Aktenzeichen M 31 K 21.2780
AEUV Art. 107
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für November 2020 (Novemberhilfe)
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte den von ihr geltend gemachten Anspruch, sinngemäß gerichtet auf Verpflichtung zur Neubescheidung ihres Zuwendungsantrags vom … Januar 2021, nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich der Ablehnungsbescheid vom … April 2021 als rechtmäßig.
1. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
Soweit die Klägerin schriftsätzlich eine – möglicherweise – bereits im Grundsatz strengere Rechtfertigungsprüfung als maßstäblich ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerwG, U.v.14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 17). Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung gilt für den Bereich der Subventionen bzw. gewährenden Staatstätigkeit eine besonders große Gestaltungsfreiheit (Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 110 m.w.N.), die sich zutreffend an den vorgenannten Maßstäben auszurichten hat.
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für November 2020 (Novemberhilfe – BayMBl. 2020, Nr. 680 vom 26.11.2020, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 10.3.2021, BayMBl. Nr. 191) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Novemberhilfe im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt wird.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte weitere, bzw. ergänzende Zuwendung unter Berücksichtigung der in der Schweiz generierten Umsätze. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ihrer ständigen Vollzugspraxis zur Feststellung der Höhe der Novemberhilfe auf Grundlage der insoweit unzweideutigen Fassung der Zuwendungsrichtlinie in Nr. 3.2 Satz 1 und Fußnote 11 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG lediglich im Inland generierte Umsätze als Vergleichsumsatz heranzieht. Daher ergibt sich auf Grundlage der hier geltend gemachten, in der Schweiz generierten Umsätze keine (weitere) Novemberhilfe.
2.1 Nach Nr. 3.1 Satz 1 der Zuwendungsrichtlinie beträgt die Höhe der Novemberhilfe 75% des Vergleichsumsatzes, tageweise anteilig für die Dauer des Lockdowns. Vergleichsumsatz ist dabei nach Nummer 3 2. Satz 1 der Zuwendungsrichtlinie grundsätzlich der Umsatz im November 2019. Fußnote 11 zu Nr. 3.2 der Zuwendungsrichtlinie definiert den Begriff des Umsatzes – soweit hier interessierend – als den steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Die in dieser Vorschrift wiederum in Bezug genommenen Umsätze sind die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Auf dieser Grundlage führt die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid aus, dass die zusätzlich angegebenen, in der Schweiz generierten Umsätze nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallen und somit bei der Novemberhilfe nicht mit zu berücksichtigen sind.
Die vorstehend dargelegte Zuwendungspraxis, nach der bei der Feststellung der Höhe einer Novemberhilfe lediglich im Inland generierte Umsätze berücksichtigt werden, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Der Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihnen die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beliehene Beklagte (vgl. § 47b ZustV) sind nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
Diesen Maßstäben genügt die sowohl durch den Richtliniengeber vorgegebene als auch durch die Zuwendungsbehörde in ihrer ständigen Zuwendungspraxis umgesetzte Maßgabe, nach der als relevanter Vergleichsumsatz für die Gewährung einer Novemberhilfe lediglich im Inland generierte Umsätze berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich im Sinne der eingangs ausgeführten Maßstäbe um eine durch sachbezogene Gesichtspunkte gerechtfertigte und damit jedenfalls nicht willkürliche Ab- bzw. Eingrenzung der maßgeblichen Zuwendungsmaßstäbe.
