Handels- und Gesellschaftsrecht

Berichtigung des Tatbestands

Aktenzeichen  11 O 4968/16

Datum:
15.3.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143715
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO §§ 319 Abs. 1, 320

 

Leitsatz

Verfahrensgang

11 O 4968/16 2017-01-26 Endurteil LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Der Antrag der beklagten Partei auf Berichtigung des Tatbestands des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 11. Zivilkammer – vom 26.01.2017 wird zurückgewiesen.
2. Von Amts wegen wird der Tatbestand des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 11. Zivilkammer – vom 26.01.2017 dahingehend berichtigt, dass der Satz „Die Klägerin habe die streitgegenständliche Versicherung nicht abgetreten.“ auf Seite 6, drittletzter Absatz, gestrichen wird.
3. Von Amts wegen werden die Entscheidungsgründe des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth – 11. Zivilkammer – vom 26.01.2017 dahingehend berichtigt, dass auf Seite 14 des Urteils, der 2. Satz im 4. Absatz der Ziffer 6. neu gefasst wird wie folgt:
„Aus dieser kann sich im Hinblick auf die bei der Beklagten durch die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung anfallenden Bearbeitungskosten im dreistelligen Bereich aber allenfalls dann ein „Anspruch auf Festlegung“ ergeben, wenn die Klägerin die Erfolgsaussichten von Kündigung und Widerspruch bereits bei Ausübung des ersten Gestaltungsrechts, hier der Kündigung, geprüft hätte und dieses „zweistufige Vorgehen“ nicht durch schutzwürdige Belange der Klägerin gerechtfertigt wäre.“

