Aktenzeichen 2 W 1538/15
Leitsatz
Mit der Übersendung einer Teilrechnung über 901,43 Euro durch einen Sachverständige kann in ausreichender Weise darauf hingewiesen sein, dass ein Kostenvorschuss von 1000 Euro nicht ausreicht. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
2 T 256/15 2015-07-08 Bes LGREGENSBURG LG Regensburg
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 8.7.2015 abgeändert und die Entscheidung des Amtsgerichts vom 5.6.2015 hinsichtlich der Vergütung des Sachverständigen R wieder hergestellt.
2. Die Beschwerde und die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors werden zurückgewiesen
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat durch Verfügung vom 3.12.2014 den Sachverständigen unter Anforderung eines Auslagenvorschusses von 1000 Euro zum Termin am 15.1.2015 geladen (Bl.29 d.A.). Hierfür stellte der Sachverständige die Rechnung vom 16.1.2015 über 901,43 Euro, die am 19.1.2015 bei Gericht einging.
In der Folge erstellte der Sachverständige das Gutachten vom 9.2.2015 (Bl.48 d.A.) auf Grund einer Beauftragung vom 15.1.2014. Hierfür stellte er die Rechnung vom 9.2.2015 über 2.368,67 Euro.
Mit Antrag vom 23.4.2015 beantragte der Bezirksrevisor die Sachverständigenvergütung gem. § 8a JVEG auf 1000 Euro festzusetzen (Bl.8 d.KH.). Ausführungen zu einem Verstoß gegen § 407 a III ZPO behielt er sich ebenso vor wie solche zur Frage der Zuziehung eines weiteren Sachverständigen ohne Zustimmung (Bl.9 d.KH.).
Der Sachverständige machte geltend, dass er nach seiner Erinnerung bereits in der mündlichen Verhandlung auf einen Kostenrahmen von 2000 Euro bis 3000 Euro hingewiesen habe (Bl.14 d.KH.). Zudem müsste den Beteiligten mit Übersendung der ersten Rechnung klar gewesen sein, dass der Vorschuss für das nachfolgende Gutachten nicht ausreichen konnte. Er habe auch die Gesamtverantwortung für das Gutachten übernommen, also auch hinsichtlich der vom Labor Lang erfolgten Untersuchung. Er habe keine Informationen hinsichtlich eines weiteren eingeholten oder nicht eingeholten Vorschusses für das schriftliche Gutachten erhalten. Im Übrigen seien die abgerechneten Leistungen verwertet worden und davon auszugehen, dass die beweispflichtige Partei nicht auf eine Begutachtung verzichtet hätte.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 5.6.2015 die Vergütung für den Sachverständigen antragsgemäß festgesetzt. Es folgte dem Sachverständigen darin, dass für diesen keine erkennbare Veranlassung bestanden habe, auf weitere Mehrkosten hinzuweisen, nachdem sich der zunächst geforderte Vorschuss auf die Ladung zum Termin bezogen hatte und er im Termin mit der weiteren Begutachtung beauftragt wurde (Bl.46 d.A.). Die unzulässige Delegation durch den Sachverständigen sei nach § 295 ZPO geheilt worden.
Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 12.6.2015 (Bl.71 d.KH.) die mit Schriftsatz vom 21.6.2015 begründet wurde (Bl.74 d.KH.). Er beantragt, die Vergütung, wie beantragt zu kappen. Hierauf hat der Sachverständige mit Schriftsatz vom 6.7.2015 (Bl. 81 d.KH.) erwidert.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 8.7.2015 der Beschwerde teilweise stattgegeben, die Vergütung auf 1.250 Euro festgesetzt und die weitere Beschwerde zugelassen (Bl.84 d.KH.). Die Entscheidung wurde den Beteiligten formlos übersandt. Die Vergütung sei auf den Vorschuss einschließlich eines Toleranzzuschlags wegen eines Verstoßes gegen § 8 a IV JVEG zu kürzen.
Der Sachverständige legte mit Schriftsatz vom 17.7.2015 weitere Beschwerde ein (Bl.89 d.KH.), der das Landgericht mit Beschluss vom 20.7.2015 ohne nähere Begründung nicht abgeholfen hat.
Der Bezirksrevisor legte ebenfalls weitere Beschwerde mit Schriftsatz vom 16.9.2015 ein. Er beanstandet den Toleranzzuschlag (Bl. 101d.KH.). Das Landgericht hat auch dieser Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Senat hat mit Hinweisbeschluss vom 15.12.2015 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die der Bezirksrevisor mit Schriftsatz vom 12.1.2016 (Bl. 116) und der Sachverständige mit Schriftsatz vom 29.12.2015 (Bl. 110 d.KH.) genutzt haben. Erwiderungen hierauf haben die Beteiligten nicht eingereicht.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde des Sachverständigen ist begründet. Dementsprechend ist die Beschwerde des Bezirksrevisors unbegründet.
