Handels- und Gesellschaftsrecht

Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines Squeeze-Outs

Aktenzeichen  31 Wx 358/16

Datum:
2.9.2019
Fundstelle:
AG – 2020, 133
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
SpruchG § 6, § 7, § 8, § 17 Abs. 1
HGB § 10, § 253 Abs. 1 S. 1, § 275, § 319 Abs. 3, § 323
AktG § 293d, § 327a, § 327b, § 327c
GG Art. 14 Abs. 1
ZPO § 287 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Da es einen exakten, einzig richtigen Unternehmenswert bei der Unternehmensbewertung in Spruchverfahren nicht geben kann, muss im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung eine gewisse Bandbreite von Werten als (noch) angemessen erachtet werden. Eine Erhöhung der Kompensation durch das Gericht kommt dementsprechend nur in Betracht, wenn der im Rahmen des Spruchverfahrens ermittelte Wert nicht nur geringfügig von dem ursprünglichen Wert abweicht. (Rn. 32)
2. Eine Abweichung von (deutlich) mehr als 5 % kann allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände als noch geringfügig und damit unerheblich angesehen werden. Dies ist einzelfallabhängig im Rahmen einer Abwägung sämtlicher Gesamtumstände zu prüfen. Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ist bei einer Abweichung von 9,45 % die Erheblichkeitsschwelle überschritten. (Rn. 149 und 154)
3. Die Unternehmensbewertung nach der Ertragswertmethode ist nicht gleichzusetzen mit der Aufstellung einer Bilanz bzw. einer Gewinn- und Verlustrechnung und die zugrunde gelegten Zahlen müssen dementsprechend nicht allen handelsrechtlichen Grundsätzen entsprechen. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die Bewertung der ewigen Rente ist ein eingeschwungener Zustand (auch Beharrungszustand oder Gleichgewichtszustand) der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens anzunehmen, in welchem sich die zu kapitalisierenden Ergebnisse nicht mehr wesentlich verändern bzw. nur mit einer konstanten Rate, welcher mit dem Wachstumsabschlag im Kapitalisierungszins Rechnung getragen wird. (Rn. 91) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten muss vor dem Hintergrund des in § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 26 FamFG normierten Amtsermittlungsgrundsatzes nur dann eingeholt werden, wenn nach ergänzender Anhörung des Prüfers gleichwohl weiterer Aufklärungsbedarf besteht und weitere Klärung durch das Sachverständigengutachten zu erwarten ist. (Rn. 157) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5HK O 14376/13 2016-05-31 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Die Beschwerden der Antragsteller zu 7), 21), 27), 36), 40), 42) – 44), 47) – 50), 57) – 62), 69) – 71), 79), 83), 84), 103) und 106) sowie die Beschwerde der Antragsgegnerin werden zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Auslagenerstattung findet nicht statt.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 7,5 Mio. festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines Squeeze-Outs.
Die Antragsteller waren Aktionäre der … … .. SE (im Folgenden: … SE oder die Gesellschaft). Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von € 181.304.561,23 war in 7.092.108 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden Anteil am Grundkapital auf gerundet € 25,56 eingeteilt. Die Aktien waren zum Handel im regulierten Markt an den Börsen Berlin, Frankfurt und München zugelassen und wurden außerdem im Freiverkehr der Börsen Düsseldorf und Stuttgart gehandelt.
Unternehmensgegenstand der … SE war die Leitung mehrerer Tochtergesellschaften, die insbesondere in den Geschäftsfeldern Holz, Zellstoff, Papier, Hygienepapier und Verbundartikel jeglicher Art als Hersteller, Vertreiber oder Händler zuständig sind. Die Hauptgeschäftsbereiche waren dabei einerseits der Bereich „Tissue“ mit Consumer Tissue und Away from Home-Produkten und andererseits der Bereich „Personal Care“ mit Babywindeln, Inkontinenzvorlage und Damenhygieneprodukten mit einem Hauptabsatzmarkt in Europa (Westeuropa sowie Polen und Russland; insg. rund 75,9%) und Nordamerika (rund 23,9%).
Bereits im Jahr 1995 hatte die schwedische … … … … (publ) (im Folgenden: … AB) eine Mehrheitsbeteiligung von zunächst rund 75% an der … SE übernommen, die zum damaligen Zeitpunkt noch unter … … W.-A. AG firmierte. Im Jahr 1997 wurde sodann zwischen der … AG und der … Group Holding GmbH, eine mittelbare Tochtergesellschaft der … AB, ein Ergebnis- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen. In dem daraufhin durchgeführten Spruchverfahren wurde durch den Senat mit Beschluss vom 17.07.2007 der Abfindungsbetrag auf € 231,60 und der Ausgleichsbetrag auf € 16,20 je Aktie festgesetzt (OLG München, Beschluss vom 17.07.2007 – 31 Wx 060/06).
Am 21.11.2012 gab die … SE mittels ad hoc-Mitteilung das Squeeze-out-Verlangen der Antragsgegnerin, die zum damaligen Zeitpunkt unter … Group Holding B.V. firmierte und rund 96,6% der Aktien der … SE (insg. 6.851.067 Stück) hielt, bekannt. Alleinige Gesellschafterin der … Holding war wiederum die Konzernobergesellschaft … AB.
Im Dreimonatszeitraum vor dieser ad hoc-Mitteilung lag der umsatzgewichtete Durchschnittskurs des …-Aktie bei € 340,83 je Aktie.
Am 17.05.2013 fasste die Hauptversammlung der … SE den Beschluss die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung von € 487,81 je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen.
Die von der Antragsgegnerin mit der Bewertung der … SE beauftrage … C. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 27.03.2013 (Anl. AG 5) unter Anwendung der Ertragswertmethode zunächst einen Unternehmenswert von € 3,3221 Mrd. bzw. € 468,42 je Aktie.
Dabei ging die Bewerterin von einer Detailplanungsphase 2013 bis 2015 aus, die ewige Rente wurde ab den Jahren 2016 ff. abgebildet. Bei der Kapitalisierung der Überschüsse wurde der Basiszinssatz einheitlich auf 2,5% vor Steuern festgesetzt. Der unter Anwendung des (Tax-)CAPM ermittelte Risikozuschlag wurde für 2013 auf 3,7% und für die nachfolgenden Planjahre sowie den Terminal Value auf 4,1% festgesetzt. Ausgangspunkt dieser Berechnung war eine Marktrisikoprämie von 5,5% und ein aus einer Peer Group abgeleiteter unverschuldeter Beta-Faktor von 0,6. In der Ewigen Rente ging die Bewerterin von einem Wachstumsabschlag von 0,75% aus. Sonderwerte wurden in Höhe von insgesamt € 91,5 Mio. angesetzt.
Die gerichtlich bestellte Abfindungsprüferin W. & K. G. T. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: die Prüferin) billigte in ihrem Prüfbericht vom 28.03.2013 (Anl. AG 6) den von der Bewerterin ermittelten Unternehmenswert und hielt die festgelegte Barabfindung von € 468,42 je Aktie für angemessen.
Aufgrund eines zum Stichtag der Hauptversammlung von 2,5% auf 2,25% (vor Steuern) gesunkenen Basiszinssatzes gelangten Gutachterin und Prüferin in ihren Stichtagserklärungen vom 14.05.2013 (Anl. AG 7, 8) zu einem entsprechend höheren Unternehmenswert und somit zu einer höheren Barabfindung von € 487,81 je Aktie.
Der Beschluss über den Squeeze-Out wurde am 24.06.2013 in das Handelsregister der … SE eingetragen und am 26.06.2013 gem. § 10 HGB bekannt gemacht.
113 Antragsteller haben die festgelegte Barabfindung als zu niedrig angegriffen und die gerichtliche Festsetzung einer über € 487,81 je Aktie hinausgehenden angemessenen Barabfindung verlangt.
Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2014 und 15.05.2015 die Mitarbeiter der Abfindungsprüferin, Herrn Prof. Dr. M.J. und Frau S.J., angehört und weitere schriftliche ergänzende Stellungnahmen eingeholt. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung (Bl. 623/655 d.A. und Bl. 722/753 d.A.) sowie die ergänzenden Stellungnahmen der Abfindungsprüferin vom 21.01.2015 (Bl. 664/674 d.A.), 12.03.2015 (Bl. 678/686 d.A.), 31.03.2015 (Bl. 688/721 d.A.) und 16.06.2915 (Bl. 758/764 d.A.) wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 31.05.2016 hat das Landgericht die an die ehemaligen Aktionäre der … … … SE zu leistende Barabfindung auf € 533,93 je Aktie erhöht. Dabei folgte das Landgericht grundsätzlich der Bewertung auf Basis der Ertragswertmethode durch die Bewerterin und Abfindungsprüferin. Bei den der Bewertung zugrunde gelegten Planannahmen korrigierte das Landgericht lediglich die sonstigen betrieblichen Erträge dahingehend, dass es sie mit einem jährlichen Wachstum von 1% fortschrieb. Im Rahmen der Diskontierung senkte das Landgericht darüber hinaus die Marktrisikoprämie von 5,5% auf 5,0% ab. Auf die Beschlussgründe (Bl. 935/1077 d.A.) wird Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Beschwerden der Antragsteller zu 7), 21), 27), 36), 40), 42) – 44), 47) – 50), 57) – 62), 69) – 71), 79), 83), 84), 103) und 106). Sie wiederholen und vertiefen im Wesentlichen die bereits erstinstanzlich erhobenen Rügen gegen die Bewertung. Sie rügen neben zahlreichen Planannahmen auch die einzelnen Parameter der Diskontierung, insbesondere die Marktrisikoprämie, den Beta-Faktor und den Wachstumsabschlag.
Darüber hinaus hat auch die Antragsgegnerin Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt. Sie rügt ebenfalls die Höhe der Marktrisikoprämie und befasst sich sodann mit der sog. Bagatellrechtsprechung. Sie vertritt die Auffassung, dass selbst mit den vom Landgericht angenommenen Parametern eine Erhöhung der Barabfindung nicht angezeigt sei, da es sich um eine lediglich unerheblich Abweichung im Vergleich zur angebotenen Abfindung von unter 10% handele.
Auf die Ausführungen in den jeweiligen Beschwerdebegründungen, Erwiderungen, Repliken, Dupliken und sonstigen weiteren Stellungnahmen wird Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Beschwerden mit Beschluss vom 29.09.2016 (Bl. 1344/1362 d.A.) nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
II.
Die Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht hat die Barabfindung zu Recht auf € 533,93 je Aktie festgesetzt.
1. Die Beschwerden sind zulässig.
Sie sind insbesondere fristgerecht eingelegt, bzw. als Anschlussbeschwerde auch nach Ablauf der Frist zulässig, § 17 Abs. 1 SpruchG, §§ 63 Abs. 1, 66 FamFG.
Soweit die Beschwerden vereinzelt irrtümlicherweise noch als sofortige Beschwerden bezeichnet wurden, ist dies unschädlich (BGH, Beschluss vom 27.10.2010 – XII ZB 136/09 Rn. 18 nach juris).
Weiterhin ist der nach §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von € 600,00 erreicht. Er ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag, den der einzelne Beschwerdeführer zusätzlich für sich erstrebt, wobei die Beschwer aller Beschwerdeführer zusammenzurechnen ist, da sich die Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen (BGH, Beschluss vom 18.09.2018 – II ZB 15/17, BeckRS 2018, 2..8290 Rn. 9, 19, 24). Die einzelnen Beschwerdeführer halten zum Teil mehrere tausend Aktien. Auch ohne an dieser Stelle genau festzulegen, welcher Unterschiedsbetrag im Einzelnen erstrebt wird, ist damit der Beschwerdewert jedenfalls in der Gesamtschau unzweifelhaft erreicht.
2. Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Die durch das Landgericht festgesetzte Barabfindung ist angemessen. Es ist auf die Beschwerden der Antragsteller hin weder eine Erhöhung noch auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin eine Reduzierung vorzunehmen.
a) Gemäß Art. 9 Abs. 1 c) ii) SE-VO i.V.m. §§ 327a, b AktG kann die Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen, wobei zunächst der Hauptaktionär die Höhe der Barabfindung festlegt.
Unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG) ist die Angemessenheit der Abfindung nur dann zu bejahen, wenn ein vollständiger wirtschaftlicher Ausgleich für die Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Stellung der Aktionäre gewährt wird. Hierzu muss der „wirkliche“ oder „wahre“ Wert des Anteilseigentums widergespiegelt werden (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14 Rn. 23).
Als Untergrenze für die Bestimmung des Unternehmenswerts kann dabei jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften auf den Börsenkurs zurückgegriffen werden, welcher sich hier im Zeitraum von drei Monaten vor der ersten Bekanntmachung des Squeeze-Out-Verlangens auf € 340,83 (also deutlich weniger als die angebotene Abfindung) je Aktie belief. Eine geringere Abfindung würde der Dispositionsfreiheit über das Eigentum und damit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht hinreichend Rechnung tragen; die Aktionäre dürfen nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Maßnahme erhalten hätten (BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94; BVerfG, Beschl v. 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10).
Darüber hinaus bzw. in Konstellationen, in denen ein Börsenwert nicht herangezogen werden kann, schreibt Art. 14 Abs. 1 GG hingegen nicht vor, nach welcher Methode dieser „wahre“ Wert ermittelt werden muss. Auch das einfache Recht kennt entsprechende Vorgaben nicht. Das Gericht ist vielmehr gehalten, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Diese richtet sich wiederum nach der wirtschaftswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Kommen im konkreten Fall mehrere Berechnungsweisen in Betracht, obliegt die Auswahl damit dem Tatrichter im Rahmen seines Schätzermessens. Lediglich bei der sich daran anschließenden Frage, ob die vom Tatrichter gewählte Bewertungsmethode den o.g. gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht, handelt es sich um eine Rechtsfrage (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, Rn. 12; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14 Rn. 14). Entscheidend ist demnach allein, dass die jeweilige Methode in der Wirtschaftswissenschaft oder Betriebswirtschaftslehre grundsätzlich anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist, was bei der hier angewandten Ertragswertmethode, bei welcher im Rahmen einer Prognoseentscheidung die zukünftigen Erträge der Gesellschaft ermittelt werden, grundsätzlich zu bejahen ist (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, Rn. 33 ff.).
Die Ertragswertmethode beruht auf der Überlegung, dass sich der Wert eines Unternehmens in erster Linie danach bestimmt, welche Erträge es in Zukunft erwirtschaften kann. Bei der Unternehmensbewertung ist daher primär der Barwert des betriebsnotwendigen Vermögens unter Berücksichtigung der prognostizierten Einnahmen- und Ertragsüberschüsse zu ermitteln. Nach dieser Methode werden somit die zukünftigen Erträge geschätzt und auf den maßgeblichen Stichtag (Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung) mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert. Verfügt das Unternehmen neben dem betriebsnotwendigen Vermögen über nicht betriebsnotwendiges (neutrales) Vermögen, so ist dieses gesondert zu bewerten. Die Summe daraus bildet den Ertragswert (Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung 7. Aufl. Rn. 1076; Franken/Schulte/Dröschell, Kapitalkosten für die Unternehmensbewertung, 3. Aufl. S. 4).
