Familienrecht

Beschwerde, Scheidung, Kind, Berichtigung, Frist, Eheleute, Beschwerdefrist, Annahme, Kostenentscheidung, Notar, Festsetzung, Zeitpunkt, Geburtsname, Rechtskraft der Scheidung

Aktenzeichen  16 UF 764/21

Datum:
16.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2022, 874
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

1 F 748/20 2021-04-27 Bes AGDACHAU AG Dachau

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anzunehmenden wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dachau vom 27.04.2021 (Az. 1 F 748/20) abgeändert und in Ziff. 2 neu gefasst wie folgt:
Ziff. 2: „Die Angenommene führt nunmehr den Geburtsnamen W. Die Änderung des Geburtsnamens erstreckt sich nicht auf den Ehenamen der Angenommenen, der weiterhin „H. “ lautet.“
Ziffer 3. des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Dachau vom 27.04.2021 (Az. 1 F 748/20) entfällt.
Die bisherigen Ziffern 4 und 5 werden Ziffer 3 und 4.
2. Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Die außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Durch notarielle Urkunde vom 12.11.2020 beantragten die Beteiligten, dass das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau ausspricht, dass Frau A. H. von Herrn J. W. und Frau M. W. als Kind angenommen wird und als Geburtsnamen den Namen W. erhält. Außerdem sollte die Anzunehmende den Familiennamen H. weiterführen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die notariell beurkundete Annahmeerklärung vom 12.11.2020 (Urkundenrolle Nr. …21L/2020) des Notars L. in F. verwiesen.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau hat die Beteiligten angehört. Nach Anhörung der Beteiligten hat das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau durch Beschluss vom 27.04.2021 wie beantragt ausgesprochen, dass die Anzunehmende A. H. (Beschwerdeführerin) als gemeinsames Kind der Eheleute M. F. W. und J. P. W. angenommen wird.
Hinsichtlich der namensrechtlichen Folgen enthält der Beschluss folgende Regelung:
„2. Die Angenommene führt nunmehr den Geburtsnamen W.
3. Dem neuen Familiennamen der Angenommenen wird der bisherige Familienname in der Weise hinzugefügt, dass der Name künftig H.-W. lautet.“
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dachau vom 27.04.2021 verwiesen. Der Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 27.04.2021 formlos bekanntgegeben. Gegen den Beschluss richtet sich das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 25.05.2021, eingegangen beim Amtsgericht – Familiengericht – Dachau am 26.05.2021. Mit dem Schreiben erstrebt die Beschwerdeführerin, dass – wie auch in dem notariellen Antrag vorgesehen – die Beschwerdeführerin aufgrund Ausspruchs der Annahme den Namen H., geborene W., führt.
Dies hat den tatsächlichen Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin ursprünglich den Geburtsnamen „Wa.“ getragen hatte. Aufgrund Eheschließung mit Herrn H. A. H. hat die Beschwerdeführerin den Ehenamen „H. “ angenommen. Diese Ehe wurde rechtskräftig am 17.01.2020 geschieden. Die Beschwerdeführerin hat jedoch den Ehenamen „H. “ fortgeführt.
Mit Verfügung vom 27.05.2021 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau eine Abänderung von Ziffer 2 und 3 des Beschlusses vom 27.04.2021 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 04.06.2021 wandte sich das Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München an das Amtsgericht Dachau. Es wies darauf hin, dass die Regelung der namensrechtlichen Folgen der Adoption in dem Adoptionsbeschluss § 1757 BGB nicht entspreche. Aufgrund des Ausspruchs der Annahme habe sich der Ehename der Anzunehmenden nicht geändert. Auch auf dieses Schreiben lehnte das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau eine Änderung der namensrechtlichen Regelung ab.
Durch Herrn Notar L. wurde mit Schreiben vom 10.06.2021 das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau wiederum darauf hingewiesen, dass die namensrechtliche Regelung in dem Adoptionsdekret weder dem Antrag auf Ausspruch der Annahme noch § 1757 BGB entspreche. Auch auf dieses Schreiben lehnte das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau mit Verfügung vom 16.06.2021 eine Änderung der namensrechtlichen Folgen des Adoptionsbeschlusses ab.
Mit Schriftsatz vom 01.07.2021 legte Herr Notar L. sodann Beschwerde gegen Ziffer 3 des Beschlusses des Amtsgerichts Dachau vom 27.04.2021 ein und beantragte festzustellen, dass Ziffer 3 des Beschlusses nichtig sei.
