Familienrecht

Jugendschutz und Lasertag-Arena

Aktenzeichen  Au 3 K 17.1642

Datum:
23.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36262
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JuSchG § 7 S. 1 u 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 4. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 7 JuSchG. Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann gemäß § 7 Satz 1 JuSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Nach § 7 Satz 2 JuSchG kann die Anordnung Altersbeschränkungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.
2. Tatbestandvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass von einem Gewerbebetrieb – und ein solcher ist hier unstreitig gegeben – eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgeht. Eine derartige Gefährdung ist anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird. Die Gefahr muss nicht unmittelbar drohen, sondern es genügt, dass Kinder und Jugendliche an den fraglichen Orten nach Kenntnis der Behörde einer solchen dauernd oder zeitweise ausgesetzt sind (Liesching in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: März 2019, § 7 JuSchG, Rn. 4 m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist eine Gefahrenprognose zu erstellen. Deren Grundlage müssen ausreichende und tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungen des täglichen Lebens, das Erfahrungswissen von Polizeibeamten oder Sozialarbeitern oder wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sein (Liesching, a.a.O., Rn. 5). Der Begriff der Gefährdung in § 7 JuSchG kann mit dem Begriff der Jugendbeeinträchtigung im Sinn des § 14 Abs. 1 JuSchG gleichgesetzt werden, also mit der Gefahr, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt wird (Gutknecht in Nikles/Roll/Spürck/Erdemir/Gutknecht, Jugendschutzrecht, 3. Aufl. 2011, § 7 JuSchG Rn. 6 m.w.N.). In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Frage, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt wird, die Grundsätze der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, 22. Fassung vom 15. Juni 2020, heranziehbar (FSK-Grundsätze). Nach deren § 18 Abs. 2 wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Fantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 FSK-Grundsätze; vgl. hierzu auch Liesching, a.a.O., § 14 JuSchG Rn. 6). Als Wertmaßstäbe sind in diesem Zusammenhang die Grundwerte der Verfassung zu beachten, insbesondere die Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG (Liesching, a.a.O., § 14 JuSchG, Rn. 5 m.w.N.; BVerwG, B.v. 24.10.2001 – 6 C 3/01 – BVerwGE 115, 189 ff.). Bei der in § 7 Satz 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist das Gericht überzeugt, dass von dem Betrieb der streitgegenständlichen Anlage zumindest eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ausgeht.
a) Bei der Gefahrenprognose ist nach den verallgemeinerungsfähigen Gedanken aus Ziffer 2.2 und 2.4 der Leitkriterien der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle für die jugendschutzrechtliche Bewertung von Computer- und Videospielen (USK-Leitkriterien – beschlossen und in Kraft gesetzt durch den Beirat der Freiwilligen S. U. GmbH im Juni 2011, zuletzt geändert im Juli 2020) nicht auf den durchschnittlichen, sondern – unter Ausnahme von Extremfällen – auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen (so auch VG München, B.v. 5.5.2020 – M 18 S 19.5062 – BeckRS Rn. 75 m.w.N.). Aus den dem Gericht aus anderen Verfahren vorliegenden Sachverständigengutachten und fachkundigen Äußerungen geht hervor, dass Laserspiele unabhängig vom konkret gespielten Spielmodus eine aggressionssteigernde Wirkung haben. Die Teilnahme am Spiel erzeugt einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand, weil sie zu aggressiven Gedanken und Gefühlen führt. Dies basiert auf der Waffenähnlichkeit des Phasers, die impliziert, dass aggressives Verhalten in dieser Situation angemessen ist. Das Spiel belohnt und fördert das Verhalten, andere Spieler simuliert zu beschießen, aus psychologischer Sicht selbst eine aggressiv erlebte Verhaltensweise. Dem stehen die entmilitarisierten Begrifflichkeiten und die abstrakte futuristische Spielumgebung nicht entgegen. Die simulierte Ausübung aggressiver Handlungen, zu denen auch das Markieren nicht-menschlicher Ziele zählt, ist alternativlos, um das Spiel gewinnen zu können. Dies lässt darauf schließen, dass Lasertag kognitiv und emotional als ein Bedrohungs- bzw. Gefahrenszenario verarbeitet wird. Die psychophysiologische Aktivierung kommt durch die intensive körperliche Beanspruchung in Verbindung mit Zeit- und Handlungsdruck im Sinne eines Stresserlebens zustande.
Die Teilnahme am Laserspielen bewirkt eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der wiederholten Teilnahme zu einer Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen sowie zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensmuster kommt, obwohl eine Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und eine Verstärkung feindseliger Attributionstendenzen sowie eine aggressionsbezogene Desensibilisierung nicht festgestellt werden können.
