Familienrecht

Ablehnung eines Antrags auf Stundung einer Kindergeldrückforderung nebst Säumniszuschlägen

Aktenzeichen  10 K 2208/19

Datum:
17.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2021, 1518
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 222
GG Art. 6
FGO § 44 Abs. 1, § 45, § 46, § 115 Abs. 2 Nr. 1,§ 136 Abs. 1 S. 1
AO § 240 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine Sprungklage i.S. des § 45 FGO setzt u.a. voraus, dass die Familienkasse zuvor einen Antrag auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts – hier eines Abrechnungsbescheids – mindestens durch einen Verwaltungsakt abgelehnt hat (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980).  (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Bescheid über die Ablehnung des Stundungsantrags vom 17. April 2019 und die Einspruchsentscheidung vom 16. August 2019 werden aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 90 v.H., die Beklagte zu 10 v.H.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Erhebung und die Rechtmäßigkeit einer Ablehnung der Stundung von Säumniszuschlägen in Höhe von […] € zu einer Kindergeldrückforderung in Höhe von […] €.
Mit Bescheid der Familienkasse Bayern Süd vom 27. August 2018 wurde eine Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klägerin aufgehoben und Kindergeld für den Zeitraum von August 2017 bis August 2018 in Höhe von […] € zurückgefordert. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. November 2018).
Mit Schreiben vom 12. März 2019 erließ der Inkasso-Service der beklagten Familienkasse bei der Bundesagentur für Arbeit Recklinghausen gegen die Klägerin eine Mahnung und setzte bis dahin entstandene Säumniszuschläge in Höhe von […] € fest. Mit Schreiben vom 25. März 2019 bat die Klägerin um Vereinbarung einer Ratenzahlung. Mit Schreiben vom 18. Juni 2019 drohte der Inkasso-Service die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an und bezifferte die bis dahin entstandenen Säumniszuschläge auf insgesamt […] €.
Mit Bescheid vom 17. April 2019 lehnte der Inkasso-Service den Antrag der Klägerin auf Stundung der Kindergeldrückforderung nebst Säumniszuschlägen in Höhe von […] € ab, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Nach § 222 der Abgabenordnung (AO) dürfe eine Forderung nur gestundet werden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Schuldner verbunden sei und die Forderung durch die Stundung nicht gefährdet werde. Da der Lebensunterhalt aber vorliegend von unpfändbarem Einkommen bestritten werde, liege eine Gefährdung der Forderung vor. Die Forderung bleibe daher fällig. Dabei wies der Inkasso-Service weiter darauf hin, dass Säumniszuschläge in Höhe von 1% pro Monat (§ 240 AO) entstünden, wenn fällige Beträge nicht gezahlt würden. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 10. Mai 2019 Einspruch ein.
Mit weiterem Schreiben vom 1. Juli 2019 bat die Klägerin darum, von Vollstreckungsmaßnahmen sowie von der Erhebung von Säumniszuschlägen abzusehen.
Den gegen die Stundungsablehnung gerichteten Einspruch wies die beklagte Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 16. August 2019 als unbegründet zurück. Das Steuerrecht sehe die Rückzahlung einer Steuerschuld durch Ratenzahlung nicht vor. Der Stundungsantrag sei zu Recht abgelehnt worden, da die persönlichen Stundungsgründe nicht vorlägen. Insbesondere fehle es an der Stundungsbedürftigkeit, da die Klägerin dauerhaft zahlungsunfähig sei. Stundungsbedürftigkeit liege jedoch nur bei vorübergehender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vor. Die erhobenen Säumniszuschläge entstünden kraft Gesetzes nach § 240 AO und bedürften daher keiner eigenen Festsetzung durch Verwaltungsakt. Ihre Höhe werde in der Mahnung lediglich mitgeteilt.
Im Verlauf des hiergegen geführten Klageverfahrens ergingen am 9. Oktober 2019 und am 6. November 2019 Schreiben des Inkasso-Service, mit denen dieser die Vollstreckung androhte. Diese Schreiben enthielten jeweils eine Forderungsaufstellung, aufgeschlüsselt nach Hauptforderung und bisher entstandenen Säumniszuschlägen.
