Familienrecht

Identitätsnachweise ausländischer Eltern (hier Eritrea) bei Beurkundung einer Geburt

Aktenzeichen  11 W 349/20

Datum:
20.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
StAZ – 2021, 47
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AufenthaltsV § 4 Abs. 6 S. 1
FamFG § 26
PStV § 33, § 35 Abs. 1
PStG § 47, § 48, § 51 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Reiseausweis auf der Grundlage von Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ohne einen Zweifelszusatz nach § 35 PStV oder einen einschränkenden Vermerk nach § 4 Abs. 6 AufenthaltsV steht im Personenstandsverfahren einem Nationalpass gleich (vgl. OLG Schleswig FGPrax 2014, 28).  (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein solcher Reiseausweis stellt ein anderes anerkanntes Passersatzpapier nach § 33 S. 1 Nr. 3 PStV dar.  (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

UR III 4/19 2019-08-27 Bes AGWEIDEN AG Weiden

Tenor

1. Die Beschwerde der Stadt … – Standesamtsaufsicht – gegen den Beschluss des Amtsgerichts Weiden i.d. OPf. vom 27.08.2019, Az. UR III 4/19, wird zurückgewiesen.
2. Von der Erhebung der Kosten wird abgesehen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A)
I.
Am 25.07.2018 beantragten die Eltern des Kindes H… M… S… das Geburtenregister des Standesamtes … mit der Registernummer … dahingehend zu ändern, dass die Namen der Eltern vollständig in dem Geburtsregister aufgeführt werden und bei den Eltern der einschränkende Zusatz hinsichtlich der Identität und bei dem Kind der einschränkende Zusatz hinsichtlich der Namensführung gestrichen werden. Das Kind war am … in … geboren worden.
Bei der Anzeige der Geburt des Kindes legten die Eltern ihre Aufenthaltsgestattungen und ihre zwischenzeitlich vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf Echtheit geprüften eritreischen Identitätskarten, damals noch ohne Übersetzung, vor. Daher erfolgte die Beurkundung der Geburt nach § 35 Abs. 1 PStV bei den Einträgen zu Vater und Mutter jeweils mit dem einschränkenden Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ sowie beim Kind mit dem einschränkenden Zusatz „Namensführung nicht nachgewiesen“. Die Schreibweisen der Namen der Eltern wurden deren Aufenthaltsgestattungen entnommen.
Da die Eltern mittlerweile, mithin zwischen der Geburt des Kindes und der Antragstellung am 25.07.2018, entsprechende Übersetzungen ihre Identitätskarten beigebracht haben, sei nach einem Vermerk des Standesamtes der Stadt … in der vom 26.07.2018 die Identität der Beteiligten nunmehr nachgewiesen und „die einschränkenden Zusätze fallen daher weg“. Die korrekte Schreibweise der Namen laute nach den Identitätskarten:
Für die Mutter: A. G. T. und für den Vater: M… S… O… Da eine Berichtigung nach § 47 PStG in eigener Zuständigkeit des Standesamtes nicht in Betracht komme, legte das Standesamt der Stadt … den Antrag auf Berichtigung nach § 48 PStG nach Anhörung der Eltern dem Amtsgericht Weiden in der Oberpfalz vor.
II.
Die Beschwerdeführerin,… – Standesamtsaufsicht -, hat vorliegend Zweifel, ob allein die Vorlage von eritreischen Identitätskarten genügt, um die Zweifelszusätze beim Kind und den Eltern im Geburtenregister des Kindes entfernen zu können.
Die Antragsteller verfügten über keine Reisepässe. Die vorgelegten eritreischen Identitätskarten gäben nur das Geburtsjahr, nicht das genaue Geburtsdatum, an. Damit blieben Zweifel, ob die Identität der Kindeseltern vollumfänglich feststehe und Identitätskarten eine ausreichende Grundlage für die Berichtigung des Geburtenregisters darstellten.
In einem Einbürgerungsverfahren sei die Identität etwa erst geklärt, wenn die Identitätsmerkmale des Antragstellers mit Vor- und Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum und -ort abschließend feststünden.