Gründe

A.
Mit Schriftsatz vom 10.02.2016, eingegangen beim Landgericht Nürnberg-Fürth am gleichen Tag, beantragte die Beklagte die Berichtigung des Tatbestands des am 26.01.2017 verkündeten Endurteils in fünf Punkten (Bl. 138 ff d.A.):
1.Die Tatsache, dass die Klägerin grundsätzlich selbst nicht prüfe, ob ein Widerspruchsrecht bestehe, sei dem streitigen (statt dem unstreitigen) Tatbestand zuzuordnen.
2.Die Zusammenarbeit der Klägerin mit der … sei dem unstreitigen (statt dem streitigen) Tatbestand zuzuordnen.
3.Das vorstellig werden der … bereits mit 80 Versicherungsverträgen sei dem unstreitigen Tatbestand zuzuordnen.
4.Dass die Beklagte davon ausgehen müsse, dass der Zedent weder von der Weiterabtretung erfahre (…) sei dem unstreitigen Tatbestand zuzuordnen.
5.Dass der vorliegende Vertrag nicht von der Klägerin an die … abgetreten sei, sei streitig geblieben.
Mit Verfügung vom 15.02.2017 gab das Landgericht den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag der Beklagten und wies darauf hin, dass auch eine Berichtigung von Amts wegen – wie nunmehr in Ziffer 2 und 3 des Tenors vorgenommen – in Betracht kommt.
Die Beklagte trat der Berichtigung wie nun in Ziffer 2 des Tenors vorgenommen, entgegen (Bl. 150 f).
Die Klägerin hält die Anträge der Beklagten im wesentlichen für unbegründet, meint aber, dass bei dem Berichtigungsantrag zu 1 (Die Tatsache, dass die Klägerin grundsätzlich selbst nicht prüfe, ob ein Widerspruchsrecht bestehe, sei dem streitigen (statt dem unstreitigen) Tatbestand zuzuordnen), das Wort „grundsätzlich“ zu streichen sei (Bl. 153 ff).
B.
Der zulässige Berichtigungsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil ist aber von Amts wegen zu berichtigen.
I.
Der Berichtigungsantrag führt nicht zu einer Berichtigung nach § 319 ZPO. Ein Fall des § 319 Abs. 1 ZPO, d.h. eine offenbare Unrichtigkeit, liegt bei Keiner der beantragten Berichtigungen vor. Der in den Tatbestand aufgenommene Sachverhalt entspricht so dem Willen des Gerichts bei Urteilsfällung. Dies gilt auch für das Wort „grundsätzlich“ bzgl. der mit Ziffer 1 beantragten Berichtigung.
II.
Der Berichtigungsantrag führt nicht zu einer Berichtigung nach § 320 ZPO. Für eine (subsidiäre) Berichtigung nach § 320 ZPO liegt zwar ein fristgemäß gestellter Antrag vor, der Tatbestand enthält jedoch keine zu berichtigenden Unrichtigkeiten.
1. Die mit Ziffer 1 beantragte Tatbestandsberichtigung ist zurückzuweisen. Die Tatsache, dass die Klägerin grundsätzlich selbst nicht prüfe, ob ein Widerspruchsrecht bestehe, ist – wie geschehen – dem unstreitigen Tatbestand zuzuordnen.
Die Darlegungslast für diese Tatsache trägt die Beklagte. Diese Tatsache ist für die Einwendungen der Beklagten relevant. Die Beklagte begründet zum Einen den Einwand, dass die Abtretung der Versicherung von dem Versicherungsnehmer an die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam sei und auch den Einwand der Unwirksamkeit der Abtretung wegen Sittenwidrigkeit bzw. Treuwidrigkeit damit, dass die Klägerin auch die Erfolgsaussichten weiterer Gestaltungsrechte, insbesondere des Widerspruchrechts prüfe. Die Darlegungslast für diese Prüfung durch die Klägerin trägt demnach die Beklagte.
Vorliegend hat die Beklagte zwar behauptet, dass die Klägerin diese Prüfung vordergründig vornehme, dies allerdings nicht weiter konkretisiert. Die Behauptung „sonst brauchte sie sich diese Rechte nicht abtreten lassen“, ist keine Konkretisierung der Umstände der Prüfung, sondern lediglich eine Schlussfolgerung, mit der die Beklagte ihr Ergebnis begründet. Die Klägerin hat diese „einfache Behauptung“ der Beklagten bestritten. Bei dem Bestreiten handelt es sich nicht nur um ein (bei einer einfachen Behauptung grundsätzlich zulässiges) einfaches Bestreiten, sondern die Klägerin bestritt die Behauptung der Beklagten qualifiziert. Sie legte konkret dar, wie sie mit den an sie abgetretenen Verträgen verfährt und dass diese Verfahrensweise keine Prüfung weiterer Gestaltungsrechte beinhaltet:
Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihre Kernkompetenz darin liege, dass sie Versicherungsverträge kaufe, den Kaufpreis an den Kunden auszahle und die Verträge kündige. Sie habe keine Kompetenzen im Bereich der Nachbearbeitung von Verträgen. Sie könne Kündigungsfristen berechnen und Kündigungen erklären, sie sei aber nicht in der Lage, das Bestehen weiterer Ansprüche zu beurteilen (Bl. 39 d.A., S. 7 des SS des KIV vom 09.11.2016).
