Familienrecht

Anforderungen an Rechnungslegung eines Betreuers

Aktenzeichen  (64) 4 T 184/21

Datum:
24.9.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG Meiningen 4. Zivilkammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:AGMEINI:2021:0923.4T184.21.00
Normen:
§ 1837 Abs 3 S 1 BGB
§ 1840 Abs 2 BGB
§ 1841 Abs 1 BGB
§ 1908i Abs 1 BGB
Spruchkörper:
undefined

Verfahrensgang

vorgehend AG Meiningen, 31. August 2021, 2 XVII 323/17

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 07.09.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 31.08.2021 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A Mit Beschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 26.01.2018 wurde der Beschwerdeführer zum berufsmäßigen Betreuer für die Betroffene bestellt. Zu seinem Aufgabenkreis zählt u.a. die Vermögenssorge. Unter dem 18.02.2021 reichte der Beschwerdeführer den Jahresbericht und die Rechnungslegung für den Zeitraum vom 30.01.2020 bis 29.01.2021 beim Amtsgericht ein. Mit gerichtlicher Anordnung vom 16.03.2021 und 19.04.2021 wurde der Beschwerdeführer zur Vorlage weiterer Unterlagen, u.a. Belege für sämtliche Zahlungen an die H. B. e.K. und die AOK Plus aufgefordert. Gleichzeitig wurde ihm im Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld angedroht. Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 29.03.2021 und 23.04.2021 mit, dass er keine weiteren Unterlagen oder Rechnungen einreichen werde. Er vertritt dabei unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Landgerichts Berlin die Auffassung, dass sich die sachliche Prüfung des Gerichts auf Vollständigkeit der Rechnungslegung und darauf, ob Ausgaben angemessen waren, zu beschränken hat. Nur wenn sich dies aus der Rechnungslegung selbst nicht ergebe oder Zweifel an ihr bestünden, dürfe das Gericht zu Nachweiszwecken Belege verlangen. Das Ermessen, die Einreichung bestimmter Belege zu verlangen, sei danach nur eröffnet, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Betreuer eingereichten Rechnungslegung bestünden. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.
Mit Verfügung vom 02.07.2021 forderte das Amtsgericht den Beschwerdeführer nochmals zur Einreichung der Belege binnen 4 Wochen auf und kündigte die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 200,- € bei Nichtvorlage der Belege an. Nach Ablauf der Frist wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 31.08.2021 ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- Euro gegen den Beschwerdeführer festgesetzt. Mit Schreiben vom 07.09.2021 legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde gegen den Beschluss ein. Zur Begründung der Beschwerde führt er aus, dass er eine vollständige Rechnungslegung, die aus einer Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben bestehe, eingereicht habe. Zusätzlich seien für den gesamten Zeitraum Kontoauszüge im Original vorgelegt worden. Damit sei das Gericht in der Lage, die Rechnungslegung, wie vom Gesetzgeber gefordert, zu prüfen. Die Argumentation fehlender Belege sei fehlerhaft, da schon die Originale der Kontoauszüge Belege seien. Zudem sein die angeforderten Belege keine Belege nach § 1841 BGB, da sie keine weiteren Erkenntnisse zu Zu- und Abgängen des Vermögens vermitteln.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
B Gegen den Beschluss, der die Festsetzung des Zwangsgeldes anordnet, ist nach § 35 V FamFG i.V.m. §§ 567-572 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft, die hier in zulässiger Weise eingelegt wurde.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Nach §§ 1840, 1841, 1908i BGB ist der Betreuer verpflichtet, eine formell ordnungsgemäße Schlussrechnung vorzulegen. Erfüllt der Betreuer diese Verpflichtung nicht, kann gegen ihn gemäß § 1837 III BGB i.V.m. § 35 FamFG ein Zwangsgeld verhängt werden.
