einzutragen. Herr H. sei innerhalb der Gesellschaft auch für eventuelle Sprengungen zuständig. Ferner sei hilfsweise angeboten worden, einen Prokuristen zu bestellen, der dann in jedem Fall auch vertretungsberechtigt gewesen wäre und in die Erlaubnisurkunde eingetragen hätte werden können. Selbst wenn man Nr. 19.2.1 SprengVwV zu Grunde legen würde, sei Erlaubnisinhaber nach § 7 oder § 27 SprengG die Antragstellerin und nicht der Vorstand. Selbst wenn jedoch die Person des Vorstands maßgeblich wäre, könne eine mangelnde Zuverlässigkeit im Sinne des § 8a SprengG nicht festgestellt werden. Dies auch nicht unter Berücksichtigung der Verurteilung des Herrn R. Soweit in der genannten Vorschrift ein Zehnjahreszeitraum seit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung genannt sei, sei diese Vorschrift verfassungswidrig. Die Berufsausübung des Vorstands, Herrn R., wäre dadurch über einen Zeitraum von zehn Jahren massiv eingeschränkt. Der Vorstand der Antragstellerin, die auf die Sprengstofferlaubnis angewiesen sei, könnte seine Tätigkeit aufgrund dieser Vorschrift nicht uneingeschränkt ausüben. Dies würde dazu führen, dass ein anderer oder weiterer Vorstand berufen werden müsste. Dies käme quasi einem Berufsverbot gleich, was gegen das Grundgesetz verstoße. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner auch die Eintragung des Betriebsleiters oder eines Prokuristen in die Erlaubnisurkunde ablehne. Davon unabhängig sei der Regierung angekündigt worden, dass tatsächlich ein weiterer Vorstand für die Antragstellerin berufen werde. Es handele sich um Herrn K. Dieser sei mit Beschluss des Aufsichtsrats der Antragstellerin vom 2. November 2020 bereits zum weiteren Vorstand der Antragstellerin bestellt worden. Es sei somit ohne weiteres möglich, Herrn K. in die Erlaubnisurkunde einzutragen, sodass es eines Widerrufes der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nicht bedurft hätte. Dies vor allem auch unter Berücksichtigung dessen, dass bereits am 10. September 2019 beantragt worden sei, den Vorstand, Herrn R., in die Erlaubnisurkunde einzutragen. Im weiteren Verlauf sei dann angeboten worden anstatt des Vorstands den Betriebsleiter, einen Prokuristen oder einen weiteren Vorstand in die Erlaubnisurkunde einzutragen. Dies hätte von der Regierung abgewartet werden müssen, anstatt die Sprengstofferlaubnis zu widerrufen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei anzuordnen, da es für den Widerruf der Erlaubnis keinen Grund gebe, da bereits ein weiterer Vorstand der Antragstellerin bestellt worden sei, der in jedem Fall die erforderliche Zuverlässigkeit besitze, wodurch dem Widerruf der Erlaubnis in jedem Fall die Grundlage fehle. Hinzu käme, dass gerade jetzt im Winter eventuelle Sprengungen anstünden, die wegen des Widerrufs der Erlaubnis und der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht erfolgen könnten. Dies könne einen Betrieb der Seilbahn jetzt im Winter blockieren, was zu einem Umsatzausfall führen könnte, der den Bestand der Seilbahn bzw. der Antragstellerin überhaupt gefährde.
