Aktenzeichen 44/41 O 71/21
Leitsatz
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.455,16 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2021 zu zahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu 78% und die Klägerin zu 22% zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird bis 08.11.2021 auf 5.680,80 € und ab 09.11.2021 auf 4.606,55 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg.
A.
Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht Bamberg ist gemäß § 13 ZPO zuständig, da die Beklagten ihren Geschäftssitz im Gerichtsbezirk des Landgerichts hat. Der Streitwert übersteigt bei Rechtshängigkeit der Klage die 5.000 € – Grenze, somit ist das Landgericht auch sachlich zuständig, §§ 13, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG.
B.
Die Klage ist auch in Höhe von 4.455,16 € begründet.
I. Anspruch der Zedenten dem Grunde nach Ein Anspruch der Zedenten gemäß den §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der für den Zeitraum der Schließung entrichteten Monatsbeiträge besteht dem Grunde nach. 1. Anwendbarkeit der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 BGB Die §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 BGB finden im vorliegenden Fall ohne weiteres Anwendung.
a) Die Anwendbarkeit der vorstehenden Normen wurde zutreffend bereits höchstrichterlich festgestellt wie folgt:
„Während der Zeit der Schließung eines Fitnessstudios aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie war es dem Betreiber rechtlich unmöglich, dem Nutzungsberechtigten die Möglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung des Fitnessstudios zu gewähren und damit seine vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen. Für den Zeitraum der Schließung hat der Nutzungsberechtigte einen Anspruch auf Rückzahlung der entrichteten Monatsbeiträge (…).“
(BGH, Urteil vom 4.5.2022 – XII ZR 64/21; NJW 2022, 2024, beckonline)
b) Im Übrigen ergibt sich deren Anwendbarkeit bereits ohne weiteres aus Wortlaut und Sinn und Zweck der vorgenannten gesetzlichen Vorschriften.
Hauptleistungspflicht des Betreibers eines Fitnessstudios ist es, seinen Kunden innerhalb der Öffnungszeiten die Nutzungsmöglichkeit an den Gerätschaften des Studios einzuräumen. Im Gegenzug schuldet der Kunde synallagmatisch die Bezahlung des vereinbarten Nutzungsentgelts. Wird die Erfüllbarkeit dieser Hauptleistungspflicht durch pandemiebedingte Schließungen in Wegfall gebracht, folgt hieraus ohne weiteres rechtliche Unmöglichkeit.
Dass wie die Beklagtenseite meint, das vorgenannte Urteil sich nur auf gekündigte Mitgliedsverträge beschränken soll, ist nicht ersichtlich und kann dem Urteil nicht entnommen werden. Es zielt erkennbar auf die Regelung sämtlicher vergleichbarer Fälle ab und enthält eine Differenzierung nach ungekündigten und gekündigten Mitgliedsverträgen nicht, auch wenn das Ausgangsurteil auf Grundlage der Konstellation eines gekündigten Vertrages ergangen sein mag.
2. Keine nur vorübergehende Unmöglichkeit
Auch ist kein Fall nur vorübergehender Unmöglichkeit gegeben.
a) Der BGH stellt hierzu wiederum zutreffend fest:
„Entgegen der Auffassung der Revision liegt hier kein Fall einer nur vorübergehenden Unmöglichkeit vor, die von § 275 I BGB nicht erfasst würde.
aa) Zwar musste die Bekl. das Fitnessstudio im Hinblick auf die zeitliche Befristung der Corona-Schutzmaßnahmen lediglich vorübergehend schließen. Ein nur zeitweiliges Erfüllungshindernis ist aber dann einem dauernden gleichzustellen, wenn durch das Hindernis die Erreichung des Vertragszwecks infrage gestellt ist und der einen oder anderen Partei bei billiger Abwägung der beiderseitigen Belange nicht mehr zugemutet werden könnte, die Leistung dann noch zu fordern oder zu erbringen. Dabei ist die Frage, ob ein Leistungshindernis zu einer dauernden oder nur vorübergehenden Unmöglichkeit führt, nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Hindernisses zu beurteilen (vgl. BGHZ 174, 61 = NJW 2007, 3777 Rn. 24 mwN).
bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das BerGer. zu Recht angenommen, dass der Bekl. in dem hier maßgeblichen Zeitraum die von ihr geschuldete Leistung dauerhaft unmöglich geworden ist.
Wird – wie im vorliegenden Fall – für einen Fitnessstudiovertrag eine mehrmonatige feste Vertragslaufzeit gegen Zahlung eines monatlich fällig werdenden Entgelts vereinbart, schuldet der Betreiber des Fitnessstudios seinem Vertragspartner die Möglichkeit, fortlaufend das Studio zu betreten und die Trainingsgeräte zu nutzen. Der Zweck eines Fitnessstudiovertrags liegt in der regelmäßigen sportlichen Betätigung und damit entweder in der Erreichung bestimmter Fitnessziele oder zumindest der Erhaltung von Fitness und körperlicher Gesundheit. Aufgrunddessen sind für den Vertragspartner gerade die regelmäßige und ganzjährige Öffnung und Nutzbarkeit des Studios von entscheidender Bedeutung (vgl. LG Freiburg COVuR 2021, 474 (476); Jänsch COVuR 2021, 578 (579)). Kann der Betreiber des Fitnessstudios während der vereinbarten Vertragslaufzeit dem Vertragspartner zeitweise die Nutzungsmöglichkeit des Studios nicht gewähren, etwa weil er – wie hier – das Fitnessstudio aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie schließen muss, kann dieser Vertragszweck für den Zeitraum der Schließung nicht erreicht werden . Die von dem Betreiber geschuldete Leistung ist deshalb wegen Zeitablaufs nicht mehr nachholbar (vgl. Stöber NJW 2022, 897).“
(BGH, Urteil vom 4.5.2022 – XII ZR 64/21; NJW 2022, 2024 Rn. 19-22, beckonline; Hervorhebungen durch das Gericht)
b) Gemessen hieran kann auch im vorliegenden Fall keine nur vorübergehende Unmöglichkeit angenommen werden.