Ziel der Novemberhilfe ist es ausweislich Nr. 1 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie, durch einen Beitrag zur Kompensation des Umsatzausfalls die wirtschaftliche Existenz u.a. von Unternehmen und Soloselbstständigen zu sichern, die in der Folge des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und den Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober 2020 von Coronabedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im November 2020 betroffen sind, und deshalb erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Es handelt sich daher um ein Instrument, das spezifisch an eine Betroffenheit durch den vorgenannten politischen Beschluss anknüpft. Dies unterscheidet die Novemberhilfe – im Übrigen gleichermaßen die Dezemberhilfe – von den anderen Instrumenten und Programmen der Corona-Wirtschaftshilfe, die ohne Bezug auf bestimmte einschränkende Maßnahmen oder konkrete politische Beschlüsse an Coronabedingte Einbußen anknüpfen. Beispielhaft sichtbar wird dies etwa in Nr. 1 Satz 4 der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III – BayMBl. 2021, Nr. 132 vom 19.2.2021), wo im Rahmen der Zweckbestimmung lediglich allgemein von Coronabedingten erheblichen Umsatzausfällen die Rede ist. Der abweichende Charakter der Novemberhilfe – und Dezemberhilfe – zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass hierbei abweichend von den übrigen Instrumenten der Corona-Wirtschaftshilfe ein (anteiliger) Ersatz von Umsätzen stattfindet, wohingegen ansonsten die Leistungen in aller Regel auf den (anteiligen) Ersatz bestimmter betrieblicher Fixkosten beschränkt sind. Dementsprechend versteht auch der Zuwendungsgeber die Novemberhilfe als ein „sehr spezifisches Instrument“ zur Unterstützung von Unternehmen, die auf Grundlage des oben genannten Beschlusses und der daraufhin erlassenen Schließungsverordnungen der Länder ihren Geschäftsbetrieb einstellen mussten, bzw. von denjenigen, die indirekt oder direkt über Dritte von diesen Schließungsanordnungen betroffen sind (vgl. Antwort des Staatssekretärs Dr. N., Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf eine Schriftliche Frage des Abgeordneten Meiser, BT-Drs. 19/24779, S. 33).
Dieser besondere Charakter der Novemberhilfe, die mithin nicht generell an Coronabedingte Einbußen von Wirtschaftsteilnehmern anknüpft, sondern speziell an eine direkte oder zumindest indirekte Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen, ist nach Überzeugung des Gerichts eine sachliche und damit willkürfreie Erwägung, die es rechtfertigt, hinsichtlich des Umfangs der zu gewährenden außerordentlichen Wirtschaftshilfe gerade unmittelbar an den vorgenannten Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefin und Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober 2020 anzuknüpfen. Die aus diesem Beschluss hervorgegangenen Schließungsanordnungen der Länder konnten sich naturgemäß lediglich auf im Inland ansässige Wirtschaftsteilnehmer beziehen. Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar und sachgerecht, wenn in der Zuwendungsrichtlinie und gleichermaßen in der Zuwendungspraxis zur Novemberhilfe bei der Frage des relevanten Vergleichsumsatzes lediglich auf im Inland generierte Umsätze abgestellt wird.
Soweit die Klägerin in dieser Zuwendungspraxis eine Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen erblickt, die – wie die Klägerin – Umsätze im In- und im Ausland generieren und solchen, die Umsätze nur im Inland generieren, wird dies zunächst dahingehend zu präzisieren sein, dass hinsichtlich der (Nicht-)Berücksichtigung der ausländischen Umsätze in der dargelegten Zuwendungspraxis zunächst alle Unternehmen gleichbehandelt werden. Eine Ungleichbehandlung folgt – gewissermaßen mittelbar – daraus, dass bei den erstgenannten Unternehmen nur Teile der Umsätze, bei letztgenannten alle Umsätze im Rahmen der Feststellung der Zuwendungshöhe berücksichtigt werden. Wie dargelegt, handelt es sich dabei jedoch um eine sachgerechte und willkürfreie Vorgehensweise, die sich durch den spezifischen Charakter der Novemberhilfe und ihren Bezug auf bestimmte, nur im Inland wirksame Beschränkungsmaßnahmen rechtfertigt.
Unabhängig davon ist dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, B.v. 29.1.2019 – 2 BvC 62/14 – juris Rn. 47 m.w.N.; zum Ganzen auch Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 98 f.). Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich einer Zuwendungsgewährung (vgl. etwa VG München, U.v. 6.7.2021 – M 31 K 20.6548 – juris Rn. 38). Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind.
