Familienrecht

Verfahrenswert in Ehewohnungssachen nach Verweisung an das Familiengericht

Aktenzeichen  3 F 694/17

Datum:
28.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 35989
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Ebersberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 140, § 1361b
FamGKG § 6 Abs. 1 u. Abs. 3, § 34, § 42 Abs. 1, § 48 Abs. 1 u. Abs. 3, § 57 Abs. 3, § 59 Abs. 1
GKG § 4 Abs. 1, § 40, § 41, § 48
GVG § 17a
ZPO § 3 ff., § 6

 

Leitsatz

1. Der Verfahrenswert bestimmt sich bei Verweisung nach der Kostenordnung, die für das Gericht maßgeblich ist, an das verwiesen wurde. (Rn. 4)
2. Der Verfahrenswert ergibt sich letztlich aus § 48 FamGKG, unabhängig davon ob eine zunächst als Räumungsklage vor der allgemeinen Zivilabteilung erhobene Ehewohnungssache vom Familiengericht als Ehewohnungssache behandelt wird oder als sonstige Familienstreitsache. (Rn. 11 und 12)

Tenor

Der Antragsteller erhob zunächst Räumungsklage gegen seine in der Ehewohnung verbliebene Ehefrau vor dem Amtsgericht Ebersberg – Zivilabteilung. Mit Beschluss vom 12.10.2017 verwies das Amtsgericht Ebersberg – Zivilabteilung – das Verfahren gem. § 17a GVG an das Amtsgericht Ebersberg – Familienabteilung. Das Familiengericht übernahm das Verfahren mit Beschluss vom 16.10.2017 und wies mit Terminsverfügung vom 29.12.2017 darauf hin, dass das Verfahren als Ehewohnungssache zu behandeln ist. Mit Beschluss vom 19.02.2018 wies das Gericht den Antrag des Antragstellers zurück und führte hierzu aus, dass ein in Folge Umdeutung zulässiger (aber unbegründeter) Antrag auf Zuweisung der ehelichen Wohnung gem. § 1361b BGB vorliegt.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Familiengericht den Verfahrenswert gem. § 48 Abs. 1, Abs. 3 FamGKG festgesetzt. Mit ihrer Beschwerde vom 26.04.2018 begehrt die Antragsgegnerin die Festsetzung eines Verfahrenswertes in Höhe von 1.000.000,- € im Hinblick auf §§ 48 GKG, § 6 ZPO und unter Verweis darauf, dass für die Bestimmung des Streitwertes das Klagebegehren zum Zeitpunkt der Anhängigkeit und damit der Wert der Ehewohnung maßgeblich sei. Der Antragsteller geht – ohne Beschwerde gegen den Verfahrenswertbeschluss zu erheben – davon aus, dass der Verfahrenswert mit dem Jahresbetrag eines Wohnvorteils von monatlich 700,- €, mithin 8.400,- €, zu bemessen sei. Der Beschwerde gegen den Verfahrenswertbeschluss wurde durch das Familiengericht nicht abgeholfen, sie blieb anschließend vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg.