Ferner weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Kindeseltern in den verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren des Verwaltungsgerichts Regensburg, Aktenzeichen RO 2 S 17.50980 und RO 2 K 17.50979, mit abweichenden Geburtstagen geführt würden. Dort werde der Kindsvater im Rubrum mit dem Geburtsdatum … 1990 und die Kindesmutter mit dem Geburtsdatum … 1985 geführt, während in den Akten der Stadt … der Kindsvater am … 1985 und die Kindesmutter am … 1990 geboren seien.
Infolgedessen empfiehlt die Beschwerdeführerin zur umfassenden Klärung des Sachverhalts die Akten des Verwaltungsgerichts Regensburg und der Ausländerakten bei der Stadt W. in der Ob. nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG in Verbindung mit § 26 FamFG beizuziehen.
III.
Mit Beschluss vom 27.08.2019 entschied das Amtsgericht Weiden in der Oberpfalz den Geburtseintrag … bei dem Standesamt … wie beantragt zu berichtigen, insbesondere die jeweiligen Zusätze bei dem Kind „Namensführung nicht nachgewiesen“ und bei den Eltern “Identität nicht nachgewiesenen“ entfallen zu lassen.
Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, die Voraussetzungen für die Berichtigungen lägen vor, auch wenn strenge Anforderungen an den Nachweis der Unrichtigkeit des Eintrages zu stellen seien. Nach den vorgelegten eritreischen Identitätskarten, bei denen aufgrund einer Untersuchung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge davon auszugehen sei, dass es sich um echte eritreische Dokumente handele, lauteten die Namen der Eltern A… G… T… (Mutter, Namenskette) und M… S… O… (Vater, Namenskette), sodass der Geburteneintrag entsprechend zu berichtigen sei. Aufgrund dessen sei auch der Familienname des Kindes wie beantragt zu berichtigen, da diese sich nach eritreischen Namensrecht als Namenskette aus dem Vornamen des Kindes, dem Vornamen des Vaters und dem Vornamen des Großvaters väterlicherseits zusammensetze.
Aus den beigezogenen Ausländerakten der Stadt W. in der Ob. und den Verfahren des Verwaltungsgerichts Regensburg ergäben sich keine Zweifel an der Identität der Eltern. Soweit sich in den Verfahren des Verwaltungsgerichts Regensburg vertauschte bzw. abweichende Geburtsdaten fänden, sei von einem Schreib- bzw. Eintragungsversehen auszugehen.
IV.
Die Beschwerdeführerin hegt gleichwohl weiterhin Zweifel an der vom Amtsgericht getroffenen Annahme, wonach die Identität der Eltern durch die vorgelegten eritreischen Identitätskarten nunmehr als geklärt anzusehen sei. Die Klärung der Identität setze die Gewissheit voraus, dass (etwa) ein Visumbewerber die Person sei, für die er sich ausgebe, mithin Verwechslungsgefahr nicht bestehe (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 01.09.2011, Aktenzeichen 5 C 27.10). Die Beschwerdeführerin wiederholt, das genaue Geburtsdatum zähle zu den Identitätsmerkmalen (Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 20.05.2005, Aktenzeichen: VG 28 V 14.04 und Verwaltungsgericht Berlin, Entscheidungsdatum vom 16.08.2013, Aktenzeichen 4 K 26.12 V). Die für eine Berichtigung erforderliche Gewissheit einer geklärten Identität könne mangels Kenntnis der Geburtsdaten der Eltern mit den Identitätskarten nicht erreicht werden. Die beantragte Berichtigung könne etwa durch Vorlage eritreischer Reisepässe erfolgen. Es wäre den Eltern zumutbar, bei der zuständigen eritreischen Auslandsvertretung in Deutschland entsprechende Reisepässe zu beantragen.
Das Amtsgericht Weiden in der Oberpfalz hat mit Beschluss vom 22.01.2020 der Beschwerde der Stadt … nicht abgeholfen.
V.
Der Senat hat ebenso wie das Amtsgericht die Ausländerakten der Beteiligten zu 1) und 2), mithin der Eltern, und die Akten des Verwaltungsgerichts Regensburg für die Kindesmutter und den Kindsvater zu Beweiszwecken beigezogen.