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen auf die Kindergeldrückforderung. Die im Rahmen der Stundungsablehnung ausgesprochene Festsetzung von Säumniszuschlägen sei rechtswidrig, da sie die Ermessenserwägungen nicht erkennen ließe. Im Ablehnungsbescheid werde lediglich ausgeführt: „…werden fällige Beträge nicht rechtzeitig gezahlt, entstehen Säumniszuschläge in Höhe von 1% pro Monat“. In der Einspruchsentscheidung heiße es hierzu nur: „auch Säumniszuschläge fallen grundsätzlich an“. Auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen sei zu begründen. Dies folge aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. November 2018 III R 31/17 (BFH/NV 2019, 557). In den Gründen der Einspruchsentscheidung werde darauf hingewiesen, dass die Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beziehe, dauerhaft über nicht pfändbares Einkommen verfüge und eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht absehbar sei. Ebenso werde nicht berücksichtigt, dass sie zahlungswillig, aber derzeit nicht zahlungsfähig sei. Diese Umstände hätte die Familienkasse berücksichtigen und von der Festsetzung von Säumniszuschlägen absehen müssen. Zudem verstoße die Festsetzung des Säumniszuschlags gegen Art. 6 des Grundgesetzes (GG).
Ihre finanzielle Situation stelle sich folgendermaßen dar: Sie sei alleinerziehend und beziehe für sich und ihre beiden Kleinkinder B, geboren am […] und N, geboren am […], Sozialhilfe. Auf die hierzu eingereichten Unterlagen wird verwiesen.
„ Sollte der BFH in den derzeit anhängigen Revisionsverfahren entscheiden, dass der Inkassoservice sachlich unzuständig sei, sei die Klage zwar bereits aus diesem Grund erfolgreich. Die entscheidende Frage, ob die Erhebung von Säumniszuschlägen als solche rechtswidrig sei, werde dann aber nicht entschieden. Sie schlage daher vergleichsweise vor, dass die Familienkasse auf die Erhebung der festgesetzten Säumniszuschläge in Höhe von […] € und künftiger Säumniszuschläge verzichte. Richtig sei zwar, dass die Finanzgerichtsordnung (FGO) keinen Vergleich vorsehe. Der vorgeschlagene Vergleich betreffe aber keine Steuern, sondern nur die Erhebung unzulässiger Säumniszuschläge. Anstelle eines Vergleichs werde daher eine Verständigung angeregt, dass die Familienkasse während eines Ruhens des Verfahrens keine Vollstreckung der verhängten Säumniszuschläge unternehme und vorläufig keine weiteren Säumniszuschläge erhebe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
festzustellen, dass die mit Bescheid vom 17. April 2019 geforderten Säumniszuschläge in Höhe von […] € sowie weitere im Vollstreckungsverfahren verlangte Säumniszuschläge nicht geschuldet werden;
hilfsweise den Bescheid über die Ablehnung der Stundung vom 17. April 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. August 2019 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Säumniszuschläge in Höhe von […] € zu stunden.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihrer Klageerwiderung verweist die Familienkasse auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, die Stundung nach § 222 AO setze voraus, dass der Schuldner nur zeitweise nicht in der Lage sei, die geforderte Leistung zu erbringen. Eine Stundungsbedürftigkeit liege daher nicht vor bei einer generellen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (BFH-Beschluss vom 27. April 2001 XI S 8/01, BFH/NV 2001, 1362). Das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil in BFH/NV 2019, 557 betreffe das Erlassverfahren und finde daher im Streitfall keine Anwendung. Soweit der Erlass der Säumniszuschläge begehrt werde, sei hierüber in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden. Voraussetzung sei aber ein entsprechender Antrag der Klägerin. Ein solcher Antrag könne in dem Schreiben der Klägerin vom 10. Mai 2019 gesehen werden, mit dem die Klägerin um Rücknahme der Säumniszuschläge gebeten habe.