Die Ertragswertmethode ist in Literatur und Praxis allgemein anerkannt und verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenngleich ihre Anwendung nicht zwingend geboten ist (BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10; BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14, Rn. 21; OLG München, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2018 – 26 W 4/17 (AktE); Großfeld, a.a.O., Rn. 269). Anhaltspunkte dafür, dass die Ertragswertmethode im konkreten Fall nicht geeignet ist, den wahren Wert des Unternehmens abzubilden bestehen vorliegend nicht und werden seitens der Beschwerdeführer auch nicht konkret vorgetragen. Es ist daher entgegen der zum Teil beschwerdeseits vertretenen Auffassung bereits im Hinblick auf Verfahrensdauer und Verfahrenskosten nicht erforderlich, im Sinne einer Methodenvielfalt daneben ergänzend weitere Bewertungsverfahren heranzuziehen.
Es ist weiter zu berücksichtigen, dass es einen exakten, einzig richtigen Wert eines Unternehmens – unabhängig von der zugrunde gelegten Bewertungsmethode – nicht geben kann (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, Rn. 36; OLG München, Beschluss vom 16.10.2018 – 31 Wx 415/16). Jede in die Zukunft gerichtete Prognose beinhaltet naturgemäß gewisse Unsicherheiten, die allerdings auch im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes hinzunehmen sind. Es muss dementsprechend eine gewisse Bandbreite von Werten als (noch) angemessen angesehen werden und eine höhere Barabfindung kann erst dann angenommen werden, wenn eine gewisse Grenze überschritten ist (näher dazu unten ab S. 41). Das Gericht ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch nicht gehalten, nach dem Meistbegünstigungsprinzip die Bewertungsmethode oder innerhalb einer Bewertungsmethode die Parameter anzusetzen, die für die Antragsteller die größtmögliche Abfindung ergeben, etwa um auf diese Weise auszugleichen, dass die Antragsgegnerin im Zweifel eher einen niedrigere als eine höhere Abfindungszahlung anbietet. Die Antragsteller haben Anspruch auf eine angemessene, der Beteiligung am wirklichen Unternehmenswert entsprechende Abfindung, nicht aber auf eine möglichst hohe Abfindung (BGH, a.a.O., Rn. 38). Wenn jede rechnerische Zwischengröße in diesem Sinne zu Gunsten der Aktionäre bestimmt werden würde, käme es im Ergebnis zu einer derartigen Kumulation von Günstigkeitsentscheidungen, dass der „wirkliche“ Wert sicherlich nicht mehr abgebildet werden würde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.2011 – 1 BvR 2658/10. Rn. 23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011 – 21 W 7/11; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011 – 20 W 7/11).
b) Unter diesen Voraussetzungen hat das Landgericht die von der Bewerterin angesetzten und von der Vertragsprüferin gebilligten für die Ertragswertermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens herangezogenen Planannahmen zu Recht lediglich in Bezug auf einen kleinen Teilaspekt (sonstige betriebliche Erträge) korrigiert. Insgesamt ist dabei festzustellen, dass es sich um eine eher optimistische Planung handelt, die den Minderheitsaktionären bei der Bemessung der Abfindungshöhe zu Gute kommt.
aa) Grundlage für die Ermittlung der künftigen Erträge ist die Planung der Gesellschaft, die auf der Basis einer Vergangenheitsanalyse vorzunehmen ist (Dreier/Fritzsche/Verfürth, SpruchG, 2. Aufl. Annex zu § 11, Rn. 24; Simon/Leverkus). Die Planung ist in erster Linie Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen und ist nur eingeschränkt darauf hin überprüfbar, ob sie auf zutreffenden Informationen und realistischen Annahmen beruht, mithin plausibel und auch nicht widersprüchlich ist. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere (für die Antragsteller günstigere) – letztlich aber ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2012 – 1 BvR 3221/10, Rn. 30; OLG München, Beschluss vom 14.07.2009 – 31 Wx 121/06, Rn. 12; Spindler/Stilz/Drescher, 3. Aufl. , SpruchG, § 8 Rn. 4a). Es ist insofern völlig zutreffend und rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Prüfungsmaßstab auf eine reine Vertretbarkeitsprüfung beschränkt.
Soweit beschwerdeseits an dieser Stelle ausgeführt wird, dieser Schutz der unternehmerischen Planungsfreiheit könne hier nicht gelten, da es keine originäre Planung der … SE gebe, sondern zum Zwecke der Unternehmensbewertung ein Rückgriff auf die Planung des Oberkonzerns und unter Zuhilfenahme von Marktstudien erfolgte, ist dem nicht zuzustimmen.
Zunächst ist es grundsätzlich gerade auch vor dem Hintergrund des seit 1998 bestehenden Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages nicht zu beanstanden, dass die Planung durch die Konzernspitze erfolgt und nicht für jede einzelne legale Einheit losgelöst hiervon ein eigener Planungsprozess durchgeführt wird. Sodann ist zu berücksichtigen, dass auch die Planung durch die Konzernspitze von der unternehmerischen Planungsfreiheit gedeckt und kann nur eingeschränkt auf Plausibilität und Widerspruchsfreiheit überprüft werden.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, wie sich aus dieser Konzernplanung die hier zugrunde gelegten Zahlen für die … SE ableiten lassen. Die sachverständige Prüferin hat diesbezüglich ausgeführt, dass es gerade keine Planungen für die einzelnen Tochtergesellschaften, sondern für verschiedene Regionen und Produktbereiche abgeleitete Teilplanungen gab, was grundsätzlich (ebenfalls als Ausdruck der unternehmerischen Planungsfreiheit) nicht zu beanstanden ist, so dass an dieser Stelle auch kein Anlass dafür besteht anzunehmen, eine weitergehende Planung für die einzelnen Tochtergesellschaften bestehe doch, sei aber den Prüfern bzw. dem Gericht vorenthalten worden. Es handelt sich insofern um eine reine Vermutung ins Blaue hinein, für die (auch nicht unter Berücksichtigung der Lageberichte) keinerlei konkrete Anhaltspunkte bestehen.
Die Prüferin/Bewerterin (oder auch ein gerichtlich bestellter Sachverständiger) steht damit aber vor dem Problem, dass es keine originäre Planung der hier zu bewertenden Gesellschaft gibt. Ausgehend von der Planung des Oberkonzerns und den regionalen bzw. bereichsspezifischen Ableitungen wurden daher sodann unter Zuhilfenahme von Marktstudien und unter Berücksichtigung der jeweiligen strukturellen Unterschiede zwischen der … AB und der … SE die der hiesigen Bewertung zugrunde liegenden Zahlen hergeleitet. Der Bewertung liegt dementsprechend eine Planung der … SE zugrunde, die anlässlich des Squeeze-Outs erstellt wurde (vgl. Prüfbericht S. 14 ff., Protokoll v. 11.12.2014, S. 15 f. – Bl. 637 f. d.A., so auch Beschluss S. 44 ff. – Bl. 979 ff. d.A.). Auch dies ist per se nicht zu beanstanden, sondern bedeutet lediglich, dass in Bezug auf die einzelnen zugrunde gelegten Zahlen kritisch hinterfragt werden muss, inwieweit sie sich aus der (nicht anlassbezogenen) Planung des Oberkonzerns ableiten lassen. Andernfalls wären derartige Sonderplanungen in Tat nur bedingt von der unternehmerischen Planungsfreiheit gedeckt (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.05.2016 – 12 aW 2/15; Simon/Leverkus, SpruchG , Anh. § 11, Rn. 76).
In diesem Lichte ist auch der seitens der Beschwerdeführer wiederholt angegriffene Aspekt der mangelnden Planungstreue zu sehen. Auch insofern ist dem Landgericht zuzustimmen. Soweit es keine originäre Planung der … SE gab, konnte diese auch nicht auf ihre Planungstreue hin untersucht werden. Soweit die Planung des Oberkonzerns betroffen ist, wäre eine etwaige Überprüfung zwar ggf. möglich, aber nicht zielführend, da die … AB – wie bereits ausgeführt – gerade nicht nach Tochtergesellschaften, sondern nach Regionen und Produktbereichen geplant hat und strukturell und geografisch nicht ohne weiteres mit der … SE gleichzusetzen ist. Insofern ist auch ein unmittelbarer Vergleich zwischen den Zahlen der … AB und der … SE nicht zielführend. Das Vorgehen von Abfindungsprüferin und Bewerterin dahingehend zu überprüfen, ob es zu Abweichungen zwischen den relevanten Marktstudien und den abgeleiteten Planzahlen gekommen ist und falls dies der Fall war, diese zu hinterfragen, muss daher als sachgerecht angesehen werden.
Im Ergebnis ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze von einer hohen „Planungstreue“ auszugehen. Soweit es im Jahr 2012 zu deutlich höheren Umsatzzahlen gekommen ist, ist dies im Wesentlichen auf die hohe Volatilität der Rohstoffpreise zurückzuführen. Ein Schluss dahingehend, dass durchgängig zu pessimistisch geplant worden sei, um die Abfindung möglichst gering zu halten, kann hieraus nicht gezogen werden. So zeigt z.B. ein Blick auf das Jahr 2011, dass dort – wiederum aufgrund eines erheblichen Anstiegs der Rohstoffpreise – die Planung eher zu optimistisch war. Insgesamt zeigt sich an zahlreichen Stellen der Planung, dass diese tendenziell eher als optimistisch eingestuft werden kann.
Auch soweit für Europa nach den entsprechenden Marktstudien in einzelnen Bereichen grundsätzlich ein höheres Wachstum zu erwarten gewesen wäre (andere Studien zu anderen Bereichen ließen hingegen unter Umständen eher auf ein niedrigeres Wachstum schließen), ist hier im Ergebnis kein Widerspruch bzw. eine zu pessimistische Planung erkennbar. Dieser Umstand ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die … SE schwerpunktmäßig im westeuropäischen Markt tätig ist, dieser aber deutlich gesättigter ist als in Osteuropa.
bb) Sodann werden in Bezug auf diverse einzelne Planannahmen im Detailplanungszeitraum sowie in der ewigen Rente zahlreiche detailbezogene Einwendungen erhoben, die im Ergebnis nach eingehender Prüfung durch den Senat jedoch nicht durchgreifen können.
Grundsätzlich ist hierzu ausführen, dass die Einwendungen regelmäßig nur Teilaspekte der Planung hinterfragen, ohne das Gesamtbild zu sehen. So mögen zwar einzelne Argumente (im Ansatz) zutreffend sein, es muss jedoch in einem zweiten Schritte geprüft werden, ob sich etwaige Effekte durch anderweitige z.T. gegenläufige Entwicklungen nivellieren oder jedenfalls relativieren. Insgesamt muss unter Berücksichtung aller Chancen, Risiken, Vor- und Nachteilen der hier zu bewertenden … SE gesehen werden, dass sich dieses Unternehmen auf einem weitgehend gesättigten Markt bewegt, in welchem angesichts einer kapitalintensiven Produktion vergleichsweise geringe Margen erzielt werden können. Es ist von einem eher zurückhaltenden, ausschließlich volumengetriebenen Wachstum der Umsatzerlöse bei stabilen Verkaufspreisen auszugehen (Bewertungsgutachten S. 30 f., 47 ff.; Prüfbericht S. 19).
(1) Im Einzelnen sind in der Detailplanungsphase betreffend die Umsatzplanung insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:
(a) Zunächst bedarf die Annahme konstanter Verkaufspreise keiner Korrektur, sie wird seitens der Prüferin sogar als optimistisch bezeichnet (Protokoll v. 11.12.2014, S. 18 – Bl 640).
Es ist schlicht unzutreffend, dass die … SE in der Vergangenheit stets zu Preiserhöhungen in der Lage gewesen sein soll. Je nach Bereich zeigen sich in den vorangegangenen Jahren durchaus auch negative Preisentwicklungen (z.B. Consumer Tissue in den Jahren 2008 – 2012 durchschnittlich -0,29%, Prüfbericht S. 20). Die Planung mit stabilen Verkaufspreisen knüpft hieran an. Ein Widerspruch kann hierin nicht gesehen werden.
Soweit beschwerdeseits in diesem Zusammenhang die Argumentation des Landgerichts in Bezug auf die Preiserhöhungen als Folge gestiegener Rohstoffkosten angegriffen wird (Beschluss S. 48 f.), ist zu berücksichtigen, dass das LG an dieser Stelle lediglich die Ausführungen in den Lageberichten aufgreift. Dort wurde auf Preiserhöhungen als Reaktion auf gestiegene Rohstoffkosten hingewiesen. Eine allgemeingültige Aussage darüber, dass steigende Rohstoffkosten auch langfristig mit steigenden Verkaufspreisen einhergehen müssten bzw. eine Aussage darüber, was das für den umgekehrten Fall bedeuten würde, wird hierdurch gerade nicht getroffen. Sollten hingegen die Rohstoffpreise stabil bleiben, wie dies für 2014 und 2015 weitgehend angenommen wurde, ist es jedenfalls nicht per se widersprüchlich auch von stabilen Verkaufspreisen auszugehen.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung mehrerer Beschwerdeführer auch nicht aus der bestehenden Marktstruktur. Die Bewerterin und Prüferin haben durchaus berücksichtigt, dass es sich zum Teil um einen oligopolistischen Markt handelt und dass die … SE in einigen Teilbereichen einen marktführende Stellung innehat. Ein ggf. hieraus resultierender Preissetzungseffekt wird allerdings durch verschiedene Umstände wieder relativiert. So muss zunächst berücksichtigt werden, dass gewisse Marktöffnungen und Marktvermischungen bestehen. Bestimmte A.-Produkte können zum Beispiel durch Substitute wie elektrische Händetrockner ersetzt werden. Diese sind preiswerter und (vermeintlich) umweltfreundlicher, werden dementsprechend also stark nachgefragt. Offenkundig haben derartige Händetrockner mittlerweile insbesondere in Restaurants, Kaufhäusern, öffentlichen Einrichtungen etc. Einzug gefunden und die herkömmlichen Papierhandtücher abgelöst, so dass dieser Effekt – unabhängig von der Höhe des genauen Marktanteils – zu berücksichtigen war. Darüber hinaus ist zu sehen, dass der … SE auf Abnahmeseite regelmäßig Großabnehmer wie A. oder d. mit einer ebenfalls großen Marktmacht gegenüberstehen.
Auch die Vergleiche mit der Entwicklung der Verkaufspreise bzw. der Margen anderer Wettbewerber zeigt, dass die Annahmen hier durchaus realistisch, wenn nicht sogar als leicht optimistisch, eingestuft werden können. Die These, die geringere Marge von H. zeige lediglich, dass der Fortbestand dieses Unternehmens langfristig nicht gewährleistet sei, weswegen bei der … SE ein größeres Umsatzwachstum angesetzt werden müsse, ist dergestalt nicht haltbar. Es ist gerade keine „mathematische Notwendigkeit“, dass der Rückzug eines Unternehmens bedeutet, dass sich die verbleibenden Unternehmen, den Kuchen nunmehr untereinander aufteilen könnten. Dies trifft zwar auf den Marktanteil zu, sagt aber über die möglichen Verkaufspreise bzw. zu erreichenden Margen nichts aus. Vielmehr gilt doch folgendes: Wettbewerber ziehen sich aus dem Markt zurück, weil die Margen so niedrig sind. Die Vertragsprüfer haben auch in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Rückzug keine Wachstumschance für die verbleibenden Überlebenden, sondern vielmehr ein Symptom der niedrigen Margen ist (Protokoll v. 11.12.2014, S. 20, Bl. 642).
