Familienrecht

Gerichtliche Berichtigung des Geburtenregisters bei unwirksamer Ehe – Irak

Aktenzeichen  11 Wx 569/19

Datum:
3.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
StAZ – 2020, 177
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
PStG § 47, § 48
EGBGB Art. 19 Abs. 1 S. 2
BGB § 1592 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Ein abgeschlossener Registereintrag darf in den Fällen des § 47 PStG vom Standesamt berichtigt werden, im Übrigen nach § 48 PStG nur auf Anordnung des Gerichts. Voraussetzung dafür ist die Überzeugung des Gerichts davon, dass die vorhandene Eintragung von Anfang an unrichtig ist und dass die beantragte Eintragung richtig ist. (Rn. 7 – 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Fällen mit Auslandsbezug richtet sich die Abstammung eines Kindes in rechtlicher Hinsicht nach Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB, wonach die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates unterliegt, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, alternativ gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB dem Recht des Staates, dem der betreffende Elternteil angehört. Sämtliche der in Art. 19 Abs. 1 EGBGB genannten Alternativen sind grundsätzlich gleichwertig. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt

Gründe

I.
Am 16.05.2019 beantragten die Antragsteller, den Nachnamen des Betroffenen von „…“ in „…“ zu ändern. Der beim Standesamt … geführte Eintrag im Geburtenregister Nr. … sei fehlerhaft. Der Familienname des Vaters und des Kindes lauteten richtig „…“. Das Standesamt wandte sich gegen die Berichtigung. Der Vater habe nicht belegen können, dass sein Familienname „…“ laute und er keinen Stammesnamen führe. Das Standesamt beantragte weiter, den Vater aus dem Geburtenregister des Kindes herauszunehmen. Die Ehe der Eltern sei nicht rechtmäßig geschlossen. Eine Vaterschaftsanerkennung liege nicht vor. Bei der Eheschließung im Irak sei der Vater nicht anwesend gewesen. Im Falle der Vertretung bei der Eheschließung sei nach irakischem Recht eine schriftliche Vollmachtserteilung notwendig, die auch von der irakischen Botschaft beglaubigt werden müsse. Eine solche Vollmacht sei nicht erteilt worden. Das Kind habe demzufolge den Familiennamen „…“ der Mutter zu erhalten.
Mit Beschluss vom 28.08.2019 ordnete das Amtsgericht an, dass dem Geburtenbuch/-registereintrag beim München Nr. … folgender Vermerk beizuschreiben ist:
erichtigung der Namensführung:
Familienname Kind: …
Familienname Vater: /
Vorname Vater: /
Den Berichtigungsantrag der Antragsteller wies das Amtsgericht zurück. Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, eine wirksame Eheschließung der Antragsteller sei nicht nachgewiesen. Ein Vaterschaftsanerkenntnis liege nicht vor. Der Familienname des Kindes sei zu berichtigen, da dieser nun vom Familiennamen der Mutter abweiche. Der Beschluss wurde den Antragstellern jeweils am 30.08.2019 zugestellt.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 17.09.2019 legten die Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss vom 28.08.2019 ein. Eine Begründung wurde angekündigt, ist aber nicht eingegangen. Unter dem 12.12.2019 half das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 51 Abs. 1 S. 1 PStG, 58 ff. FamFG) bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht die vom Standesamt beantragte Berichtigung des Geburtenregisters angeordnet und den Berichtigungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen.
1. Die Beschwerde gegen die vom Amtsgericht angeordnete Folgebeurkundung zum Zweck der Berichtigung des Eintrags im Geburtenregister ist unbegründet.
Ein – wie hier – abgeschlossener Registereintrag darf zunächst in den Fällen des § 47 PStG vom Standesamt berichtigt werden. Außer in diesen Fällen darf die Berichtigung nach § 48 PStG nur auf Anordnung des Gerichts erfolgen. Voraussetzung für die Anordnung einer Berichtigung durch das Gericht ist dessen Überzeugung davon, dass die vorhandene Eintragung unrichtig ist, und weiter davon, dass die beantragte Eintragung richtig ist. An den Nachweis der Richtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Beschl. v. 17.05.2017 – XII ZB 126/15; OLG München, Beschl. v. 16.01.2010 – 31 Wx 275/19; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.03.2019 – I-3 Wx 209/19).