Dem von der Klägerin unterbreiteten Vergleichsvorschlag könne wegen des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht zugestimmt werden. Auch ein Verzicht auf Säumniszuschläge sei in diesem Verfahren nicht möglich. Grundsätzlich könnten Säumniszuschläge auf Antrag zur Hälfte erlassen werden, sobald die Hauptforderung beglichen worden sei. Dies sei vorliegend aber noch nicht geschehen. Ein Verzicht auf die künftig anfallenden Säumniszuschläge aufgrund einer Verfahrensruhe sei ebenfalls nicht möglich. Säumniszuschläge entstünden kraft Gesetzes. Eine Verfahrensruhe entfalte keine aufschiebende Wirkung.
Im Hinblick auf das beim BFH u.a. anhängige Revisionsverfahren III R 36/19 gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 14. Mai 2019 (10 K 3317/18 AO) hat das Gericht mit Hinweis nach § 79 FGO vom 18. Dezember 2019 angefragt, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des BFH ruhen zu lassen. Die Klägerin hat einem Ruhen des Verfahrens ausdrücklich nicht zugestimmt (Schriftsatz vom 9. Januar 2020).
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Akten und die ausgetauschten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 17. Dezember 2020 wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, zum Teil begründet.
1. Soweit die Klägerin mit ihrer Klage die Feststellung begehrt, dass Säumniszuschläge nicht entstanden sind, ist die Klage bereits unzulässig.
a) Als Prozesshandlung ist die Klage in gleicher Weise wie bürgerlich-rechtliche Willenserklärungen auszulegen (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Dabei ist nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln; auf die korrekte Bezeichnung des Rechtsbehelfs kommt es nicht an. Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH bei der Auslegung grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige den Rechtsbehelf einlegen wollte, der seinen Belangen entspricht und der zu dem von ihm angestrebten Erfolg führen kann (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1985 I R 30/85, BFH/NV 1986, 675, m.w.N.). Prozesserklärungen sind daher so auszulegen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BFH-Urteile vom 8. November 1996 VI R 37/94, BFH/NV 1997, 363; vom 29. Oktober 1998 XI R 25/98, BFH/NV 1999, 633 m.w.N.). Es sind nicht ohne Weiteres die dem FG möglicherweise sachdienlicher erscheinenden Prozesserklärungen als abgegeben anzunehmen. Vielmehr ist zu versuchen, das tatsächlich Gewollte zu erforschen. Erst wenn das scheitert, ist Raum für eine weitere Auslegung der Erklärung unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Interesses des Klägers (BFH-Beschluss vom 28. Dezember 2010 X B 18/10, BFH/NV 2011, 624 m.w.N.).
b) Nach dieser Maßgabe erkennt der Senat, dass die Klägerin mit ihrer Klage in erster Linie erreichen will, dass Säumniszuschläge in Bezug auf die festgesetzte Kindergeldrückforderung nicht gezahlt werden müssen. Nach dem ausdrücklichen Vorbringen des fachkundlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin richtet sich die Klage in erster Linie gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen dem Grunde und der Höhe nach. Der Klägervertreter hat mit Schreiben vom 9. September 2019 ausdrücklich mitgeteilt, dass Streitgegenstand der Klage die Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe von […] € sei. Ferner hat der Klägervertreter mit Schreiben vom 9. März 2020 vorgetragen, dass die Klageschrift auch nicht als Antrag auf Erlass entstandener Säumniszuschläge auszulegen sei.
c) Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass Säumniszuschläge neben der Kindergeldrückforderung nicht entstanden sind, ist die Klage unzulässig. Weder ist diese als Anfechtungsklage gegen einen Abrechnungsbescheid noch als Verpflichtungsklage auf Erlass eines Abrechnungsbescheids noch als Feststellungsklage zulässig.
aa) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 AO betreffen, entscheidet die Finanzbehörde zunächst durch Erteilung eines Abrechnungsbescheids gemäß § 218 Abs. 2 AO. Dies gilt auch für die Frage, ob überhaupt Säumniszuschläge und ggf. in welcher Höhe diese entstanden sind (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 8. November 1989 I R 30/84, BFH/NV 1990, 546; vom 12. August 1999 VII R 92/98, BFHE 189, 331, BStBl II 1999, 751 und vom 18. April 2006 VII R 77/04, BFHE 212, 29, BStBl II 2006, 578). Eine gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen gerichtete Klage ohne Vorliegen eines solchen Abrechnungsbescheids ist grundsätzlich unzulässig (vgl. auch Urteil des FG München vom 8. Juni 2015 7 K 2658/13, juris).