Der angefochtenen Entscheidung lässt sich eine Beschränkung der Zulassung der weiteren Beschwerde auf die Frage des Toleranzzuschlags nicht eindeutig entnehmen. Die weitere Beschwerde wurde „im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung bei der Anwendung des § 8 a IV JVEG“ zugelassen. Davon sind alle entscheidungserheblichen Fragen umfasst. In den Entscheidungsgründen nehmen sowohl die Frage des Toleranzzuschlages als auch die Frage, ob eine Kürzung zu unterbleiben hat, wenn es auch bei einer pflichtgemäßen Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre, breiten Raum ein. Auch die Frage des Verschuldens wird erörtert. Eine Beschränkung der Zulassung auf eine der erörterten Fragen kann den Entscheidungsgründen nicht eindeutig entnommen werden.
Die Vergütung des Sachverständigen ist nicht nach § 8 a IV JVEG zu kürzen. Daher muss im vorliegenden Fall nicht darüber entschieden werden, ob die Kürzung auf den Auslagenvorschuss ohne oder mit einem Toleranzzuschlag erfolgen müsste.
Der Sachverständige hat nicht gegen seine Pflicht nach § 407 a III ZPO verstoßen.
Nach dieser Vorschrift hat er rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen.
I.
Nach Ansicht des Senats reicht die Übersendung der Kostenrechnung vom 16.1.2015 zumindest unter den vorliegend gegebenen Umständen für die Erfüllung der Hinweispflicht aus.
1. Eine Unverhältnismäßigkeit der Kosten im Verhältnis zum Streitwert war von Anfang an bekannt. Auf sie musste der Sachverständige nicht hinweisen.
Das Amtsgericht hatte den Sachverständigen zum Termin geladen und hierfür einen Vorschuss von 1000 Euro sowie für die Zeugen einen weiteren Vorschuss von 200 Euro eingefordert. Bereits zu diesem Zeitpunkt hat das Amtsgericht „auf Grund des geringen Streitwertes und den durch die Beweisaufnahme anfallenden Kosten“ einen Vergleich vorgeschlagen. Der Klageantrag lautete auf 542,01 Euro.
2. Mit der Übersendung der Rechnung vom 15.1.2015 über 901,43 Euro hat der Sachverständige unter den vorliegenden besonderen Umständen auch in ausreichender Weise darauf hingewiesen, dass der Kostenvorschuss von 1000 Euro nicht ausreichen würde.
Dem Gericht war bekannt, welche Leistungen der Sachverständige bisher erbracht hatte, und es war offensichtlich, dass die Kosten der Untersuchung des erst im Termin übergebenen Turboladers sowie die Erstattung des Gutachtens den noch zur Verfügung stehenden Restbetrag von unter 100 Euro notwendig erheblich überschreiten muss.
Auch wenn kein ausdrücklicher „zweiter“ Gutachtensauftrag erteilt wurde, ist zu berücksichtigen, dass das Gericht bereits nur für die mündliche Anhörung des Gutachters einschließlich der Terminsvorbereitung von einem Aufwand von 1000 Euro ausgegangen war. Zudem hat das Amtsgericht im Beschluss vom 5.6.15 ausgeführt, dass im Hinblick auf zu erwartende Mehrkosten noch im Termin weitere Vergleichsgespräche geführt wurden.
Eine ausdrückliche Mitteilung, dass die Kosten einer weiteren Begutachtung den Restbetrag von ca. 100 Euro überschreiten werden, musste der Sachverständige hier nicht ausformulieren.
Im Fall der vom Bezirksrevisor zitierten Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (8.6.2015 – L 15 SF 255/14 E) hatte der Sachverständige die Rechnung erst mit dem Gutachten vorgelegt, also keinen Hinweis gegeben.
Die weitere vom Bezirksrevisor herangezogene Entscheidung des Oberlandesgericht Karlsruhe (18.8.14; 7 W 44/14) befasst sich mit der besonderen Vergütung nach § 13 JVEG und der in diesem Rahmen erforderlichen Einzahlung von Vorschüssen. Sie steht der hiesigen Entscheidung nicht entgegen.
3. Dem Sachverständigen kann auch nicht vorgeworfen werden, dass er die Rechnung nicht früher gestellt hat.
Die Kosten für seine Einvernahme standen erst nach dem Termin vom 15.1.15 fest. Mit der Erstellung der Rechnung am selben Tag hat er das Notwendige getan.
Der Hinweis des Bezirksrevisors darauf, dass die Rechnung erst am 19.1.15 einging, ist zutreffend. Es handelte sich jedoch um einen Montag, sodass ein Eingang zwei Tage früher nichts geändert hätte.
II.
Es kann daher dahinstehen, ob die Einlassung des Gutachters, er habe bereits in der mündlichen Verhandlung auf den zu erwartenden Kostenrahmen von 2000 Euro bis 3000 Euro hingewiesen (Bl. 14 d.KH.), widerlegt wurde.
Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet ( § 4 JVEG).