Familienrecht

Pflicht zur erneuten Auslegung des geänderten Entwurfs eines Bauleitplans

Aktenzeichen  4 BN 46/21

Datum:
23.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2022:230322B4BN46.21.0
Normen:
§ 4a Abs 3 S 1 BauGB
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, 11. Mai 2021, Az: 3 K 897/17, Urteil

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 11. Mai 2021 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.

Gründe

1
Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.
2
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
3
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 und vom 14. Oktober 2019 – 4 B 27.19 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4).
4
a) Die Beschwerde wirft im Zusammenhang mit der Pflicht zur erneuten Auslegung des geänderten Entwurfs eines Bauleitplans nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB die Frage auf,
ob es sich nur dann um einen Fall der bloßen Klarstellung einer Festsetzung handelt, wenn die textliche Änderung nicht zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem zwischen den Beteiligten über die Frage, die Gegenstand der Festsetzung ist, Streit besteht und ein gerichtliches Verfahren anhängig ist.
5
Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Sie lässt sich auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 24. August 1999 – 4 B 72.99 – BVerwGE 109, 268 ).
6
Wird der Entwurf eines Bauleitplans nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB oder § 4 Abs. 2 BauGB geändert oder ergänzt, ist er gemäß § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB erneut auszulegen. Das gilt nicht nur, wenn er in einer die Grundzüge der Planung berührenden Weise geändert oder ergänzt wird, sondern auch bei weniger grundlegenden Änderungen oder Ergänzungen. Entbehrlich ist eine erneute Auslegung allerdings, wenn eine Änderung lediglich klarstellende Bedeutung hat, weil sich am Planentwurf dann inhaltlich nichts ändert (BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 1987 – 4 NB 2.87 – NVwZ 1988, 822 , vom 8. März 2010 – 4 BN 42.09 – Buchholz 406.11 § 4a BauGB Nr. 1 = juris Rn. 8 und vom 3. Januar 2020 – 4 BN 25.19 – ZfBR 2020, 676 Rn. 6; vgl. auch Urteil vom 29. Januar 2009 – 4 C 16.07 – BVerwGE 133, 98 Rn. 40). Entscheidend für die Frage, ob der Entwurf eines Bauleitplans erneut ausgelegt werden muss, ist daher nicht der Anlass oder der Zeitpunkt, sondern der materielle Regelungsgehalt einer Änderung.
7
b) Die Beschwerde möchte außerdem sinngemäß geklärt wissen, wann einer Änderung des Entwurfs eines Bauleitplans konstitutive Wirkung beizumessen ist und wann lediglich von einer Klarstellung auszugehen ist. Dieser Frage kommt keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu, weil sie eine tatrichterliche Würdigung der ursprünglichen Festsetzungen und der vorgenommenen Änderung voraussetzt und daher nur im jeweiligen Einzelfall beantwortet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2017 – 4 BN 37.16 – Buchholz 406.11 § 3 BauGB Nr. 21 = juris Rn. 8 m.w.N.).
8
2. Die von der Beschwerde behauptete Abweichung von dem Urteil des Senats vom 29. Januar 2009 – 4 C 16.07 – (BVerwGE 133, 98) und dem Beschluss des Senats vom 8. März 2010 – 4 BN 42.09 – (Buchholz 406.11 § 4a BauGB Nr. 1) ist nicht dargetan.
9
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
10
Die Beschwerde entnimmt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts den abstrakten Rechtssatz, auch wenn textliche Ergänzungen der Festsetzungen keine inhaltliche Änderung bewirkten, handele es sich nicht um eine Ergänzung der Festsetzung von lediglich klarstellender Bedeutung, wenn die Ergänzung zu einem Zeitpunkt erfolge, zu dem ein Rechtsstreit über einen Gegenstand der Festsetzung geführt werde.
11
Einen solchen Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Es hat vielmehr in tatrichterlicher Würdigung entschieden, dass die vorgenommene textliche Änderung sich nicht in einer bloßen Klarstellung erschöpft und zur Begründung den Umstand herangezogen, dass eine zwischen den Beteiligten strittige Auslegungsfrage der Festsetzungen über die Art der zulässigen Nutzung im Baugebiet mit Wirkung für die Vergangenheit beantwortet werden sollte. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem Hinweis des Oberverwaltungsgerichts auf seinen Beschluss vom 27. August 2019 – 3 LZ 1126/18 OVG – ableiten, mit dem die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts Schwerin im Urteil vom 18. Oktober 2018 – 2 A 969/16 SN – bestätigt worden ist, dass die textliche Änderung “keine inhaltliche Änderung” bewirkt habe (UA S. 10). Dieser Hinweis ist, wie auch die in Bezug genommenen Textstellen zeigen, auf das konkret zur Genehmigung gestellte Vorhaben bezogen, sprechen der Änderung aber nicht jede inhaltliche Wirkung ab.
12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.


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