Ausgehend von der bereits dargelegten Zielbestimmung der Novemberhilfe, die Betroffenheit von bestimmten, nur im Inland wirksamen Schließungsanordnungen (teilweise) auszugleichen, kann hinsichtlich der Höhe der zu gewährenden Förderung an den im Inland generierten Umsatz angeknüpft werden. Die durch die Klägerin insbesondere in der mündlichen Verhandlung thematisierte Benachteiligung grenznah gelegener Unternehmen mag im konkreten Einzelfall zutreffen, sie lässt sich aber kaum abstrakt fassen und eingrenzen. Die Relevanz ausländischer Umsätze für einen Wirtschaftsteilnehmer dürfte im Übrigen auch nur zum Teil von der geografischen Lage des Unternehmenssitzes, sondern vielmehr von der jeweiligen Branche und weiteren, unter Umständen auch durchaus veränderlichen Faktoren wie der wirtschaftlichen Lage und anderen Rahmenbedingungen in den verschiedenen Staaten abhängig sein. Darüber hinaus ließe sich auch eine Betroffenheit der verschiedenen Wirtschaftsteilnehmer hinsichtlich einer Geschäftstätigkeit mit Auslandsbezug durch die lediglich im Inland wirksamen Beschränkungsmaßnahmen kaum verallgemeinern. Unabhängig von zweifellos bestehenden, allgemeinen Einschränkungen für die meisten Wirtschaftsteilnehmer durch die Corona-Pandemie wird an der Annahme des Zuwendungsgebers im Fall der Novemberhilfe, dass durch die im Inland wirksamen Beschränkungsmaßnahmen auf Grundlage des Beschlusses vom 28. Oktober 2020 in aller Regel zunächst einmal die Wirtschaftstätigkeit im Inland betroffen ist, im Allgemeinen kaum zu zweifeln sein. Unabhängig von dem oben ausgeführten Umstand, dass das Abstellen auf im Inland generierte Umsätze schon generell eine vor dem Hintergrund des Förderzwecks zulässige Eingrenzung des Fördergegenstands darstellt, handelt es sich nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls auch um eine in zulässigem Umfang typisierende Regelung bzw. Zuwendungspraxis. Daher mag es zwar so sein, dass, wie durch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung für den konkreten Fall nachvollziehbar dargelegt, die für das Inland geltenden Beschränkungsmaßnahmen auch die Akquise und Betreuung der in der Schweiz befindlichen Kunden erschwert hat und mithin in ihrem Fall die Beschränkungsmaßnahmen nicht lediglich Auswirkungen auf Umsätze im Inland hatten. Dabei handelt es sich indes um eine – wohl vorliegend durchaus vorhandene und anzuerkennende – lediglich reflexhafte Auswirkung einer zulässigen typisierenden Zuwendungspraxis.
Dem Richtlinien- bzw. Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben bzw. hier durch die beliehene Beklagte handhaben zu lassen. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 28). Dies ist, wie vorstehend dargelegt, hier nicht der Fall.
2.2 Am vorstehend gefundenen Ergebnis ändert schließlich auch nichts, dass sowohl im Inland als auch im Ausland generiertes Einkommen der Klägerin der deutschen Besteuerung unterliegt. Der allgemeine Gleichheitssatz enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu regeln, sondern fordert im Gegenteil eine jeweils sachbereichsbezogene Regelung (BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris – Rn. 23; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 32). Steuerrechtliche Vorschriften enthalten keine Aussage zu staatlichen Zuwendungen, namentlich dahingehend, dass dem Zuwendungs- und Richtliniengeber und der mit dem Vollzug beliehenen Beklagten bei der Festlegung der Höhe einer Zuwendung nach Nr. 3.1 und 3.2 der Zuwendungsrichtlinie die Heranziehung eines von steuerrechtlichen Kategorien (teilweise) abweichenden Umsatzbegriffs untersagt wäre. Wie vorstehend ausgeführt, ist es dem Richtlinien- und Zuwendungsgeber im Rahmen seines weiten Ermessens bei der Ausgestaltung der Förderung nach der Novemberhilfe aus sachbezogenen Überlegungen heraus erlaubt, den relevanten Umsatz dabei allein inlandsbezogen zu fassen, auch wenn die Klägerin nach steuerrechtlichen Vorschriften – unter Berücksichtigung etwaiger Doppelbesteuerungsabkommen – mit ihrem Einkommen unabhängig davon, ob es im In- oder Ausland generiert wird, in Deutschland steuerpflichtig ist.
3. Ein Anspruch der Klägerin auf die beantragte weitere, bzw. ergänzende Zuwendung unter Berücksichtigung der in der Schweiz generierten Umsätze ergibt sich schließlich auch nicht unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere nicht im Zusammenhang der durch die Klägerin vorgetragenen Aspekte der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV.