Gründe

Die Entscheidung beruht auf §§ 57 Abs. 3, 59 Abs. 1 FamGKG. …
Das Familiengericht hält die Beschwerde für unbegründet und vermag daher nicht, dieser abzuhelfen.
Der Verfahrenswert ergibt sich aus § 48 Abs. 1, Abs. 3 FamGKG. Es ist weder auf die kostenrechtlichen Vorschriften für das Verfahren vor der Verweisung gem. § 17a GVG abzustellen, noch ist anzunehmen, dass bei dem Familiengericht zunächst eine – unzulässige – Familienstreitsache anhängig war.
Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, dass für die Bestimmung des Verfahrenswertes grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, § 34 FamGKG (ebs. § 40 GKG). Bei Verweisung ist allerdings nicht die erste Antragstellung bei dem – unzuständigen – Gericht, sondern bei dem zuständigen Gericht, an das verwiesen wurde, maßgeblich. § 6 Abs. 1 FamGKG bestimmt – ebenso wie § 4 Abs. 1 GKG – dass bei Verweisung eines Verfahrens an eine andere Gerichtsbarkeit das frühere Verfahren Teil des Verfahrens vor dem übernehmenden Gericht wird. Damit werden Kosten ausschließlich nach den Vorschriften für das übernehmende Gericht erhoben (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18.10.2017 – 8 W 33/17; Zimmermann in Binz / Dörndorfer / Petzold / Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 4 GKG, Rn. 12 f.).
Als Vorschriften für die Wertfestsetzung scheiden die §§ 48, 41 GKG, § 3 ff. ZPO daher aus.
Vielmehr ist entscheidend, ob für die Wertfestsetzung darauf abgestellt wird, dass von vornherein eine Ehewohnungssache vorlag, weshalb sich der Verfahrenswert aus § 48 FamGKG ergibt, oder eine – unzulässige – Familienstreitsache, weshalb der Verfahrenswert aus § 42 FamGKG zu bestimmen wäre. Eine Antragsänderung, soweit sie sich nicht als Erweiterung darstellt, hat auf den Verfahrenswert grundsätzlich keinen Einfluss, § 34 FamGKG.
Eine Antragsänderung durch den Antragsteller ist nicht erfolgt.
Das Familiengericht ging mit Beschluss vom 19.02.2018 davon aus, dass eine Umdeutung des Antrages gem. § 140 BGB analog möglich sei und hat den Antrag des Antragstellers auf Zuweisung der Ehewohnung daher nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Ausführungen in diesem Beschluss zur Umdeutung wird Bezug genommen.
Im Falle der Umdeutung liegt aber keine – gewissermaßen amtswegige – Antragsänderung vor, sondern nur eine sprachliche Klarstellung des eigentlich von vornherein maßgeblichen antragsseitigen Begehrs, weshalb vorliegend von vornherein ein Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung vorlag.
Die Beschwerde könnte daher bereits nur Erfolg haben, wenn davon auszugehen wäre, dass die Umdeutung durch das Familiengericht nicht hätte erfolgen dürfen und deshalb eine Verfahrenswertfestsetzung auf Grund eines zunächst anhängigen – unzulässigen – Antrages im Rahmen einer sonstigen Familienstreitsache erfolgen müsste.
Dies kann im vorliegenden Fall aber dahinstehen. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass zunächst eine – unzulässige – sonstige Familienstreitsache anhängig gewesen wäre, wäre der Verfahrenswert für diese gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen festzulegen. In diesem Fall drängen sich aber die Wertvorschriften des § 48 FamGKG als Maßstab, an dem dieses Ermessen ausgeübt werden kann, auf. Der Gesetzgeber hat sich mit dem FamGKG entschieden, Fragen die Ehewohnung betreffend grundsätzlich nicht am Wert der Wohnung, einem Wohnwert oder gar analog dem Mietrecht zu bewerten. Es erscheint daher billig, gerade diese Überlegungen für die Wertbestimmung im Rahmen einer sonstigen Familienstreitsache nachzuvollziehen, erst recht wenn diese zulässigerweise nur als Ehewohnungssache zu betreiben wäre.
Im Ergebnis ist daher der Verfahrenswert entweder unmittelbar § 48 FamGKG oder über § 42 Abs. 1 FamGKG den Wertungen des § 48 FamGKG zu entnehmen.
Eine Anpassung des Verfahrenswertes gem. § 48 Abs. 3 FamGKG war nicht angezeigt. Ein Ausnahmefall, in dem die pauschalierende Betrachtungsweise des § 48 Abs. 1 FamGKG unbillig erschiene, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Zwar soll bei einer teuren Wohnung angemessen sein, den Wert zu erhöhen (vgl. Dörndorfer in Binz / Dörndorfer / Petzold / Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 48 FamGKG) oder bei umfangreichen und höchst strittigen Verfahren nach oben von den Werten des § 48 Abs. 1 FamGKG abgewichen werden können (v.Swieykowski-Trzaska in Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2. Aufl., § 3 Rn. 131), sowie, wenn die Sache für die Beteiligten bedeutend ist (v. Swieykowski-Trzaska, ebd.). Letzterer Punkt erscheint bereits nicht nachvollziehbar, da jedes Verfahren wegen Ehewohnungszuweisung den Beteiligten immerhin bedeutend genug ist, vor Gericht hierüber zu streiten und letztlich immer über eine Härte i.S.d. § 1361b BGB zu entscheiden ist. Das Verfahren war weder umfangreich noch „höchst strittig“ – anders als andere Verfahren zwischen den Beteiligten. Die von den Beteiligten diskutierten Werte vergleichbarer Mieten zwischen 700,- € und 1.800,- € sind für andere Einfamilienhäuser in V. üblich und keinesfalls auffallend hoch, so dass dahinstehen kann, ob dieser Überlegung zur Wertfestsetzung überhaupt gefolgt werden soll, nachdem der Gesetzgeber gerade keine Orientierung am Wohnwert zu Grunde gelegt hat.
Letztlich sind auch Mehrkosten gem. § 6 Abs. 3 FamGKG weder vorgetragen noch ersichtlich.


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