Die Antragstellerin beantragt,
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird in Ergänzung zu den Gründen des Bescheids im Wesentlichen vorgetragen, dass § 8 Abs. 1 Nr. 1 SprengG als Voraussetzung für die Erteilung einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis sowohl die Zuverlässigkeit des Antragstellers als auch kumulativ die Zuverlässigkeit eines mit der Leitung des Betriebs Beauftragten fordere. Dagegen sage die Vorschrift nichts darüber aus, wer bei juristischen Personen als Antragsteller gelte und somit die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen müsse. Dies seien regelmäßig die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Vertreter der juristischen Person, bei der Antragstellerin als Aktiengesellschaft der nach § 78 AktG vertretungsberechtigte Vorstand. Bestehe dieser aus mehreren Personen müsse grundsätzlich jede dieser Personen zuverlässig sein. Eine Sonderregelung enthalte § 8 Abs. 3 SprengG. Danach dürfe, wenn bei juristischen Personen eine nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung berufene Person mit der Gesamtleitung des Umgangs oder des Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen beauftragt sei, die Erlaubnis aus Gründen des Abs. 1 Nr. 1 in Bezug auf den Antragsteller nur wegen mangelnder Zuverlässigkeit dieser Person versagt werden. Aus dem eindeutigen Wortlaut – anders als in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SprengG sei der mit der Leitung des Betriebs Beauftragte gerade nicht genannt – gehe bereits hervor, dass entgegen der Ansicht der Antragstellerin ein Betriebsleiter oder Prokurist nicht von der Regelung in § 8 Abs. 3 SprengG erfasst werden könne. Von dieser Möglichkeit hätte die Antragstellerin trotz früherer Hinweise bis zum Erlass des Widerrufsbescheides keinen Gebrauch gemacht. Die Bestellung eines weiteren Vorstands und dessen Beauftragung mit der Gesamtleitung des Umgangs oder des Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen sei verbunden mit einem Antrag auf erneute Ausstellung einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis für die Antragstellerin erst nach Erlass des Widerrufs im November erfolgt. Soweit die Antragstellerin eine Verfassungswidrigkeit des § 8a SprengG aufgrund des dort vorgesehenen Zehnjahreszeitraums sehe, sei dieser Ansicht nicht zu folgen. Eine Verletzung der in Art. 12 GG geregelten Berufsausübungsfreiheit sei nicht ersichtlich. Hingewiesen werde in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die Antragstellerin in ihrer Berufsausübung durch die Regelung in § 8a Abs. 1 SprengG nicht wesentlich eingeschränkt wird. Zum einen bestehe die Berufsausübung der Antragstellerin im Wesentlichen aus dem Seilbahnbetrieb, der unabhängig von § 8a SprengG weiter möglich sei. Andererseits bestehe die Möglichkeit nach § 8 Abs. 3 SprengG zu verfahren. Soweit die Antragstellerin auf im Winter anstehende Sprengungen abstelle und einen möglichen Umsatzausfall bzw. eine denkbare Gefährdung des Bestands der Seilbahn anspreche, habe sie diese Situation vor allem durch eigenes Verhalten ausgelöst. So habe sie es versäumt, rechtzeitig einen weiteren Vorstand zu bestellen und diesen nach § 8 Abs. 3 SprengG zu beauftragen. So habe die Antragstellerin bereits am 13. März 2020 mitgeteilt, dass der Aufsichtsrat beschlossen habe, Herrn K. zum 15. März 2020 zum weiteren Vorstand zu bestellen. Der Beschluss sei jedoch aus der Regierung unbekannten Gründen nicht umgesetzt worden. Zum anderen bestehe, wie auch Überlegungen der Antragstellerin in diese Richtung belegten, die Möglichkeit, die Sprengarbeiten extern zu vergeben. Von einer existenziellen Gefährdung der Antragstellerin durch den Widerruf der Erlaubnis könne daher nicht gesprochen werden.
Hierauf erwiderten die Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Ja nuar 2021 und trugen ergänzend vor, dass der Hinweis der Regierung mit Schreiben vom 20. Februar 2020 auf die Sonderregelung des § 8 Abs. 3 SprengG unklar und missverständlich gewesen sei. Zudem sei der Regierung mit Schreiben vom 13. Oktober 2020 mitgeteilt worden, dass in der anstehenden Aufsichtsratssitzung am 2. November 2020 – wie bereits im Schreiben vom 18. September 2020 angekündigt – Herr K. als weiterer Vorstand bestellt werden würde. Ein entsprechendes Schreiben des Herrn R. – ohne Übermittlungsnachweis – war dem Schriftsatz beigefügt. Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass im Rahmen von § 8a SprengG jede vorsätzliche Straftat relevant sei, auch wenn sie – wie im Fall von Herrn R. – keinerlei Bezug zum Umgang mit Sprengstoffen habe. Auch aus diesem Grund sei § 8a SprengG als verfassungswidrig einzustufen. Die jetzige Situation habe die Antragstellerin nicht durch eigenes Verhalten ausgelöst. Sie habe alles dafür getan, dass die Voraussetzungen für die sprengstoffrechtliche Erlaubnis geschaffen würden. Es sei der Regierung auch möglich und zuzumuten gewesen, bis dahin abzuwarten. Daneben war dem Schreiben eine mit Bescheid vom 16. Dezember 2020 von der Regierung erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 21 Abs. 3 der 1 Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz für den Betriebsleiter der Antragstellerin beigefügt.