3.1 Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Novemberhilfe eine nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigte Beihilfe darstellt (vgl. Vorwort der Zuwendungsrichtlinie und die dort genannten Grundlagen; Genehmigung der Kommission SA.60045 (2021/N), C(2021) 449 final). Hinsichtlich des Verhältnisses der beihilferechtlichen Vorschriften insbesondere zu den unionsrechtlichen Grundfreiheiten entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass sich aus der allgemeinen Systematik des Vertrags ergibt, dass das in Art. 108 AEUV vorgesehene Verfahren niemals zu einem Ergebnis führen darf, das zu den besonderen Bestimmungen des Vertrags im Widerspruch steht. Daher kann eine staatliche Beihilfe, die wegen bestimmter Modalitäten gegen andere Bestimmungen des Vertrags verstößt, von der Kommission nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. Ebenso kann eine staatliche Beihilfe, die wegen bestimmter Modalitäten gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts wie den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, von der Kommission nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden (so jüngst EuG, U.v. 17.2.2021 – T-259/20 – juris Rn. 30; ebenso etwa EuGH, U.v.15.4.2008 – C-390/06 – juris Rn. 50; U.v. 19.9.2000 – C-156/98 – juris Rn. 78 jeweils m.w.N.). Beihilfen sind danach zwar nicht generell aus dem Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ausgenommen, jedoch sind die Art. 107 ff. AEUV als speziellere Vorschriften im Regelfall vorrangig anwendbar (vgl. näher Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band III, 1. Teil. Beihilfenrecht, Rn. 10 f.; Mederer, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, AEUV vor Art. 107 Rn. 21, Nr. 3). Verfahrensmäßig gilt dabei nach der Rechtsprechung weiter, dass das nationale Gericht nicht befugt ist, die Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist ausschließlich die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zuständig, die dabei der Kontrolle des Gemeinschaftsrichters unterliegt (EuGH, U.v. 30.3.2006 – Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti, C-451/03 – juris Rn. 71; Mestmäcker/Schweitzer, aaO, Rn. 12; vgl. auch Ludwigs, in: MüKoBeihilfenR, 2. Aufl. 2018, AEUV Art. 107 Rn. 62). Diese verfahrensmäßige und materielle Konzentration würde lediglich dann nicht greifen, wenn es sich um Modalitäten der Beihilfengewährung handelt, die zur Erreichung des Beihilfenzwecks nicht notwendig und von der eigentlichen Beihilfe abtrennbar sind (Mestmäcker/Schweitzer, aaO; EuG, U.v. 31.1.2001 – T-197/97 – juris Rn. 76 ff.). Eine derart abtrennbare Modalität steht hier mit einer zentralen Maßgabe der Zuwendungsrichtlinie zur Berechnung der Beihilfehöhe jedoch nicht im Raum.
Jedenfalls dann, wenn – wie hier – eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 AEUV vorliegt und diese nach den Vorschriften des EU-Beihilferechts und insbesondere verfahrensmäßig nach der Beurteilung der Kommission mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, ist aus dem Vorstehenden zu folgern, dass den sonstigen Vorschriften des EU-Vertrags keine isolierte Prüfungsrelevanz mehr zukommt, vielmehr gehen diese letztlich in aller Regel im Prüfprogramm der Art. 107 ff. AEUV auf (vgl. etwa EuG, U.v. 17.2.2021 – T-259/20 – juris Rn. 32 und 47 ff.; EuGH, U.v. 19.9.2000 – C-156/98 – juris Rn. 76 f.; vgl. dazu Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, AEUV Art. 107 Rn. 20; Bartosch, EU-Beihilfenrecht, 3. Aufl. 2020, Einleitung Rn. 5). Vor diesem Hintergrund führte hier eine Berufung (allein) auf die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV bereits im Ansatz nicht weiter.
Im Übrigen ist in der Sache zu bemerken, dass auch auf Ebene des – nach vorstehendem letztlich allein einschlägigen – EU-Beihilfenrechts nur eine Betrachtung der bestehenden bzw. vorgesehenen Beihilfe stattfindet und damit auch unionsrechtlich jedenfalls grundsätzlich keine Verpflichtung entsteht, einer möglichen anderen Förderpraxis nachzugehen. Nach der Rechtsprechung ist die Kommission nicht verpflichtet, eine abstrakte Betrachtung aller in Betracht kommenden alternativen Maßnahmen vorzunehmen, da der betreffende Mitgliedstaat zwar die Gründe, die zum Erlass der in Rede stehenden Beihilferegelung geführt haben, insbesondere in Bezug auf die festgelegten Förderkriterien im Einzelnen darlegen muss, aber nicht darüber hinaus noch positiv belegen muss, dass keine andere vorstellbare, der Natur der Sache nach hypothetische Maßnahme es erlaubte, das angestrebte Ziel besser zu erreichen (EuG, U.v. 17.02.2021 – T-259/20 – juris Rn. 46). Dieser Maßstab dürfte letztlich dem oben ausgeführten zuwendungsrechtlichen Maßstab der nationalen Rechtsprechung entsprechen, wonach bei der Entscheidung für eine bestimmte Förderpraxis die Willkürgrenze selbst dann nicht überschritten wird, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe.