B)
Die Beschwerde der Standesamtsbehörde ist nach §§ 51 Abs. 1 PStG, 58, 63 FamFG zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdeberechtigung der Standesamtsaufsichtsbehörde folgt aus § 53 Abs. 2 PStG.
In der Sache führt das Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug nimmt, die Namen in dem Geburtsregister G 342/2018 vervollständigt und die jeweiligen Zusätze „Identität nicht nachgewiesen“ bei den Eltern und „Namensführung nicht nachgewiesen“ bei dem Kind entfallen lassen.
Sämtlichen Beteiligten wurde sowohl vom Amtsgericht Weiden als auch in der Beschwerdeinstanz mehrfach eingeräumt, schriftliche Stellungnahmen einzureichen, wovon seitens der Beschwerdeführerin Gebrauch gemacht wurde. Eine Anhörung nach § 48 Abs. 2 Satz 2 PStG erfolgte. Eine persönliche Anhörung der Beteiligten durch das Beschwerdegericht konnte nach §§ 51 Abs. 1 PStG, 34 Abs. 1. Nr. 1 FamFG unterbleiben. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung über die Aktenlage hinaus, zusätzlich zu der erfolgten Beiziehung der Ausländerakten und den Akten des Verwaltungsgerichts Regensburg war nicht zu erwarten.
Auch unter Zugrundelegung des strengen Maßstabes bei der Berichtigung von Personenstandsurkunden liegen die Voraussetzungen nach § 47 und § 48 PStG zur antragsgemäßen Berichtigung des Eintrags … des Geburtenregisters des Standesamtes … vor. Demzufolge ist der Geburtseintrag … bei dem Standesamt … wie folgt zu berichtigen:
Kind:
Geburtsname: M… S…
Der Zusatz: „Namensführung nicht nachgewiesen“ entfällt Vorname: H…
Mutter:
Familienname: G… T…
Der Zusatz: „Identität nicht nachgewiesen“ entfällt Vorname: A…
Vater:
Familienname: S… O…
Der Zusatz: „Identität nicht nachgewiesen“ entfällt Vorname: M…
I.
Nach der Überzeugung des Senats haben die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) nun durch Vorlage der Identitätskarten samt Übersetzung und deren Prüfung durch das Bundesamt für die Anerkennung von Migration und Flüchtlingen ihre Identität gemäß § 47 Abs. 1 PStG nachgewiesen. Die ursprünglichen Eintragungen in dem Geburtsregister … waren unrichtig, da die Familiennamen der Beteiligten nicht vollständig wiedergegeben waren. Die Zusätze nach § 35 PStV, wonach die Identität der Eltern und die Namensführung des Kindes nicht nachgewiesen seien, haben sich aufgrund der nun dem Senat zur Verfügung stehenden Beweismittel ebenfalls als unrichtig herauskristallisiert.
Zwar ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass die von den Beteiligten zu 1) und 2) vorgelegten Identitätskarten lediglich das Geburtsjahr, für den Kindsvater 1985 und für die Kindesmutter 1990, nicht jedoch den jeweiligen Geburtstag dokumentieren. Gemeinhin erfolgt die Identifizierung einer Person zumindest auch durch deren konkretes Geburtsdatum. Im vorliegenden Fall haben die Eltern ihr Geburtsdatum in Ergänzung zu den von Ihnen mitgeführten eritreischen Identitätskarten seit Einreise nach Deutschland mit 25.08.1985 (Kindesvater) und 23.01.1990 (Kindesmutter) angegeben. Einen entsprechenden Reisepass mit diesem Datum oder entsprechende Geburtsurkunden nach § 33 Abs. 1 Nummer 2 PStV fehlen. Die Beurkundung einer Geburt ohne einen Zusatz nach § 35 PStV kommt nach der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 20.08.2013, Aktenzeichen 2 W 54/13 grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die nach § 33 PStV erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden. Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes ist es im gerichtlichen Verfahren zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, den Identitätsnachweis auch auf andere Weise als durch Vorlage eines gültigen oder erst kürzlich abgelaufene Nationalpasses zu führen, wenngleich an den Nachweis stets strenge Anforderungen zu stellen sind (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht aaO).