bb) Mit Schreiben vom 25. März 2019 hat die im Vorverfahren nicht fachkundig vertretene Klägerin um Stundung der Rückzahlungsforderung und der Säumniszuschläge und mit Schreiben vom 1. Juli 2019 zudem darum gebeten, von der Erhebung von Säumniszuschlägen abzusehen. Diesen Antrag legt das Gericht zwar als Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids aus.
cc) Die Beklagte hat aber bis zum Eingang der Klage noch keinen Abrechnungsbescheid erlassen, gegen den sich die Klägerin – nach Durchführung eines Einspruchsverfahrens – mit einer Anfechtungsklage zur Wehr setzen könnte. Weder hat die Beklagte einen ausdrücklich als Abrechnungsbescheid bezeichneten Bescheid erlassen noch können die im Zusammenhang mit der Vollstreckungsandrohung ergangenen Forderungsaufstellungen als Abrechnungsbescheid über die verwirkten Säumniszuschläge gewertet werden.
(1) Ob eine bestimmte Äußerung der Familienkasse als ein „Abrechnungsbescheid“ anzusehen ist, ist eine Frage der Auslegung. Bei dieser kommt es darauf an, ob die Äußerung der Familienkasse als eine Entscheidung über eine Streitigkeit i.S. des § 218 Abs. 2 AO anzusehen ist, ob die Familienkasse also in ihr nach dem für den Adressaten objektiv erkennbaren Erklärungswert mit unmittelbarer Wirksamkeit nach außen zwischen den Beteiligten rechtsfeststellend diese Streitigkeit entschieden hat (vgl. BFH-Urteil vom 7. August 1990 VII R 120/89, BFH/NV 1991, 569). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist ein Abrechnungsbescheid auch dann gegeben, wenn die Familienkasse die Äußerung nicht ausdrücklich als Abrechnungsbescheid oder als Bescheid nach § 218 Abs. 2 AO bezeichnet hat (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 569).
(2) Im Streitfall hat die Familienkasse weder einen ausdrücklich als Abrechnungsbescheid bezeichneten Bescheid erlassen noch können die im Zusammenhang mit der Vollstreckungsandrohung ergangenen Forderungsaufstellungen als Abrechnungsbescheid über die verwirkten Säumniszuschläge gewertet werden. Auch wenn diese Schreiben jeweils eine Aufstellung der Gesamtforderung nach Hauptforderung und bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Säumniszuschlägen enthalten, konnten diese aus Sicht eines objektiven Betrachters nicht als endgültige und zwischen den Beteiligten verbindliche Entscheidung über die Verwirklichung der Ansprüche auf Zahlung von Säumniszuschlägen verstanden werden. Es handelt sich hierbei vielmehr um bloße Aufstellungen über den Stand des Schuldenkontos und Mitteilungen der Familienkasse über die ihrer Ansicht nach verwirkten Säumniszuschläge ohne Regelungscharakter.
dd) Die Klage ist in Bezug auf die Verwirkung von Säumniszuschlägen mangels Durchführung eines Vorverfahrens (§ 44 Abs. 1 FGO) auch nicht als Verpflichtungsklage auf Erlass eines Abrechnungsbescheids zulässig. Die Voraussetzungen für eine Sprungklage i.S. des § 45 FGO oder eine Untätigkeitsklage i.S. des § 46 FGO liegen im Streitfall nicht vor.
(1) Eine Sprungklage i.S. des § 45 FGO setzt u.a. voraus, dass die Familienkasse zuvor einen Antrag auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts – hier eines Abrechnungsbescheids – mindestens durch einen Verwaltungsakt abgelehnt hat (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980). Hieran fehlt es aber im Streitfall. Die Familienkasse hat über den Antrag der Klägerin auf Erlass eines Abrechnungsbescheids bisher nicht verbindlich entschieden.