Mit weiterem Schriftsatz vom … Januar 2021 wurde das Vorbringen weiter dahin ergänzt, dass vorliegend nicht der Vorstand der Gesellschaft mit der Gesamtleitung des Umgangs oder des Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen beauftragt sei, sondern der Betriebsleiter. Bei dem Betriebsleiter handele es sich auch um die verantwortliche Person nach § 19 SprengG, wie auch die diesem erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 21 SprengG belege. Da eine solche nur für verantwortliche Personen i.S.d. § 19 und § 21 SprengG erteilt werde, sei der Betriebsleiter auch die verantwortliche Person im Rahmen des § 8 SprengG. In Bezug auf die nach dem Gesetz geforderte Zuverlässigkeit komme es nach § 8 Abs. 3 SprengG auch nur auf dessen Person an und eine eventuelle Unzuverlässigkeit des Herrn R. als Vorstand würde keine Rolle mehr spielen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 7 K 20.6280 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft. Der Antrag ist dabei gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO nach dem Begehren der Antragstellerin auszulegen. Statthaft ist damit hinsichtlich des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 7 SprengG der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO. Denn der Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 7 SprengG ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 34 Abs. 5 SprengG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Im Übrigen ist auf Grund der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft.
Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. 2, 3 und 4 des Bescheids formell rechtmäßig ist (dazu 1.1) und eine gerichtliche Interessenabwägung einen Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses ergibt (dazu 1.2).
1.1 Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. 1, 2 und 3 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Insbesondere genügt die vom Antragsgegner vorgebrachte Begründung – an die im Bereich des Sprengstoffrechts aufgrund der Betroffenheit höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung ohnehin keine zu strengen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55, 46 m.w.N.) – formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
1.2 Die Antragstellerin hat nach Abwägung ihres privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Im vorliegenden Fall ergibt die summarische Prüfung unter Anwendung dieser Grundsätze, dass die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos sein wird. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids. Dieser dürfte sowohl formell als auch materiell rechtmäßig sein und die Antragstellerin nicht in ihren subjektiven Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen.
Der Widerruf der Erlaubnis nach § 7 SprengG (Nr. 1 des Bescheids) dürfte gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG vorliegend zurecht erfolgt sein.
Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG ist eine Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller oder eine der mit der Leitung des Betriebs, einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle beauftragten Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Antragsstellers kommt es in Fällen, in denen der Antragsteller eine juristische Person ist, auf die Zuverlässigkeit der nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung berufenen Personen an (vgl. auch Nr. 8.2 Satz 2 SprengVwV). Hat die juristische Person mit der Gesamtleitung des Umgangs oder des Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen oder mit deren Beförderung ein Mitglied des Vertretungsorgans beauftragt, ist gemäß § 8 Abs. 3 SprengG nur die Zuverlässigkeit der beauftragten Person maßgeblich (vgl. auch Nr. 8.2 Satz 3 SprengVwV). Die Versagung der Erlaubnis kann in diesem Fall nicht auf die Unzuverlässigkeit eines anderen Mitglieds des Vertretungsorgans gestützt werden. § 8 Abs. 3 SprengG dient gerade dem Zweck, die Erlaubnis einer juristischen Person nicht zu gefährden, wenn gegen eine der zur Vertretung berufenen Personen wegen mangelnder Zuverlässigkeit Bedenken bestehen (vgl. Adolph in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand September 2020, § 8 SprengG Rn. 5). Darauf, dass die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung des Antragstellers berufenen Personen auch tatsächlich den Umgang und den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen leiten, kommt es im Rahmen des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG nicht an (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 SprengG im Umkehrschluss).
Hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin dürfte die Regierung demnach zurecht allein auf die Person des Herrn R. abgestellt haben. Die Antragstellerin ist als Aktiengesellschaft i.S.d. § 1 AktG eine juristische Person, die nach § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG durch den Vorstand vertreten wird. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses war einzig Herr R. zum Vorstand der Gesellschaft bestellt und damit alleiniger gesetzlicher Vertreter. Die Bestellung des weiteren Vorstands und seine Beauftragung i.S.d. § 8 Abs. 3 SprengG erfolgte zeitlich erst nach Bescheidserlass. Entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Antragstellerin dürfte es hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin weder auf die Person des Betriebsleiters – dessen Zuverlässigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG neben der Zuverlässigkeit des Antragstellers selbständige Voraussetzung für die Erlaubniserteilung ist (vgl. auch Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand September 2020, § 35 Rn. 67 zur gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nach § 35 Gewerbeordnung) – noch auf einen (im Übrigen nicht bestellten) Prokuristen ankommen, da diese nicht zu den kraft Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Antragstellerin berufenen Personen zählen dürften. Sowohl die Übertragung der Leitung des Betriebs als auch die Erteilung einer Prokura i.S.d. § 48 Abs. 1 HGB erfolgt im Gegensatz zu einer nach Gesetz oder Verfassung der juristischen Person bestehenden organschaftlichen Vertretungsmacht im Wege einfacher rechtsgeschäftlicher Vollmachtserteilung nach §§ 167 ff. BGB (vgl. Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl. 2021, § 48 Rn. 3; Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand September 2020, § 35 Rn. 67).
Auch dürfte die Regierung die Bestellung eines weiteren Vorstands und dessen Be auftragung i.S.d. § 8 Abs. 3 SprengG entgegen der Ausführungen der Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht abzuwarten verpflichtet gewesen sein.
Die Regierung dürfte zunächst nicht gegen Pflichten nach Art. 25 BayVwVfG versto ßen haben. Nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG soll die Behörde den Antragsteller auf Fehler und Unzulänglichkeiten in den von diesem abgegebenen Erklärungen bzw. den gestellten Anträgen hinweisen, die im Interesse einer zweckmäßigen Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Ergänzungen, Berichtigungen und Klarstellungen anregen und erforderlichenfalls die Betroffenen entsprechend belehren. Diese Verpflichtung entsteht, sobald sich der Behörde der Eindruck aufdrängen muss, dass Anträge oder Erklärungen versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben sind (vgl. Herrmann in BeckOK, VwVfG, Stand 1.10.2020, § 25 Rn. 6). Die Behörde wird dieser Pflicht gerecht, wenn sie diejenigen Erklärungen des Antragstellers anregt, die ihr bezogen auf den jeweiligen Gegenstand und den erkennbaren Zweck des Verfahrens nützlich und zweckmäßig erscheinen (vgl. Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 25 Rn. 37). Vervollständigt der Antragsteller jedoch seinen Antrag trotz Belehrung und Fristsetzung nicht, so hat er die sich aus der Unvollständigkeit seines Antrags ergebenden Folgen zu tragen (vgl. Kallerhoff/Fellenberg, a.a.O. Rn. 42). Es kann vorliegend dahinstehen, ob eine Aufklärung über die Möglichkeit der Beschränkung der Zuverlässigkeitsprüfung auf ein bestimmtes Mitglied des Vertretungsorgans der juristischen Person nach § 8 Abs. 3 SprengG bei deren Beauftragung mit der Gesamtleitung des Umgangs oder des Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen von der Belehrungspflicht des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG überhaupt umfasst ist. Die Regierung dürfte die Antragstellerin nämlich mit Schreiben vom 23. Juni 2020 in ausreichender Weise auf diese Möglichkeit unter Fristsetzung für den Nachweis einer entsprechenden Beauftragung und Vertretungsberechtigung hingewiesen haben. Soweit die Bevollmächtigten der Antragstellerin darauf verweisen, dass die Aufforderung im Schreiben vom 20. Februar 2020, eine geeignete und zuverlässige Person aus der Vorstandsebene zu benennen und einen neuen Antrag auf Änderung der Erlaubnis zu stellen, unklar und missverständlich gewesen sei, dürfte ein solcher etwaig gegebener Mangel jedenfalls durch das insoweit eindeutige und unmissverständliche Schreiben vom 23. Juni 2020 geheilt worden sein.