Dass grundsätzlich Fitnessstudioverträge bei der Beklagten langfristig abgeschlossen werden und nicht etwa punktuell nur für einen Monat oder für einen vergleichbar kurzen Zeitraum steht vorliegend nicht in Streit. Daher sind die vorstehenden Feststellungen des BGH ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Auch im vorliegenden Fall steht der dem typischen Fitnessstudiovertrag innewohnende Zweck einer regelmäßigen sportlichen Betätigung der Annahme einer nur vorübergehenden Unmöglichkeit entgegen.
Der Einwand der Beklagtenseite, es sei für die Annahme einer Unmöglichkeit „Fixschuldcharakter“ erforderlich, der vorliegend nicht gegeben sei, geht daher fehl.
3. Keine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage Auch ist ein Wegfall oder eine Störung der Geschäftsgrundlage und eine hieraus folgende Pflicht zur Vertragsanpassung nicht gegeben.
§ 313 BGB findet vorliegend keine Anwendung.
a) Mit Urteil des BGH vom 4.5.2022, Az. XII ZR 64/21, wurde eine Anwendbarkeit des § 313 BGB richtigerweise verneint (auszugsweise):
„Ebenfalls zu Recht hat das BerGer. angenommen, dass die Bekl. dem Rückzahlungsanspruch des Kl. nicht entgegenhalten kann, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 I BGB dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird (…).
b) Diese Rechtsprechung verkennt jedoch bereits das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 I BGB und § 313 BGB. Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen an die tatsächlichen Umstände kommt grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimmt (vgl. BGH NJW-RR 1995, 853 (854); BGHZ 191, 139 = NJW 2012, 373 = NZM 2012, 168 Rn. 12). Daher scheidet eine Anwendung des § 313 BGB aus, soweit der Tatbestand des § 275 I BGB erfüllt ist (vgl. BeckOK BGB/Lorenz, 1.2.2022, BGB § 313 Rn. 20; BeckOGK/Martens, 1.4.2022, BGB § 313 Rn. 230; MüKoBGB/Finkenauer, 8. Aufl., BGB § 313 Rn. 155; MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl., BGB § 275 Rn. 19). (…)
Das BerGer. weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die von der Bekl. begehrte Anpassung des Vertrags im Ergebnis nicht darauf ausgerichtet wäre, den Vertragsinhalt den veränderten Umständen aufgrund der Covid-19-Pandemie anzupassen, sondern darauf, die für sie wirtschaftlich nachteiligen Folgen der gesetzlichen Regelungen zur Unmöglichkeit zu korrigieren. Dies ist jedoch nicht der Zweck der Regelung zur Störung der Geschäftsgrundlage.
d) Ein Anspruch der Bekl. auf die begehrte Vertragsanpassung scheidet auch deshalb aus, weil mit Art. 240 § 5 II EGBGB eine speziellere Vorschrift besteht, die im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Folgen der Unmöglichkeit modifiziert und im vorliegenden Fall einem Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze zur Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage entgegensteht (…).
bb) Bei der durch Art. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Veranstaltungsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) vom 15.5.2020 mit Wirkung vom 20.5.2020 (BGBl. 2020 I 948) eingeführten Vorschrift des Art. 240 § 5 EGBGB handelt es sich um eine solche spezialgesetzliche Regelung, die die gesetzlichen Rechtsfolgen der Unmöglichkeit modifiziert und in ihrem Geltungsbereich die Anwendung des § 313 BGB ausschließt (vgl. BeckOGK/Preisser, 1.4.2022, EGBGB Art. 240 § 5 Rn. 45; BeckOGK/Martens BGB § 313 Rn. 240.1; MüKoBGB/Busche, 8. Aufl., Art. 240 § 5 EGBGB Rn. 43; Jänsch COVuR 2021, 578 (581)). (…)
Könnte der Betreiber einer Freizeiteinrichtung nach § 313 I BGB von seinem Kunden verlangen, dass die Zeit einer Betriebsschließung an die vertraglich vereinbarte Vertragslaufzeit angehängt wird, würde das vom Gesetzgeber mit der Gutscheinlösung verfolgte Regelungskonzept umgangen (so auch Jänsch COVuR 2021, 578 (581)). (…)
Danach scheidet ein Anspruch der Bekl. auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage auch deshalb aus, weil vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen des vorrangig anwendbaren Art. 240 § 5 II EGBGB erfüllt sind.“
(BGH, Urteil vom 4.5.2022 – XII ZR 64/21, NJW 2022, 2024 Rn. 28-41, beckonline, Hervorhebungen durch das Gericht)
b) Gemessen hieran ist auch im vorliegenden Fall eine Anwendbarkeit des § 313 BGB nicht gegeben.
