Handels- und Gesellschaftsrecht

Anlage, Vertrag, Klage, Abnahme, Rechnung, Zahlung, Vorlage, Beklagte, BRAO, Ausgleich, Vereinbarung, Hinweis, Werbevertrag, Kostenentscheidung, Kosten des Verfahrens

Aktenzeichen  27 O 454/20

Datum:
14.9.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51616
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. Ziffer 4 des Vertrages auf Zahlung des Lohnes in Höhe von 9.896,04 Euro.
I. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. linken, unteren Ecke des Vertrages als … auf (Anlage K 1). Auch wenn in der Vereinbarung immer wieder die Bezeichnung der „…“ auftaucht, ist darauf zu schließen, dass der Vertrag mit der … zustande kam, zumal die anderslautende GmbH auch den Namen „…“ in ihrer Bezeichnung enthält.
Gegen die Aktivlegitimation der Klägerin spricht auch nicht der Verwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der …. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellen solche der … dar. Ausweislich der mit der Anlage K 1a vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann aufgrund der httpsAdresse in der rechten, oberen Ecke des Dokuments davon ausgegangen werden, dass es sich um die Geschäftsbedingungen der … handelt.
II. Es bestehen keine vertraglichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte. Der Vertrag ist nichtig gemäß § 134 BGB i.V.m. § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO. Es liegt ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz gemäß § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO vor.
Gemäß § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO ist die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art, unzulässig. Der zwischen den Parteien am 05.07.2019 geschlossene Vertrag zielt auf die Vermittlung von Mandaten ab, weshalb er nach § 134 BGB nichtig ist (OLG München, Beschluss vom 31.10.2019, 23 U 940/19).
Der Tatbestand des § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO ist erfüllt.
Die Klägerin hatte den Auftrag, für die Beklagte 500 Datensätze („CPL“) zu generieren sowie 50 CPOs. Die Klägerin sollte so lange die Kampagne fortsetzen bis mindestens 50 CPOs für die Beklagte generiert wurden. Der Beklagten kam es also gerade auf die 50 CPOs an. Bei den 50 CPOs handelte es sich um Mandate, also die „Vermittlung von Aufträgen“ i.S.v. § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO.
Der Vertrag geht davon aus, dass 50 CPOs zustande kommen müssen.
Für die Vermittlung der CPOs wurde eine sog. „Costper-Lead“-Vergütung vereinbart. Es war also auch eine Gegenleistung geschuldet. Gemäß Ziffer 4 der vertraglichen Vereinbarung (Anlage K 1), war die Beklagte vertraglich dazu verpflichtet, für jeden generierten CPO an die Klägerin 360,00 Euro zu entrichten. Der verhältnismäßig hohe Preis spricht für eine Mandatsvermittlung und nicht bloß für eine werbende Vermittlung von Interessenten. CPOs werden in Ziffer 3 des Vertrages zudem mit folgendem Lieferumfang beschrieben: Fahrzeugschein, Kaufvertrag/Schreiben des BA/Hersteller (optional), Rechtsschutzversicherung zum Zeitpunkt des Autokaufes. Gerade der letzte Punkt, Bestehen einer Rechtsschutzversicherung zeigt, dass Mandanten vermittelt werden sollten. Insbesondere die Anforderung, dass bei dem CPO eine Rechtsschutzversicherung zum Zeitpunkt des Autokaufes vorgelegen haben muss, spricht für die Eigenschaft des CPO als Mandant. Aus keinem anderen Grunde wäre das Vorliegen einer Rechtsschutzversicherung von Bedeutung. Eine Rechtsschutzversicherung ist bei dem Zustandekommen eines Mandats ein sehr relevanter Faktor.
Bei den angeführten Kriterien handelt es sich um solche, die für die Übernahme eines Mandats relevant sind.
Der Vortrag der Klägerin, es sei nur für die Gewinnung von Interessenten eine feste Aufwandsentschädigung zu zahlen, unabhängig vom Erfolg der späteren Gewinnung eines konkreten Mandats, verfängt nicht. Es sollten laut Vertrag mindestens 50 Mandate generiert werden.
Dies erfüllt den Tatbestand des Vermittelns i.S.v. § 49b Abs. 3 BRAO.
Die Klägerin selbst spricht auch in ihrem Klageschriftsatz vom 14.01.2020 mehrfach von „Mandanten bzw. Mandaten“.
Sie gibt an, dass die Parteien einen Werbevertrag mit dem Ziel der Interessentengewinnung für die „Mandatsakquise“ der Beklagten abgeschlossen haben und die Kampagne darauf angelegt war, dass die Klägerin der Beklagten insgesamt 500 Datensätze von „potentiellen Mandanten“ liefern sollte. Laut Klagevortrag sollte die Klägerin die Kampagne auch so lange fortsetzen, bis mindestens 50 Mandate für die Beklagte vorliegen. Der Vertrag ist somit von Klägerseite erst erfüllt, wenn 50 Mandate vorliegen.
In dem Klageschriftsatz gab die Klägerin wie folgt an: „In einem zweiten Schritt sollten diese Leads (d.h. Interessenten) im Auftrag der Klägerin von einem zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigten Drittunternehmer kontaktiert werden, um aus dem gelieferten Pool mindestens 50 Mandate (CPO) für die Beklagte zu generieren.“ Die Klägerin selbst bezeichnet die CPOs als Mandate.
Im Rahmen der CPL ist ebenso die Rede von einer „Mandatsgewinnung“. Bezüglich „Mandantenstamm“ der  Beklagten.
Die Klägerin gibt des Weiteren an, dass es sich um die Generierung von „Mandaten“ durch einen Drittanbieter handelte.
In einer E-Mail vom 09.07.2019 (Anlage K 2) schrieb die Beklagte: „Nach unserem Verständnis sollte abgeglichen werden, ob bei den von Ihnen eingeholten Leads bereits Mandanten von uns enthalten sind.“
Es kam der Beklagten daher gerade darauf an, aus den Leads neue Mandanten zu gewinnen. Mithin sind die Leads als potentielle Mandanten einzustufen.
Die Beklagte hat sich u.a. auf die Bearbeitung von Mandanten im Zusammenhang mit dem „Abgas-Manipulationsskandal“ bei Dieselfahrzeugen spezialisiert.
Die Beklagte wandte sich an die Klägerin, um 50 Datensätze von solchen Personen zu erlangen, die Dieselfahrzeuge mit manipulierten Abgaswerten besitzen und aus diesem Grunde rechtliche Ansprüche gegenüber dem jeweiligen Hersteller geltend machen wollen. Es ging ihr daher um die Gewinnung neuer Mandate.
Die von der Klägerseite genannten Entscheidungen des BVerfG vom 19.02.2008, 1 BvR 1886/06, BGH vom 26.09.2002, I ZR 44/00 und OLG Karlsruhe vom 05.04.2013, 4 U 18/13 führen nicht zu einem anderen Ergebnis, da sie auf vorliegenden Fall nicht anwendbar sind. Die Entscheidungen beinhalteten gerade nicht die Vermittlung von konkreten Mandaten, sondern die Zurverfügungstellung von allgemeinen Dienstleistungen Der Tatbestand des § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO ist erfüllt. Es liegt damit ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB vor. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin besteht nicht.
III. Es bestehen keine Ansprüche der Klägerin aus dem Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB), da keine Leistung durch die Beklagte an die Klägerin erfolgte.
Kostenentscheidung:
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens gemäß § 91 ZPO.
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit:
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar gemäß § 709 ZPO.


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