(2) Die Erhebung einer Untätigkeitsklage ist bereits durch § 46 FGO ausgeschlossen. Eine vor Erlass eines ablehnenden Verwaltungsakts erhobene Sprungklage ist unheilbar unzulässig (BFH-Urteil in BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980). Ist kein Einspruch möglich, weil die Familienkasse über den Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts nicht entscheidet, muss vor Erhebung der Klage ein Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO eingelegt werden.
ee) Die Klage ist wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes auch nicht als Feststellungsklage i.S. des § 41 Abs. 1 FGO zulässig. Gegen den zu erlassenden Abrechnungsbescheid stehen der Klägerin Einspruch und Anfechtungsklage und somit vorrangige Rechtsschutzmöglichkeiten zu (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2004 VII B 4/04, BFH/NV 2005, 657). Für die Frage, ob und in welcher Höhe Säumniszuschläge entstanden sind, ist daher die Zulässigkeit einer dahingehenden Feststellungsklage ausgeschlossen.
d) Im Übrigen bliebe die Klage im Hinblick auf das Entstehen von Säumniszuschlägen auch in der Sache ohne Erfolg.
aa) Wird eine Steuerforderung, wozu auch eine Kindergeldrückzahlungsforderung nach § 37 Abs. 2 AO gehört, nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Betrags zu entrichten. Säumniszuschläge entstehen damit kraft Gesetzes, ohne dass es einer Festsetzung der Säumniszuschläge bedarf (vgl. auch BFH-Urteile in BFHE 189, 331, BStBl II 1999, 751 und in BFHE 212, 29, BStBl II 2006, 578). Voraussetzung für das Entstehen von Säumniszuschlägen ist nach § 240 Abs. 1 Satz 3 AO lediglich die Festsetzung und Fälligkeit der Kindergeldrückforderung (§ 220 AO). Weitere Voraussetzungen bestehen nicht; insbesondere ist ein Verschulden der Klägerin an der Säumnis nicht erforderlich (BFH-Beschluss vom 12. November 2004 VII B 170/04, BFH/NV 2005, 709).
Anders als die Klägerin meint, sind damit auch Ermessenserwägungen in Bezug auf das Entstehen von Säumniszuschlägen nicht anzustellen. Das von der Klägerin zitierte BFH-Urteil in BFH/NV 2019, 557 betrifft mit seinen Ausführungen unter den Randziffern 26 bis 30 den Erlass von Säumniszuschlägen. Die Erlassentscheidung nach § 227 AO ist aber ebenso wie die Stundungsentscheidung nach § 222 AO und anders als die Entstehung von Säumniszuschlägen eine Ermessensentscheidung.
bb) Im Streitfall sind entgegen der Auffassung der Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Säumniszuschlägen nach § 240 AO erfüllt. Mit Bescheid vom 27. August 2018 hat die Familienkasse Bayern Süd die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klägerin aufgehoben und Kindergeld für den Zeitraum von August 2017 bis August 2018 in Höhe von […] € zurückgefordert. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig und die Kindergeldrückforderung nach § 220 Abs. 2 AO am 27. September 2018 fällig. Die Klägerin hat den mit dem Rückforderungsbescheid geforderten Betrag nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, sondern ist diesen Betrag bis zum heutigen Tag schuldig geblieben. Folglich sind ab dem 28. September 2018 Säumniszuschläge in Höhe von 1 Prozent der rückständigen Kindergeldforderung, mithin Säumniszuschläge in Höhe von […] € für jeden angefangenen Monat der Säumnis entstanden.
cc) Es liegen im Streitfall auch keine Umstände außerhalb der Verwirklichung des Tatbestands des § 240 AO vor, die trotz Bestehens einer Säumnis das Entstehen von Säumniszuschlägen hindern. So wurde weder Stundung noch Aussetzung der Vollziehung gewährt, welche die Fälligkeit der Kindergeldrückforderung hätten hinausschieben und damit das Entstehen von Säumniszuschlägen hätten verhindern können (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1990, 546 und in BFHE 212, 29, BStBl II 2006, 578). Vielmehr wurde der Antrag der Klägerin auf Stundung der den Säumniszuschlägen zugrundeliegenden Kindergeldrückzahlungsforderung mit Bescheid vom 17. April 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. August 2019 endgültig abgelehnt. Ob die Ablehnung der Stundung dabei zu Recht erfolgt ist, kann an dieser Stelle unentschieden bleiben. Denn auch wenn die Ablehnungsentscheidung rechtswidrig ist und im späteren Verlauf die beantragte Stundung noch gewährt werden sollte, würde diese grundsätzlich nicht auf den Fälligkeitstag zurückwirken, so dass bisher verwirkte Säumniszuschläge nicht automatisch entfallen (BFH-Urteil vom 8. Juli 2004 VII R 55/03, BFHE 206, 309, BStBl II 2005, 7).