(b) Ein größeres Umsatzwachstum (Mengenwachstum) kann auch nicht aus dem demografischen Wandel abgeleitet werden. Auch dieser wurde durchaus – in angemessenem Umfang – berücksichtigt. Es muss jedoch auch gesehen werden, dass Inkontinenz-Produkte in den USA deutlich unbekannter sind als in Europa. In Europa kommt dazu, dass diese Produkte zu einem Großteil nicht durch die Endverbraucher sondern durch Krankenhäuser, Krankenkassen, Pflegeeinrichtungen etc. abgenommen werden. Dementsprechend müssen die Besonderheiten des Gesundheitssystems berücksichtigt werden. Die Einrichtungen sind in der Regel verpflichtet, das günstigste Produkt zu erwerben, weswegen auch hier eine Abwälzung etwaiger Preissteigerungen nur in sehr begrenztem Umfang möglich ist (vgl. Protokoll v. 11.12.2014, S. 18 f., Bl. 640 f. d.A.). Hinzu kommt, dass dem demografischen Wandel rückläufige Geburtenzahlen entgegenstehen, welche zum einen unmittelbar zu einem geringeren Absatz an Babywindeln führen und zum anderen einen etwaigen positiven Effekt des demografischen Wandels jedenfalls langfristig relativieren.
(c) Darüber hinaus ist nicht zutreffend, dass etwaige Innovationen und Produktverbesserungen als irrelevant eingestuft worden seien. Es ist jedoch zu kurz gegriffen, hieraus unmittelbar auf die Möglichkeit von Preissteigerungen zu schließen. So hat das Landgericht beispielsweise in Bezug auf die Inkontinenzprodukte überzeugend ausgeführt, dass sich diese unverändert über Jahre hinweg am Markt gar nicht halten könnten. Vielmehr bedarf es kontinuierlicher Weiterentwicklung, um wettbewerbsfähig zu bleiben (Beschluss S. 54 – Bl. 989). Gerade im Bereich der Inkontinenzprodukte sind die Verkaufspreise tendenziell sinkend. Innovationen – die natürlich auch mit Kostensteigerungen verbunden sind – sind dementsprechend nicht nur für Preissteigerungen, sondern zunächst auch für Preiserhaltungen erforderlich (ergänzende Stellungnahme vom 12.03.2015, S. 8, Bl. 685 d.A.)
(d) Auch das größere Umsatzpotential in Russland und Osteuropa wurde entgegen der Auffassung einzelner Antragsteller in angemessenem Umfang berücksichtigt. Soweit antragstellerseits moniert wird, dass eine länderspezifische Aufteilung der Planung nicht erfolgt sei, ist dies im Hinblick auf die unternehmerische Planungshoheit hinzunehmen (s.o.). Hieran könnte auch das seitens der Antragsteller geforderte gerichtliche Sachverständigengutachten nichts ändern. Die Abfindungsprüfer haben diesbezüglich in ihrer ergänzenden Stellungnahme erläutert, dass getrennte Wachstumsraten für Polen und Russland nicht vorlägen, diese beiden Länder seien in der EU-Planung enthalten, die nur als Gesamtscheibe vorliege (ergänzende Stellungnahme v. 12.03.2015, S. 3 – Bl. 681 d.A.). Es sei jedoch von einem Umsatzanteil von rund 9% für Russland und 1% für Polen (weitere osteuropäische Länder werden von der … SE nicht bedient) am Gesamtumsatz auszugehen (Protokoll vom 11.12.2014, S. 17 – Bl. 639 d.A.). Insofern können die nach RISI ermittelten Zahlen, die den gesamten osteuropäischen Markt betreffen nicht uneingeschränkt zugrunde gelegt werden, zumal für den Bereich Consumer Tissue das für die … SE geplante Marktwachstum in Europa (gesamt) ohnehin über dem von RISI erwarteten Wachstum liegt. Auch die Tatsache, dass die … SE in Russland und Polen von 2010 – 2012 stärker gewachsen ist als in Westeuropa kann sich angesichts des Anteils am Gesamtumsatz nicht 1:1 im europäischen Wachstum niederschlagen. Das Wachstumspotential in Polen und Russland wurde seitens der Abfindungsprüferin nochmals und gerade auch im Hinblick auf die dort getätigten Investitionen kritisch hinterfragt. Im Ergebnis konnte nicht festgestellt werden, dass hierdurch die Planannahmen für Europa (gesamt) unplausibel gewesen wären. Dass trotz etwaiger höherer Wachstumschancen keine darüber hinausgehenden Expansionen der … SE in Osteuropa geplant sind, ist als originäre Planung der Konzernobergesellschaft, die dort bereits selbst bzw. durch andere Tochtergesellschaften tätig ist hinzunehmen.
(e) Etwaige weitere Erträge durch Bestandsveränderungen und aktivierte Eigenleistungen mussten nicht – noch einmal – berücksichtigt werden.
Die Unternehmensbewertung nach der Ertragswertmethode ist nicht gleichzusetzen mit der Aufstellung einer Bilanz bzw. einer Gewinn- und Verlustrechnung und die zugrunde gelegten Zahlen müssen dementsprechend nicht allen handelsrechtlichen Grundsätzen entsprechen. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist vielmehr als Ausgangspunkt für den Vergleich von Vergangenheitsanalyse und Zukunftsplanung anzusehen und dementsprechend – auch aus Gründen der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit – um einige Punkte zu bereinigen (Prüfgutachten S. 16 f.; Großfeld, a.a.O., Rn. 1079 ff.) Dazu gehören zunächst etwaige Einmaleffekte, die das grundsätzliche Ergebnispotential des Unternehmens verfälschen würden.
Wie sich aus den Vergangenheitsergebnissen ergibt (Prüfgutachten Tabelle S. 17), sind dort Bestandsveränderungen und aktivierte Eigenleistungen entsprechend der handelsrechtlichen Vorgaben enthalten. Im Rahmen der Zukunftsplanung ist dies jedoch nicht erforderlich. Es besteht keine Notwendigkeit dafür, einzelne Buchungssätze, die letztlich nur das Ziel haben, bestimmte Aufwands- oder Ertragspositionen in andere Perioden zu verschieben, für die Zukunft zu erfassen. Entscheidend ist allein – und darauf haben sowohl die Abfindungsprüferin als auch das Landgericht zutreffend hingewiesen (Protokoll v. 15.05.2015, S. 16 f. – Bl. 737 f. d.A.) – dass keine Ertrags- oder Aufwandspositionen doppelt erfasst wird, da dies die zu ermittelnde Ertragskraft des Unternehmens verfälschen würde.
Die Gefahr der Doppelerfassung besteht bei der zukünftigen Außerachtlassung von Bestandsveränderungen und aktivierten Eigenleistungen gerade nicht. Bei der Erstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren mag es durchaus notwendig sein, etwaige Bestandsveränderungen zu erfassen, da die GuV nicht nur die den Umsatzerlösen korrespondierenden Aufwendungen der Leistungsherstellung, sondern sämtliche Aufwendungen für die Produktion enthält, unabhängig davon, ob auch sämtliche Waren in dieser Periode verkauft wurden. Zuviel produzierte Güter führen damit im Jahr der Herstellung zu einer Bestandserhöhung, während der Verkauf dieser Güter in den Folgejahren zu einer Bestandsverringerung führt (Schmidt/Peun, Beck’scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. § 275 HGB Rn. 75 ff.). Damit gleichen sich diese Effekte im Ergebnis aus und können im Rahmen der Unternehmensbewertung außer Acht gelassen werden (so auch schon LG München I, Beschluss vom 30.03.2012 – 5 HK O 11296/06; Peemöller/Hüttche, Unternehmensbewertung und funktionale Bilanzkunde, DStR 1993, 1344), wobei jedenfalls im Hinblick auf die Bestandsveränderungen jedenfalls für die Planphase I dennoch eine Erfassung erfolgt ist (vgl. Prüfbericht Tabelle S. 18). Es handelt sich, wie die Abfindungsprüferin in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat, lediglich um einen „nicht cash wirksamen Timing-Effekt“.
(f) Das Landgericht hat sodann zutreffend die sonstigen betrieblichen Erträge zugunsten der Minderheitsaktionäre dergestalt korrigiert, dass diese mit einem jährlichen Wachstum von 1% fortgeschrieben werden müssen.
Es handelt sich bei dieser Position um die Kehrseite der Position „sonstige betriebliche Aufwendungen“, einen Sammelposten für sonstige Erträge/Aufwendungen aus dem Herstellungs-, Vertriebs- und Verwaltungsbereich sowie aus Energieverkäufen. Soweit auf Seite der Aufwendungen ein inflationsbedingter Aufschlag von 1% vorgenommen wurde, muss gleiches für die Ertragsposten gelten. Dies hat auch die Abfindungsprüferin im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung ausdrücklich eingeräumt (Protokoll v. 11.12.2014, S. 28 – Bl. 650 d.A.).
Entgegen der Auffassung einzelner Antragsteller muss diese Position darüber hinaus nicht weiter erhöht werden. Der deutliche Rückgang im ersten Planjahr im Vergleich zum letzten Ist-Jahr ist schlicht auf eine anderer gesellschaftsrechtliche Behandlung des Unternehmens B… & B… zurückzuführen. Der Ergebnisbeitrag dieser Gesellschaft findet sich nunmehr nicht mehr in den sonstigen betrieblichen Erträgen (und Aufwendungen) sondern im Beteiligungsergebnis (Prüfbericht S. 26 f.).
(2) Die Planannahmen in der Detailplanungsphase betreffend die Aufwandsseite bedürfen ebenfalls keiner Korrektur.
(a) In Bezug auf den Materialaufwand (insbesondere die Rohstoffkosten) ist zu sehen, dass es sich die Preise hier in der Vergangenheit stark zyklisch und mit einer hohen Volatilität um einen moderaten Wachstumspfad bewegten (Prüfbericht Grafik S. 27). Angesichts der z.T. erheblichen Schwankungen in den Vorjahren, insbesondere 2009 – 2011 ist ein Vergleich mit einzelnen Ist-Jahren wenig zielführend. Eine Gesamtbetrachtung und ein Vergleich mit den relevanten Marktstudien zeigt jedoch, dass die Planung der … SE insofern angemessen, teils sogar optimistisch ist. Dies wird seitens der Vertragsprüferin in Bezug auf sämtliche wesentlichen Rohstoffe erläutert. Hierauf kann verwiesen werden (Prüfbericht S. 27 ff.). Auch im Hinblick auf die Materialaufwandsquote, die mit 50,7% im Detailplanungszeitraum sogar unterhalb der durchschnittlichen Quote in den Jahren 2003 – 2012 von 52,6% liegt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kostenplanung in diesem Punkt unplausibel sei. Etwaige Vergleiche mit der Materialaufwandsquote der … AB sind – wie bereits an anderer Stelle erläutert – aufgrund der grundlegend unterschiedlichen Struktur der … AB im Vergleich zur … SE nicht zielführend.
Es ist darüber hinaus auch zu kurz gegriffen, lediglich die Gewinnsteigerungen bei dem Unternehmen B… & B… als Altpapierlieferant den geplanten Materialaufwandserhöhungen auf Seiten der … SE gegenüberzustellen. Dies lässt zahlreiche weitere Faktoren, die die Höhe der künftigen Erträge beeinflussen können, außer Betracht. Es sei daher nur am Rande erwähnt, dass B… & B… ihre Preise tatsächlich deutlicher erhöht haben, als vorliegend durch die … SE angenommen wurde. Auch dies deutet erneut eher auf eine optimistische Planung hin.
(b) Auch die Planung in Bezug auf die erdöl- und erdgasbasierten Rohstoffe Propylen und Polypropylen sowie die Energiekosten im Allgemeinen, für die eben auch die Erdöl- und Erdgaspreise relevant sind (insofern handelt es sich bei der seitens des Landgerichts gewählten zusammenfassenden Begriffs der „Energiekosten“ allenfalls um eine sprachliche Ungenauigkeit) kann nicht als unplausibel eingestuft werden. Soweit hier keine Marktstudien zur Überprüfung der angesetzten Werte herangezogen werden konnten, bedeutet dies nicht zwingend, dass der Ansatz unplausibel ist. Vielmehr muss die Plausibilisierung auf anderem Weg erfolgen. Dabei ist zunächst zu sehen, dass die … SE für Europa bereits von einer negativen Preisentwicklung ausgeht, für die USA wurde zwar eine nicht unerhebliche Steigerung für 2013 angenommen, allerdings wird versucht, dies jedenfalls teilweise durch Sicherungsgeschäfte, die während eines Preistiefstandes für Erdöl im Jahr 2012 abgeschlossen wurden, aufzufangen. Für 2014 und 2015 wurden hingegen keinerlei Preissteigerungen angenommen.
Die Antragsteller haben insofern selbst eingeräumt, dass es in der Vergangenheit bereits zu Kapazitätsengpässen gekommen ist, die zu vorübergehenden Preiserhöhungen geführt haben. Auch die antragstellerseits zitierte Meldung unter www…de vom 15.02.2015 spricht zwar von einem Preisverfall für Polypropylen in den USA, erwähnt allerdings auch, dass der Preis vor wenigen Wochen noch auf einer rekordverdächtigen Höhe gewesen sei.
Ein zum Bewertungsstichtag bereits begonnener dauerhafter Preisrückgang betreffend Erdöl und Erdgas stünde im Übrigen auch nicht mit dem seitens eines Antragstellers zitierten Geschäftsbericht des Wettbewerbers K. C. aus dem Jahr 2012 im Einklang, bei welchem ebenfalls von moderaten Kostenerhöhungen in diesem Bereich ausgegangen wird, ohne dies weiter zu spezifizieren.
Auch das Hydraulic Fracturing, sog. „Fracking“ vermag nicht zu einer Unplausibilität der Planung in diesem Bereich zu führen. Bekanntermaßen handelt es sich hierbei um eine im Hinblick auf nicht abschließend geklärte Umwelt- und Gesundheitsrisiken höchst kontrovers diskutierte Methode zur Erzeugung von Rissen im Gestein, um auf diese Weise leichter an die im Boden befindlichen Gase oder Flüssigkeiten zu gelangen. Auch wenn es gerade in den USA zunächst einen regelrechten Fracking-Boom gab, der sich sicherlich auch auf die Preisentwicklung ausgewirkt hat, ist mittlerweile eine gegenläufige Entwicklung zu sehen; in einigen Bundesstaaten wurde das Fracking mittlerweile sogar komplett verboten. Die grundsätzliche Verneinung etwaiger Kapazitätsengpässe lässt sich folglich auch hiermit nicht begründen.
Vor diesem Hintergrund ist die Planung an dieser Stelle auch ohne Rückgriff auf etwaige Studien als plausibel einzustufen.
(c) Die Planannahmen bezüglich des Personalaufwands, die im Ergebnis eine Reduktion der Personalaufwandsquote bedeuten und von der Abfindungsprüferin ausdrücklich als ambitioniert bezeichnet wurden (ergänzende Stellungnahme vom 31.03.2015, S. 7), bedürfen ebenfalls keiner Korrektur.
Es ist vollkommen sachgerecht, die Restrukturierungsaufwendungen im Jahr 2013 nicht (noch einmal) abzuziehen, da ihnen bereits berücksichtigte Kosteneinsparungen gegenüberstehen. Hinzu kommen geplante Lohnsteigerungen – die sich im Übrigen unterhalb der in der Vergangenheit beobachteten Lohnsteigerungen bewegen – und die Erweiterung der Marketingabteilung, die in Summe durchaus die angenommenen Personalkosten rechtfertigen.