Reiseausweise, die auf der Grundlage von Art. 28 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt worden sind, haben hierbei eine weitergehende Beweiskraft hinsichtlich der darin enthaltenen Personalien als andere von der Ausländerbehörde ausgestellten Dokumente. Die genannten Reiseausweise sind für das Personenstandsverfahren einem Nationalpass gleichgestellt, wenn sie keinen Hinweis nach § 4 Abs. 6 Satz 2 AufenthaltsV enthalten (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Aktenzeichen 2 W 54/13, Leitsatz 3 und 4). § 4 Abs. 6 Satz 2 AufenthaltsV bestimmt, dass ein Vermerk, wonach die angegebenen Personalien auf eigenen Angaben beruhen, in Reiseausweisen für Flüchtlinge nur aufgenommen werden kann, wenn ernsthafte Zweifel an den Identitätsangaben des Antragstellers bestehen, während dies bei Reiseausweisen für Ausländer (ohne Flüchtlingsstatus) nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AufenthaltsV generell möglich ist. Die Ausländerbehörde der Stadt W. in der Ob. hat sowohl der Kindesmutter als auch dem Kindesvater am 11.04.2018 entsprechende Reiseausweise, gültig bis 10.04.2021, ausgestellt. Die Ausstellung der Reiseausweise erfolgte aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für die Migration und Flüchtlinge vom 14.03.2018, BAMF-Aktenzeichen 6992825-224. In den Reiseausweisen ist jeweils ausdrücklich vermerkt, dass der Inhaber dieses Reiseausweises Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist. Der entsprechende Bescheid für die Kindeseltern vom 14.03.2018 zum Aktenzeichen 6992825-224 ist in den Ausländerakten der Kindesmutter und des Kindesvaters jeweils enthalten und stellt fest, dass den Kindeseltern jeweils die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird. Aufgrund dieser Entscheidung hat das Ausländeramt der Stadt W. in der Ob. im Zuge der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (wegen der zuerkannten Flüchtlingseigenschaft) für die Kindeseltern jeweils die entsprechende Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative Aufenthaltsgesetz erteilt. In dem entsprechenden Bearbeitungsblatt der Behörde wurde sowohl für den Kindesvater unter den Personalien einschließlich des Geburtsdatums 25.08.1985 ausdrücklich vermerkt „Identität geklärt“ und angekreuzt „Identitätsdokumente wurde(n) bei der ABH/BAMF vorgelegt“ und handschriftlich hinzugefügt „ID geklärt“. Gleiches gilt für den entsprechenden Bearbeitungsvermerk in der Ausländerakte für die Kindesmutter mit dem Geburtsdatum 23.01.1990. Bei ihr wurde die Rubrik im Fettdruck „Identität geklärt“ angekreuzt. Beide sind folgerichtig nach den in der Ausländerakte vorhandenen Kopien Inhaber der beschriebenen Reiseausweise ohne einen Zweifelszusatz nach § 35 PStV oder einschränkenden Vermerk nach § 4 Abs. 6 AufenthaltsV.
Das Standesamt geht im Grundsatz in der Beschwerdebegründung durchaus zu Recht davon aus, dass die Beweiskraft der Personenstandsregister und -urkunden es verbietet, nicht nachgewiesene Tatsachen nur deshalb als nachgewiesen anzusehen, weil ein Antragsteller sich in einer gegebenenfalls unverschuldeten Beweisnot befindet. Dem ist bereits vor der Neuregelung des Personenstandsrechts zum 01.01.2009 durch den sogenannten Annäherungsgrundsatz Rechnung getragen worden. Danach wurden die erwiesenen Tatsachen eingetragen, während hinsichtlich der nicht belegten Tatsachen die Eigenangaben übernommen und mit einem Zusatz versehen wurden, der die Beweiskraft des Eintrags entsprechend einschränkte.