Sämtliche Erwägungen des BGH sind auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Auch im vorliegenden Fall sind überdies die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB erfüllt.
Soweit eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeiteinrichtung aufgrund der COVID-19-Pandemie zu schließen war oder ist, ist der Betreiber berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Nutzungsberechtigung anstelle einer Erstattung des Entgelts einen Gutschein zu übergeben, Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB.
Der sachliche („Sporteinrichtung“) und zeitliche Anwendungsbereich („vor dem 08.03.2020 erworbene Nutzungsberechtigung“) ist eröffnet.
4. Vorliegen der Voraussetzungen im konkreten Fall Die Voraussetzungen der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 BGB sind vorliegend erfüllt.
Nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, falls der Schuldner nach § 275 Abs. 1 – Abs. 3 BGB die geschuldete Leistung nicht erbringen muss. Ist die nicht geschuldete Gegenleistung bereits bewirkt, kann der Schuldner diese gemäß § 326 Abs. 4 BGB nach den Vorschriften der §§ 346 – 348 BGB zurückfordern. Diese Voraussetzungen für das Rückforderungsrecht aus § 326 Abs. 4 BGB sind vorliegend erfüllt.
Im Einzelnen:
a) Konkrete Leistungspflicht
Die Leistungspflicht der Beklagten besteht in der Pflicht zur Gewährung des Zutritts zu einem oder mehreren Fitnessstudios am Wohnort des jeweiligen Zedenten. Ihr Wegfall begründet Unmöglichkeit und den Wegfall der korrespondierenden Gegenleistungspflicht.
(1) Die Anwendbarkeit der Regelung in § 326 BGB setzt einen gegenseitigen Vertrag voraus. Nur bei Vorliegen der entsprechenden Verknüpfung von Leistungspflicht und Gegenleistungspflicht in einem solchen Vertrag ist eine Regelung über das Schicksal der Gegenleistung beim Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1- 3 BGB erforderlich und geboten (BeckOGK/Herresthal, 1.4.2022, BGB § 326 Rn. 31).
Nicht erforderlich ist, dass diese ausgeschlossene Pflicht eine Hauptleistungspflicht des Schuldners aus dem Vertrag ist. Allerdings muss die nach § 275 Abs. 1 -3 BGB ausgeschlossene Leistungspflicht im Gegenseitigkeitsverhältnis mit einer Pflicht des Gläubigers stehen (synallagmatische Leistungspflichten) (BeckOGK/Herresthal, 1.4.2022, BGB § 326 Rn. 33; Hervorhebung durch das Gericht).
Maßgebend für das Gegenseitigkeitsverhältnis zweier Leistungspflichten ist vorrangig der Parteiwille (BeckOGK/Herresthal, 1.4.2022, BGB § 326). Fehlen ausdrückliche Abreden, so ist der Vertrag auszulegen. Die den Vertragstypus jeweils kennzeichnenden Pflichten dürften wohl immer im Austauschverhältnis mit den korrespondierenden Pflichten der anderen Seite stehen (vgl. §§ 433, 535, 611, 631) (MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl. 2022, BGB § 323 Rn. 14).
Bei „Fitnessstudioverträgen“ handelt es sich um typengemischte Verträge mit vor allem mietvertraglichen und dienstvertraglichen Elementen (BGH NJW 1997, 193 (194); v. Westphalen/Thüsing VertrR/AGB-Klauselwerke Fitness- und Sportstudiovertrag Rn. 1). Je nach konkreter Ausgestaltung des Fitnessstudios können hierbei die mietvertraglichen Elemente (Zurverfügungstellung von Geräten und Übungsräumen) oder die dienstvertraglichen Elemente (Betreuung, Kurse) im Vordergrund stehen (BeckFormB BHW, Form. III. I. 8. Anm. 1-31 Rn. 1, beckonline).
Ersteres ist vor allem bei einzelnen in den letzten Jahren neu aufgetretenen Fitnessstudioketten der Fall, wo im Gegenzug für geringere monatliche Zahlungsverpflichtungen auf Betreuung und Kursangebote weitgehend verzichtet wird (BeckFormB BHW, Form. III. I. 8. Anm. 1-31 Rn. 1, beckonline).
(2) Die Klägerin legt einen Muster-Mitgliedsvertrag (Anlage K-H3) vor. Hierzu behauptet sie, es handle sich um den einzigen und zentralen Vertrag, den die Beklagte bundesweit einheitlich verwende (Bl. 103 d. A.). Dieser sei mit jedem der Zedenten geschlossen worden. Der Vortrag der Beklagtenseite hierzu werde als unsubstantiiert zurückgewiesen (Bl. 131 d. A.), die von Beklagtenseite vorgelegten Mitgliedsverträge beträfen hier nicht streitgegenständliche Mitglieder und seien überdies in allen wesentlichen Vertragsklauseln identisch, insbesondere hinsichtlich der Fälligkeit (im Voraus am Monatsersten) sowie der Zugangsverpflichtung (Verpflichtung Zugang zu gewähren während der Öffnungszeiten).