Die Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen ergibt sich daraus, dass spielerisch simulierte Aggression die einzige Möglichkeit ist, das Spiel zu gewinnen. Es kommt zu zahlreichen Einzelkonfrontationen gegnerischer Spieler, die derjenige gewinnt, der zuerst bzw. zielgenauer eine Markierung abgibt (schießt). Damit ist der „aggressivere“ Spieler der erfolgreichere Spieler. Kompromissbereitschaft und anderweitige Formen prosozialen Verhaltens werden nicht gefördert. Diesbezüglich kann die Zusammenarbeit im Spielteam aus lernpsychologischer Sicht nicht als prosoziale Handlung wirksam werden. Dies gilt auch unter der Prämisse, dass lediglich bestimmte aggressive Haltungen nach den Spielregeln legitimiert sind und die Spieler reflektieren können, dass ihre Handlungen nicht tatsächlich zu Schäden beim Gegenspieler führen.
Die Verstärkung aggressiver Verhaltensmuster ergibt sich daraus, dass das Spiel eine bewaffnete Gefechtssituation simuliert, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte. Demgegenüber verfügen Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht über differenzierte kognitive Erkenntnisse darüber, welche Ereignisse in einer Gefechtssituation tatsächlich erwartet werden können. Das Spiel erscheint geeignet, Verhaltensmuster zu bewaffneten Gefechtssituationen zu lernen, zu festigen und weiter auszudifferenzieren, dies auch auf der Grundlage elektronischer Rückmeldungen über Erfolge und Misserfolge. Diese intensivieren den Lernerfolg. Zwar werden diese Lernerfahrungen durch einige Verfremdungen in der Benutzung des Phasers und bezüglich der möglichen Trefferflächen beim gegnerischen Spieler begrenzt; jedoch ist gerade bei Personen, die keine Erfahrungen mit solchen Spielen haben, zu erwarten, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit aggressive Verhaltensmuster erlernt werden, zu denen bislang allenfalls rudimentäre Lernerfahrungen vorliegen. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um besonders kritische aggressive Verhaltensmuster handelt, die das Verhalten in einem bewaffneten Gefecht zum Gegenstand haben.
Aufgrund der typischerweise eingeschränkten Sichtverhältnisse durch Dunkelheit, Dunst und Hindernisse, aufgrund der Hintergrundmusik und aufgrund des allgemeinen Kampfgeschehens kann ein Bedrohlichkeitsgefühl erzeugt werden. Spieler können unvorhergesehen auf Gegenspieler, insbesondere auch auf körperlich deutlich überlegene und nicht vertraute erwachsene Gegner treffen oder gar von mehreren Gegenspielern eingekreist werden. Damit weist das Spiel eine hohe Reizintensität auf, die zumindest sensible Spieler emotional überfordern und bei diesen zu starken Angstreaktionen führen kann (vgl. zum Ganzen VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 – W 3 K 14.438 – juris Rn. 40-46; U.v. 9.5.2019 – W 3 K 17.62 – juris Rn. 48 ff.).
b) Die Gefahr besteht dabei insbesondere für Kinder unter 14 Jahren. Das Gericht ist davon überzeugt, dass Laserspiele für Kinder unter 14 Jahren generell nicht geeignet sind. Davon gehen auch die Vollzugshinweise zum Jugendschutzgesetz des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales vom 1. September 2016 und die hinsichtlich Laserspiel-Anlagen inhaltsgleiche Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration über die Vollzugshinweise zum Jugendschutzgesetz vom 10. Januar 2018 (AllMBl. S. 29) aus. Nach deren fachkundiger Einschätzung kommt ein Zugang zu Laserspiel-Anlagen selbst ausnahmsweise bei Vorliegen entlastender Anhaltspunkte nur für Jugendliche ab 14 Jahren in Betracht. Die in das Verfahren eingeführte Stellungnahme des Bayerischen Landesjugendamts vom 22. Januar 2018 bestätigt diese grundsätzliche Einschätzung. Nur wenn der kämpferische Aspekt des Spiels völlig eliminiert würde und wie bei einer Volksfest-Schießbude ausschließlich auf Gegenstände geschossen würde, wäre eine Teilnahme von Kindern ohne Gefährdung des Kindeswohls möglich. Eine solche (Selbst-)Beschränkung ist dem kommerziellen Spiel in Laserspiel-Anlagen jedoch wesensfremd. Es hat sich gezeigt, dass es selbst die von der Klägerin angeblich eingeführten speziellen Kinder-Spielmodi nicht gibt, sondern nur Spielmodi, die nach Auffassung der Klägerin auch für Kinder im Alter von 10 bis 13 Jahren geeignet sind. Im Übrigen kam der vom Verwaltungsgericht Würzburg in dem Verfahren W 3 K 17.62 beigezogene Gutachter zu dem Ergebnis, dass keines der dortigen Spiele für Kinder geeignet ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 9.5.2019 – W 3 K 17.62 – BeckRS Rn. 62 f.). Auch wenn die Spielmodi und die Gestaltung bei der streitgegenständlichen Anlage geringfügig anders sind, ändert dies nichts an der dargelegten Aggressionsproblematik und daran, dass gerade bei sensiblen Kindern starke Angstreaktionen hervorgerufen werden können. Dies gilt umso mehr, wenn – wie bei der streitgegenständlichen Anlage – im gegnerischen Team auch ältere Jugendliche und sogar Erwachsene sein können, die Kinder sich daher in einem abgedunkelten Ambiente einem körperlich überlegenen Gegner gegenübersehen und dabei sogar mit Schnellfeuer beschossen werden können.