2. Soweit sich die Klägerin mit ihrer Klage – im Ergebnis auch – gegen die Ablehnung der Stundung der Säumniszuschläge wendet, ist die Klage als Verpflichtungsklage auf Erlass der begehrten Stundung zulässig. Dass in diesem Fall nur der Aufschub von Säumniszuschlägen Gegenstand des Klageverfahrens ist und nicht auch die Stundung der Hauptforderung, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Die etwaige Stundung von Säumniszuschlägen kann auch isoliert beantragt werden und ist im Übrigen von der zuständigen Behörde unabhängig von der Stundung der Hauptforderung nach eigenen Kriterien zu prüfen (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 1. Juli 1998 IV B 7/98, BFH/NV 1999, 12, Rz. 15 ff.).
Auch wenn die Klägerin ausdrücklich erklärt, sie begehre nur den Aufschub der Säumniszuschläge, legt das Gericht die Klage im Wege der rechtsschutzgewährenden Auslegung dahingehend aus, dass sie die Aufhebung der Ablehnung der Stundung auch hinsichtlich der Hauptforderung begehrt. Gleichzeitig berücksichtigt das Gericht das ausdrückliche Vorbringen der Klägerin dahingehend, dass sie nicht auch die Verpflichtung der Familienkasse begehrt, die Hauptforderung zu stunden.
Die so ausgelegte Klage ist zulässig und mit der Maßgabe begründet, dass der ablehnende Bescheid vom 17. April 2019 und die Einspruchsentscheidung vom 16. August 2019 aufzuheben sind, weil sie rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen (§ 101 Satz 1 FGO). Da sowohl der ablehnende Bescheid als auch die Einspruchsentscheidung von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen wurden, konnte der Senat weder gemäß § 101 Satz 1 FGO eine Verpflichtung zur Vornahme der von der Klägerin begehrten Stundung bezüglich der Säumniszuschläge aussprechen, noch gemäß § 101 Satz 2 FGO die Verpflichtung aussprechen, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (vgl. auch Urteil des FG München vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19, juris). Insoweit war die Klage abzuweisen.
a) Nach § 222 Satz 1 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Nach Abschnitt V 25.1 Abs. 2 Sätze 3 und 4 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz – DA-KG 2019- (BStBl I 2019, 654 ff., 748) können mit der positiven Stundungsentscheidung, wenn die Voraussetzungen für eine Stundung vorliegen, auch Teilzahlungen festgelegt werden. Außerhalb von Stundungen ist die Vereinbarung von Ratenzahlungen dagegen nicht zulässig.
b) Die Entscheidung über die Stundung liegt dabei im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Soweit der Aufschub von Säumniszuschlägen begehrt wird, sind im Rahmen der insoweit zu treffenden Ermessensentscheidung auch die zum Erlass von Säumniszuschlägen entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 12, Rz. 15 ff). Die Entscheidung über das Stundungsbegehren muss aber von der im konkreten Fall sachlich zuständigen Behörde getroffen werden. Die Verletzung der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit im Rahmen einer Ermessensentscheidung ist ein stets beachtlicher Verfahrensfehler (BFH-Urteil vom 19. April 2012 III R 85/11, BFH/NV 2012, 1411). Die Regelung des § 127 AO ist insoweit nicht anwendbar.
c) Die Finanzbehörde, die nach § 222 Satz 1 AO für die Entscheidung über den zu Recht als Stundungsantrag ausgelegten Ratenzahlungsantrag zuständig war, ist die Familienkasse Bayern Süd, die auch den bestandskräftigen Bescheid über die Aufhebung und Rückzahlung des zu Unrecht an die Klägerin gezahlten Kindergelds vom 27. August 2018 erlassen hat, nicht jedoch der Inkasso-Service. Der Senat folgt dabei ausdrücklich der vom FG München in seiner Entscheidung vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19 (juris) vertretenen Auffassung.