Die Klägerin habe diese Kenntnis (dass sowohl Kündigung als auch Widerspruch möglich seien) nicht. Der Klägerin fehlen die fachlichen Kenntnisse, um die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Widerspruchsbelehrung prüfen zu können, Bl. 54 d.A., S. 22 des SS des KIV vom 09.11.2016).
Richtig sei, dass die Prüfung, ob ein Widerspruchsrecht bestehe, im Geschäftsablauf der Klägerin nicht vorgesehen sei. Ihr Geschäftsablauf sehe vor, dass nach der Annahme des Kauf- und Abtretungsvertrags die Abtretung angezeigt und sodann die Kündigung erklärt werde (…), Bl. 55 d. A., S. 23 des SS des KIV vom 09.11.2016). Diese Ausführung ergänzt die Klägerin auf Bl. 55–56 d.A., S. 23, 24 d. SS des KIV vom 09.11.2016.
Diesem qualifizierten Vortrag der Klägerin ist die Beklagte nicht mit eigenem, qualifiziertem Vortrag entgegengetreten, so dass die von der Klägerin qualifiziert dargelegte Tatsache dem unstreitigen Sachverhalt zuzuordnen war.
2. Die mit Ziffer 2 bis 4 beantragten Tatbestandsberichtigung sind ebenfalls zurückzuweisen. Die Zusammenarbeit der Klägerin mit der ist insgesamt dem streitigen Tatbestand zuzuordnen.
Der folgende Absatz im Urteil ist als eine Einheit zu sehen:
„Die Klägerin behauptet, die mit Schreiben vom 31.03.2016 erklärte Annahme des Kauf- und Abtretungsvertrags sei an die Zedentin übersandt worden und bei ihr eingegangen. Die Klägerin habe der Zedentin eine Abschlagszahlung von 28.967,82 € geleistet. Nach Eingang der Auskunft der Beklagten werde die Abrechnung entsprechend § 2 (2) des Kauf- und Abtretungsvertrags und der in der Annahme bestätigten Modifizierung vorgenommen und der Restkaufpreis ausbezahlt. Sie beteilige die Zedenten an Nachzahlungen mit 50 Prozent. Die Widerspruchsbelehrungen liegen ihr nicht in jedem Fall vor.“
Dieser Vortrag ist für den Einwand der Beklagten, die Abtretung sei wegen Sittenwidrigkeit bzw. Treuwidrigkeit unwirksam, von Bedeutung. Die Darlegungslast trägt also wiederum die Beklagte.
Der Vortrag der Beklagten zielt darauf ab, dass die Klägerin gezielt mit der … zusammenarbeite, um so an den Versicherungsnehmern vorbei weitere Einnahmen zu erzielen, vgl. auch die Erklärung des Vertreters der Beklagten, Hr. …, Bl. 74 d.A., Seite 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung: „Unseres Erachtens ist es aber so, dass … bei den Kunden möglicherweise einen Irrtum unterhält, nämlich dass nur eine Kündigung erfolgen kann und nur der Rückkaufswert erzielt werden kann. Unseres Erachtens ergibt sich die Unwirksamkeit dieser Abtretung entweder daraus, dass der Kunde nicht an den Beträgen aus weiteren Gestaltungsrechten partizipiert und damit ein Betrug vorliegt oder daraus dass der Kunde beteiligt wird, dann aber ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorliegt.“
Vor diesem Hintergrund, nämlich der Behauptung, dass (als eine Alternative) ein Betrug vorliegt, ist der gesamte Absatz „Die Beklagte behauptet…“ auf Seite 7 der Urteilsgründe als eine Einheit zu verstehen und in diesem Kontext zu lesen.
Eine solche Zusammenarbeit mit „Hintergehen“ des Versicherungsnehmers hat die Klägerin insgesamt wirksam bestritten: Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagte zu diesem Zweck eine vermeintliche Verschwörung zum Nachteil der Kunden der Klägerin vortrage. (…) Richtig sei: Es gebe kein Handeln zum Nachteil der Kunden der Klägerin (Bl. 39 d.A., S. 7 d. SS d. KIV vom 09.11.2016). Die Klägerin hat zudem wiederholt betont, dass der Kunde an weiteren Zahlungen beteiligt werde und so ggf. mehr erhalten könne als bei einer Kündigung (z.B. Bl. 42 d.A., S. 10 d. SS d. KLV vom 09.11.2016), dass der Versicherungsnehmer mit 50 Prozent an Nachzahlungen nach Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts beteiligt werde (Bl. 41 d.A., S. 9 d. SS des KIV vom 09.11.2016. Hinsichtlich der an abgetretenen Verträge halte die Klägerin den Vortrag der Beklagten für nicht entscheidungserheblich, dieser gelte aber nicht als zugestanden, sondern werde bestritten (Bl. 79 d.A., S. 2 des SS des KIV vom 08.12.2016). Unstreitig sei lediglich dass der Beklagten offensichtlich 80 Versicherungsverträge vorgelegt worden seien, bei denen es um ein eventuelles Widerspruchsrecht gehe (Bl. 79 d.A., S. 2 des SS des KIV vom 08.12.2016). Die Klägerin habe Versicherungsverträge, die bereits gekündigt waren, an die übertragen, die diese Kompetenz (zur Prüfung weiterer Ansprüche) habe (Bl. 103 d.A., S. 4 des SS des KIV vom 29.12.2016).