Voraussetzung für einen von den Vorschriften der §§ 47, 48 PStG erfassten Fall der Berichtigung eines Eintrages ist dessen Unrichtigkeit von Anfang an (BayObLG Beschl. v. 11.01.2002 – 1 Z 51/01; Gaaz/Bornhofen, PStG, 4. Aufl. 2018, § 47 Rz. 8). Dies ist hier im Hinblick auf die Eintragung des Antragstellers zu 2 als Vater der Betroffenen zu bejahen. Auch der Familienname des Betroffenen ist unrichtig eingetragen. Die vom beteiligten Amt beantragten Folgebeurkundungen sind in inhaltlicher Hinsicht darauf gerichtet, den für falsch gehaltenen Eintrag über den Antragsteller zu 2 als Kindsvater aus dem Geburtenregister zu entfernen und den Familiennamen der Mutter als Familiennamen des Betroffenen einzutragen.
Bei Fällen mit Auslandsbezug richtet sich die Abstammung eines Kindes in rechtlicher Hinsicht nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB. Nach Satz 1 der Vorschrift unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Aufenthaltsstatut). Alternativ kann gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB die Abstammung eines Kindes im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem der betreffende Elternteil angehört (Personalstatut). Sämtliche der in Art. 19 Abs. 1 EGBGB genannten Alternativen sind grundsätzlich gleichwertig (BGH StAZ 2017, 340; StAZ 2018, 84 un d 281; Palandt-Thorn, BGB, 77. Aufl., Art. 19 EGBGB Rz. 6 m.w.N.).
Danach kommt vorliegend zur Bestimmung des Vaters des Betroffenen deutsches Recht zur Anwendung, denn der Betroffene lebt in Deutschland. Die Anwendung deutschen Rechts führt dazu, dass eine rechtliche Vaterschaft des Antragstellers zu 2 zu verneinen ist. Entscheidend für die Vater-Kind-Zuordnung ist der Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Nach deutschem Recht ist der Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, § 1592 Nr. 1 BGB oder der die Vaterschaft anerkannt hat, § 1592 Nr. 2 BGB. Beide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
a) Die Antragsteller sind nicht wirksam miteinander verheiratet. Die Wirksamkeit der Eheschließung der Antragsteller ist hier nach irakischem Recht zu beurteilen. Gemäß Art. 11 Abs. 1 EGBGB ist ein Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder das Recht des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Nach den hier maßgeblichen irakischen Vorschriften ist eine wirksame Eheschließung der Antragsteller zu verneinen. Die Antragsteller haben die Ehe nach ihren Angaben im Irak geschlossen, allerdings war der Antragsteller zu 1 nicht persönlich anwesend, sondern wurde von einer dritten Person vertreten und der Antragsteller hat sein Einverständnis zur Eheschließung während der Eheschließung telefonisch erklärt. Dies ist nach irakischem Recht nicht ausreichend. Nach § 4 des irakischen Gesetzes über das Personalstatut (zitiert nach Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht VII, Stand Sept. 2019) wird die Ehe durch die Annahme eines mündlichen oder schriftlichen Angebots geschlossen. Nach § 6 Abs. 1 Buchstabe a) dieses Gesetzes gilt der Ehevertrag als nicht geschlossen, wenn Angebot und Annahme nicht in der gleichen Sitzung (unter Anwesenden) erfolgt sind. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann ein Ehevertrag unter Abwesenden nur zustande kommen, wenn die Person, die die Eheschließung anträgt, schreibt und die andere Person den Brief liest oder vorgelesen bekommt, sowie zwei Zeugen erklärt, dass sie das Eheangebot angenommen hat. Die bloße telefonische Einverständniserklärung des Antragstellers zu 1 ist hierzu nicht ausreichend.
b) Eine Vaterschaftsanerkennung durch den Antragsteller zu 1 liegt ebenfalls bisher nicht vor.
c) Hieraus ergibt sich, dass die im Geburtenregister vorhandenen Einträge zum Vater des Betroffenen von Anfang an unrichtig sind und der Antragsteller zu 1 nicht als Vater einzutragen ist. Nach § 1617 a Abs. 1 BGB erhält das Kind den Namen der allein sorgeberechtigten Mutter. Dies rechtfertigt die aus dem angegriffenen Beschluss ersichtlichen Folgebeurkundungen.
2. Weil der Antragsteller zu 1 derzeit rechtlich nicht als Vater anzusehen ist, scheidet eine Berichtigung des Familiennamens im Hinblick auf einen abweichenden Familiennamen des Antragstellers aus.
III.
Die Beschwerdeführer haben kraft Gesetzes die Gerichtskosten ihrer erfolglosen Beschwerde zu tragen (§§ 51 Abs. 1 S. 1 PStG, 22 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 61, 36 Abs. 3 GNotKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle


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