Schließlich dürfte die Behörde auch durch ihr Verhalten kein Vertrauen dahingehend gesetzt haben, dass von einem Bescheidserlass bis zur Entscheidung über den neuen Antrag bzw. bis eine Entscheidung über die Bestellung eines weiteren Vorstands getroffen sein würde, abgesehen werde. Mit E-Mail vom 10. September 2020 wurde den Bevollmächtigten der Antragstellerin seitens der Regierung mitgeteilt, dass ein weiterer Terminverzug aus Behördensicht nicht tragbar sei, und in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit der Stellung eines Neuantrags nach Herstellung der sprengstoffrechtlichen Voraussetzungen hingewiesen. Auch in der E-Mail vom 12. Oktober 2020 wurde nochmals explizit darauf hingewiesen, dass davon ausgegangen werde, dass auch bis Ende Oktober 2020 kein neuer Vorstand bestellt sein werde – unter konkludenter Aufforderung zur Richtigstellung durch Verwendung der Satzzeichen „?!“, und unter dieser Prämisse der Antrag abzulehnen und die sprengstoffrechtliche Erlaubnis der Antragstellerin zu widerrufen sei. Ein weiterer Terminaufschub komme nicht in Betracht. Laut Vermerk in der Behördenakte (Bl. 151) ging bis zum 26. Oktober 2020 keine Antwort seitens der Antragstellerin ein. Soweit die Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schriftsatz vom … Januar 2021 ein per E-Mail übermitteltes Schreiben des Vorstands, Herrn R., vom 13. Oktober 2020 vorgelegt haben, in welchem der Regierung mitgeteilt worden sei, dass die Aufsichtsratssitzung am 2. November 2020 stattfinden würde und davon ausgegangen werden müsse, dass ab dem 2. November 2020 ein weiterer Vorstand speziell für die Sprengerlaubnis bestellt sein werde, wurde bereits eine Übermittlung dieses Schreibens an die Behörde nicht glaubhaft gemacht. Eine entsprechende E-Mail zur Übermittlung des nicht in der Behördenakte befindlichen Schreibens wurde trotz Aufforderung des Gerichts nicht vorgelegt.
Angesichts der früheren fruchtlosen Ankündigungen, einen weiteren Vorstand bestel len zu wollen, dürfte es der Behörde überdies nicht zumutbar gewesen sein, die Herstellung der Erlaubnisvoraussetzungen durch Bestellung und Beauftragung eines weiteren Vorstands über den Zeitpunkt des Bescheidserlasses hinaus abzuwarten. Die Bestellung eines weiteren Vorstands war bereits seit Anfang April 2020 in Aussicht gestellt worden (vgl. Bl. 80 der Behördenakte). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine solche tatsächlich alsbald erfolgen würde, dürfte es im Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht gegeben haben. Noch mit Schreiben vom 18. September 2020 wurde vom Vorstand, Herrn R., mitgeteilt, dass in der nächsten Aufsichtsratssitzung der Aufsichtsrat ggf. einen neuen Vorstand bestellen werde, um die Sprengerlaubnis aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass es zukünftig möglicherweise auch haftungsrechtlich interessanter sei, Sprengungen extern zu vergeben. Parallel wurde seitens der Bevollmächtigten der Antragstellerin gegenüber der Regierung mit Schreiben vom … August 2020 und erneut mit Schreiben vom … September 2020 zum Ausdruck gebracht, dass man die Bestellung eines anderen Vorstands zur Erhaltung der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nicht für notwendig erachte. Auf die Mitteilung der Regierung mit E-Mail vom 12. Oktober 2020, dass nunmehr davon ausgegangen werde, dass auch bis Ende Oktober ein weiter Vorstand nicht bestellt werden würde, erfolgte keine Reaktion seitens der Antragstellerin (vgl. dazu bereits oben). Selbst bei Wahrunterstellung der Übermittlung des Schreibens vom … Oktober 2020 dürfte dieses nicht geeignet gewesen sein, die tatsächliche Bestellung eines weiteren Vorstands angesichts des bisherigen Verhaltens der die Antragstellerin vertretenden Parteien auch nur als hinreichend wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit unverzüglich nach Bestellung und Beauftragung eines weiteren Vorstands einen Neuantrag stellen zu können – wie vorliegend auch geschehen – dürfte ein weiteres Zuwarten nicht nur nicht zumutbar, sondern angesichts der im Sprengstoffrecht betroffenen sensiblen Interessen bereits nicht angezeigt gewesen sein.
