Handels- und Gesellschaftsrecht

Beweislast für außergerichtlich abgeschlossenen Vergleich im Berufungsverfahren

Aktenzeichen  20 U 989/16

Datum:
12.10.2016
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 278

 

Leitsatz

Soweit eine Partei die Berufung darauf stützt, ein vom Landgericht angebotener Vergleich sei im Nachhinein außergerichtlich zustande gekommen, obliegt ihr im Bestreitensfall die Beweislast hierfür. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

41 O 2008/15 2016-01-22 Endurteil LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

I.
Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 22.01.2016, Az. 41 O 2008/15, wird zurückgewiesen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Dieses Urteil und das in Ziffer I genannte Urteil des Landgerichts, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.720 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 313a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO).
II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
1. Die Feststellungen des Landgerichts, wonach ein Zahlungsanspruch der Klägerin für die gelieferte Trocknungsanlage aus §§ 651, 433 Abs. 2 BGB in Höhe von 6.545 € besteht und dem Beklagten keine Mängelansprüche oder sonstige Gegenrechte zustehen, wurden mit der Berufung im Einzelnen nicht angegriffen und sind aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden.
2. Soweit der Beklagte die Berufung darauf stützt, dass der vom Landgericht angebotene Vergleich im Nachhinein sehr wohl zustande gekommen und seine Verurteilung daher in Höhe eines Betrages von 1.720 € zu Unrecht erfolgt sei, hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg. Der Beklagte konnte trotz der ihm obliegenden Beweislast nicht nachweisen, dass zwischen den Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im Rahmen eines Telefonats vom 08.01.2016 zwischen dem Mitarbeiter der Klägerin Konrad S. und dem Mitarbeiter des Beklagten Klaus D. ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen wurde, den der Beklagte durch die (unstreitige) Zahlung von 4.825 € am 18.01.2016 vollständig erfüllt hat.
Die zu dem Telefonat vom 08.01.2016 vernommenen Zeugen D. und R. als Mitarbeiter des Beklagten einerseits und der Zeuge S. als Mitarbeiter der Klägerin andererseits haben gegensätzliche Angaben zur Frage eines Vergleichsschlusses und der Offenlegung des Mithörens durch den Zeugen R. gemacht. Die Zeugen D. und R. berichteten übereinstimmend von einem Angebot des Zeugen S., den bestehenden Vergleich mit einer Kostenersparnis für den Beklagten von ca. 1.500 € zu akzeptieren und bis zum 20.01.2016 zu erfüllen, wobei dem Zeugen S. gegenüber das Mithören durch den Zeugen R. offen gelegt worden sei und dieser sich auch an dem Gespräch beteiligt habe. Beide Zeugen haben weiter ausgesagt, von der Vorgeschichte und dem gerichtlichen Verfahren einschließlich des ursprünglichen Vergleichs im Einzelnen keine Kenntnis gehabt zu haben, sondern insbesondere an einer Lösung des Problems auch in technischer Hinsicht interessiert gewesen zu sein. Demgegenüber hat der Zeuge S. angegeben, dass er im Laufe des Gesprächs weitere Auskünfte in technischer Hinsicht unter Verweis auf den nicht gezahlten Restbetrag verweigert und darauf hingewiesen habe, dass lange genug Zeit gewesen sei, den Vergleich zu bezahlen und jetzt am 20.01.2016 das Urteil komme. Nach dem Urteil und der Zahlung des Restbetrages könne der volle Service erfolgen. Einen Vergleich oder eine Kostenersparnis habe er nicht angeboten. Aus seiner Sicht habe es keine Konferenzschaltung gegeben, er habe nur einen Gesprächspartner gehabt.
Die vernommenen Zeugen haben auf den Senat jeweils einen glaubwürdigen Eindruck gemacht, so dass auf dieser Grundlage auch unter Würdigung der Gesamtumstände nicht entschieden werden kann, welche der beiden Darstellungen letztlich zutreffend ist. Angesichts der fehlenden Vorkenntnisse der Zeugen D. und R. vermag der Senat allerdings nicht auszuschließen, dass die Gesprächspartner dem Telefonat einen unterschiedlichen Inhalt beigemessen und ggf. “aneinander vorbei” geredet haben. Denn zu diesem Zeitpunkt waren die Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien bereits gescheitert und durch das Landgericht Verkündungstermin auf 22.01.2016 bestimmt worden.
Weitergehende Erkenntnisse aus der E-Mail des Zeugen D. vom 12.01.2016, die den Inhalt des Telefonats aus seiner Sicht wiedergibt und im Termin vom 03.08.2016 als Anlage zu Protokoll (zu Bl. 96/101 d. A.) genommen wurde, ergeben sich nicht. Auch die E-Mail der Beklagtenpartei vom 18.01.2016 (Anlage BK 2) belegt einen Vergleichsschluss oder ein Vergleichsangebot vom 08.01.2016 nicht. Demgegenüber spricht der Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 19.01.2016 (Bl. 52/53 d. A.) eher gegen die Annahme eines bereits geschlossenen außergerichtlichen Vergleiches. Denn darin teilt der Beklagtenvertreter lediglich mit, dass der Mitarbeiter der Klägerin der Beklagten signalisiert habe, dass er nach wie vor bereit sei, den vom Landgericht angeratenen und widerrufenen Vergleich erneut abzuschließen und die Beklage nunmehr in Anbetracht dieses Gesprächs den Vergleichsbetrag überwiesen habe. Demgemäß könne zwischen den Parteien nunmehr der nachfolgend dargestellte Vergleich protokolliert werden. Auch der Schriftsatz der Klägervertreterin vom 20.01.2016 (Bl. 54/55 d. A.) – als spontane ablehnende Reaktion auf den behaupteten Vergleichsschluss nach entsprechender Rückfrage bei der Klägerin – spricht eher dagegen, dass ein Vergleich bei dem Telefonat geschlossen oder angeboten wurde.
Der Senat vermochte sich daher aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der Gesamtumstände letztlich nicht davon zu überzeugen, dass der vom Beklagten behauptete Vergleich durch entsprechende übereinstimmende Willenserklärungen zwischen den Parteien zustande gekommen ist.
2. In Höhe des am 18.01.2016 überwiesenen Betrages von 4.825 € haben die Parteien die Hauptsache im Termin vom 03.08.2016 übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 97 d. A.). In der Hauptsache ist daher noch der mit der Berufung angegriffene Zahlungsbetrag von 1.720 € zur Zahlung offen, hinsichtlich dessen die Berufung wie dargelegt zurückzuweisen war.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 GKG, § 3 ZPO.


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