Die Beklagte dagegen meint, es sei unzutreffend, dass sie bundesweit einen einheitlichen Muster-Mitgliedsvertrag verwende. „Beispielhaft“ legt sie Mitgliedschaftsverträge anderer, nicht streitgegenständlicher Mitglieder mit abweichenden Bedingungen vor (B. 117 ff. d. A., Anlagen B33.1. – B33.25). Auch sei es möglich, dass sich „aufgrund von Firmenkooperationen andere Konditionen ergeben“ (Bl. 169 d. A.).
Zur Überzeugung des Gerichts kann es dahinstehen, ob das Bestreiten auf Beklagtenseite als unsubstantiiert zurückzuweisen ist. Denn jedenfalls stimmen sämtliche vorgelegten Verträge der Kläger- und Beklagtenseite in den entscheidenden Passagen überein, was die Definition der Leistungspflicht sowie die Fälligkeiten der Zahlungspflichten betrifft. Die Klägerseite ist damit ihrer Darlegungslast durch die Vorlage des Muster-Vertrages in ausreichender Weise nachgekommen. Inwieweit eine inhaltliche und rechtlich relevante Abweichung in den einzelnen Verträgen der Zedenten bestehen soll, erläutert die Beklagtenseite nicht.
Die Leistungspflicht wird in sämtlichen Verträgen dahingehend konkretisiert, die Beklagte habe Zutritt zu einem oder mehreren Studios zu gewähren. Die Fälligkeit der Beiträge ist bei monatlich wiederkehrenden Beiträgen stets der Monatserste im Voraus für den laufenden Monat.
(3) Überdies ergibt die Vertragsauslegung sämtlicher vorgelegter Verträge, dass die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistungspflicht der Beklagten in der Pflicht zur Gewährung des Zutritts zu einem oder mehreren Fitnessstudios am Wohnort des jeweiligen Mitglieds besteht.
Bereits der Wortlaut der einzelnen Verträge indiziert, dass im Kern ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Pflicht der Zedenten zur Zahlung der „Mitgliedsbeiträge“ und lediglich der Pflicht der Beklagten zur Gewährung des Zutritts zum einzelnen Fitnessstudio (oder mehreren) am Wohnort des jeweiligen Zedenten bestehen soll, auch wenn im Einzelfall dem Mitglied ein bundesweites Nutzungsrecht eingeräumt werden sollte.
Denn jeder einzelne Mitgliedsvertrag ist mit dem Namen des jeweiligen Studios überschrieben.
Überdies enthält der von Klägerseite vorgelegte Mustervertrag den folgenden Passus:
„Durch den Mitgliedsvertrag erhält das Mitglied das Recht, die von der RSG Group unter den Marken „McFit“ und „High5“ betriebenen Studios während der jeweiligen Öffnungszeiten zu nutzen.“
(Hervorhebungen durch das Gericht)
Hierdurch wird indiziert, dass lediglich die auch – betriebenen – Studios genutzt werden können. Daraus wird deutlich, dass ein Recht, die Zahlung der Mitgliedsbeiträge zurückzubehalten (etwa nach § 273 BGB oder § 320 BGB) nicht bestehen soll, wenn ein an einem anderen Ort ein Studio schließt oder vorübergehend nicht in Betrieb ist. Die Bezugnahme auf die Öffnungszeiten wird nicht an anderer Stelle in den Verträgen präzisiert. Es wird nicht etwa geregelt, dass eine Verringerung der Öffnungszeiten oder eine betriebsbedingte Schließung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sein soll. Daraus folgt, dass die Zahl der zur Verfügung gestellten Fitnessstudios sowie ihre Öffnungszeiten, auch wenn ein bundesweites Zutrittsrecht besteht, einseitig durch die Beklagte verändert werden kann, ohne dass sich hieraus rechtliche Folgen für die Pflicht der Mitglieder zur Zahlung der „Mitgliedsbeiträge“ ergeben sollen. Derartige Folgen sehen die Verträge auch nicht vor.
Diese Auslegung wird gestützt durch den Wortlaut der von Beklagtenseite vorgelegten Verträge (Anlage B33.1ff.). Diese enthalten teilweise den folgenden Passus, sofern sie nicht lediglich die Nutzung eines bestimmten Fitnessstudios gewähren:
„Durch den Mitgliedsvertrag erhält der Kunde das Recht, die von McFit zur Verfügung gestellten Einrichtungen zu beliebiger Zeit und in beliebigem Umfang zu nutzen.“
(Hervorhebung durch das Gericht)
Hierfür spricht auch Sinn und Zweck der geschlossenen Vereinbarungen sowie das gegenseitige Interesse der Vertragsparteien.
Wie der BGH feststellte, besteht der Zweck eines Fitnessstudiovertrags in der regelmäßigen sportlichen Betätigung, so auch in den vorliegenden Fällen. Dies wird in aller Regel in Wohnortnähe stattfinden, so dass das jeweilige Mitglied regelmäßig nur an seinem Wohnort ein Fitnessstudio nutzen will und wird.
Überdies entspricht es auch dem für beide Seiten erkennbaren Interesse der Mitglieder, am Wohnort ein Fitnessstudio besuchen zu können. Eine theoretische Nutzungsmöglichkeit anderer Fitnessstudios an anderen Orten ist bereits für die Beklagtenseite erkennbar nicht interessengerecht. Vielmehr besteht das erkennbare Hauptinteresse der Mitglieder an einer Nutzung eines Studios am Wohnort.