Die Möglichkeit der Beweisnot hat der Verordnungsgeber nunmehr auch der besonderen Regelung für die Beurkundung von Geburten nach § 35 PStV zugrunde gelegt. Wenn dem Standesamt bei der Beurkundung der Geburt keine geeigneten Nachweise zu Angaben über die Eltern des Kindes vorliegen, ist hierüber nach § 35 Satz 1 PStV im Geburtseintrag ein erläuternder Zusatz aufzunehmen. Dadurch soll einerseits das Recht auf zeitnahe Beurkundung der Geburt berücksichtigt werden und andererseits für den Empfänger der Urkunde erkennbar sein, dass die Angaben zur Person der Eltern nicht auf gesicherten Erkenntnissen beruhen und die Personenstandsurkunde hinsichtlich dieser Angaben nicht an der hohen Beweiskraft personenstandsrechtlicher Beurkundung teilhat.
Im vorliegenden Fall sind unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze jedoch mit der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, Aktenzeichen 2 W 54/13, die Personalien der Kindseltern zumindest mit einer solchen Gewissheit nachgewiesen, dass der erläuternde Zusatz im Sinne des § 35 Satz 1 PStV seinerzeit unrichtig war und daher zu streichen ist. Anders als zum Zeitpunkt der Geburt bei der damals vorgenommenen Beurkundung liegt nunmehr der erforderliche Nachweis hinsichtlich der Kindeseltern durch den am 12.04.2018 jeweils ausgestellten Reisepass für die Kindesmutter und den Kindesvater vor. Nach § 33 Satz 1 Nummer 1 und 3 PStV soll das Standesamt bei der Beurkundung einer Geburt unter anderem verlangen, dass die Geburtsurkunden der Eltern sowie ein Personalausweis, Reisepass oder eben ein anderes anerkanntes Passersatzpapier der Eltern vorgelegt werden. Schon nach dem Wortlaut des § 33 PStV ist es nicht zwingend erforderlich, dass ein (National-) Pass vorhanden ist. Es genügt auch ein anderes Dokument im Sinne des § 33 Satz 1 Nummer 3 PStV. Der von den Beteiligten zu 1) und 2) jeweils vorgelegte Reiseausweis für Flüchtlinge stellt ein solches anderes anerkanntes Passersatzpapier dar. Zwar trifft es zu, dass keinesfalls jedem von einer Ausländerbehörde ausgestellten Dokument öffentlicher Glaube hinsichtlich der Richtigkeit der darin enthaltenen Personalangaben zukommt. Dies gilt beispielsweise bei der Ausstellung einer (bloßen) Aufenthaltsgestaltung nach § 20 Abs. 4 Asylverfahrensgesetz. Bei Ausstellung einer solchen Bescheinigung für einen Asylbewerber ist davon auszugehen, dass der Amtsträger regelmäßig keine Möglichkeit hat, die Richtigkeit der angegebenen Personalien zu überprüfen. Anders liegt die Situation dann, wenn – wie hier – die Kindeseltern einen Reiseausweis für Flüchtlinge nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 vorliegen. Ein derartiges Dokument ist nicht etwa nur in dem Sinne Passersatz, dass er es einem Ausländer ermöglicht, seiner aufenthaltsrechtlichen Passpflicht nachzukommen. Vielmehr haben Reiseausweise, die auf der Grundlage von Art. 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt worden sind, eine weitergehende Beweiskraft hinsichtlich der darin enthaltenen Personalien als andere von der Ausländerbehörde ausgestellten Dokumente. Das jeweils aufwändig ausgefüllte Bearbeitungsblatt in den Ausländerakten lässt dies erkennen.
Den Reiseausweisen für Flüchtlinge kommt unter anderem eine Identifikationsfunktion zu. Sie haben die Aufgabe, die Identität des Ausweisinhabers anstelle eines Nationalpasses zu bescheinigen, und ersetzen in weitem Umfang einen nationalen Reisepass. Ein Reiseausweis nach Art. 28 des genannten Abkommens ermöglicht wie ein nationaler Reisepass den (widerlegbaren) Nachweis, dass sein Inhaber die in ihm genannte, beschriebene und abgebildete Person ist und die darin enthaltenen Angaben mit den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Inhabers übereinstimmen (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Aktenzeichen 2 W 54/13, Rn. 43, 44 mit weiteren Nachweisen).