Soweit antragstellerseits ausgeführt wird, der Ausbau der Marketingabteilung sei bei gleichzeitiger Erhöhung des Werbebudgets fürs externe Werbeagenturen nicht nachvollziehbar, kann dies nicht überzeugen. Beide Maßnahmen sind grundsätzlich nebeneinander möglich, zumal sie unterschiedliche Produktbereiche betreffen können. Auch die Tatsache, dass die Mitarbeiterzahlen insgesamt rückläufig sind, steht dem nicht entgegen, sondern ist Konsequenz des Restrukturierungsprogramms. Über die Größe der Marketingabteilung sagt dies nichts aus.
Einer weiteren Plausibilisierung, insbesondere einer Analyse des Personalaufwands für jeden einzelnen Beschäftigten bedarf es an dieser Stelle nicht.
(d) Auch die Planung betreffend den sonstigen betrieblichen Aufwand ist fehlerfrei.
Diese Kostenposition umfasst im Wesentlichen Fracht- und Transportkosten, Webe- und Repräsentationskosten und diverse Instandhaltungsaufwendungen, wobei es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, diese – wie in der Vergangenheit auch – unter dem Begriff „sonstiger betrieblicher Aufwand“ zusammenzufassen. Inhaltlich haben sich Vertragsprüferin und auch das Landgericht mit den einzelnen Posten auseinandergesetzt.
Der Anstieg von durchschnittlich 3,9% (inklusive einer Inflationierung von 1%) liegt leicht über dem geplanten Wachstum des Umsatzerlöses, was jedoch angesichts der Tatsache, dass nahezu ausschließlich volumengetriebene Umsatzsteigerungen erwartet werden, nicht unplausibel ist.
Es sei erneut darauf hingewiesen, dass es nicht zielführend ist, einzelne Ist-Jahre (wie z.B. das Jahr 2011) herauszugreifen und hieraus allgemeingültige Rückschlüsse auf die weitere Planung abzuleiten. Insgesamt war auch in der Vergangenheit ein entsprechender Anstieg des sonstigen betrieblichen Aufwands leicht unterhalb der Wachstumsrate der Umsatzerlöse zu verzeichnen.
Soweit in diesem Zusammenhang konkret die Position Werbekosten angegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass ein steigendes Werbebudget nicht zwingend mit der geplanten Erschließung eines neuen Marktes einhergehen muss. Die … SE bedient weit überwiegend einen sog. alternden Markt, in dem Innovationen zwingend erforderlich sind, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese müssen sodann auch entsprechend vermarktet werden. Auch aus dem Umstand, dass das Werbebudget in der Vergangenheit geringer war, lässt sich kein zwingender Rückschluss herleiten. Die Vertragsprüferin hat diesbezüglich ausgeführt, dass es insofern Nachholbedarf gebe (ergänzende Stellungnahme vom 31.03.2015, S. 5 f.). Dies gelte gerade auch für den Zukauf von Markenprodukten (insb. Tempo). Diesbezüglich hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass ein höherer Bekanntheitsgrad nicht automatisch einen geringen Werbeaufwand bedeutet. Vielmehr erscheint zur Erhaltung des Images ein gewisser (höherer) Werbeaufwand plausibel. Dies gilt allein für Tempo als Taschentuch und steht damit nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass die Vermarktung von Tempo als Toilettenpapier zwischenzeitlich wieder eingestellt wurde.
(3) Auch die zugrunde gelegten Zahlen betreffend Investitionen und Abschreibungen bedürfen keiner Korrektur.
Soweit der Abfindungsprüferin im Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 31.03.2015 auf S. 8 tatsächlich ein Schreibfehler unterlaufen sein sollte und sich die Investitionen im Jahr 2012 nicht wie angegeben auf € 226 Mio., sondern lediglich auf € 214 Mio. beliefen, führt dies zu einer niedrigeren Investitionsquote von 5,1%. An der Grundaussage, dass nicht von einem systematischen Anstieg der Investitionsquote auszugehen ist, sondern dass diese lediglich in 2013 temporär steigt, sodann aber stetig abnimmt und weit unterhalb des Durchschnitts der Vergangenheitsjahre 2006 – 2012 liegt, ändert dies aber nichts. Auch an dieser Stelle wird die Planung seitens der Abfindungsprüferin eher als ambitioniert und gerade nicht als überhöht angesehen.
Ob die Zuordnung einzelner Investitionsposten zu Erhaltungs- bzw. Erweiterungsinvestition zutreffend ist oder nach Auffassung einzelner Antragsteller anders hätte erfolgen müssen, ist indes nachrangig. Im Übrigen hat das Landgericht in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, dass die Frage, an welchen Standorten in welcher Art und Weise Investitionen getätigt werden, eine im Spruchverfahren nur eingeschränkt überprüfbare unternehmerische Entscheidung ist (Beschluss S. 73 – Bl. 1008 d.A.).
Soweit das Verhältnis zwischen Investitionen und Abschreibungen bzw. die Reinvestitionsrate in Frage gestellt wird, ist der Antragstellerseite zunächst darin zuzustimmen, dass es nicht auf den bilanzrechtlichen Abschreibungszeitraum, sondern auf die tatsächliche Nutzungsdauer ankommt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.05.2016 – 12a W 2/15, Rn. 55 f. nach beck-online). Es wird jedoch übersehen, dass grundsätzlich ausgehend von Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abgeschrieben wird, § 253 Abs. 1 S. 1 HGB. Diese reichen zur Erhaltung der Substanz jedoch regelmäßig nicht aus, da die Wiederbeschaffung inflationsbedingt teurer wird. Dementsprechend müssten die prognostizierten Wiederbeschaffungswerte des Anlagevermögens zugrunde gelegt werden (Großfeld, a.a.O., Rn. 1088 ff; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE) Rn. 44 f. nach beck-online). Vorliegend wurden hingegen zugunsten der Minderheitsaktionäre konstante Preise ohne jeglichen Inflationsausgleich angesetzt (ergänzende Stellungnahme vom 31.03.2015 S. 12). Vor diesem Hintergrund kann eine etwaige tatsächlich längere Nutzungsdauer vernachlässigt werden, zumal diese ggf. zu einem für die Minderheitsaktionäre ungünstigerem Beta-Faktor führen würde.
(4) In Bezug auf die etwaige Synergie-Effekte führt das Landgericht zutreffend aus, dass angesichts des geltenden Stand-Alone-Grundsatzes nur solche Synergien berücksichtigt werden können, die sich auch ohne die Strukturmaßnahme realisiert hätten, nicht jedoch solche, die sich erst durch die Strukturmaßnahme selbst ergeben (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, Rn. 60 f. nach beck-online; Großfeld, a.a.O. Rn. 330). Berücksichtigt man im konkreten Fall darüber hinaus weiterhin, dass die … AB bereits seit 1998 über 95% der Anteile der … SE hält, bleibt für weitere Synergie-Effekte, die nicht bereits in der grundsätzlichen Planung enthalten sind, ein nur vergleichsweise geringer Raum. Auch die Übernahme der Tissue-Aktivität von Georgia-Pacific erfolgte auf Ebene der … AB. Dementsprechend traten die wesentlichen Synergien auch dort auf. Soweit unmittelbar auf Ebene der … SE Synergien zu verzeichnen waren, wurden diese berücksichtigt, so z.B. Personaleinsparungen durch die geplante Schließung einiger Bereiche am Standort Mannheim. Bereits im Zusammenhang mit dem Personalaufwand wurde dargelegt, dass es im Zuge des Restrukturierungsprogramms zu Personalabbau gekommen ist. Der Einwand der Antragsteller, die Berücksichtigung dieses Synergie-Effektes sei auch vor dem Hintergrund der gestiegenen sonstigen betrieblichen Aufwendungen nicht plausibel, trägt daher nicht.
Ferner ist auch der pauschale Hinweis auf eine Äußerung der … SE im Rahmen eines Jahresabschlusses über die gesteigerte Marktposition durch die Übernahme von Georgia-Pacific nicht zielführend. Gleiches gilt für die Anmerkung, dass Synergieeffekte durch die Produktion von Produkten für ausländische Schwesterunternehmen entstünden und dass durch die Belieferung deutscher Vertriebsgesellschaften durch ausländische Produktionsgesellschaften deren Auslastung verbessert würde und daher Produktionskapazitäten abgebaut werden könnten. Derart pauschale vermeintliche Zusammenhänge finden konkret in der Unternehmenssituation der … SE keine Stütze und können daher nicht (in welcher Höhe an welcher Stelle?) berücksichtigt werden.
(5) Soweit beschwerdeseits weiterhin eingewandt wird, dass die angesetzten EBIT- bzw. EBITDA-Margen nicht nachvollziehbar seien, kann dem im Ergebnis ebenfalls nicht zugestimmt werden.
EBIT (Earnings before Interest and Taxes) drückt den Gewinn vor Zinsen und Steuern aus, während EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen umschreibt. Die Marge setzt die jeweilige Gewinngröße sodann ins Verhältnis zum Gesamtumsatz, wobei Gewinn als Überschuss der Erträge zu den Aufwendungen zu verstehen ist. Damit werden an dieser Stelle erneut die einzelnen Positionen der Umsatz- und Kostenplanung relevant. Es kann daher zunächst auf das Oben gesagte verwiesen werden. Im Übrigen ist folgendes zu berücksichtigen:
In Bezug auf die Rohstoffkosten haben Bewerterin und Prüferin übereinstimmend dargelegt, dass sich diese 2010 und 2011 zunächst auf einem sehr hohen, 2012 sodann auf einem sehr niedrigen Niveau befanden und in der Folgezeit wieder mit einem Anstieg zu rechnen sei, der nicht – jedenfalls nicht vollständig – durch andere Einsparungen aufgefangen werden könne (Bewertungsgutachten S. 65 ff., Prüfbericht S. 28 ff., ergänzende Stellungnahme v. 31.03.2015 S. 12 ff.). Beschwerdeseits wird insofern im Übrigen selbst ausgeführt, dass beispielsweise die Verbraucherpreise für Toilettenpapier in Deutschland in den letzten Jahren nur minimal gestiegen sind, was im Ergebnis bedeutet, dass etwaige Steigerungen bei den Rohstoffpreisen nicht auf die Verbraucher abgewälzt werden können.
Ein Widerspruch zu den Ausführungen in der landgerichtlichen Entscheidung kann hierbei nicht erkannt werden. Soweit dort ausgeführt wurde, dass sich die Preise nach dem massiven Anstieg in 2010 und 2011 wieder normalisiert hätten (Beschluss S. 62 ff.), bedeutet dies nicht, dass es in den kommenden Jahren keinerlei Preissteigerungen geben wird. Im Einzelnen geht die Planung vorliegend von einer Rohstoffpreissteigerung für das Jahr 2013, in wesentlichen Teilbereichen aber nicht für das Jahr 2014 und 2015 aus, was im Übrigen seitens der Abfindungsprüferin als eher optimistisch eingestuft wird. Dies führt jedoch nicht zwangsläufig zu steigenden Margen. Die Rohstoffpreise sind wiederum nur ein kleiner Teilaspekt der Gesamtrechnung. Wie bereits ausgeführt, müssen sämtliche Parameter berücksichtigt werden. Die Entwicklung der Margen stellt angesichts der dargestellten Gesamtsituation des Unternehmens in dem konkreten Markt als durchaus angemessen dar.
Die (bereinigte) EBIT-Marge lag 2010 bei 7,4%, 2011 bei 6,6% und 2012 bei 8,8%. Im Durchschnitt ergibt dies 7,6%. Die Marge für das erste Planjahr liegt bei 7,4% und damit nur knapp unter dem Durchschnittswert. Das weitere Absinken der Marge auf 7,0% und 6,7% lässt sich sodann trotz weitgehend gleichbleibender Rohstoffpreise insbesondere auf sonstige steigende Aufwendungen bei gleichbleibenden Verkaufspreise zurückführen. Es kann dementsprechend erneut auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Eines Rückgriffs auf weiter entfernte Ist-Jahre bedarf es zur Rechtfertigung daher nicht zwingend. Es sei daher nur am Rande erwähnt, dass es angesichts der starken zyklischen Schwankungen und der hohen Volatilität der Rohstoffbeschaffungspreise – die im Übrigen nicht von etwaigen Umstrukturierungen und Unternehmensveränderungen abhängig sind – nicht zu beanstanden ist, einen Zeitraum rückwirkend bis 2006 zu betrachten, wie es antragstellerseits jedenfalls auch in Bezug auf den Wachstumsabschlag gefordert wird. Vereinzelt wird seitens der Antragsteller sogar gefordert, zur Trendermittlung einen noch längeren Zeitraum zu berücksichtigen, wobei die EBIT-Marge für die Planjahre sogar als leicht überdurchschnittlich anzusehen wäre.
In Bezug auf die (bereinigten) EBITDA-Margen gilt dasselbe. Die Zahlen lauten hier: 2010 11,7%, 2011 10,5%, 2012 12,8%. Dies ergibt einen Durchschnittswert von 11,67%. Damit liegt die Marge des ersten Planjahres 2013 (11,5%) nur knapp hinter diesem Wert. Dass im landgerichtlichen Beschluss versehentlich die (bereinigte) EBITDA-Marge für 2008 mit 12,8% und nicht mit 10,0% angegeben wurde (S. 79), ist insofern irrelevant, zumal sich sodann rechnerisch richtigerweise ein Durchschnittswert für die Jahre 2006 – 2012 von sogar nur 11,1% ergibt.
(6) Die Planannahmen betreffend die ewige Rente bedürfen ebenfalls keiner Korrektur.
Für die Bewertung der ewigen Rente ist ein eingeschwungener Zustand (auch Beharrungszustand oder Gleichgewichtszustand) der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens anzunehmen, in welchem sich die zu kapitalisierenden Ergebnisse nicht mehr wesentlich bzw. nur mit einer konstanten Rate, welcher mit dem Wachstumsabschlag im Kapitalisierungszins Rechnung getragen wird (siehe dazu unten ab S. 38) Rechnung getragen wird (OLG München, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15; IDW, WP Handbuch 2014 Bd. 2, 14. Aufl. Rn. A-236).
Beschwerdeseits wird in diesem Zusammenhang zunächst kritisiert, die Detailplanungsphase von lediglich drei Jahren (bzw. faktisch sogar nur zweieinhalb Jahren) sei zu kurz, um anschließend einen eingeschwungenen Zustand anzunehmen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der Volatilität der Rohstoffpreise und vor der Tatsache, dass zuletzt noch erhebliche Erweiterungsinvestitionen geplant waren, die sich noch nicht vollständig realisiert hätten.
Die Länge des Detailplanungszeitraums von drei Jahren (2013-2015) an die sich ohne Grobplanungsphase unmittelbar die ewige Rente anschließt ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls (insbesondere kein Start-up-Unternehmen) jedoch nicht zu beanstanden. Sie liegt innerhalb der Empfehlung des IDW S1 2008 (Rn. 77). Unter Umständen können sogar deutlich kürzere Detailplanungsphasen von 1-2 Jahren ausreichen (vgl. Simon/Leverkus, a.a.O. Anh § 11 Rn. 66; Großfeld, a.a.O. Rn. 432 m.w.N.).