Die demnach für die Zuverlässigkeit der Antragstellerin im Zeitpunkt des Bescheidserlasses allein maßgebliche natürliche Person, der Vorstand, Herr R., dürfte sprengstoffrechtlich unzuverlässig i.S.d. § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SprengG sein.
Nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SprengG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat, die kein Verbrechen ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurden, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Unter diesen Voraussetzungen wird sprengstoffrechtlich – wie auch waffenrechtlich – die absolute Unzuverlässigkeit für die Dauer von zehn Jahren ab Rechtskraft des Urteils unwiderlegbar vermutet, wobei maßgebend allein das entsprechende Strafmaß, nicht die Art des Delikts ist (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2014 – 21 CS 14.2024 – juris Rn. 10 m.w.N.). Bezüglich der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis gilt dabei ein gleich strenger Zuverlässigkeitsmaßstab wie im Waffenrecht (vgl. BayVGH, B.v. 25.3.1991 – 21 B 90.3491 – juris Leitsatz). Da die Gefahren, die von dem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen ausgehen, ebenso schwerwiegend sind wie Gefahren im Umgang mit Waffen, die Allgemeinheit also in gleichem Maß gefährdet und schutzwürdig ist, wie sich aus der gesetzlichen Wertung durch die Gleichstellung in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG ergibt, können auch die Anforderungen an die Zuverlässigkeit im sprengstoffrechtlichen Sinne nicht geringer sein als an die Zuverlässigkeit im Waffenrecht. Im Hinblick auf die waffen- bzw. sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit geht die gesetzliche Regelung davon aus, dass die Begehung von Straftaten allein schon wegen der darin liegenden Missachtung der Rechtsordnung Schlüsse darauf zulässt, dass dem Betroffenen die Charakterfestigkeit fehlt, die beim Umgang mit Schusswaffen bzw. Sprengstoff ständig zu fordern ist und somit Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass gerade im Hinblick auf die durch das Zuverlässigkeitserfordernis geschützten Zwecke in der Person des Betroffenen Defizite vorliegen. Die zuständige Behörde kann deshalb schon allein aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung von der Unzuverlässigkeit ausgehen. (vgl. VG Bayreuth, U.v. 27.9.2007 – B 1 K 07.464 – juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 16.10.1995 – 1 C 32/94 – juris Rn. 12). In diesem Zusammenhang kann die Behörde grundsätzlich von der Richtigkeit der rechtskräftigen Verurteilung, insbesondere der sie tragenden tatsächlichen Feststellungen ausgehen, soweit nicht ausnahmsweise für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2007 – 19 CS 06.2210 – juris Rn. 25; B.v. 6.11.2000 – 21 B 98.11 – juris Rn. 23, 24). Im Fall der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer schwerwiegenden Straftat ist dabei die zu Tage getretene und rechtskräftig abgeurteilte Verletzung der Rechtsordnung von einem solchen Gewicht, dass das Vertrauen in die Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen für die Dauer der Zehnjahresfrist als nicht wieder herstellbar anzusehen ist (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 54 zur waffenrechtlichen Parallelvorschrift § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG). Dabei wird der Zeitablauf für erforderlich gehalten, um dem massiven Rechtsbruch die Stärke zu nehmen, die zur Unwiderlegbarkeit der Unzuverlässigkeitsvermutung geführt hatte (vgl. Heinrich in Steindorf, WaffG, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 7). Liegen somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG in der Person des Inhabers einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis vor, so folgt daraus zwingend, dass diese Person die für eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 21 ZB 15.1908 – juris Rn. 11 zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG).