Unstreitig ist demnach allenfalls, dass die Klägerin in der Vergangenheit einige Verträge an die … abgetreten hat, insoweit also eine „Zusammenarbeit“ vorliegt, nicht aber dass sie dies generell bei jedem Vertrag planmäßig tut.
Zudem behauptete die Beklagte eine Zusammenarbeit der Klägerin mit … zuletzt nur „alternativ“ (vgl. Bl. 93, 94 d.A., S. 5, 6 d. SS des BV vom 19.12.2016). Denn dort ist geschildert, dass die Klägerin entweder das Bestehen eines Widerspruchsrechts selbst für den Kunden prüfe (und damit gegen das RDG verstoße) oder dass die Klägerin bereits bei Abschluss des Forderungskauf- und Abtretungsvertrags mit ihrem Kunden bezwecke, selbst oder durch die … ein ….
Eine wirksame Tatsachenbehauptung der darlegungsbelasteten Beklagten liegt damit hinsichtlich der ersten beiden Sätze des vorstehend genannten Absatzes nicht vor. Der dritte Satz ist für sich genommen unstreitig, wurde hier aber im Gesamtkontext dem streitigen Sachvortrag zugeordnet. Die Aussage, auf die es ankam (4. Satz) ist streitig, vgl. obige Ausführungen zu dem Vortrag der Klägerin.
3. Der Berichtigungsantrag Ziffer 5 hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin behauptet insoweit noch nicht einmal, dass der streitgegenständliche Vertrag weiterabgetreten worden sei.
Im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 29.11.2016 heißt es:
„Nur um eines klarzustellen: In der Klageerwiderung vom 29.09.2016 wurde nicht behauptet, dass die Klägerin die Rechte aus dem hier streitgegenständlichen Versicherungsvertrag bereits an die … abgetreten hat. (…) Wenn die Klägerin nunmehr behauptet, eine Weiterabtretung habe (noch) nicht stattgefunden, so kann sich die Beklagte dazu zum einen nur mit Nichtwissen erklären (…)“, Bl. 64 d.A., S. 3 des SS.
Darlegungsbelastet für den Wegfall der Aktivlegitimation ist wiederum die Beklagte. Diese Tatsache ist eine für die Beklagte günstige Tatsache, da sie die Aktivlegitimation entfallen lässt. Diese Behauptung hat die Klägerin nicht aufgestellt. Dass die Klägerin daraufhin dennoch erklärt hat, dass die streitgegenständliche Versicherung nicht weiter abgetreten sei (z.B. Bl. 74 d.A., S. 3 des Protokolls), führt nicht dazu, dass die Klägerin diese Tatsache mit Nichtwissen wirksam bestreiten kann und damit ihrerseits der Darlegungslast genügt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Beklagte keinen (ausreichenden) Einblick in Rechtsgeschäfte zwischen der Klägerin und der … hat und daher grundsätzlich ein Bestreiten mit Nichtwissen in Betracht kommt. Dies ist ihr aber bei Tatsachen, für die sie selbst darlegungsbelastet ist, versagt. Die Grundsätze der Darlegungslast werden nicht durch negative Formulierung einer Tatsache umgekehrt.
Ein Wegfall der Aktivlegitimation durch Weiterabtretung ist demnach unstreitig nicht erfolgt, so dass dies richtigerweise in den unstreitigen Tatbestand aufgenommen werden konnte.
III.
Soweit die Tatsache der Weiterabtretung auf Seite 6, drittletzter Absatz des Urteils, auch noch im streitigen Sachvortrag aufgeführt ist, handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit.
Eine Tatsache kann naturgemäß nur streitig oder unstreitig sein. Die doppelte Aufführung ist demnach offensichtlich falsch. Dass die Aufführung im streitigen Sachvortrag der Klägerin unrichtig ist, ergibt sich aus den unter vorstehender Ziffer 3. genannten Gründen. Diese finden eine ausreichende Stütze in dem Urteil. Einerseits wurden dort sämtliche Einwände der Beklagten gegen die Aktivlegitimation der Klägerin in den Entscheidungsgründen geprüft, nicht aber der Einwand der Weiterabtretung. Zum anderen wird auch in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass eine solche nicht erfolgt ist (S. 13, vierter Absatz). Damit liegt eine nach § 319 Abs. 1 ZPO berichtigungsfähige offensichtliche Unrichtigkeit vor.
IV.
Hinsichtlich der Berichtigung unter Ziffer 3 ergibt sich aus dem Kontext, dass die Beklagte an der geänderten Stelle (im Beschlusstenor fettgedruckt) durch die Klägerin zu ersetzen ist und insoweit ein offensichtliches Schreibversehen vorliegt.


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