Handels- und Gesellschaftsrecht

Berufung, Abtretung, Zahlung, Verwerfung, Berufungsverfahren, Vorstand, verwerfen, Klage, Zinsen, Zusammenhang, Kostenentscheidung, Hinweisbeschluss, Container, Beklagte, Zug um Zug, Vermeidung von Wiederholungen, Verwerfung der Berufung

Aktenzeichen  8 U 2063/20

Datum:
25.8.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 52541
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

28 O 109/19 2020-03-05 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Der Fristverlängerungsantrag der Klagepartei und Berufungsführerin vom 24.08.2020 wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 05.03.2020, Aktenzeichen 28 O 109/19, wird verworfen.
3. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 289.424,07 € festgesetzt.

Gründe

A.
Die Klagepartei schloss mit der P. Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH, der P. Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH sowie der P. Transport Container GmbH (im folgenden deutsche Vertriebsgesellschaften) vom 25.07.2013 bis 15.05.2017 insgesamt 19 Kauf- und Verwaltungsverträge ab. Danach sollte sie bei Zahlung von 297.940,00 € Eigentum an 146 Containern erwerben. Ohne Besitzübertragung sollte eine Vermietung dieser Container durch die zwischenzeitlich insolventen deutschen Vertriebsgesellschaften stattfinden. Diese verpflichteten sich ihrerseits, an die Klagepartei eine vereinbarte Miete zu bezahlen und die Container nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums zurück zu erwerben.
Die Beklagte zu 1) ist eine Konzerngesellschaft der G. P. Gruppe, die es für die dieser angehörenden deutschen Vertriebsgesellschaften übernahm, die verkauften Container zu vermieten. Der Beklagte zu 3) war Gründungsgesellschafter der deutschen Vertriebsgesellschaften und zunächst Direktor der Beklagten zu 1). Geschäftsführer bzw. Vorstand einer der Gesellschaften war der Beklagte zu 3) in der Zeit vom 25.07.2013 bis 15.05.2017 nicht. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) wurde bereits in erster Instanz zurückgenommen (vgl. LGU S. 2).
Im Rahmen der Insolvenz der deutschen Vertriebsgesellschaften wurde vom Insolvenzverwalter festgestellt, dass bezogen auf die verkauften Container im Verhältnis zu den tatsächlich vorhandenen und vermieteten ein Fehlbestand von rund 1 Mio. vorliegt. Deshalb nicht generierbare Mieten wurden mit den Kaufpreiszahlungen neu angeworbener Investoren getilgt.
Die Klagepartei, die erhaltene Mieten von 8.515,93 € behauptet, meint, sie sei über die bestehenden Zusammenhänge, die schwelenden Interessenkonflikte, die zu geringe Containerzahl und die desaströse Einnahmesituation von den Beklagten nicht aufgeklärt worden. Die Beklagten zu 1) und 3) würden ihr deshalb aus § 823 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 826 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der erhaltenen Mieten, d.h. auf Zahlung von 289.424,07 € zzgl. näher bezeichneter Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche aus und im Zusammenhang mit den geschlossenen Kauf- und Verwaltungsverträgen sowie Zahlung näher bezeichneter vorgerichtlicher Kosten haften.
Das Landgericht hat die hierauf gerichtete Klage, wie von den Beklagten beantragt, insgesamt abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils und die in diesem hierfür angeführten Gründe wird verwiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klagepartei ihre erstinstanzlichen Ansprüche umfänglich weiter vgl. LGU S. 5. Die Beklagte hat beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Hilfsweise hat sie beantragt, diese zurückzuweisen.
Mit Beschluss des Senats vom 23.07.2020, zugestellt am 03.08.2020, auf den Bezug genommen wird, wurde die Klagepartei darauf hingewiesen, dass die Berufung, die im Übrigen auch unbegründet sein dürfte, bereits für unzulässig erachtet wird. Ihr wurde zu den diesbezüglichen Ausführungen des Senats eine Frist zur Stellungnahme bis 24.08.2020 eingeräumt. Eine solche ist nicht erfolgt. Mit Schriftsatz vom 24.08.2020 wurde lediglich beantragt, die gesetzte Frist bis 07.09.2020 zu verlängern, weil aufgrund einer sehr hohen Arbeitsbelastung des Unterzeichners, bedingt durch eine Vielzahl von ablaufenden Fristen und stattfindenden Gerichtsterminen und der Urlaubsvertretung der Kollegin bisher eine eingehende Bearbeitung noch nicht möglich gewesen sei.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren Bezug genommen.