Nach diesen Maßstäben dürfte der Vorstand der Antragstellerin, Herr R., nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SprengG die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen. Gegen den Vorstand der Antragstellerin, Herrn R., wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts … – Große Wirtschaftsstrafkammer – vom … Mai 2013 eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Anhaltspunkte dafür, dass die Verurteilung des Vorstands, Herrn R., auf einem Irrtum beruhen könnte oder dass die Waffenbehörde ausnahmsweise in der Lage wäre, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Unerheblich dürfte es in diesem Zusammenhang sein, dass der ausgeurteilten Freiheitsstrafe eine Gesamtstrafenbildung zugrundeliegt. Denn es dürfte jedenfalls dann ausreichend sein, dass sich das Strafmaß aus einer Gesamtstrafe ergibt, wenn – wie hier – mindestens eine der in die Gesamtstrafenbildung einbezogenen Straftaten das Strafmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe erreicht. Hinsichtlich der abgeurteilten 30 Straftaten hat das Landgericht … als Einzelstrafen allesamt Freiheitsstrafen im Bereich zwischen sechs Monaten und einem Jahr für tat- und schuldangemessen erachtet. Da somit die Einsatzstrafe für die Gesamtstrafenbildung (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB) bereits bei einem Jahr Freiheitsstrafe liegt und somit ungeachtet einer nachfolgenden Gesamtstrafenbildung allein schon den Tatbestand des § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SprengG erfüllen würde, bestehen vorliegend keine Bedenken dagegen, dass die gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten geeignet ist, eine absolute sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen. Es kann vorliegend mithin offen bleiben, ob auch eine Verurteilung wegen mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten, die zwar zu Einzelstrafen von jeweils unter einem Jahr, insgesamt aber zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geführt haben, ausreichend wäre (so jedenfalls VG Bayreuth, U.v. 27.9.2007 – B 1 K 07.464 – juris Rn. 18; VG Saarlouis, U.v. 15.12.2009 – 1 K 50/09 – juris Rn. 57 m.w.N.).
Schließlich dürften die Bevollmächtigten der Antragstellerin auch mit den gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 8a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SprengG geäußerten Bedenken vorliegend nicht durchdringen. Eine Verfassungswidrigkeit dürfte sich entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Antragstellerin weder aus dem Umstand ableiten lassen, dass die der Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten keinen Bezug zum Sprengstoffrecht aufweisen, noch daraus, dass der Gesetzgeber bei schwerwiegenden Straftaten das Vertrauen in die sprengstoffrechtliche Zuverlässigkeit für einen Zeitraum von zehn Jahren ab Rechtskraft der letzten Verurteilung für unwiderleglich erschüttert hält. Sowohl der unerhebliche sachliche Bezug der Straftat zum Sprengstoffrecht als auch die ohne Härtefallregelung vorgegebene Zehnjahresfrist werden von der Rechtsprechung als verfassungskonform angesehen (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2014 – 21 CS 14.2024 – juris Rn. 10 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24/06; BayVGH, U.v. 20.9.2007 – 21 BV 07.2029; VG Hamburg, U.v. 24.6.2010 – 4 K 152/09 – alle juris). Insbesondere vermag das Gericht die vorgetragene massive Einschränkung der Berufsausübung des Vorstands, Herrn R., nicht zu erkennen. Die Tatsache, dass ein weiterer Vorstand für die Antragstellerin berufen wird – wie mit Herrn K. tatsächlich nachträglich auch geschehen – dürfte mitnichten einem Berufsverbot für Herrn R. gleichkommen. Dessen Vorstandstätigkeit dürfte vielmehr mit Ausnahme der Möglichkeit einer Übernahme der Gesamtverantwortung i.S.d. § 8 Abs. 3 SprengG vom Bestehen einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis der Antragstellerin gänzlich unberührt bleiben.