Entscheidend ist, dass im Jahr 2015 die Erweiterungsinvestitionen abgeschlossen und sodann nur noch mit Erhaltungsinvestitionen geplant wurde. Insofern sei erneut auf die sehr zugunsten der Minderheitsaktionäre geplante Reinvestitionsrate hingewiesen. Dass sich die Erweiterungsinvestitionen in Osteuropa und Russland im Jahr 2015 noch nicht vollständig realisiert haben bzw. neu geschaffene Kapazitäten noch nicht vollständig ausgelastet sind, ist unschädlich. Wie auch das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde im Rahmen der Ableitung der ewigen Rente gegenüber dem Planjahr 2015 ein weiteres Umsatzwachstum angenommen, welches eine hohe Auslastung der neuen Maschinen unterstellt.
In Bezug auf die Rohstoffpreise wurde bereits ausführlich erläutert, dass diese in der Vergangenheit stark schwankten, für die Zukunft jedoch mit stabilen und lediglich moderat steigenden Preisen geplant wurde. Es ist schlicht unzutreffend, dass sich die Rohstoffpreise im Jahr 2015 auf einem Höchststand befunden hätten und in der Folgezeit wieder sinken würden. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen.
Gleiches gilt für die vermeintlichen Widersprüche in Bezug auf die angesetzten Margen. Es ist verfehlt, lediglich auf die letzten Ist-Jahre abzustellen. Hier gab es erhebliche Schwankungen bei den Rohstoffpreisen (nach oben und nach unten), die sich unmittelbar auf das Ergebnis ausgewirkt haben. Verglichen mit einer längeren Zeitspanne liegen die Margen sogar leicht über dem Durchschnitt.
Zuletzt verfängt auch der Einwand, die positiven Erfolgsfaktoren (Stärken und Chancen) des Unternehmens seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, nicht. Sämtliche Planannahmen beruhen auf einer Abwägung der Stärken und Chancen einerseits gegen die Schwächen und Risiken anderseits. Es bleibt in diesem Zusammenhang auch unklar, welche Erfolgsfaktoren im Einzelnen unzureichend gewürdigt wurden. Soweit in diesem Zusammenhang erneut auf das große Potential des osteuropäischen bzw. russischen Marktes verwiesen wird, ist – abgesehen von dem geringen Umsatzanteil von 10% – in diesem Zusammenhang auch zu sehen, dass insbesondere dort ein erhöhter Wettbewerb von kleineren lokalen Anbietern besteht. Es wäre daher nicht sachgerecht, diesem Umstand eine noch größerer Bedeutung zuzumessen.
(7) Zuletzt bedürfen auch die Annahmen zu Ausschüttung und Thesaurierung keiner Korrektur.
In der Planphase I wurde die im Beherrschungsvertrag festgelegte Garantiedividende in Höhe von € 15,15 je Aktie zugrunde gelegt und als Nettoausschüttung unterstellt. Im Übrigen erfolgte eine Zurechnung als fiktive Thesaurierung. Im Rahmen des Terminal Value wurde eine Ausschüttungsquote von 50% angesetzt, welche gängige Praxis auch unter Berücksichtigung des Einzelfalls nicht zu beanstanden ist (vgl. Übersicht bei Hachmeister/Ruthardt/Mager DB 2014, 1209 ff.; insofern ist auch das seitens des Antragstellers zu 79) zitierte Sachverständigengutachten aus einem anderen Spruchverfahren nicht zielführend). Die typisierte Steuerbelastung der thesaurierten Gewinne in Höhe von 13,1875% (hälftiger Abgeltungssteuersatz zzgl. Solidaritätszuschlag) ist ebenfalls nicht zu korrigieren (OLG München, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15).
c) Auch die Rügen der Beschwerdeführer gegen die Diskontierung bleiben erfolglos. Der vom Landgericht herangezogene Kapitalisierungszinsatz von gerundet 4,98% (2013), 5,26% (2014), 5,28% (2015) und 4,54% (Ewige Rente) ist zur Schätzung des Unternehmenswerts geeignet.
aa) Zunächst wurde der Basiszinssatz zutreffend auf 2,25% vor Steuern bzw. 1,66% nach Steuern festgesetzt. Als Basiszinssatz ist der aus Sicht der Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi) risikofreie Anlagen heranzuziehen. Die Herleitung aus Zinsstrukturdaten ist eine anerkannte und auch vom Senat für geeignet erachtete Methode zur Ermittlung des Basiszinssatzes (Beschluss vom 18.02.2014 – 31 Wx 211/13, AG 2014, 453 Rn. 19 nach juris). Die Rundung auf 1/4-Prozentpunkte ist üblich und zulässig (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2015 – 12a W 7/15, Rn. 77 ff.).
bb) Der Basiszinssatz wurde sodann zutreffend um einen Risikozuschlag aus Marktrisikoprämie multipliziert mit dem jeweiligen verschuldeten Beta-Faktor erhöht.
(1) Die vom Landgericht angenommene Marktrisikoprämie von 5,0% (nach persönlichen Steuern) ist nicht zu beanstanden.
Die Marktrisikoprämie von 5,0% (nach persönlichen Steuern) bildet für den vorliegenden Stichtag des 17.05.2013 das allgemeine Marktrisiko besser ab als eine solche von 5,5%, wie von der Bewerterin und der Abfindungsprüferin zugrunde gelegt. Insofern hat das Landgericht die Marktrisikoprämie zutreffend abgesenkt. Dementsprechend bleibt auch die Beschwerde der Antragsgegnerin, die wiederum eine Erhöhung der Marktrisikoprämie fordert, in diesem Punkt erfolglos.
Die Marktrisikoprämie stellt die Differenz zwischen der erwartungsgemäßen Marktrendite und dem Basiszins dar (Großfeld, a.a.O. Rn. 801). Sie kann wie die übrigen Größen auch nur durch eine – stets mit Unsicherheiten behaftete – Schätzung ermittelt werden, wobei an dieser Stelle besonders deutlich wird, dass es sich um eine in Wirtschaftsliteratur und -praxis höchst umstrittene Größe handelt, die auch im Rahmen eines Spruchverfahrens keiner endgültigen Klärung zugeführt werden kann. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts in Spruchverfahren wirtschaftswissenschaftlich umstrittene Fragen der Unternehmensbewertung zu klären (OLG München, 16.10.2018 – Beschluss vom 31 Wx 415/16; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.2013 – 20 W 3/13, AG 2014, 208 Rn. 133; Katzenstein, AG 2018, 739, 741).
Der vorliegend angesetzte Wert bewegt sich innerhalb der Bandbreite der vom Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW am 19.09.2012 empfohlenen Bandbreite von 5,0% bis 6,0% (nach persönlichen Steuern), wenn auch am unteren Rand.
Regelmäßig ist anzunehmen, dass die Bandbreite der Empfehlung des FAUB des IDW als der größten Vereinigung deutscher Wirtschaftsprüfer auch angemessen für die gerichtliche Schätzung eines Unternehmenswerts ist, auch wenn das Gericht nicht an die Empfehlungen des IDW gebunden ist; es handelt sich weder um Rechtsnormen noch um etwas Ähnliches (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZR 23/14, Rn. 45).
Der FAUB des IDW hatte für Stichtage ab dem 01.01.2009 eine Bandbreite der Marktrisikoprämie (nach persönlichen Steuern) von 4,0% bis 5,0% empfohlen. Die Anhebung um einen ganzen Prozentpunkt ist sodann mit Empfehlung vom 19.09.2012 erfolgt. Maßgebliches Kriterium für die Erhöhung war die anhaltende Niedrigzinsphase. In den Ergebnisberichten über die Sitzungen der Folgejahre empfahl der FAUB jeweils keine weitere Anhebung. Die Erhöhung der Marktrisikoprämie wegen langanhaltender niedriger Basiszinsen aufgrund der Finanzmarktkrise ist in den Wirtschaftswissenschaften und unter den Wirtschaftsprüfern umstritten. Hierzu kann auf die ausführlichen Ausführungen des Landgerichts (Beschluss S. 101 ff., Bl. 1036 ff. d.A.) und die auch im vorliegenden Verfahren von beiden Seiten zitierten Veröffentlichungen, Gerichtsentscheidungen und Materialien zum Gesetzgebungsverfahren betreffend das Erbschafts- und Schenkungssteuerreformgesetz verwiesen werden. Insbesondere die zugrundeliegende Annahme gleichbleibender Gesamtrenditeerwartungen der Kapitalmarktteilnehmer trotz eines erheblich gesunkenen Basiszinses und damit niedrigerer Kreditkosten ist umstritten und bislang weder wirtschaftstheoretisch noch durch fachlich anerkannte empirische Studien geklärt.
Vor diesem Hintergrund hält es auch der Senat für angebracht, an der unteren Grenze der FAUB-Bandbreite zu bleiben. Zu beachten ist ferner, dass bereits die vorherige Empfehlung des FAUB von 2009 während niedriger Zinsen ausgesprochen worden war und eine Bandbreite von nur 4,0% bis 5,0% angab. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, bewegt sich die hier zugrunde gelegte Marktrisikoprämie von 5% damit im Schnittbereich beider Empfehlungen.
Ein niedrigerer und damit außerhalb der (aktuell) empfohlenen Bandbreite liegender Wert, wie antragstellerseits begehrt, ist allerdings nicht anzunehmen. Es ist methodisch nicht zu beanstanden, sich im Rahmen des § 287 ZPO einerseits an den Empfehlungen des FAUB als eines maßgeblichen Sachverständigengremiums zu orientieren, innerhalb der Bandbreite aber wegen der Ungeklärtheit der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge zurückhaltend zu bleiben.
Etwas anderes kann auch nicht aus der antragstellerseits zitierten Entscheidung des BGH, Beschluss vom 09.07.2019 – EnVR 41/18 (Bundesnetzagentur) abgeleitet werden. Unabhängig von der Frage der Übertragbarkeit einer Entscheidung betreffend die gerichtliche Überprüfung des von der Regulierungsbehörde gewählten Zuschlags nach § 7 Abs. 4, 5 StromNEV, heißt es dort lediglich, dass es sich bei den Empfehlungen des FAUB um eine alternativ in Betracht kommende Berechnungsmethode handele, die dem von der Bundesnetzagentur gewählten Ansatz nicht klar überlegen sei (BGH, a.a.O. Rn. 55, 56). Eine Aussage darüber, dass dieser Ansatz nicht geeignet sei, die Marktrisikoprämie angemessen abzubilden, wird an keiner Stelle getroffen. Dementsprechend ist bereits aus diesem Grund keine Divergenz im Sinne des § 70 FamFG erkennbar, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde erforderlich machen würde, zumal der BGH an anderer Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Frage nach der geeigneten Bewertungsmethode keine Rechtsfrage, sondern Teil der Tatsachenfeststellung ist. Sie beurteilt sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis und unterfällt damit dem Schätzermessen des Tatrichters (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14, Rn. 12, 13, siehe dazu ausführlich oben S. 15 f.). Gleiches gilt (erst recht) für die einzelnen Parameter der gewählten Bewertungsmethode, wie z.B. die Marktrisikoprämie.
Eine niedrigere (oder höhere) Marktrisikoprämie ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch nicht aus den Gutachten bzw. Studien der Prof. S. und Prof. G. zur Überzeugung des Senats begründbar, schon weil sie andere Zeiträume betrafen und damit auf die vorliegende Konstellation nicht ohne weiteres übertragbar sind. Bereits der Umstand, dass die Studien sowohl seitens der Antragsteller als auch seitens der Antragsgegner ins Feld geführt werden, verdeutlicht, wie umstritten dieser Themenkomplex ist. Gleiches gilt für das zitierte „…-Gutachten“ sowie das von …, zumal letzteres für den Strom- und Gasnetzmarkt verfasst wurde. Auch die beschwerdeseits zitierte Rede des Präsidenten des EZB vermag insofern keine weitere Klärung herbeizuführen.
Auch ein Vergleich mit der Regelung des § 203 Abs. 1 BewG (a.F.) kann hierzu nicht wesentlich beitragen, zumal auch hier bezeichnend ist, dass die Regelung sowohl von Seiten der Antragsteller als auch von Seiten der Antragsgegnerin als Argument für eine niedrigere bzw. höhere Marktrisikoprämie angeführt wird. Dort wurde ein fester Zuschlag auf den (variablen) Basiszinssatz in Höhe von 4,5% festgesetzt. Auch wenn die Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren nicht mit der vorliegenden Bewertung nach der Ertragswertmethode gleichgesetzt werden kann, zeigt sie jedenfalls die Wertung des Gesetzgebers, dass ein solcher Zuschlag im Regelfall als geeignet angesehen werden konnte. Die darin enthaltenen pauschalen Ab- und Zuschläge für Wachstum, (mangelnde) Fungibilität, inhaberabhängige Faktoren u.a. (vgl. BT-Drucks. 16/11107, 24) heben sich dabei weitgehend gegenseitig auf. Die Argumentation der Antragsgegnerin, der dortige Zuschlag sei mit der hier zu beurteilenden Marktrisikoprämie nicht vergleichbar, da ersterer bereits einen Wachstumsabschlag beinhalte, überzeugt daher in einer Gesamtschau nicht. Ob der Gesetzgeber darüber hinaus seinerzeit eine Marktrisikoprämie von 5% vor Steuern als Ausgangspunkt gewählt hat, kann aufgrund der Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen offen bleiben. Zum damaligen Zeitpunkt hätte einer Marktrisikoprämie vor Steuern eine höhere Marktrisikoprämie nach Steuern gegenübergestanden, was heute nicht mehr der Fall ist (OLG München, Beschluss vom 14.07.2009 – 31 Wx 121/06; Beschluss vom 18.02.2014 – 31 Wx 211/13). Es erscheint daher auch unter diesem Aspekt angemessen, sich eher am unteren Rand der aktuellen Empfehlung des FAUB zu bewegen.
In der Rechtsprechung der anderen Obergerichte ist die Tendenz zu einer grundsätzlichen Festsetzung einer niedrigeren – und damit außerhalb der aktuellen Empfehlung des FAUB liegenden – Marktrisikoprämie betreffend vergleichbare Zeitpunkte nicht erkennbar. Beispielsweise hat das OLG Frankfurt für einen Stichtag im Dezember 2012 ebenfalls eine Marktrisikoprämie von 5,0% als angemessen angesehen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2016 – 21 W 36/15 Rn. 58 ff., nach juris) und für einen Stichtag im Oktober 2013 sogar wieder eine Marktrisikoprämie von 5,5% gebilligt (Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15 Rn. 70 ff., nach juris). Jüngst hat auch das OLG Düsseldorf eine Marktrisikoprämie von 5,5% angenommen (Beschluss vom 30.04.2018 – I-26 W 4/16, BeckRS 2018, 15464, Rn. 39-43 – Stichtag Mai 2013).
Angesichts des oben gesagten vermag den Senat die höhere Festsetzung der Marktrisikoprämie auf 5,5% jedenfalls für den hierzu beurteilenden Stichtag jedoch nicht zu überzeugen. Der Senat hat bisher seit der jüngsten IDW-Empfehlung stets Marktrisikoprämien in Höhe von 5,0% angenommen. Es seien an dieser Stelle beispielhaft nur die Verfahren 31 Wx 382/15 – Beschluss vom 26.06.2018 (Stichtag Juni 2013) und 31 Wx 415/16 – Beschluss vom 16.10.2018 (Stichtag Februar 2014) genannt. Daran wird auch in diesem Verfahren festgehalten.