Überdies entspricht es auch erkennbar nicht dem Interesse der Beklagtenseite von einer Gegenseitigkeit hinsichtlich einer bundesweiten Nutzungsmöglichkeit auszugehen. Denn dies würde beispielsweise heißen, dass ein Mitglied in München die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen zurückhalten oder verweigern könnte, wenn die Beklagte beschließen würde, sämtliche Fitnessstudios in Köln zu schließen.
Alleine dem beiderseitigen Interesse entspricht es erkennbar vielmehr, alleine den Kern der vereinbarten Leistungspflicht, nämlich die Pflicht, Zutritt zu einem Fitnesstudio am Wohnort des jeweiligen Mitglieds, in ein Gegenseitigkeitsverhältnis zu stellen mit der Pflicht der Mitglieder zur Beitragszahlung.
Diesem Interesse trägt erkennbar die Kündigungsmöglichkeit der Mitglieder im Falle eines Wohnortwechsels in eine Gemeinde ohne Fitnessstudio der Beklagten Rechnung (vgl. Anlage B33.21 Ziff. 5.3. der AGBs).
In der Gesamtschau ist daher davon auszugehen, dass die Vertragsparteien erkennbar nur die Pflicht der Beklagten, Zutritt zu einem Fitnessstudio am Wohnort des jeweiligen Mitglieds zu gewähren, in ein Gegenseitigkeitsverhältnis zur Beitragszahlungspflicht der Mitglieder stellen wollten. Daher ist der Eintritt von Unmöglichkeit dieser wie vorgenannt definierten Leistungspflicht auch ausreichend, um den Wegfall der Gegenleistungspflicht nach § 326 Abs. 1 BGB zu begründen.
Dahinstehen kann daher vorliegend, ob eine Nutzungsmöglichkeit von Fitnessstudios in anderen Bundesländern bestanden hat oder nicht.
b) Unmöglichkeit der Leistungspflicht
Diese Leistungspflicht ist unmöglich geworden im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB.
(1) Vorliegend ist ein Fall rechtlicher Unmöglichkeit im Hinblick auf die streitgegenständlichen lockdownbedingten Schließtage gegeben.
Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist, § 275 Abs. 1 BGB.
Rechtliche Unmöglichkeit ist hierbei gegeben, wenn ein geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf (BGH, Urteil vom 4.5.2022 – XII ZR 64/21, NJW 2022, 2024 Rn. 16, beckonline).
Die einzelnen Schließzeiten ergeben sich aus der Übersicht der von Klägerseite vorgelegten Excel-Tabelle (Anlage zu Bl. 101 d. A.). Die Beklagtenseite hat nur ihr Unverständnis über die Berechnung der einzelnen Gesamtzahlen an relevanten Tagen zum Ausdruck gebracht, jedoch in der Sache die einzelnen Schließzeiten nicht bestritten (vgl. Bl. 327 ff. d. A.).
(2) Der Einwand der Beklagtenseite, die Zedenten hätten ggf. auf Fitnessstudios in anderen Bundesländern ausweichen können, sofern in einem anderen Bundesland abweichende Schließzeiten galten, geht bereits aus den vorstehend erläuterten Gründen fehl.
Der Vortrag der Beklagtenseite ist überdies insoweit bereits unsubstantiiert.
Sie trägt vor (vgl. Bl. 335 d. A.), die Beklagte gestatte „in der Großzahl ihrer Verträge“ ihren Mitgliedern bundesweit die von ihr betriebenen Fitnessstudios zu nutzen. Hinsichtlich welcher Mitglieder eine solche Möglichkeit bestanden haben soll, trägt sie nicht konkret vor. Beispielsweise trägt sie für das Mitglied A4. Sch. (Zedent Nr. 2, S. 7 des Schriftsatzes der Beklagtenseite vom 20.05.2022, Bl. 331 ff. d. A.) lediglich vor, der Lockdown „in einem Bundesland habe erst am 04.04.2022 begonnen und jedenfalls in einem Bundesland bereits am 20.04.2021 geendet“. Somit stehe fest, „dass dieses Mitglied in erheblichem Umfang in einem anderen Bundesland habe trainieren können“. Es wird hierbei nicht gesagt, um welches andere Bundesland es sich handelt und ob dort Fitnessstudios der Beklagten vorhanden sind.
(3) Unerheblich ist ebenso die von Beklagtenseite genannte Möglichkeit der Stilllegung der Mitgliedschaft in Fitnessstudio-Verträgen unter beiderseitiger Ruhendstellung der Vertragspflichten, insbesondere auch der Pflicht zur Beitragszahlung.
Denn eine Pflicht der Zedenten zur Stilllegung ergibt sich aus den von beiden Seiten vorgelegten Verträgen gerade nicht. Vielmehr handelt es sich im Kern um eine Möglichkeit und ein Recht für die Mitglieder für den Fall etwa eines Auslandsaufenthaltes oder eines vorübergehenden Ortswechsels.
Eine Pflicht der Zedenten, hiervon in Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben Gebrauch zu machen besteht nicht.
c) Gegenleistung bewirkt
Die Gegenleistung wurde jeweils bewirkt.
Unstreitig wurde das Nutzungsentgelt für die hier streitgegenständlichen Zeiträume durch die Beklagte von den Konten der Zedenten jeweils eingezogen.
d) Aktivlegitimation/ Identität der Zedenten als Fitness-Studio-Kunden Die Zedenten sind auch Anspruchsinhaber der vorstehend benannten Ansprüche.