Aus den eingesehenen Ausländerakten der Beteiligten zu 1) und 2) ist auch ersichtlich, dass vor Ausstellung der Reiseausweise für die Kindeseltern besonders sorgfältig die Identität geprüft wurde.
II.
Der im Verlauf des Verfahrens vorgetragene Hinweis, die Beteiligten zu 1) und 2) würden im Rubrum des Verwaltungsgerichts Regensburg mit anderen Geburtsdaten geführt, wäre aus Sicht des Senats schwerwiegend im Rahmen der Identitätsprüfung, wenn sich der Verdacht erhärtet hätte, die Kindeseltern hätten Aliaspersonalien gebraucht. Dies erwies sich jedoch nach Einsicht in deren Ausländerakte als nicht stichhaltig oder belastbar.
Zwar ist es richtig, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22.05.2017, der den Asylantrag der Kindeseltern, mithin der Beteiligten zu 1) und 2) ablehnt, die Kindesmutter im Rubrum mit „geb. … 1985“ und den Kindsvater mit „geb. … 1990“ ausweist. Bereits im ersten Satz in den Gründen dieser Entscheidung wird jedoch festgestellt und festgehalten: „Der am … 1995 geborene Antragsteller zu 1) und die am … 1990 geborene Antragstellerin zu 2) reisten nach eigenen Angaben …“. Wenngleich im Rubrum die Kindesmutter als 1. Beteiligte und der Kindsvater als 2. Beteiligter geführt werden, so wird doch aufgrund der männlichen und weiblichen Schreibweise klar, dass auch das Verwaltungsgericht Regensburg bei Abfassung der Entscheidung davon ausging, dass die Frau am … 1990 und der Mann am … 1985 geboren sind. Durchgängig weisen sowohl die Akten des Verwaltungsgerichts Regensburg als auch die beiden Ausländerakten diese Geburtsdaten zu dem jeweiligen Beteiligten aus. Es ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass lediglich in der Asylentscheidung vom 22.05.2017 ein Vertauschen der Geburtsdaten zu den einzelnen Personen erfolgte. Das ergibt sich auch daraus, dass (lediglich) die Geburtsdaten der in einem Asylverfahren behandelten Personen vertauscht sind; mit anderen Worten, das Verwaltungsgericht Regensburg hat das Geburtsdatum des Mannes der Frau und das der Frau dem Mann versehentlich (nur) im Rubrum der Asylentscheidung zugewiesen. Dies ist den Beteiligten nicht anzulasten.
III.
Für die Entscheidung über den Antrag auf Berichtigung des Eintrags im Geburtenregister … des Standesamts … war die von der Beschwerdeführerin angesprochene Fragestellung, ob die Beteiligten sich von den eritreischen Behörden einen Reisepass ausstellen lassen könnten, nicht weiter zu prüfen. Die Frage, ob nur die Erlangung eines Reisepasses von eritreischen Behörden eine Beweiskraft schafft, die von deutschen Behörden anerkannt werden oder ob den eritreischen Beteiligten zu 1) und 2), denen ein Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, überhaupt im konkreten Einzelfall zumutbar ist, bei eritreischen Behörden zur Erlangung eines Reisepasses nachzufragen, kann dahinstehen. Denn durch die Identitätsprüfung der Ausländerbehörde der Stadt war vor Ausstellung eines Reiseausweises für die Kindesmutter und den Kindesvater die Identität in einer Art und Weise überprüft worden, die für die Löschung des Zweifelseintrags nach § 47 PStG im Geburtsregister ausreicht.
C)
Kosten werden nicht erhoben (§ 51 Absatz 1 Satz 2 PStG). Außergerichtliche Kosten zu erstatten, war mangels anwaltlicher Vertretung der Beteiligten nicht anzuordnen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür bei der hier gegebenen Einzelfallentscheidung nicht gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, § 70 Abs. 1, 2 FamFG). Weder hat die auf den hier vorliegenden Einzelfall bezogene Entscheidung grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.


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