(2) Auch in Bezug auf den Beta-Faktor sind keine Korrekturen veranlasst. Das Landgericht hat den unverschuldeten Beta-Faktor zutreffend auf 0,6 und die verschuldeten Beta-Faktoren sodann zutreffend auf 0,67 (2013), 0,74 (2014), 0,74 (2015) und 0,75 (Ewige Rente) festgesetzt.
(a) Dabei ist die grundsätzliche Vorgehensweise der Ermittlung des Beta-Faktors anhand einer Peer Group aufgrund der mangelnden Liquidität der Aktie der … SE nicht zu beanstanden. Sie wird auch seitens der Beschwerdeführer im Wesentlichen nicht in Frage gestellt.
Soweit vereinzelt gerügt wurde, dass anstatt auf einen 5-Jahres-Zeitraum mit monatlichen Intervallpunkten auf einen 2-Jahres-Zeitraum mit wöchentlichen Intervallpunkten hätte abgestellt werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Abfindungsprüferin dies alternativ auch getan hat. Zum Teil wurden sogar tägliche Datenpunkte abgeglichen (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 21.01.2015 – S. 21, Bl. 674 d.A.). Ein geringerer unverschuldeter Beta-Faktor hat sich hieraus im Schnitt nicht ergeben.
Sodann wird hauptsächlich die Vergleichbarkeit einzelner Peer-Unternehmen gerügt. Allerdings greifen auch diese Bedenken der Beschwerdeführer im Ergebnis nicht durch. Wie im Grundsatz auch im Rahmen des antragstellerseits eingereichten Privatgutachtens zutreffend festgestellt wird, muss mehrstufig geprüft werden, ob es sich um vergleichbare Unternehmen handelt. Zunächst ist nach Unternehmen zu suchen, die hinsichtlich des Geschäftsmodells, der spezifischen Produktsegmente und der Produktart, der regionalen Abdeckung und seiner Größe mit dem zu bewertenden Unternehmen vergleichbar sind. Nur wenn insofern keine bzw. zu wenige Vergleichsunternehmen vorhanden sind, kann breiter gefächert lediglich auf die Branche bzw. Produktart und die Beschaffungsmärkte und erst in einem nächsten Hilfsschritt lediglich auf vergleichbare Risikotreiber wie z.B. konjunkturelle Abhängigkeit geschaut werden (so auch Dreier/Fritzsche/Verfürth, a.a.O. § 11 Annex Rn. 162 ff.; Franke/Schulte/Dörschell, a.a.O. S. 47).
Die Kritik an der Aufnahme der Unternehmen „W. P.“ und „C.“ in die Peer Group greift daher zu kurz. Es mag durchaus sein, dass die Unternehmen in Teilbereichen vergleichsweise stärker konjunkturabhängig sind, in Bezug auf die übrigen Produktsegmente sind sie hingegen durchaus vergleichbar, so dass die Aufnahme in die Peer Group gerechtfertigt ist. Die Abfindungsprüferin hat bei ihrer mündlichen Anhörung nochmals darauf hingewiesen, dass es zu 100% vergleichbare Unternehmen nicht gebe (Protokoll v. 15.05.2015, S. 21, Bl. 748 d.A.), was im Übrigen auch für die Unternehmen gilt, die deutlich geringere Beta-Faktoren aufweisen. Gerade vor diesem Hintergrund ist es jedoch wichtig, nicht nur auf ein, sondern auf mehrere Vergleichsunternehmen abzustellen, um dennoch eine ausreichende Vergleichsbasis gewährleisten zu können, wobei natürlich zu berücksichtigen ist, dass jedenfalls ab einem gewissen Punkt ein Mehr von Unternehmen in aller Regel mit einem Weniger an Übereinstimmungen verbunden ist (Großfeld, a.a.O. Rn. 833). Wenn aber, wie im vorliegenden Fall, eine Vergleichbarkeit ohnehin nur auf den unteren Stufen gegeben ist, erscheint es sachgerecht, tendenziell eher mehr Unternehmen zu vergleichen und nicht lediglich einzelne Vergleichsunternehmen besonders herauszustellen.
Die Aufnahme der beiden genannten Unternehmen in die Peer Group ist daher nicht zu beanstanden. Auch der weiterführende Ansatz der Abfindungsprüferin, eine noch größere Peer Group zu bilden, ist vor diesem Hintergrund zu befürworten. Es errechnen sich auf diese Weise Werte von 0,48 bis 0,75. Der für die … SE angenommene Wert von 0,6 liegt im Mittelfeld dieser Bandbreite. Dies gilt im Übrigen für die erweiterte Peer Group auch ohne die Unternehmen „W. P.“ und „C.“ (ergänzende Stellungnahme v. 15.06.2015, S. 762).
(b) Auch der angenommene Verschuldensgrad ist nicht zu beanstanden. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Zinsergebnis (das im Übrigen in bestmöglicher Weise für die Minderheitsaktionäre geplant wurde, vgl. ergänzende Stellungnahme v. 31.03.2015, S. 22) und Verschuldungsgrad besteht nicht. Der deutliche Anstieg des Verschuldungsgrades von 2013 auf 2014 korrespondiert vielmehr mit den in diesem Zeitraum geplanten Erweiterungsinvestitionen, die entsprechend fremdfinanziert werden müssen.
(3) Unschädlich ist an dieser Stelle, dass im vorangegangenen Spruchverfahren betreffend den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag aus dem Jahr 1997 seitens des Senats ein deutlich niedrigerer Risikozuschlag von insgesamt 2,5% angenommen wurde.
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, haben zum damaligen Bewertungsstichtag anderer Standards gegolten, worauf im Übrigen auch der Senat schon in der damaligen Entscheidung hingewiesen hat. Dort wurde ausgeführt, dass der Senat insbesondere bei Sachverhalten, die noch nicht unter den Anwendungsbereich der Bewertungsvorschriften IDW S1 vom 18.10.2005 fallen, weiterhin die Auffassung vertrete, dass Risikozuschläge abweichend von 2% einer besonderen Begründung bedürfen und kommt sodann zu dem Ergebnis, dass aufgrund der vorliegenden Einzelfallumstände eine leichte Anhebung auf 2,5% angemessen sei (OLG München, 31 Wx 060/06 S. 11 ff.).
Der hiesige Bewertungsstichtag (Mai 2013) liegt mehr als 15 Jahre nach dem dortigen Stichtag. Mittlerweile kommt IDW S1 i.d.F. 2008 zur Anwendung. Der BGH hat insofern klargestellt, dass Vertrauensschutz- und Rechtssicherheitsgesichtspunkte einer Schätzung des Unternehmenswertes im Spruchverfahren aufgrund einer anderen fachlichen Berechnungsweise, die sich ggf. sogar erst nach der Strukturmaßnahme selbst entwickelt, nicht entgegenstehen (BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – II ZB 23/14). Insofern ist auch der Verweis auf den Beschluss des BayObLG vom 28.10.2005 – 3Z BR 71/00, welche sich auf einen Stichtag im Jahr 1989 bezieht, nicht zielführend.
Soweit beschwerdeseits darauf hingewiesen wird, dass im damaligen Spruchverfahren der gerichtlich bestellte Sachverständige auch bereits nach CAPM vorgegangen sei, mag dies zutreffend sein, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Senat dieser Auffassung damals ausdrücklich nicht gefolgt und vom Ergebnis des Sachverständigen, der einen Risikozuschlag von 4,0% – also sogar mehr als i.E. hier angesetzt wurde – angenommen hatte, deutlich nach unten abgewichen ist (OLG München, a.a.O. S. 10 f.).
cc) Auch der durchgängig mit 0,75% in Ansatz gebrachte Wachstumsabschlag in der ewigen Rente ist nachvollziehbar begründet und als angemessen anzusehen.
Mit dem Wachstumsabschlag in der ewigen Rente wird zu Gunsten der Aktionäre berücksichtigt, dass sich die Geldentwertung bei festverzinslichen Anleihen stärker auswirkt als bei einer Unternehmensbeteiligung. Das Unternehmen hat in der Regel die Möglichkeit, die Geldentwertung zumindest zum Teil durch Preiserhöhungen aufzufangen, während die Staatsanleihe ohne Inflationsausgleich zum Nominalwert zurückgezahlt wird. Der Wachstumsabschlag drückt damit das nachhaltige Wachstum in der Phase der ewigen Rente aus, das – anders als in der Detailplanungsphase – nicht bereits bei der Prognose der finanziellen Überschüsse erfasst ist (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, a.a.O. S. 313 ff.; Großfeld, a.a.O. Rn. 1054 ff.). Das künftige Wachstum ergibt sich grundsätzlich aus den Thesaurierungen und deren Wiederanlage, sowie organisch aus Preis-, Mengen- und Struktureffekten. In den Planjahren sind diese Wachstumspotentiale einschließlich des inflationsbedingten Wachstums in der Unternehmensplanung und somit in den finanziellen Überschüssen als nominale Größen abgebildet. Ein Wachstumsabschlag ist insofern nicht erforderlich. Im Rahmen der ewigen Rente scheidet eine Berücksichtigung des thesaurierungsbedingten Wachstums hingegen aus, da die thesaurierten Überschüsse den Anteilseigner fiktiv unmittelbar zugerechnet werden. Als Wachstumspotential verbleibt damit nur die branchenübliche Preissteigerung, wobei diese, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht mit der allgemeinen Inflationsrate gleichzusetzen ist, sondern abhängig von der individuellen Situation des Unternehmens zu beurteilen ist, ob und in welcher Weise dieses die erwartete – nicht notwendigerweise mit der Inflation identische – Preissteigerung an die Kunden weitergeben kann.
Es wurde bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass im konkreten Fall etwaige Kostensteigerungen nicht vollständig auf die Endverbraucher abgewälzt werden können. Im Zusammenhang mit der Umsatzplanung und der EBIT- bzw. EBITDA-Marge wurde erläutert, dass und warum in Zukunft von einer abnehmenden Marge (die jedoch nicht mit einem schrumpfenden Unternehmen gleichzusetzen ist) auszugehen ist. Hierauf kann – auch soweit an dieser Stelle erneut Einwendungen in Bezug auf einzelne Umsatzplanungen erhoben werden – verwiesen werden.
Unter Berücksichtigung dieser Annahmen wurde der Wachstumsabschlag mit 0,75% folgerichtig festgesetzt.
Die Annahme eines Wachstumsabschlags von 0,75% bedeutet entgegen der Auffassung der Antragstellerseite nicht, dass das Unternehmen im Terminal Value real schrumpft und letztlich liquidiert werden muss, auch wenn die (allgemeine) Inflationsrate deutlich darüber liegt. In den meisten Spruchverfahren liegt der festgesetzte Wachstumsabschlag (deutlich) unterhalb der Inflationsrate (im Schnitt zwischen 0,5% und 2,0%), ohne dass hierdurch eine (kurz- oder mittelfristige) Liquidation des Unternehmens zum Ausdruck gebracht werden würde (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2017 – 12 W 1/17, Rn. 80 ff. nach beck-online; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, Rn. 82 ff. nach beck-online; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.07.2014 – 20 W 3/12, Rn. 136 nach beck-online; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2016 – I-26 W 17/13 (AktE) Rn. 59 ff. nach beck-online).
Die gegenteilige Annahme verkennt zunächst, dass in der Phase der ewigen Rente die thesaurierten und den Anteilseigner fiktiv zugerechneten Beträge einen wesentlichen Teil des operativen Wachstums darstellen und dementsprechend bereits abgebildet sind (insofern steht die Annahme eines Wachstumsabschlags von unter 1% auch nicht im Widerspruch zu der genannten Studie von C.).
Darüber hinaus ist zu sehen, dass auch ein unterhalb der allgemeinen Inflationsrate liegender Wachstumsabschlag durchaus nachhaltiges (positives) Wachstum darstellt. So drückt z.B. ein Wachstumsabschlag von lediglich 0,5% aus, dass das Unternehmen nachhaltig Kostensteigerungen im unternehmensspezifischen Bereich durch Preiserhöhungen auf die Kunden überwälzen oder sonst kompensieren kann und darüber hinaus ein Gewinnwachstum von 0,5% erreichen kann, sich aber der allgemeinen Geldentwertung nicht entziehen kann, weil ihr Gewinnwachstum hinter der allgemeinen Inflationsrate zurückbleibt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.07.2011 – 20 W 14/08, Rn. 274 nach beck-online; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.07.2014 – 20 W 3/12, Rn. 136 nach beck-online).
Dies steht im Übrigen auch im Einklang mit der beschwerdeseits vorgelegten Berechnung von Prof. Dr. J., wonach ein Unternehmen bei einem Wachstumsabschlag vom 0,5% in etwa 100 (!) Jahren vom Markt verschwunden sein wird. Der Barwert der ewigen Rente kommt in etwa dem Barwert einer max. 30-35-jährigen Rente gleich, da für noch weiter in der Zukunft liegende Überschüsse in der Gegenwart kaum etwas gezahlt wird (vgl. Großfeld, Rn. 166). Eine mögliche Liquidation nach 100 Jahren kann daher vernachlässigt werden.
Auch an dieser Stelle ist ein Widerspruch zum vorangegangenen Spruchverfahren 31 Wx 060/06 nicht erkennbar. So wurde hier zwar der Wachstumsabschlag auf 1% festgesetzt, allerdings betraf dort die Ewige Rente einen Zeitraum ab 2001. Vorliegend wurde rückwirkend ein Zeitraum bis maximal 2006 beleuchtet, so dass bereits aus diesem Grund die Zahlen nicht übernommen werden können. Soweit beschwerdeseits in diesem Zusammenhang ausgeführt wird, dass zwischenzeitlich der wachstumsschwache Bereich der grafischen Papiere abgestoßen worden sei, weswegen das Unternehmen mittlerweile besser dastehe, ist zu berücksichtigen, dass dieses Argument erneut nur einen kleinen Teilaspekt beleuchtet, aber die vorzunehmende Gesamtschau sämtlicher aktuellen und künftigen Umstände, wie sie bereits mehrfach dargestellt wurden, ausblendet.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist auch kein Widerspruch zwischen dem angenommenen Wachstumsabschlag und der Marktrisikoprämie erkennbar. Es kommt hierdurch gerade nicht zum Ausdruck, dass Unternehmensbeteiligungen einerseits vermeintlich um ein vielfaches rentabler seien als Staatsanleihen, andererseits aber die Erträge derselben Unternehmen laufend real schrumpfen. Ein derartiger unmittelbarer Zusammenhang besteht bereits mangels Vergleichbarkeit der beiden Größen nicht. Während die Marktrisikoprämie allgemein die Differenz zwischen Rendite von Aktien und (quasi-)risikofreien Staatsanleihen ausdrückt, spiegelt der Wachstumsabschlag konkret die Fähigkeit des zu bewertenden Unternehmens wider, Preissteigerungen an die Kunden weiterzugeben.
d) Das Landgericht hat die Sonderwerte (einschließlich der steuerlichen Verlustverträge – vgl. hierzu Großfeld, a.a.O., Rn. 1174 ff.) zutreffend mit insgesamt € 92,2 Mio. angesetzt. Auch insofern ist Korrekturbedarf nicht vorhanden. Auf die zutreffenden Ausführungen wird Bezug genommen (Beschluss S. 121 ff., Bl. 1056 ff. d.A.).