aa) Nach § 16 AO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 1 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) hat das Bundeszentralamt für Steuern die Aufgabe, d.h. ist sachlich dafür zuständig, den Familienleistungsausgleich nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes durchzuführen. Zur Durchführung dieser Aufgaben stellt die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 2 FVG dem Bundeszentralamt für Steuern ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 AO sind die Familienkassen Finanzbehörden. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 4 FVG kann der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs abweichend von den Vorschriften der AO über die örtliche Zuständigkeit von Finanzbehörden die Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten einer anderen Familienkasse übertragen.
bb) Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit hat durch Beschluss vom 24. Oktober 2019 (33/2019, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Monatsheft April 2020) mit Wirkung ab 1. Januar 2020 und davor mit Beschluss vom 20. September 2018 (23/2018, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Monatsheft Oktober 2018) mit Wirkung ab 1. Dezember 2018 Regelungen zur Zuständigkeit einzelner Familienkassen getroffen. Diese Beschlüsse hat er auf § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 4 FVG gestützt. Beide Beschlüsse sehen vor, dass für die Bearbeitung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen des „Inkasso-Service“ im Bereich des steuerlichen Kindergelds die regionale Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord zuständig ist.
Dem Inkasso-Service, also der Agentur für Arbeit Recklinghausen Inkasso-Service Familienkasse, ist dabei jedoch weder durch die vorstehenden Vorstandsbeschlüsse noch durch vorangegangene vom 14. April 2016 (15/2016, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Monatsheft Mai 2016) oder vom 18. April 2013 (21/2013, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Monatsheft Mai 2013) die Zuständigkeit für Entscheidungen im Erhebungsverfahren betreffend den Familienleistungsausgleich übertragen worden (vgl. auch Urteile des FG Düsseldorf vom 20. September 2019 10 K 3317/18, juris und des FG München vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19, juris; a.A. Urteil des FG Hamburg vom 27. Januar 2020 6 K 202/19, juris).
d) Auch die beklagte Familienkasse war für die Entscheidung über den Einspruch gegen die Ablehnung der Stundung der verwirkten Säumniszuschläge und der ihnen zugrundeliegenden Kindergeldrückforderung sachlich nicht zuständig.
aa) Bei der Frage, ob eine Familienkasse zu Entscheidungen im Erhebungsverfahren betreffend den Familienleistungsausgleich befugt sein soll, handelt es sich ebenfalls um eine Frage der sachlichen Zuständigkeit (Urteil des FG München vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19, juris; im Ergebnis auch Urteile des FG Hamburg vom 27. Januar 2020 6 K 202/19, juris, und des FG Düsseldorf vom 14. Mai 2019 10 K 3317/18, juris, und vom 22. Januar 2020 9 K 2688/19, juris).
Dies ergibt sich bereits aus § 16 AO i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG. An dieser Stelle stellt das FVG, das sich mit der sachlichen Zuständigkeit der Finanzbehörden befasst, klar, dass es sich bei der Zuständigkeit für das Erhebungsverfahren um eine Frage der sachlichen Zuständigkeit handelt. Auch wenn die sachliche Kompetenz von einschlägig mit einer bestimmten Angelegenheit befassten Finanzbehörden (im Streitfall mit der Erhebung von Kindergelderstattungsbeträgen und allen damit im Zusammenhang stehenden Entscheidungen) räumlich abgegrenzt wird und die Entscheidungszuständigkeit aus Gründen der Zuständigkeitskonzentration einer Finanzbehörde übertragen wird, um etwa vorhandenes Fachwissen und Ressourcen sinnvoll einzusetzen, handelt es sich dennoch um eine Regelung der sachlichen Zuständigkeit (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 20. August 2014 I R 43/12, BFH/NV 2015, 306 zu § 19 Abs. 6 AO und § 1 Einkommensteuer-Zuständigkeitsverordnung).
bb) Nach § 16 AO richtet sich die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über die Finanzverwaltung.