c) Auch bezüglich der Altersgruppe der 14- und 15-Jährigen besteht ein erhebliches Gefahrenpotential. Das Verwaltungsgericht Würzburg hat, bestätigt durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, ursprünglich sogar ein generelles Zutrittsverbot für Jugendliche unter 16 Jahren für rechtmäßig erachtet. Da deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und sie anders als ältere Jugendliche und Erwachsene Fiktion und Realität noch nicht in gleicher Weise trennscharf unterschieden können, kam der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu der Einschätzung, dass das Laserspiel im konkret entschiedenen Fall in den Händen von unter 16-Jährigen nichts verloren habe (BayVGH, B.v. 21.7.2016 – 12 ZB 16.1206 – BeckRS Rn. 4). Auch das Landesjugendamt hielt es zunächst unabhängig von den unterschiedlichen konzeptionellen und gestalterischen Ausrichtungen für notwendig, Jugendlichen unter 16 Jahren die Teilnahme am Laserspiel generell zu untersagen (vgl. Empfehlung des Landesjugendamts von 2014 Bl. 38 der Verwaltungsakte). Zu berücksichtigen ist zudem, dass eine Spielfreigabe auch nach den weniger strengen aktuellen Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration für Jugendliche unter 16 Jahren nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Erforderlich ist demnach eine besondere Gestaltung, bei der das Gefährdungspotential gegenüber üblichen Laserspiel-Anlagen erheblich verringert ist. Eine solche besonders jugendfreundliche Gestaltung konnte das Gericht nicht erkennen. So konnte die Kammer durch das vorgespielte Video-Material in der mündlichen Verhandlung und das Bildmaterial auf der Homepage nicht den Eindruck gewinnen, dass die streitgegenständliche Anlage außergewöhnlich hell und freundlich gestaltet wäre. Vielmehr besteht durch die schwarzen Wände und Hindernisse durchaus ein dunkles und potentiell angsteinflößendes Ambiente. Zudem wird der Phaser nach der Vorführung des Gerätes in der mündlichen Verhandlung waffenähnlich wie eine Maschinenpistole gehalten und verwendet. Das eingesetzte Stroboskoplicht führt sogar zu einem gegenüber anderen Anlagen erhöhten Gefährdungspotential. Ebenso ist der „Warbot“ bzw. „Freddy“ in allen Spielformen aktiviert. Durch dieses Element, das einer Selbstschussanlage zumindest nahekommt, wird das Gefährdungspotential der Anlage weiter gesteigert.