Ergänzend sei lediglich darauf hingewiesen, dass etwaige aktuelle Bodenrichtwerte durchaus höher sein können, dies für die Beurteilung des Unternehmenswertes zum Stichtag 17.05.2013 jedoch nicht von Bedeutung ist. Da die Grundstücke in Mannheim teilweise in das Produktionsgelände hineinreichen, konnte darüber hinaus auch nicht uneingeschränkt der damalige höhere Bodenrichtwert für Wohngrundstücke angesetzt werden.
e) Soweit beschwerdeseits die durch die Bewerterin/Prüferin vorgenommene Kontrollrechnung mittels Multiplikatorenverfahrens angegriffen wird, sei nochmals darauf hingewiesen, dass ein Bedürfnis für detaillierte vergleichende Berechnungen des Unternehmenswertes mittels anderer Bewertungsverfahren grundsätzlich nicht besteht. Es gibt keine Umstände, die darauf hindeuten, dass das Ertragswertverfahren im konkreten Fall nicht geeignet wäre, den „wahren“, „wirklichen“ Unternehmenswert abzubilden. Auch seitens der Bewerterin und Prüferin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich beim Multiplikatorenverfahren um eine stark vereinfachende Methode handelt, bei der die spezifischen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens keine Berücksichtigung finden können (Gutachten S. 85 ff., Anl. AG 5, Prüfbericht S. 48, Anl. AG 6). Das Verfahren dient lediglich der Plausibilisierung des mittels der Ertragswertmethode ermittelten Unternehmenswerts (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.09.2018 – I-26 W 1/18 (AktE)).
Vorliegend ist das Landgericht zutreffend von einem Unternehmenswert von insgesamt € 3.786,6 Mio. ausgegangen. Dieser Wert beläuft sich nahezu exakt im Mittel zwischen den im Rahmen der Multiplikatorenberechnung festgestellten Marktwert des Eigenkapitals von € 3.439,5 Mio. bis hin zu € 4.375,8 Mio. und ist damit zur Plausibilisierung des mittels der Ertragswertmethode gefundenen Wertes durchaus geeignet. Allein die Tatsache, dass der Unternehmenswert im Vergleich zu einzelnen anderen Unternehmen geringer ist, ist an dieser Stelle unerheblich. Entscheidend ist die im Rahmen dieser Kontrollrechnung ermittelte Bandbreite.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Abfindungsprüferin darüber hinaus weitere Methoden zu Plausibilisierung angewandt hat (Vorerwerbe und Vergleich mit kapitalisierter Garantiedividende, vgl. Prüfbericht S. 47 ff.), die jeweils zu einem deutlich niedrigeren Vergleichswert geführt haben.
f) Seitens der Antragsgegnerin wird sodann gerügt, dass sich die Erhöhung im Vergleich zu der durch die Antragsgegnerin festgesetzten Abfindung lediglich auf 9,45% beliefe. Diese Abweichung liege insbesondere im Vergleich zu dem deutlich niedrigeren Börsenkurs unterhalb der erforderlichen Erheblichkeitsschwelle von 10%.
Insofern soll zunächst klargestellt werden, dass es sich weder nach Auffassung des Landgerichts noch nach Auffassung des Senats um „Bagatellbeträge“ handelt, die den Aktionären vorenthalten und stattdessen bei der Antragsgegnerin verbleiben sollen. Dem Gericht ist durchaus bewusst, dass es sich absolut gesehen um ganz erhebliche Summen handelt. Der Ausdruck „Bagatell“- bzw. „Erheblichkeitsschwelle“ soll vielmehr die Fallkonstellation umschreiben, in denen im Vergleich zum ursprünglich ermittelten Unternehmenswert eine relativ geringfügige Abweichung vorliegt und beschäftigt sich mit der Frage, wie hiermit umzugehen ist.
Der antragstellerseits zitierten BGH-Entscheidung II ZB 23/14 – Beschluss vom 29.09.2015 kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass eine solche Bagatellprüfung grundsätzlich nicht zulässig sei. Soweit der BGH dort ausführt, dass es auf eine prozentuale Grenze einer Veränderung von vornherein nicht ankomme, beziehen sich diese Ausführungen auf die Ablehnung der Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für den Fall, dass der Wechsel von einer zur anderen Bewertungsmethode oder Berechnungsweise eine Abweichung von mehr als 10% ergebe. Dies ist mit der vorliegenden Fragestellung nicht vergleichbar. Der BGH stellt in dieser Entscheidung vielmehr nochmals klar, dass die Aktionäre keinen Anspruch auf eine möglichst hohe, sondern auf eine angemessene Abfindung hätten und dass es einen exakten, einzig richtigen Unternehmenswert nicht gebe (siehe dazu auch oben S. 16).
Wenn aber nunmehr jede noch so geringfügige Abweichung zu einer Anpassung der Abfindung bzw. der Ausgleichszahlung führen würde, würden diese Grundsätze ins Gegenteil verkehrt werden. Damit gäbe es letztlich doch nur einen einzig richtigen Unternehmenswert, was jedoch sowohl mit der unternehmerischen Freiheit und der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit der Planannahmen als auch mit den sonstigen dargelegten Unsicherheiten im Rahmen der Kapitalisierung kaum vereinbar scheint. Auch wenn am Ende der durchgeführten Unternehmensbewertung zunächst ein „cent-genauer“ Betrag steht, darf hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich dabei tatsächlich um den mittels „exakter Wissenschaft“ berechneten einzig wahren Verkehrswert des Unternehmens handelt. Dementsprechend wird auch in der Wirtschaftsliteratur und -Praxis diskutiert, ob bereits im Gutachten statt eines Punktwertes ggf. eine Bandbreite angegeben werden könnte (vgl. z.B. Hager, Bewertungspraktiker 2017, 112 ff.; Best-Practice-Empfehlungen Unternehmensbewertung des DVFA-Arbeitskreises).
Wie bereits eingangs erläutert, liefert der Ertragswert, dessen Herleitung mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet ist, nur einen Anknüpfungspunkt für die vorzunehmende Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO und der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit muss vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten entsprechend ausgelegt werden. Solange die vorgenommene Bewertung nach ihrer Methodik und den zu Grunde liegenden Prämissen mit dem Bewertungsziel in Einklang steht, muss daher eine gewisse Bandbreite von Werten als angemessen erachtet werden (Simon/Leverkus, a.a.O., Anh § 11 Rn. 11), wobei in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt wird, wo die Grenze zu ziehen ist (LG München I, Beschluss vom 27.06.2014 – 5HK O 7819/09; Beschluss vom 21.12.2015 – 5HK O 24402/13: Abweichung bis zu 5%; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2011 – 21 W 8/11, AG 2012, 330 Rn. 108 ff.: Abweichung bis zu 5%; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2011 – 20 W 3/09, AG 2011, 205 Rn. 256 ff.: Abweichung von 6% und ggf. mehr unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls; OLG Düsseldorf, Beschl. V. 21.02.2019 – I-26 W 4/18 (AktE): Abweichung von unter 5%; Paschos, ZIP 2003, 1017, 1024: Abweichung von bis zu 10%). Dabei müssen die bis dato aufgelaufen Zinsen allerdings unberücksichtigt bleiben. Es handelt sich hierbei um eine variable Größe, die von vielen Parametern beeinflusst wird und die mit der eigentlichen Frage, die Abweichung der angebotenen Abfindung zur gerichtlich ermittelten Abfindung, nichts zu tun hat.
Eine grundsätzliche Verneinung der Bagatellgrenze ist in der (obergerichtlichen) Rechtsprechung hingegen nicht erkennbar. Antragstellerseits wird zwar die Entscheidung des OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006 – 20 W 14/05 zitiert. Dort wurde in der Tat eine um lediglich 1,7% höhere Barabfindung festgesetzt, doch kann der Entscheidung eine ausdrückliche Abkehr von der grundsätzlichen Annahme einer Bagatellgrenze nicht entnommen werden. Die Entscheidung setzt sich hiermit nicht auseinander, im Übrigen dürfte eine etwaige Nichtanwendbarkeit der Bagatellrechtsprechung durch das OLG Stuttgart durch die oben angeführte Entscheidung 20 W 3/09 – Beschluss vom 19.01.2011 und die Entscheidung 20 W 9/08 – Beschluss vom 17.03.2010 überholt sein.
Ob die Bagatellgrenze tatsächlich erst bei 10% erreicht ist, wurde bisher weder seitens des Senats noch – soweit ersichtlich – seitens eines anderen (Ober-)Gerichts ausdrücklich entschieden. Soweit die Antragsgegnerin diesbezüglich das OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2011 – 20 W 3/09 zitiert, ist darauf hinzuweisen, dass es dort – anders als der Leitsatz unter Umständen vermuten lässt – lediglich um eine Abweichung von 6,02% ging. Es wurde ausdrücklich offen gelassen, ob man die „Bagatellgrenze im Allgemeinen“ nicht erst bei einer Abweichung von 10%, sondern schon bei einer Abweichung von 5% ansiedeln müsse. Ferner hat im Zusammenhang mit der Geschäftswertfestsetzung nach altem Recht das LG Frankfurt a.M. zwar geäußert, die Bagetellgrenze sei bei 10% anzusiedeln (LG Frankfurt a.M., Beschl. V. 08.08.2001 – 3/8 O 69/97), es beruft sich diesbezüglich aber ausschließlich auf das LG München I, welches in der angegebenen Entscheidung jedoch von einer Abweichung „deutlich unterhalb einer Größenordnung von 10%“ spricht (LG München I, Beschluss vom 27.03.2000 – 5 HKO 19156/98), zumal es in der dortigen Entscheidung um den Vergleich zwischen Ertragswert und Börsenwert ging, eine Konstellation, in der der Senat mangels Methodengleichheit die Prüfung einer Bagatellschwelle grundsätzlich ablehnt (vgl. dazu ausführlich Senat, Beschluss vom 30.07.2018 – 31 Wx 122/16).
Nach Ansicht des Senats kann es eine allgemeingültige Bagatellgrenze kaum geben. Gerade in Bereichen, die – wie vorliegend – deutlich jenseits der 5% – Grenze liegen, ist eine sehr kritische Einzelfallprüfung erforderlich. Nur wenn besondere Umstände vorliegen, könnte es unter Umständen in einer Gesamtschau angemessen sein, die Grenze dennoch erst bei einer Größenordnung von bis zu 10% zu ziehen.
Derart besondere Umstände vermag der Senat hier jedoch nicht zu erkennen, so dass es einer abschließenden Entscheidung diesbezüglich nicht bedarf.
Anhaltspunkt für die Höhe der Bagatellgrenze kann dabei zunächst die Überlegung sein, ob die Unsicherheiten in Bezug auf die Schätzung des Unternehmenswerts überwiegend aus den Planannahmen herrühren. Es ist zwar zutreffend, dass etwaige (noch) vertretbare Planannahmen nicht durch andere, letztlich auch nur vertretbare Planannahmen ersetzt werden dürfen (s.o.). Es erscheint in der Gesamtschau jedoch nicht sachgerecht, neben diesem nicht unerheblichen Spielraum, der dem Unternehmen dadurch eingeräumt wird, diesem auch noch einen weiteren „Puffer“ von bis zu 10% zu gewähren. Dies könnte in Summe zu einem Ergebnis führen, welches den „wahren“ Wert der Beteiligung tatsächlich nicht mehr widergespiegelt. Dem kann im vorliegenden Fall zwar entgegen gehalten werden, dass der Senat tendenziell eher von einer optimistischen Planung ausgeht (s.o.), dennoch verbleibt es im Ausgangspunkt dabei, dass die hiesigen Planannahmen auch im Vergleich zu anderen Spruchverfahren in besonders hohem Umfang in Frage gestellt wurden, so dass auch vor dem Hintergrund, dass es keine originäre Planung der … SE gab, in Bezug auf die Bagatellgrenze eher Zurückhaltung geboten ist.
Auch im Hinblick auf die Parameter der Diskontierung lassen sich keine derart besonderen Umstände erkennen, die eine 10%ige Abweichung noch als geringfügig erscheinen lassen könnten. Es sei an dieser Stelle erneut auf die Marktrisikoprämie und den Meinungsstreit in diesem Zusammenhang hingewiesen. Es werden sowohl höhere als auch niedrigere Marktrisikoprämien vertreten.
Darüber hinaus dürften weiterhin Vergleichsüberlegungen eine wesentliche Rolle spielen (in diese Richtung auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2011 – 20 W 3/09 und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 – I-26 W 4/18 (AktE)). Bei einem vergleichsweise deutlich niedrigeren Börsenkurs erscheint eine großzügigere Bagatellgrenze sachgerecht, zumal in Anlehnung an BGH, Beschl. V. 12.01.2016 – II ZB 25/14 diskutiert wird, ob der Börsenkurs ggf. nicht nur die Untergrenze der angemessenen Abfindung darstellt, sondern für sich genommen den „wahren“ Wert des Anteilseigentums widerspiegeln kann, ohne dass es auf etwaige weitere Unternehmenswertermittlungen ankäme. Vorliegend belief sich der durchschnittliche Börsenkurs bei Bekanntgabe des Abfindungsangebots auf € 340,81 je Aktie, also deutlich unterhalb der angebotenen Abfindung. Auch nach Bekanntgabe des Squeeze-Out-Verlangens stieg der Börsenkurs auf maximal € 388,00 je Aktie an. Allerdings muss die Bedeutung des Börsenkurses aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls (bestehender Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag seit 1997, rund 96,6% der Aktien seit 2002 im Besitz des … Konzerns und kein reger Aktienhandel) relativiert werden. Es kann in dieser Konstellation gerade nicht davon ausgegangen werden, dass sich in dem Börsenkurs eine zutreffende Marktbewertung seitens der Marktteilnehmer niedergeschlagen hat (BGH, a.a.O.).
Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, dass nach einer Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände eine Abweichung von 9,45% hier nicht mehr als unerheblich angesehen werden kann. Es verbleibt damit bei der durch das Landgericht ausgesprochenen Erhöhung der Barabfindung.
g) Die Rügen der Antragsteller gegen das Verfahren des Landgerichts, insbesondere einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Amtsermittlungsgrundsatzes, weil das Landgericht keine weitere Aufklärung durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens betrieben habe und die Arbeitspapiere der Bewerterin nicht habe vorlegen lassen, greifen ebenfalls nicht durch.
aa) Das Landgericht hat den in § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 26 FamFG normierten Amtsermittlungsgrundsatz nicht dadurch verletzt, dass es keinen Sachverständigen gerichtlich bestellt und mit der vollständigen Neubewertung oder mit einzelnen Bewertungsfragen betraut hat.