Die Rechnung muss eine geordnete Zusammenstellung sein, d.h. die Einnahmen und Ausgaben im Rechnungsjahr schriftlich so klar und übersichtlich darstellen, dass das Gericht ohne Zuziehung von Sachverständigen einen Überblick über alle Vorgänge erhält und seiner eigenen Verpflichtung aus den §§ 1843 I, 1837 III BGB nachkommen kann. Sie soll über den Ab- und Zugang des Vermögens Auskunft geben und sie soll ferner mit Belegen versehen sein, soweit solche erteilt zu werden pflegen. Belege sind Kontoauszüge, Depotbescheinigungen, Bescheinigungen über den Wertpapierbestand, Kopien von Sparkontenblättern, Rechnungen etc. (vgl. Jurgeleit, Betreuungsrecht, 4. Auflage 2018, § 1841 Rn. 4); sie können grundsätzlich auch in Kopie vorgelegt werden. Die Belege sind gegebenenfalls näher zu erläutern; Maßstab ist grundsätzlich, ob sie es dem Gericht erlauben, die Vermögensab- und -zugänge nachzuvollziehen und damit seiner Beaufsichtigungspflicht nachzukommen (Pammler-Klein in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1841 BGB (Stand: 15.10.2019), Rn. 12). Die Beifügung der Belege dient der Kontrolle der vorzulegenden geordneten Angaben in der Zusammenstellung (BayObLG, FamRZ 1993, 237, 238; LG Hamburg Beschl. v. 26.1.2018 – 301 T 28/18, BeckRS 2018, 2518 Rn. 3, beck-online BeckOGK/Zorn, 1.8.2020, BGB § 1841 Rn. 14; LG Hamburg, Beschluss vom 06. November 2020 – 301 T 351/20 –, Rn. 4, juris). Allein die Vorlage einer Schlussrechnungsaufstellung gemeinsam mit Kontoauszügen, aus denen sich die in der Schlussrechnung aufgeführten Ein- und Auszahlungen ergeben, wie es der Beschwerdeführer meint, reicht hierfür nicht aus. Denn aus den vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich lediglich, wann welcher Betrag an welchen Empfänger ausgezahlt wurde. Die Grundlage der Auszahlung (z.B. ob der Betroffene überhaupt Schuldner der Forderung war) ist für das Gericht jedoch daraus nicht erkennbar und überprüfbar (vgl. BayObLG, FamRZ 1993, 237, 238). Das Gericht ist aber nur bei Kenntnis des Rechtsgrundes der Zahlungen in der Lage, seiner sachlichen Prüfungspflicht, ob die Ausgaben erforderlich und angemessen waren, nach § 1843 BGB nachzukommen. Der Beschwerdeführer wäre daher bereits bei Einreichung der Schlussrechnung verpflichtet gewesen, die später vom Amtsgericht angeforderten Belege vorzulegen. Sind die Rechnungsposten nicht zur Überzeugung des Gerichts belegt, ist das Gericht daher berechtigt und verpflichtet, Belege nachzufordern (BeckOGK/Zorn, 1.8.2021, BGB § 1843 Rn. 9).
Das Amtsgericht durfte daher zu Nachweiszwecken nach seinem Ermessen die Vorlage der fehlenden Belege über Zahlungen an die Fa. H. B. e.K. und die AOK Plus vom Beschwerdeführer verlangen. Soweit der Beschwerdeführer dies unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (83 T 147/16) verweigert, verkennt er, dass das Ermessen nach der h.M. in Rechtsprechung und Literatur lediglich hinsichtlich der Anforderung von Originalbelegen (hier insbesondere von Originalkontoauszügen) eröffnet ist, sobald konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die eingereichten Kopien nicht richtig erstellt, manipuliert oder gefälscht worden sind (Pammler-Klein in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1843 BGB (Stand: 15.10.2019), Rn. 13; LG Neuruppin, Beschluss vom 06. Oktober 2016 – 5 T 80/16 –, juris). Wie oben bereits ausgeführt, kann das Amtsgericht eine Prüfung, ob Ausgaben angemessen sind nur vornehmen, wenn es auch den Grund der Ausgaben kennt. Dieser ist aus der Rechnungslegung allein jedoch nicht ersichtlich und prüfbar. Die vom Amtsgericht angeforderten Belege sind als Rechnungsunterlagen letztlich auch geeignet, die Vermögensabgänge nachzuvollziehen.
Das Amtsgericht hat daher zu Recht ein Zwangsgeld gegen den Beschwerdeführer festgesetzt, da er den Anweisungen des Amtsgerichts zur Vorlage von Belegen nicht gefolgt ist.
C Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
D Mangels Vorlage der Voraussetzung war die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.


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