3. Der Beklagte hat das ihm durch § 7 Satz 1 und 2 JuSchG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Er konnte dem Gefährdungspotential der Laserspiel-Anlage dadurch begegnen, dass er Kindern die Teilnahme am Spielbetrieb ausnahmslos untersagte und in der Altersgruppe der 14- und 15-Jährigen die Begleitung durch eine personensorgeberechtigte oder erziehungsbeauftragte Person vorschrieb. Insofern steht die Auswahl der konkreten Maßnahme im Ermessen der Behörde, so dass das Gericht hier nach § 114 VwGO und Art. 40 BayVwVfG nur überprüft, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, nicht dagegen, ob andere Lösungen zweckmäßiger und effektiver gewesen wären. Der Beklagte durfte sich dabei an den Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration und der hiermit übereinstimmenden Einschätzung des Bayerischen Landesjugendamts orientieren, dem für Fragen des Jugendschutzes eine besondere Sachkunde zukommt. Demnach ist das angeordnete generelle Teilnahmeverbot für Kinder erforderlich, um einer Kindswohlgefährdung vorzubeugen. Angesichts der großen Bedeutung, die dem Kinderschutz zukommt, und der Intensität der Gefährdung, die vom Laserspiel für Kinder ausgeht (s.o.), ist auch der vollständige Ausschluss von Kindern von der Teilnahme am Laserspiel nicht unangemessen. Aber auch die Anordnung, Jugendlichen unter 16 Jahren die Teilnahme am Spielbetrieb nur in Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragen Person zu gestatten, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Insofern ist es im Hinblick auf die Praktikabilität und Durchführbarkeit nicht zu beanstanden, dass der Beklagte generell für Jugendliche im Alter zwischen 14 und 15 Jahren die Begleitung durch eine personensorgeberechtigte oder erziehungsbeauftragte Person vorsieht. Eine vom Spielmodus abhängige Zulassung ohne Begleitung würde zu erheblichen Vollzugsschwierigkeiten führen. Zudem wäre nicht sichergestellt, dass der Betreiber die Spielmodi nicht unbemerkt in gefahrerhöhender Weise verändert. Der Verlauf des gerichtlichen Verfahrens zeigt, dass sich die Gestaltung der Anlage und der Spielmodi im Verlauf der Zeit erheblich verändern kann. Gerade der Gefahr einer Verängstigung kann durch die Anwesenheit einer Bezugsperson besser begegnet werden als beispielsweise bei dem bloßen Erfordernis einer schriftlichen Einverständniserklärung oder einem vorherigen Gespräch mit einem Personensorgeberechtigten. Abgesehen davon entspricht die gewählte Lösung den gesetzlichen Wertungen der § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 JuSchG. Zudem erscheint es fraglich, ob eine Teilnahmebeschränkung für 14- und 15-Jährige auf weniger jugendgefährdende Spielmodi für die Klägerin tatsächlich ein weniger einschneidendes Mittel wäre. Nach der Regelung im Bescheid können Jugendliche in diesem Alter – gegebenenfalls mit nur einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person – sämtliche Spielmodi spielen. Dies erscheint zwar bei Spielformen wie „Zombie“ sehr problematisch. Eine Rechtsverletzung der Klägerin ist damit jedoch nicht verbunden.
b) Die getroffene Regelung ist auch nicht unangemessen. Zum einen ist die überragende Bedeutung des Jugendschutzes zu berücksichtigen, dem sich wirtschaftliche Überlegungen grundsätzlich unterzuordnen haben (vgl. BayVGH, B.v. 21.7.2016 – 12 ZB 16.1206 – BeckRS Rn. 13). Die Intensität der Beschränkung erscheint zudem gering. Der Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass der Anteil der an die unter 14-Jährigen verkauften Eintrittskarten 20 bis 30% betrage und der Anteil der an die 14- und 15-Jährigen verkauften Karten sogar noch höher liege, steht in deutlichem Widerspruch zum schrift-sätzlichen Vorbringen, nach dem der Anteil der spielenden Kinder im April 2017 5% betragen habe und von den 8000 Mitgliedern 350 Kinder (4,37%) und 600 (7,5%) Jugendliche seien. Demnach dürfte der Anteil der unter 14-jährigen Spieler nur gering sein und die Hauptzielgruppe Spieler ab 16 Jahren darstellen. Die Beschränkung ist zuletzt auch deshalb verhältnismäßig, weil den 14- und 15-Jährigen die Teilnahme grundsätzlich gestattet bleibt. Jugendliche dieser Altersgruppe können alle Spielmodi mit nur einer volljährigen Begleitperson spielen.
4. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte bedingte Beweisantrag ist abzulehnen. Das Beweisthema, dass die streitgegenständliche Anlage „unter bestimmten Bedingungen“ auch für Kinder ab 10 Jahren geeignet sei, ist zu unbestimmt und unerheblich. Für die Frage der Gefährdung des geistigen und seelischen Wohls von Kindern kommt es auf die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an (vgl. VG Würzburg, U.v. 9.5.2019 – W 3 K 17.62 – BeckRS Rn. 77). Es ist daher unerheblich, mit welchen Anpassungen in der Zukunft der Gefährdung begegnet werden könnte. Soweit der Kläger hilfsweise beantragt hat, durch Sachverständigengutachten zu klären, dass in der konkreten Anlage die Spiele Jeder gegen Jeden/Individual, Team und Colour Conquest für Kinder ab 10 Jahren geeignet seien, hat auch dieser Antrag keinen Erfolg. Die Frage der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen ist eine Rechtsfrage, die durch das Gericht selbst zu klären ist. Die Auswirkungen des Laserspiels auf Kinder ab 10 Jahren und damit die Grundlagen der Gefahrenprognose sind durch die vorliegenden, bereits in anderen Verfahren eingeholten Gutachten sowie die sachkundigen Stellungnahmen des zuständigen Staatsministeriums, des Bayerischen Landesjugendamts und der Jugendschutzbeauftragten des Beklagten bereits hinreichend geklärt (vgl. o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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