(1) Auf § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 4 FVG konnte der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit seine Entscheidung, die Familienkasse als für die Bearbeitung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen des Inkasso-Service im Bereich des steuerlichen Kindergelds zuständige Finanzbehörde zu bestimmen, nicht stützen (vgl. Urteil des FG München vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19, juris; a.A. Urteile des FG Berlin-Brandenburg vom 23. Oktober 2019 3 K 3077/19, EFG 2020, 157 und vom 17. Juni 2020 7 K 14045/18, juris). Die Bestimmung lässt ihrem Wortlaut nach lediglich Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit einzelner Familienkassen abweichend von den Bestimmungen der Abgabenordnung zu (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 19. Januar 2017 III R 31/15, BFHE 256, 502, BStBl II 2017, 642), nicht aber zur sachlichen Zuständigkeit.
Im Übrigen ließe sich eine Befugnis zur Übertragung der Zuständigkeit für Rechtsbehelfsentscheidungen nur für die Entscheidung im Erhebungsverfahren, nicht aber auch im Festsetzungsverfahren auf die beklagte Familienkasse auch nicht aus der Vorschrift herleiten (im Ergebnis ebenso Urteil des Sächsischen FG vom 7. März 2018 8 K 1527/17 (Kg), juris). Der Senat teilt insoweit die vom FG München in seinem Urteil vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19 vertretene Auffassung. Abgesehen davon umfasst die Bestimmung nicht die Befugnis zur Übertragung der Zuständigkeit für die Bearbeitung sämtlicher Rechtsbehelfe gegen sämtliche Entscheidungen einer als Inkasso-Service im Erhebungsverfahren tätigen Dienststelle auf eine einzige Familienkasse. Denn nach ihrem eindeutigen Wortlaut ist eine Zuständigkeitskonzentration nur für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten möglich, nicht jedoch für alle Bezirke bzw. sämtliche Kindergeldberechtigten.
(2) Die Konzentration der Zuständigkeit der Familienkasse für die Bearbeitung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen des Inkasso-Service im Bereich des steuerlichen Kindergelds, also für sämtliche Rechtsbehelfsverfahren in Erhebungsangelegenheiten, lässt sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch nicht auf die Organisationskompetenz der Bundesagentur für Arbeit stützen (so aber Urteil des FG Hamburg vom 27. Januar 2020 6 K 202/19, juris). Für eine solche Zuständigkeitskonzentration in sachlicher Hinsicht bedürfte es einer unmittelbaren gesetzlichen Regelung oder aber wenigstens einer Norm, die – wie § 17 Abs. 2 Sätze 3 und 4 FVG – zu einer entsprechenden Regelung ermächtigt (so zutreffend FG München vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19 unter Hinweis auf Wackerbeck in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/ FGO, § 16 AO Rz. 5 und Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 16 Rz. 11). Denn bei der Übertragung der Zuständigkeit für die Bearbeitung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen des Inkasso-Service auf die Familienkasse handelt es sich nicht um eine Regelung der internen Zuständigkeit innerhalb einer Behörde, die durch die Organisationsgewalt der Behörde gedeckt wäre. Dagegen spricht bereits, dass es sich bei den Familienkassen als solchen nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 AO um eigenständige Finanzbehörden handelt. Von einer Regelungsbefugnis aufgrund eigener Organisationsgewalt ist abgesehen davon auch der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit selbst nicht ausgegangen, was er durch die Bezugnahme auf die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 4 FVG in den Vorstandsbeschlüssen, die (u.a.) die Übertragung der sachlichen Zuständigkeit auf die Familienkasse regeln, zu erkennen gegeben hat.
e) Auf die Frage, ob der begehrte Aufschub von Säumniszuschlägen im Übrigen zu Recht abgelehnt worden ist, mithin im Rahmen der Ermessensentscheidung die von der Rechtsprechung zum Erlass von Säumniszuschlägen entwickelten Grundsätze zutreffend berücksichtigt worden sind, kommt es daher nicht mehr an.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.
4. Die Revision wird im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren III R 21/18 gegen das Urteil des Sächsische FG vom 7. März 2018, III R 36/19 gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Mai 2019 10 K 3317/18 AO und III R 47/20 gegen das Urteil des FG München vom 7. Juli 2020 5 K 2557/19 nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.


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