Aktenzeichen 2 UF 14/18
Leitsatz
Hat sich der Unterhaltspflichtige in einer notariellen Urkunde wegen der Verpflichtung zur Zahlung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen, so ist der Unterhaltsanspruch sofort vollstreckbar. Demgemäß ist § 239 FamFG anwendbar. Grundsätzlich sind Unterhaltstitel unbefristet zu erstellen. Der Unterhaltsberechtigte soll nicht gezwungen sein, sich seine Ansprüche immer wieder neu erstreiten zu müssen. Dies gilt auch für den Fall des Eintritts der Volljährigkeit. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, über die Beschwerde des Antragsgegners ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
2. Den Beteiligten wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis 11.05.2018 gegeben.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, ohne mündliche Verhandlung die Beschwerde des Antragsgegners kostenpflichtig zurückzuweisen.
1. Die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Antragsgegner hat am 06.07.2017, Urkundenrollennummer …/2017, eine vollstreckbare notarielle Urkunde errichten lassen, wonach er sich – befristet bis zur Volljährigkeit des Kindes -verpflichtet, an den Antragsteller, geb. am xx.xx.2004, als Barunterhalt einen Betrag in Höhe von 144% des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle in der jeweils geltenden Fassung, in der jeweiligen Altersstufe unter Abzug des hälftigen staatlichen Kindergeldes, zu bezahlen.
Das Amtsgericht hat im angefochtenen Beschluss nunmehr antragsgemäß die Unterhaltsverpflichtung aus der notariellen Urkunde dahingehend abgeändert, dass diese unbefristet ist.
2. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners hat nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nach Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg.
a. Der Antragsteller hat bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein Rechtschutzbedürfnis für die Titulierung des unbefristeten Unterhalts und kann dies im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 239 FamFG geltend machen. Der Antragsgegner hat sich in der genannten notariellen Urkunde wegen der Verpflichtung zur Zahlung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen, so dass der Unterhaltsanspruch vollstreckbar ist. Demgemäß ist § 239 FamFG anwendbar. Grundsätzlich sind Unterhaltstitel unbefristet zu erstellen. Der Unterhaltsberechtigte soll nicht gezwungen sein, sich seine Ansprüche immer wieder neu erstreiten zu müssen. Dies gilt auch für den Fall des Eintritts der Volljährigkeit.
Der Antragsteller hat auch unbestritten vorgetragen, dass der Antragsgegner zuvor aufgefordert worden war, die neu zu errichtende Urkunde unbefristet erstellen zu lassen, so dass nunmehr ein rechtliches Interesse dafür besteht, die Unterhaltsverpflichtung im Abänderungsverfahren unbefristet zu fordern.
Aus dem Sinn und Zweck des § 244 FamFG, der den unzulässigen Einwand der Volljährigkeit bei Vollstreckung aus einem dynamischen Unterhaltstitel nach Eintritt der Volljährigkeit betrifft, ergibt sich, dass ein Unterhaltstitel nicht nur grundsätzlich unbefristet zu erstellen ist, sondern in diesem Fall auch über den Eintritt der Volljährigkeit besteht. Der Unterhaltsschuldner hat zu jedem Zeitpunkt einen Anspruch, einen solchen einheitlichen unbefristeten Titel zu verlangen. Lediglich einer Leistungsklage zu diesem frühen Zeitpunkt auf Unterhalt beginnend mit dem 18. Lebensjahr würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
b. Der Antragsteller hat auch einen Anspruch auf die Titulierung des nicht befristeten Unterhaltstitels. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen des Amtsgerichts vollumfänglich Bezug genommen. Nur ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen: Gemäß § 1601 BGB ist der Antragsteller unterhaltsberechtigt und er hat gemäß § 1612 a Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch darauf, den Unterhaltsanspruch als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts zu verlangen. Dem Verwandtenunterhalt ist eine Differenzierung zwischen dem Unterhalt für minderjährige und volljährige Kinder dem Grunde nach fremd, so dass der Anspruch des Kindes auch auf einen unbefristeten Unterhaltstitel gerichtet ist (vgl. OLG Celle vom 15.12.2016, Az. 19 UF 134/16, zitiert nach juris sowie OLG Hamm FamRZ 2011, 1407). Soweit § 1612 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BGB den Mindestunterhalt nur bis zur 3. Altersstufe regelt, widerspricht dies dem nicht. Wie bereits dargelegt ergibt sich aus § 244 FamFG gerade, dass diesen dynamisierten Kinderunterhaltsansprüchen der Einwand der Volljährigkeit nicht entgegengehalten werden kann, also über das Alter der Volljährigkeit hinaus gilt.
Dem steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 04.10.2005 (Az.: VII ZB 21/05) entgegen, die zum damals geltenden § 798 a ZPO ergangen ist. Der Bundesgerichtshof führt hier gerade aus, dass durch die Neufassung des § 1612 a BGB allen minderjährigen Kindern die Möglichkeit eröffnet worden sei, den Unterhalt als Prozentsatz des Regelbetrags nach der Regelbetragsverordnung zu verlangen und eine Begrenzung bis zum Eintritt der Volljährigkeit das Gesetz gerade nicht vorsehe. Der (damals) neu gefasste § 798 a ZPO bestimme nunmehr, dass der nach Eintritt der Volljährigkeit noch zum Unterhalt Verpflichtete gegenüber einem titulierten Anspruch auf Unterhalt i.S.d. § 1612 a BGB nicht einwenden könne, dass eine Minderjährigkeit nicht mehr bestehe. Eine Begrenzung bis zur Volljährigkeit des Kindes sehe § 1612 a BGB gerade nicht vor und solle das minderjährige Kind in die Lage versetzen, den Unterhalt nach § 1612 a BGB auch über den Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus geltend zu machen und einen unbefristet tenorierten Titel zu erlangen. Es solle nicht gezwungen sein, sich nach Eintritt der Volljährigkeit einen neuen Titel beschaffen zu müssen (BGH a.a.O. unter Verweis auf die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 13/7338 S.23). Auch hieraus folgt, dass das minderjährige Kind einen Anspruch hat, seinen Unterhaltstitel unbefristet über das 18. Lebensjahr hinaus festsetzen zu lassen.
Der Umstand, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht klar ist, wie sich die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Volljährigkeit darstellen werden, ist gerade kein Argument dafür, dass im Einzelfall eine Befristung gerechtfertigt wäre. Denn es entspricht dem Regelfall, dass zukünftige Entwicklungen gerade nicht vorhergesehen werden können und deswegen bei Erstellung des Titels auch außer Betracht zu bleiben haben.
Demzufolge ist gerade im Hinblick auf die tatsächlichen Unsicherheiten ein Titulierungsinteresse und ein Titulierungsanspruch des Antragstellers auf einen unbefristeten Unterhaltstitel gegeben (siehe auch OLG Celle a.a.O.).
Der Senat kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 28.12.2017 der Sach- und Rechtslage entspricht und die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat beabsichtigt daher, die Beschwerde des Antragsgegners kostenpflichtig zurückzuweisen.
Den Beteiligten wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis 11.05.2018 gegeben, insbesondere auch dazu, ob seitens des Antragsgegners die Beschwerde zurückgenommen wird.