Der Sachvortrag der Klägerseite wurde durch die Beklagtenseite zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO. Im übrigen wäre das Bestreiten der Beklagtenseite insoweit jedenfalls nicht ausreichend substantiiert.
(1) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht, § 138 Abs. 3 ZPO.
Der BGH erläutert mit Urteil vom 3. 2.1999, Az. VIII ZR 14- 98, zur Substantiierungslast des Bestreitenden:
„Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner – hier die Kl. – vorgetragen hat (st.Rspr., z.B. BGH, NJW 1990, 45 = LM § 42 VerglO Nr. 6 = WM 1989, 1779 [unter IV], und BGH, NJW 1993, 528 = LM H. 5 -1993 § 823 [Dc] BGB Nr. 186 = WM 1993, 461 [unter II 4 a], jew. m.w. Nachw.). In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Kl. das einfache Bestreiten des Bekl. (BGH, NJW 1993, 1782 = LM H. 8- 1993 § 836 BGB Nr. 24 [unter II 3 a] m.w. Nachw.; BGH, NJW 1995, 3311 = LM H. 2 -1996 § 780 BGB Nr. 17 [unter II 3]). Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muß, läßt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (BGH, DtZ 1993, 278 = LM H. 9-1993 § 79 DDR-VertragsG Nr. 4 [unter II 2b cc], und BGH, NJW 1993, 3196 = LM H. 2- 1994 § 677 BGB Nr. 32 [unter III 1], jew. m.w. Nachw.). Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (st. Rspr., z.B. BGH, DtZ 1993, 278 = LM H. 9 -1993 § 79 DDR-VertragsG Nr. 4 [unter II 2b cc], und BGH, NJW 1995, 3311 = LM H. 2- 1996 § 780 BGB Nr. 17; BGH, NJW 1990, 3151 = LM § 138 ZPO Nr. 28 = WM 1990, 1844 [unter III 2]; BGH, NJW 1997, 128 = LM H. 2 -1997 § 362 BGB Nr. 24 = WM 1996, 2253 [unter II 2 b], jew. m.w. Nachw.).“
(NJW 1999, 1404, beckonline; Hervorhebungen durch das Gericht)
(2) Bereits ist der Klägervortrag insoweit zugestanden im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO.
Die Klägerin behauptet, es handele sich bei allen 47 Zedenten um Fitness-Studio-Mitglieder der Beklagten. Hierzu nennt sie zunächst deren Namen (vgl. Bl. 2 ff. d. A.). Weiter nennt sie hinsichtlich der von Beklagtenseite bestrittenen 23 Zedenten deren IBAN, Anschrift und überwiegend deren Mitgliedsnummern (Bl. 47 ff. d. A.). Sodann nennt sie zudem zu sämtlichen Zedenten sämtliche Mitgliedsnummern, deren Monatsbeitrag, den jeweiligen Ort des Fitnessstudios, sowie das Bundesland des jeweils betroffenen Fitnessstudios (vgl. Anlage Anhang A zu Bl. 105 d. A.). Schließlich legt die Klägerin Screen-Shots von Kontoabbuchungen der Zedenten vor, die teilweise weitergehende Informationen, wie Abbuchungsdatum, IBAN und Bezugnahmen auf das gewählte Vertragsmodell enthalten (Bl. 145 ff. d. A.).
Die Beklagte bestreitet zunächst, dass es sich bei allen Zedenten um Fitness-Studio-Mitglieder handele und dass die von ihr genannten 23 Zedenten (vgl. Bl. 29 d. A.) solche seien. Diese seien entweder gänzlich unbekannt oder „jedenfalls nicht ausreichend individualisiert“ (Bl. 29 d. A.). Der Vortrag der Klägerseite sei insoweit unschlüssig. Auch auf Nennung von Anschrift, IBAN und Mitgliedsnummern durch die Klägerin hin „verbleibe es dabei, dass auch hinsichtlich dieser Zedenten kein schlüssiger Sachvortrag“ erfolgt sei (Bl. 74 d. A.). Die in Anlage Anhang A zu Bl. 105 d. A. vorgelegte Liste aufgeführten Personen seien „nicht eindeutig“ zu identifizieren. Die von der Klägerin angegebenen Mitgliedsnummern seien „teilweise nicht richtig bzw. nicht vollständig“ (Bl. 121 d. A., Bl. 173 d. A., Anlage B37). Insoweit (Anlage B37) werde die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede gestellt.
Hierauf trug die Klägerseite erneut zu allen einzelnen Zedenten vor (Bl. 190 ff.) und nannte erneut die einzelnen Beträge der Nutzungsentgelte, die Mitgliedsnummer sowie den jeweiligen Ort des Fitnessstudios. Hierzu nahm wiederum die Beklagtenseite umfangreich Stellung (Bl. 331 ff. d. A.). In ihrem Schriftsatz stellte sie jedoch die Identität der einzelnen Mitglieder nicht mehr in Abrede, sondern beschränkte sich auf sonstige Einwendungen, wie etwa die Frage der Wirksamkeit der Abtretungen. Das Gericht wertet daher den Vortrag der Beklagtenseite als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.