Durch Beschluss vom 13.08.2021 wies der Senat darauf hin, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Beschwerde bestehen. Mit Schreiben vom 13.08.2021, eingegangen beim Oberlandesgericht München am 14.09.2021, führte Herr Notar L. sodann aus, dass über das als Beschwerde auszulegende Schreiben der Beschwerdeführerin entschieden werden möge. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 13.08.2021 verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Schreiben der Angenommenen vom 25.05.2021 ist als Beschwerde auszulegen. In diesem Schreiben bringt die Beschwerdeführerin zum Ausdruck, dass sie mit der Regelung der Namensführung im Adoptionsdekret vom 27.04.2021 nicht einverstanden sei. Zwar beantragt die Beschwerdeführerin wörtlich „Berichtigung“. Das Schreiben ist jedoch als Beschwerde auszulegen, da die Angenommene in der Sache eine Änderung des Adoptionsbeschlusses hinsichtlich Ziffer 2 und 3 erstrebt, die im Wege der Berichtigung auch nicht hätte erfolgen können. Diesen Antrag hat sie nie zurückgenommen. Vielmehr haben auf Veranlassung der Beschwerdeführerin das Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt M. sowie der beurkundende Notar zunächst in einer formlosen Eingabe und dann durch förmliche Beschwerde darauf hingewiesen, dass die namensrechtliche Regelung in dem Adoptionsbeschluss unzutreffend sei und die Beschwerdeführerin weiterhin ihren Ehenamen als Familiennamen führen wolle.
Die auf die namensrechtlichen Folgen des Adoptionsbeschlusses beschränkte Beschwerde ist statthaft. Der BGH hat durch Beschluss vom 13.05.2020 – XII ZB 427/19 (FamRZ 2020, 1275) entschieden, dass eine Beschwerde statthaft ist, die sich isoliert gegen die Zurückweisung eines Antrags zur Namensführung gemäß § 1757 Abs. 3 BGB wendet. Durch § 197 FamFG solle lediglich das durch die Adoption begründete Statusrechtsverhältnis in seinem Bestand geschützt werden. Die Regelung über die Namensführung bedürfe eines vergleichbaren Schutzes nicht. Hieraus ergibt sich, dass eine Beschwerde gegen die namensrechtlichen Folgen, die im Adoptionsdekret ausgesprochen werden, auch dann zulässig ist, wenn sie sich dagegen wendet, dass diese Regelung dem Gesetz widerspricht und von keinem Beteiligten beantragt war. Dem steht der Beschluss des BGH vom 21.06.2017 – XII ZB 18/16 (FamRZ 2017, 1583) nicht entgegen. In diesem Beschluss führt der Senat aus, dass eine Beschwerde unzulässig sei, mit der der Beschwerdeführer sich dagegen wendet, dass das Amtsgericht den Geburtsnamen gem. § 1757 Abs. 1 BGB geändert bzw. dem neuen Geburtsnamen den bisherigen Geburtsnamen des Angenommenen nicht hinzugefügt habe, obwohl bei Erlass der Entscheidung kein dahingehender Antrag mehr anhängig war. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall dagegen, dass das Amtsgericht rechtswidrig entgegen §§ 1757, 1767 BGB ihren Ehenamen geändert hat, obwohl – deklaratorisch – beantragt war, dass sich die Änderung des Geburtsnamens auf den Ehenamen nicht erstrecken sollte.
Die Beschwerde wurde fristgerecht eingelegt. Zwar war am 01.07.2021 die Beschwerdefrist gemäß § 63 Abs. 1 FamFG abgelaufen. Jedoch hat Herr Notar L. klargestellt, dass die von ihm eingelegte „Beschwerde“ als Begründung der Beschwerde, die bereits die Anzunehmende eingelegt hatte, zu verstehen sei. Der Schriftsatz vom 25.05.2021 ist am 26.05.2021 beim Amtsgericht – Familiengericht – Dachau eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist von einem Monat seit Erlass des Adoptionsbeschlusses am 27.04.2021 noch nicht abgelaufen, so dass letztlich dahingestellt bleiben kann, an welchem Tag genau dieser der Beschwerdeführerin zugegangen ist.
Die Beschwerde ist begründet.
Der Ausspruch der Annahme wirkt sich auf die Fortführung des Ehenamens „H. “ nicht aus. Diesen durch Eheschließung erworbenen Namen führt die Beschwerdeführerin auch seit der Rechtskraft der Scheidung gemäß § 1355 Abs. 5 BGB fort.
Gemäß §§ 1767 Abs. 2, 1757 Abs. 1 BGB erhält der Anzunehmende mit Rechtskraft des Adoptionsdekrets anstelle seines bisherigen Geburtsnamens den Geburtsnamen der Annehmenden. Diese haben bei Erlass der Entscheidung am 27.04.2021 den Ehenamen W. geführt. Daher ist – insoweit zutreffend – durch das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau der Anzunehmenden der Geburtsname „W. “ als neuer Geburtsname anstelle des Geburtsnamens „Wa.“ erteilt worden.
Gemäß § 1757 Abs. 1 BGB ändert sich nur der Geburtsname, nicht aber auch der Ehename des Anzunehmenden. Der Ausspruch der Annahme wirkt sich daher auf den Ehenamen des Anzunehmenden, mag dieser auch geschieden sein, nicht aus. Er führt auch nach der Annahme diesen Ehenamen vielmehr unverändert fort (vgl. hierzu Staudinger/Helms, BGB, Neubearbeitung 2019, § 1757 Rn. 13; BGH FamRZ 2017, 1583 (Rn. 10); Palandt/Götz, 80. Auflage 2021, BGB, § 1767 Rn. 11). Zur Klarstellung hat der Senat den Beschluss dahingehend gefasst, dass sich die Änderung des Geburtsnamens nicht auf den Ehenamen der Beschwerdeführerin erstreckt, sondern diese den Ehenamen „H. “ unverändert fortführt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 81 FamFG, § 20 FamGKG analog.
Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen, da das Rechtsmittel Erfolg hat und das Amtsgericht – Familiengericht – Dachau die Bestimmung des § 1757 BGB unzutreffend angewandt hat.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf § 42 Abs. 3 FamGKG. Das Interesse an der zutreffenden Regelung der namensrechtlichen Folgen der Annahme ist geringer zu gewichten als das Interesse an der Annahme selbst. Mangels anderer Anhaltspunkte schätzt der Senat dieses Interesse gemäß § 42 Abs. 3 FamGKG auf 5.000,00 €.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen gemäß § 70 FamFG ersichtlich nicht erfüllt sind.


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