Auch gegen die mit dem Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. 2 (Verpflichtung zur Rückgabe des Erlaubnisdokuments nebst Ausfertigungen), Nr. 3 (Verpflichtung zur Unbrauchbarmachung bzw. Überlassung der explosionsgefährlichen Stoffe) und Nr. 4 (Übergabe der Verzeichnisse nach § 16 SprengG) des Bescheids vom 27. Oktober 2020 dürften keine rechtlichen Bedenken bestehen. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sowie die Entziehung der tatsächlichen Verfügungsmacht über explosionsgefährliche Stoffe sicher. Soweit dem Antragsgegner dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Insbesondere dürfte die jeweils eingeräumte Frist bis zum Ende des Folgemonats des Bescheidserlasses angemessen sein.
Jedenfalls überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der behördlichen Verfügungen das Interesse der Antragstellerin.
Dabei unterscheidet sich die Interessenabwägung in Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung – hier bezüglich des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis – von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).
Im Hinblick auf die Nr. 1 des Bescheids vom 27. Oktober 2020 intendiert die gesetzliche Wertung des § 34 Abs. 5 SprengG bereits ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Der Gesetzgeber hielt in den Fallgruppen des zwingenden Widerrufs wegen bestehender bzw. nachträglich eingetretener Unzuverlässigkeit die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-)Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 CS 17.2459 – juris Rn. 29 zu § 45 Abs. 5 WaffG unter Verweis auf BT-Drs. 16/7717, S. 33). Im Falle der sprengstoffrechtlichen Unzuverlässigkeit gilt diese Wertung in Bezug auf den Besitz und Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen entsprechend. Die seitens der Antragstellerin geltend gemachte Notwendigkeit, gerade jetzt im Winter Sprengungen durchführen zu können, stellt dabei keinen Umstand dar, aufgrund dessen eine Abwägung zugunsten ihrer privaten Interessen ausfallen müsste, denn für die Antragstellerin besteht die Möglichkeit, ihren Geschäftsbetrieb ungehindert durch Vergabe erforderlicher Sprengungen an externe Dienstleister aufrechtzuerhalten. Der im streitgegenständlichen Bescheid der Regierung verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse der Antragstellerin, Sprengungen unternehmensintern vornehmen zu können, zurückzustehen.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) besteht aus Gründen der Gefahrenabwehr regelmäßig auch für die im Bescheid vom 27. Oktober 2020 mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen weiteren Anordnungen, die Erlaubnisurkunden und Verzeichnisse zurückzugeben sowie noch vorhandene explosionsgefährliche Stoffe unbrauchbar zu machen oder an einen Berechtigten zu überlassen (s.o.). Denn auch diese Folgeentscheidungen stellen aus Gründen der Gefahrenabwehr sicher, dass der kraft Gesetzes (§ 34 Abs. 5 SprengG) sofort vollziehbare Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis tatsächlich umgesetzt wird (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17). Die Anordnung des Sofortvollzuges verlangt hier kein besonderes öffentliches Interesse, das über das die Rücknahme der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis rechtfertigende Interesse hinausgeht. Denn es besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit solchen Stoffen jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 26.3.1996 – 1 C 12/95 – juris Rn. 25). Ist dieses Vertrauen nicht mehr gerechtfertigt, überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse, das mit dem Zugriff auf explosionsgefährliche Stoffe verbundene Sicherheitsrisiko gering zu halten und diesen mit sofort wirksamen Mitteln zu unterbinden, das private Interesse des Betroffenen, von den Wirkungen der Rücknahme der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2007 – 19 CS 06.2210 – juris Rn. 28; VGH BW, B.v. 20.2.2008 – 1 S 2814/07 – juris Rn. 15).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der von der Antragstellerin begehrten sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 7 SprengG zur Durchführung von Sprengungen im gewerblichen Bereich kommt ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zu, der insbesondere im Hinblick auf die gewerbliche Verwendung über den Wert einer als Annex zu einer waffenrechtlichen Erlaubnis begehrten, Nr. 50.3 des Streitwertkatalogs vergleichbaren Berechtigung hinausgeht. So kann etwa für sprengstoffrechtliche Erlaubnisse im nichtgewerblichen Bereich ein Streitwert von 5.000,- EUR angenommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2020 – 24 ZB 19.2340 – juris Rn. 12). Da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts vorliegend keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist für die Hauptsache der Auffangwert von 5.000,- EUR in Ansatz zu bringen. Dieser Streitwert reduziert sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Hälfte auf 2.500,- EUR.


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