(3) Überdies würde sich das im Wesentlichen einfache Bestreiten der Beklagtenseite im übrigen als unzureichend darstellen, da die Beklagtenseite detaillierte Einzelfallkenntnisse und Wahrnehmungsmöglichkeiten bezüglich ihrer eigenen Mitglieder hat und die Klägerseite insoweit im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des BGH außerhalb der maßgeblichen Geschehensabläufe steht. Sie kann sich daher nicht darauf zurückziehen, die Identität der einzelnen Zedenten als Mitglieder der Fitnessstudios in Abrede zu stellen, nachdem die Klägerseite alle ihr zumutbaren und bekannten Daten (insbesondere Mitgliedsnummer, Name, teilweise Adresse, Betrag des Nutzungsentgelts) hierzu vorgetragen hat. Überdies sind der Beklagtenseite insoweit ergänzende Angaben ohne weiteres zumutbar. Insbesondere ist ihr ohne weiteres zumutbar, im Einzelnen zu konkretisieren, weshalb eine konkrete Person nicht als Mitglied eines ihrer Fitnessstudios zu identifizieren sein soll, zumal die Abbuchung der Mitgliedsbeiträge sämtlicher Zedenten durch die Beklagte unstreitig geblieben ist. Dies hat sie jedoch unterlassen.
e) Auslaufen der Gutscheinlösung zum 31.12.2021
Die unter bestimmten Voraussetzungen mögliche „Gutscheinlösung“ ist erkennbar zum 31.12.2021 abgelaufen (vgl. Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 2 EGBGB) und kommt daher nicht zum Tragen.
II. Anspruch der Zedenten der Höhe nach
Die Ansprüche der Zedenten bestehen auch der Höhe nach in tenorierter Höhe.
1. Fälligkeiten
Die Fälligkeiten ergeben sich aus den von beiden Seiten vorgelegten Mitgliedsverträgen, die jeweils vorsehen, dass die Mitgliedsbeiträge jeweils am Monatsersten für den jeweiligen Monat zu zahlen sind.
2. Nur teilweise Kürzung des Anspruchs wegen konkreter Ruhezeiten/Rücklastschriften
Der Anspruch der Klägerin ist um insgesamt 48,05 € zu kürzen.
Eine Kürzung der Ansprüche wegen Ruhezeitvereinbarungen findet im übrigen nicht statt. Gleiches gilt insbesondere auch in Bezug auf von Beklagtenseite behauptete Rücklastschriften sowie ein behauptetes Anerkenntnis.
a) Die Einwendungen der Beklagtenseite im Hinblick auf die behaupteten Ruhezeitvereinbarungen sind bereits unsubstantiiert. Ein Beweis war daher hierüber nicht zu erheben.
Das Gericht wies bereits in der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2021 (Bl. 97 d. A.) mit richterlichem Hinweis vom gleichen Tag darauf hin, dass die Beklagtenseite hierfür darlegungs- und beweisbelastet ist.
Die Beklagtenseite trägt jedoch insbesondere insoweit unzureichend vor, als sie nicht darlegt, wann und mit welchem konkreten Inhalt Ruhezeitvereinbarungen abgeschlossen wurden. Dies ist insbesondere relevant, weil laut den vorgelegten Abtretungsurkunden sämtliche Abtretungen bereits im Januar 2021 unterzeichnet wurden. Eine zeitlich danach liegende Ruhezeitvereinbarung mit rückwirkender Wirkung, wie etwa für den Zedenten D., mit welchem im Juni 2021 eine rückwirkende Ruhezeitvereinbarung getroffen worden sei, ist ohne rechtliche Wirkung, da der Zedent zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Forderungsinhaber war und die Beklagte von der Abtretung bereits Kenntnis hatte angesichts der Zustellung der Klageschrift am 26.03.2021.
Auch auf den expliziten Hinweis der Klägerseite hin (Bl. 394 ff. d. A.) präzisierte die Beklagtenseite ihren Vortrag hierzu nicht. Dies betrifft die Zedenten Singhal und Nguyen. Der Zedent D. schloss, wie gesehen, eine unwirksame rückwirkende Ruhezeitvereinbarung
b) Auch die Einwendungen der Beklagtenseite zu behaupteten Rücklastschriften und Rückbuchungen verfangen nicht.
Hinsichtlich des Zedenten Betz präzisiert die Beklagtenseite bereits nicht, in welcher Höhe Rücklastschriften stattgefunden haben sollen.
Rückbuchungen wegen Ruhezeitvereinbarungen für den Zedenten D. präzisiert die Beklagtenseite der Höhe nach nicht.
Auch werden die Zeitpunkte behaupteter Rückbuchungen nicht präzisiert. Eine nach Abtretung erfolgte Rückbuchung ist auch insoweit ohne Auswirkung auf die hier gegenständlichen Ansprüche.
c) Auch der Einwand, des behaupteten Outdoor-Trainings hinsichtlich des Zedenten D. im April und Mai 2021 geht fehl, da die betreffenden Zeiträume außerhalb der hier gegenständlichen Zeitperioden liegen.
d) Schließlich überzeugt auch der Einwand hinsichtlich des Zedenten Betz nicht. Inwiefern durch eine Einzelüberweisung ein Anerkenntnis konkludent erklärt worden sein soll, wird nicht näher dargelegt. Der Vortrag ist insoweit unzureichend. Der Vortrag der Beklagtenseite zu § 814 BGB liegt angesichts nicht zur Anwendung kommenden Bereicherungsrechts neben der Sache.
e) Der Anspruch ist jedoch um 48,05 € zu kürzen.