3.2 Unabhängig davon ist die durch die Klägerin herangezogene Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV nach zutreffender Ansicht bereits in ihrem Anwendungsbereich nicht eröffnet. Aus Art. 56 AEUV sind Leistungserbringer nur dann berechtigt, wenn sie eine binnengrenzüberschreitende Dienstleistung anbahnen oder erbringen. Eine solche liegt nur vor, wenn der Leistungsempfänger entweder in irgendeinem Mitgliedstaat ansässig ist (nicht notwendig in demjenigen, in dem die Leistung erbracht wird) oder sich dort aufhält (Müller-Graff, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, AEUV Art. 56 Rn. 47, vgl. auch EuGH, U.v. 14.7.1994 – Peralta, C-379/92 – juris Rn. 40). Anderenfalls wäre kein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben, die Dienstleistungsfreiheit also sachlich nicht eröffnet. Die grenzüberschreitende Natur der Dienstleistung wird über die Leistungsbeziehung bestimmt. Ist der Dienstleistungsempfänger in einem Drittstaat ansässig, überschreitet die Dienstleistung nicht eine Binnengrenze innerhalb der Union (Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 74. EL September 2021, AEUV Art. 56, Art. 57 Rn. 25; vgl. auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, AEUV Art. 57 Rn. 37). Nach dem durch die Klägerin geschilderten Sachverhalt plant und organisiert sie für eine Schweizer Firma von Deutschland aus eine jährliche Großveranstaltung in Basel. Mithin ist die Leistungsempfängerin hier nicht in einem Mitgliedstaat ansässig.
Im Übrigen umfasst das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU sowie ihren Mitgliedstaaten (Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit) nicht die volle Dienstleistungsfreiheit, wie sie innerhalb der Union gilt (vgl. allgemein etwa Vöneky/Beylage-Haarmann, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 74. EL September 2021, AEUV Art. 217 Rn. 74). Ausgehend von der Zielbestimmung in Art. 1 Buchst. b des Freizügigkeitsabkommens, wonach (nur) eine Erleichterung der Erbringung von Dienstleistungen im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien, insbesondere Liberalisierung kurzzeitiger Dienstleistungen bezweckt ist, betont die Rechtsprechung zu Recht, dass das Freizügigkeitsabkommen lediglich bestimmte Aspekte einer freien Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen in bestimmtem zeitlichem Umfang betrifft (EuGH, U.v. 12.11.2009 – Grimme, C-351/08 -, juris Rn. 40 ff.). Das Abkommen verbietet nicht generell und absolut jede Ungleichbehandlung von Staatsangehörigen einer der Vertragsparteien, die sich im Hoheitsgebiet der anderen Partei aufhalten, sondern nur Diskriminierungen wegen der Staatsangehörigkeit, und das auch nur, soweit die Situation dieser Staatsangehörigen in den sachlichen Anwendungsbereich der Bestimmungen der Anhänge I bis III des Abkommens fällt. Das Abkommen und seine Anhänge enthalten keine spezifische Regelung, wonach Dienstleistungsempfängern der Grundsatz der Nichtdiskriminierung im Rahmen der Anwendung fiskalischer Regelungen über gewerbliche Transaktionen, die eine Dienstleistung zum Gegenstand haben, zugutekommt (EuGH, U.v. 15.7.2010 – C-70/09 -, juris Rn. 39 f.; dazu Epiney, GPR 2011, 64, 66; vgl. auch BFH, U.v. 9.5.2012 – X R 3/11 – juris Rn. 29 ff.). Klargestellt ist in der Rechtsprechung ferner, dass die Schweiz nicht dem Binnenmarkt der Union beigetreten ist, mit dem alle Hindernisse beseitigt werden sollen, um einen Raum vollständiger Freizügigkeit entsprechend einem nationalen Markt zu schaffen, der unter anderem die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit umfasst. Mithin kann auch die den unionsrechtlichen Bestimmungen über den Binnenmarkt gegebene Auslegung nicht automatisch auf die Auslegung des Freizügigkeitsankommens übertragen werden (EuGH, aaO, Rn. 41 f.). Daher wird durch das Freizügigkeitsabkommen keine Art. 56 AEUV in der Sache entsprechende Dienstleistungsfreiheit im Verhältnis zur Schweiz garantiert, aus der sich Maßgaben in Bezug auf in Deutschland bestehende Förderentscheidungen oder -kriterien ergeben könnten.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.