B.
Die Berufung erweist sich danach als erfolglos.
1. Der am letzten Tag der gesetzten Frist eingegangene Antrag der Klagepartei, die Frist zur Stellungnahme zu dem Hinweis vom 23.07.2020 bis zum 07.09.2020 zu verlängern, war zurückzuweisen, da erhebliche Gründe für eine Fristverlängerung nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht wurden (§ 224 Abs. 2 ZPO).
Zu beurteilen sind die „erheblichen Gründe“ vor dem Hintergrund des gesetzlichen Regelungszwecks sowohl des Verfahrens zur Fristverlängerung (§ 224 f. ZPO) wie des Verfahrens zur Verwerfung der Berufung als unzulässig (§ 522 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nach § 224 ZPO hat sich nicht einzig an den Interessen der antragstellenden Partei, sondern ebenso an denen der Gegenpartei und den übergeordneten Belangen der Prozessförderung und der Prozesswirtschaftlichkeit zu orientieren (vgl. auch Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, 61. Aufl., § 224 ZPO Rn. 2).
Der Klagepartei wurde diesbezüglich bereits in den Allgemeinen Verfahrenshinweisen des Senats (nach Bl. 135 d.A.) darauf aufmerksam gemacht, dass Fristverlängerungen vom Senat nicht „automatisch“, sondern nur in konkret begründeten Einzelfällen gewährt werden. Im Hinweis vom 23.07.2020 (dort S. 8/9) wurde zudem nochmals ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass eine Verlängerung der Stellungnahmefrist nur in konkret begründeten und glaubhaft gemachten Einzelfällen gewährt wird und pauschale Verweise auf einen erhöhten Arbeitsanfall, zahlreiche Fristsachen o.ä. hierfür nicht genügen.
Bei Berücksichtigung dessen rechtfertigt die vom Klägervertreter gleichwohl nur formelhaft angeführte Arbeitsüberlastung die beantragte Fristverlängerung nicht.
Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör der Klagepartei könnte lediglich dann verletzt werden, wenn eine vom Gericht gesetzte Frist zur Äußerung objektiv nicht ausreicht, um innerhalb derselben eine sachlich fundierte Äußerung zum entscheidungserheblichen Sachverhalt und zur Rechtslage zu erbringen (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2018 – VI ZR 287/17).
Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Im Hinweisbeschluss wurde primär auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels aus einem näher bezeichneten Grund hingewiesen. Die lediglich ergänzend gemachten Ausführungen zur fehlenden Begründetheit der Berufung haben sich zudem im Wesentlichen darin erschöpft, darauf hinzuweisen, dass den Ausführungen des Landgerichts nach Auffassung des Senats keine Bedenken begegnen. Es war also nicht auf eine Vielzahl erst vom Berufungsgericht angesprochener rechtlicher Probleme und angestellter Erwägungen einzugehen.
Warum die eingeräumte Äußerungsfrist von drei Wochen seit Zustellung des Beschlusses hierfür und zur Abklärung des weiteren Vorgehens nicht ausreichend gewesen sein soll, und insbesondere, warum dies dem Klägervertreter erst am letzten Tag der Frist aufgefallen ist, erschließt sich mithin nicht und wird im Übrigen in dem Fristverlängerungsantrag auch nicht ansatzweise hinreichend konkret dargelegt und glaubhaft gemacht.
2. Die Berufung der Klagepartei ist unzulässig.
Die in offener Berufungsbegründungsfrist beim Berufungsgericht eingegangene Berufungsbegründung genügt der nach § 520 Abs. 3 Nr.2 ZPO gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht. Sie ist nicht auf den hier zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten. Aus ihr ergibt sich nicht, in welchen Punkten und aus welchen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Gründen bei gegebener Relevanz die der Entscheidung zugrunde gelegten Erwägungen für unrichtig gehalten werden.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich wegen der näheren Einzelheiten auf die Darlegungen im Beschluss des Senats vom 23.07.2020 verwiesen, zu dem keine weitere Äußerung erfolgt ist.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gegen den Verwerfungsbeschluss zu I. und II. ist die Rechtsbeschwerde kraft Gesetzes zulässig, § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich bereits aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (Zöller-Heßler, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 522 Rn. 28 mwN).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 47, 48 GKG bestimmt.


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