Nach der gesetzlichen Konzeption des Spruchverfahrens kann zunächst auf ergänzende Stellungnahmen des Prüfers und auf seine mündliche Anhörung gem. § 7 Abs. 6 und § 8 Abs. 2 SpruchG zurückgegriffen werden. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten, welches bereits aufgrund der Tatsache, dass sich ein gerichtlicher Sachverständiger von Grund auf neu in einen komplexen Sachverhalt einarbeiten müsste, zu einer deutlich längeren Verfahrensdauer und deutlich höheren Kosten führen würde, muss vor dem Hintergrund des in § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 26 FamFG normierten Amtsermittlungsgrundsatzes nur dann eingeholt werden, wenn gleichwohl weiterer Aufklärungsbedarf besteht und weitere Klärung durch das Sachverständigengutachten zu erwarten ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 26.06.2018 – 31 Wx 382/15, AG 2014, 453, 454; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.8.2012 – 21 W 14/11 Rn. 36 ff. nach juris m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.01.2017 – 21 W 75/15, Rn. 40 nach juris; Dreier/Fritzsche/ Verfürth/Schulenberg, SpruchG, 2. Aufl. § 7 Rn. 62 ff.; vgl. auch BT-Drucks. 15/371 vom 29.01.2003 S. 1, 12). Allein die Tatsachen, dass es sich um komplexe Sachverhalte und schwierige Rechtsfragen handelt, rechtfertigen jedenfalls nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Es handelt sich bei Spruchverfahren regelmäßig um vergleichsweise komplexe Sachverhalte; Rechtsfragen werden nicht durch den Sachverständigen, sondern das Gericht beantwortet. Insofern verfolgt auch der vom Landgericht betonte Beschleunigungsgrundsatz gerade keinen Selbstzweck, sondern dient dem effektiven Rechtsschutz sämtlicher Beteiligter.
Nach dieser Konzeption ist der gerichtlich bestellte Prüfer gerade nicht mit einem Parteigutachter vergleichbar. Daher verfängt auch der Hinweis auf BGH, Beschluss vom 21.05.2007 – II ZR 266/04, wonach bei sich widersprechenden Privatgutachten zu Fragen der Unternehmensbewertung die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist, nicht. Das antragstellerseits eingereichte Kurzgutachten der Wirtschaftsprüferin Iris Enke (Anl. ASt. 15 zum Schriftsatz vom 05.11.2015) ist – wie jedes andere Parteigutachten grundsätzlich auch – als qualifizierter Parteivortrag zu behandeln (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 11.05.1993 – VI ZR 243/92; Thomas/Putzo/ Reichold, ZPO, 39. Aufl. Vorb § 402 Rn. 5), welcher seitens des Senats bei den jeweiligen Einwendungen entsprechend gewürdigt wurde. Etwaige nicht auflösbare Widersprüche zum Prüfbericht haben sich danach nicht ergeben.
Soweit beschwerdeseits einzelne Entscheidungen zitiert werden, in denen (zu einzelnen Fragen) gerichtliche Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben wurden (so z.B. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.01.2017 – 21 W 37/12 oder das LG Stuttgart, Beschluss vom 08.05.2019 – 31 O 25/13), kann hieraus ein Schluss für das hiesige Verfahren nicht gezogen werden. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass sich in den dortigen Verfahren auch nach ergänzender Anhörung der Prüfer weiterer Aufklärungsbedarf ergeben hat. Dies ist jedoch für jedes Verfahren unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls gesondert zu prüfen und nicht unmittelbar auf das vorliegende Verfahren zu übertragen.
Weiterer Aufklärungsbedarf ist im hiesigen Verfahren – wie das Landgericht zu Recht nach umfangreicher Prüfung angenommen hat – im Ergebnis nicht zu sehen. Der ausführliche Bericht der Abfindungsprüferin, ihre umfangreichen Ausführungen zu den Fragen des Landgerichts durch mündliche Erläuterungen an mehreren mehrstündigen Terminen und ergänzende schriftliche Stellungnahmen zu mehrere Einzelfragen der Kammer und der Beteiligten bieten eine umfassende und ausreichende Grundlage für die gerichtliche Schätzung des Unternehmenswerts gem. § 287 Abs. 2 ZPO, ohne dass weiterer Aufklärungsbedarf angenommen werden müsste. Insofern ist auch nicht ersichtlich, warum eine mündliche Verhandlung (insbesondere mit der Möglichkeit komplexere Fragen durch ergänzende schriftliche Stellungnahmen zu beantworten), nicht geeignet sein soll, den Sachverhalt und die sich daraus ergebenden Problemstellungen hinreichend zu erörtern. Auch bei einem gerichtlichen bestellten Sachverständigen gibt es in der Regel zunächst ein schriftliches Gutachten, welches sodann mündlich erläutert und ggf. ergänzt bzw. korrigiert wird (vgl. §§ 30 FamFG, 411 Abs. 1, 3 ZPO).
Die beschwerdeseits geäußerten Bedenken gegen den sachverständigen Prüfer werden zwar zum Teil auch in der Literatur geteilt. So werden namentlich eine fehlende Unabhängigkeit, die Schwierigkeit, ein eigenes Gutachten zu überprüfen und ggf. zu korrigieren und der unterschiedliche Prüfungsmaßstab gerügt (Emmerich/Habersack Aktien-/GmbH-KonzernR, 8. Aufl. , SpruchG § 8 Rn. 8; Spindler/Stilz/Drescher, 3. Aufl. , SpruchG § 8 Rn. 8). All diese Bedenken greifen jedoch bei näherer Betrachtung nicht durch.
So ist es zwar zutreffend, dass der sachverständige Prüfer gemäß § 293d AktG auf Vorschlag der Antragsgegnerin ohne Einflussmöglichkeit der Antragsteller bestellt wird. Es handelt sich aber dennoch um eine gerichtliche Bestellung eines neutralen Prüfers zum Schutze der Anteilsinhaber. Das Landgericht ist bei der Auswahl des Prüfers nicht an den Vorschlag der Gesellschaft gebunden. Es wurde antragstellerseits auch nicht behauptet, dass es sich – aus welchen Gründen auch immer – an den Vorschlag gebunden gefühlt hätte. Der sachverständige Prüfer haftet nach §§ 327 c Abs. 2 S. 4, 293 d Abs. 2 AktG, 323 HGB auch gegenüber den Aktionären. Allein die Frage der Vergütung, wobei jedenfalls in Bezug auf ergänzende schriftliche oder mündliche Erläuterungen gilt, dass der sachverständige Prüfer wie ein gerichtlicher Sachverständiger zu entschädigen ist (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O., § 8 SpruchG Rn. 11) und etwaiger Folgeaufträge durch die Antragsgegnerin vermag die grundsätzliche gesetzliche Konzeption nicht in Frage zu stellen.
Soweit das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Senat die Höhe der Marktrisikoprämie anders bewertet hat als die Prüferin, kann daraus jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass seitens der Prüferin eine bewusste Bevorzugung der Antragsgegnerin stattgefunden habe. Es handelt sich bei der Höhe der Marktrisikoprämie, wie bereits ausführlich dargelegt, um eine höchst umstrittene Frage, zu der in Literatur und Praxis zahlreiche Ansichten vertreten werden.
Auch der weitere Kritikpunkt, der sachverständige Prüfer würde eigene Fehler nicht einräumen und dementsprechend sein eigenes Gutachten nicht unkritisch überprüfen können, vermag nicht zu überzeugen. Bereits der Gesetzgeber traut dem sachverständigen Prüfer zu, von einem einmal gefundenen Prüfergebnis abzuweichen, wenn sich dieses als nachträglich falsch herausstellen sollte (vgl. BT-Drucks. 15/371 vom 29.01.2003, S. 15). Dieser muss sich nach der Gesetzeskonzeption des § 8 Abs. 2 SpruchG den Fragen des Gerichts und der Beteiligten stellen. Das Landgericht hat hier unter dem Vorsitz eines mit Spruchverfahren ausgesprochen erfahrenen Richters umfangreiche und durchaus kritische Fragen gestellt. Auch die Parteien hatten umfassend Gelegenheit, den Prüfbericht kritisch zu hinterfragen. Soweit Fragen in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend beantwortet werden konnten bzw. auf Veranlassung des Gerichts oder der Parteien Alternativberechnungen durchgeführt werden sollten, wurde dies in ergänzenden schriftlichen Stellungnahmen nachgeholt. Auch etwaige Fehler/Ungenauigkeiten wurden ohne weiteres eingeräumt (so z.B. in Bezug auf die sonstigen betrieblichen Erträge). Eine mangelnde Kritikfähigkeit kann folglich nicht festgestellt werden. Im Übrigen könnte diese Argumentation ebenso auf einen gerichtlichen Sachverständigen übertragen werden. Auch dieser muss sein Gutachten erläutern und (vermeintliche) Widersprüche aufklären. Insofern wird schließlich auch nicht unterstellt, dass der Sachverständige nicht in der Lage sei, eigene Fehler einzuräumen.
Das antragstellerseits in diesem Zusammenhang angesprochene Verbot der Selbstprüfung nach § 319 Abs. 3 HGB ist auf diese Konstellation nicht anwendbar. Es umfasst lediglich das Verbot der Personenidentität bei der Erstellung des Jahresabschlusses und der Überprüfung desselben und ist beispielsweise bereits nicht mehr auf Konstellationen anwendbar, in denen Personenidentität zwischen Verschmelzungsprüfer und Abschlussprüfer besteht (BGH, Urt. v. 25.11.2002 – II ZR 49/01). Der sachverständige Prüfer ist darüber hinaus noch nicht einmal per se als späterer gerichtlicher Sachverständiger ausgeschlossen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2006 – 26 W 9/06 (AktE)).
Ferner vermag auch die Argumentation der Antragsteller, dass gerichtlich bestellte Sachverständige in der Regel zu deutlich höheren Unternehmenswerten gelangten, so wie dies auch im vorangegangenen Spruchverfahren 31 Wx 060/06 betreffend den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aus dem Jahr 1997 der Fall gewesen sei, nicht zu überzeugen. Konkrete Rückschlüsse auf das vorliegende Verfahren lassen sich hieraus nicht ziehen, zumal die Konsequenz eine grundsätzliche Umkehrung der gesetzgeberischen Wertung wäre, wofür derzeit kein Anlass besteht. Es existieren in der (obergerichtlichen) Rechtsprechung zahlreiche Beispiele dafür, dass auch ohne die gesonderte Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen allein aufgrund der Anhörung der Prüfer eine gerichtliche Erhöhung der angebotenen Abfindung/Ausgleichszahlung erfolgt. Nach einer Auswertung von 154 veröffentlichen Spruchverfahren seit Einführung des SpruchG wurden 67 Verfahren durch Vergleich beendet, in 36 Fällen kam es zu keiner Erhöhung und in 39 Fällen wurde eine Erhöhung durch das LG bzw. OLG (auch ohne Erholung eines Sachverständigengutachtens) ausgesprochen (Puszkajler/Sekera-Terplan, NZG 2015, 1055). Soweit beschwerdeseits ausgeführt wird, dass eine gerichtliche Kontrolle der Unternehmensbewertung de facto heute kaum mehr stattfinde, kann dem daher nicht gefolgt werden.
Zuletzt kann auch nicht von einem grundsätzlich unterschiedlichen Prüfungsmaßstab eines sachverständigen Prüfers im Vergleich zu einem gerichtlichen Sachverständigen ausgegangen werden. Soweit beschwerdeseits gerügt wird, im Rahmen der Parallelprüfung durch Bewertungsgutachter und Prüfer würde letzterer lediglich den „vom Bewertungsdienstleister der Antragsgegnerin ermittelten Unternehmenswert plausibilisieren und nicht eigenständig ermitteln“, kann dem nicht gefolgt werden. Es sei an dieser Stelle auf die Eigenverantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers nach § 43 Abs. 1 S. 1 WPO und die grundsätzliche Funktion des gerichtlich bestellten sachverständigen Vertragsprüfers nach §§ 293 b, 304, 305 AktG, die Angemessenheit von Barabfindung und Ausgleich als neutraler Prüfer sicherzustellen, hingewiesen. Im Übrigen erfordert gerade der Umstand der Parallelprüfung eine gleichzeitige eigenständige Prüfung des sachverständigen Prüfers. Wie die Prüferin vorliegend selbst ausgeführt hat, hat sie die zur Unternehmensbewertung erforderlichen Dokumente selbst eingesehen und zahlreiche Gespräche mit der Antragsgegnerin geführt. Darüber hinaus hat sie immer wieder eigene – weitergehende – Berechnungen und Analysen durchgeführt (wie z.B. in Bezug auf die Erweiterung der Peer Group beim Beta-Faktor). Allein aus dem Umstand, dass auch Besprechungen mit der Bewertungsgutachterin erfolgt sind, kann nicht geschlossen werden, dass die sachverständige Prüferin ihre eigene Prüfungskompetenz nicht wahrgenommen und entgegen ihren ausdrücklichen Erklärungen (vgl. Prüfbericht S. 1-3, 51) keine eigenen Feststellungen zur Beurteilung der Angemessenheit der Barabfindung getroffen hätte.
Es ist zusammenfassend nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse aufgrund der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu erwarten wären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der gerichtlich bestellte sachverständige Prüfer grundsätzlich über identisches Fachwissen wie ein erst im Spruchverfahren gerichtlich bestellter Sachverständiger verfügt. So würde beispielsweise auch eine weitere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder ein etwaiger Wirtschaftswissenschaftler, der zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt würde, über keine weiteren empirisch belastbaren Daten zur Beurteilung der Frage der Marktrisikoprämie verfügen; es gäbe nach wie vor keine originäre Planung der … SE. Ein weiterer Erkenntnisgewinn wäre nicht zu erwarten. Hinzu kommt, dass das Gericht etwaige streitige Punkte auch aus eigener Sachkunde beurteilen und von den Annahmen des sachverständigen Prüfers (oder eines gerichtlich bestellten Sachverständigen) abweichen kann (Spindler/Stilz/Drescher, SpruchG, 3. Aufl. § 8 Rn. 6).
bb) Zu Recht hat das Landgericht auch die Voraussetzungen für die Anordnung der Vorlage von weiteren Unterlagen nach § 7 Abs. 7 S. 1 SpruchG, namentlich die Arbeitspapiere der Gutachterin und der Vertragsprüferin, mit ausführlicher Begründung abgelehnt (Beschluss S. 131 ff., Bl. 1066 ff. d.A.). Hierauf kann Bezug genommen werden.
III.
1. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Es besteht kein Anlass, diese ausnahmsweise ganz oder teilweise den Antragstellern aufzuerlegen, § 15 Abs. 1 SpruchG. Insofern finden anders als im Verfahren erster Instanz nach § 136 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 GNotKG auf das Beschwerdeverfahren bereits die neuen (i.E. inhaltsgleichen) Vorschriften Anwendung (vgl. Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. § 15 Rn. 3). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin wird im Beschwerdeverfahren nicht angeordnet. Die Beschwerden der Antragsteller sind erfolglos geblieben. Es erscheint daher angemessen, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren jeweils selbst tragen, § 15 Abs. 2 SpruchG n.F..
2. Der Geschäftswert war auch in der Beschwerdeinstanz entsprechend der landgerichtlichen Festsetzung auf den in Höhe von € 7,5 Mio. gedeckelten Höchstgeschäftswert festzusetzen. Die Festsetzung des Geschäftswerts für die Gerichtsgebühren beruht auf § 74 S. 1 GNotKG (zur Anwendbarkeit der Vorschrift s.o.). Maßgebend ist danach auch in Konstellationen, in denen in der Beschwerdeinstanz keine weitere Erhöhung des Abfindungsbetrags erfolgt ist, der in der Erstentscheidung festgesetzte Unterschiedsbetrag zur angebotenen Kompensation (OLG München, Beschl. V. 16.10.2018 – 31 Wx 415/16; Spindler/Stilz/Drescher, a.a.O. Rn. 10). Dieser beläuft sich auf € 46,12 je Aktie, woraus sich bei 240.951 betroffenen Aktien eine Gesamtsumme von über € 11 Mio. errechnet.
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert, § 70 Abs. 2 FamFG.


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