Die Beklagte trägt vor, der Zedent D. (Zedent Nr. 23) habe am 02.12.2020 und am 05.01.2021 Rücklastschriften in Höhe von 20,35 € sowie 27,70 € veranlasst. Hierzu legt sie zum Nachweis die Anlage B40 vor.
Insoweit war bereits die Klägerseite darlegungs- und beweisbelastet, da es Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs nach den §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 4 BGB ist, dass zum Zeitpunkt der Abtretung eine ungerechtfertigte Abbuchung für die betroffenen Zeiträume stattgefunden hat. Die Klägerseite hat dies in Verkennung ihrer Beweislast lediglich bestritten und auch einen Zeugenbeweis oder dergleichien hierzu nicht angeboten (vgl. Bl. 415 d. A.). Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
3. Berechnung der Forderung im Einzelnen
Ansprüche bestehen im Einzelnen in Höhe von insgesamt 4.503,21 €. Hiervon abzuziehen sind die oben genannten 48,05 € (s.o.).
a) Die tageweise Berechnung der Klageforderung durch die Klägerseite auf Basis von 30 Tagen für einen Monat begegnet keinen Bedenken.
Für die in Gesetzen, gerichtlichen Verfügungen und Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen gelten die Auslegungsvorschriften der §§ 187 bis 193 BGB, § 186 BGB.
Nach wohl hA ist der Begriff der „Frist“ weit auszulegen und bezeichnet jeden abgegrenzten Zeitraum, der einen definierten Anfangs- und Endzeitpunkt hat. Es soll genügen, wenn er eindeutig – etwa durch Auslegung – bestimmbar ist (BeckOGK/Fervers, 1.2.2022, BGB § 186 Rn. 28). Auf die Bezugnahme der Fitnessverträge auf den Monat als relevanten Abrechnungszeitraum und Maßstab für die Fälligkeit der „Mitgliedsbeiträge“ sind die §§ 187 ff. BGB somit ohne weiteres anwendbar.
Ist ein Zeitraum nach Monaten in dem Sinne bestimmt, dass er nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht, so wird der Monat zu 30 Tagen gerechnet, § 191 BGB.
Jedenfalls in analoger Anwendung des § 191 BGB ist ein Ansatz eines Monats mit 30 Tagen vorliegend zulässig. Dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nach soll ein nicht zwangsläufig zusammenhängend verlaufender Monatszeitraum zur Erleichterung pauschal mit 30 Tagen angesetzt werden können. Die gleiche Ratio greift auch im vorliegenden Fall, in welchem Zeitanteile eines Monats zu errechnen sind.
b) Die von Klägerseite in ihrer Berechnung angesetzte Gesamtzahl an rückerstattungsfähigen Tagen erschließt sich nicht ohne weiteres und ist nach richtiger Berechnung nur in nachgenannter Höhe berechtigt.
Aus der vorgelegten Excel-Tabelle ergibt sich, dass der Zeitraum für den jeweiligen Lockdown nicht immer deckungsgleich mit den der Abtretung unterliegenden Zeiträumen ist.
Streitgegenständlich sind hierbei insgesamt jeweils 2 Monatsbeiträge, die zwischen dem 23.03.2020 und dem 11.05.2020, sowie weitere 4 Monatsbeiträge, die zwischen dem 01.11.2020 und dem 07.03.2021 vom Konto der Zedenten eingezogen wurden.
Die Abtretungsverträge sind jeweils mit dem Inhalt zustande gekommen, dass sämtliche Rückforderungsansprüche für Ausfallzeiten im Zeitraum 15.03.2020 – 15.05.2020 und 01.11.2020 – 31.01.2021 an die Klägerseite abgetreten werden (Erläuterung s. u.).
Die einzelne Berechnung der jeweils angesetzten Gesamtzahl von Ausfalltagen begegnet teilweisen Bedenken. Exemplarisch wird der – aus Sicht des Gerichts richtige – Rechenweg für die Zedentin Sabine Struwe erläutert.
Ihr Tagesbeitrag beträgt 0,66 € (19,90 € monatlich / 30 = 0,66 €). Die Fitnessstudios in ihrem Bundesland mussten zunächst von 16.03.2020 bis 10.05.2020 schließen. Weiter mussten sie von 02.11.2020 bis 14.05.2021 schließen, wovon die Ansprüche betreffend die Zeiträume 02.11.2020 bis 31.01.2021 abgetreten wurden. Dies sind insgesamt 55 Tage (15 Tage aus März, 30 Tage aus April, 10 Tage aus Mai, insgesamt 55 Tage) und – entgegen der Berechnung der Klägerseite – 89 Tage (29 Tage für November, 30 Tage für Dezember, 30 Tage für Januar, insgesamt 89 Tage).
Die Berechnungsweise der Kläger ist insoweit fehlerhaft, als zunächst zwar richtigerweise auf Basis von 30 Tagen pro Monat der einzelne Tagessatz errechnet wird, jedoch dann die Tageszahl für den jeweiligen Monat wiederum auf Basis der Kalendertage gezählt wird. Korrekt wäre es gewesen, auch insoweit jeweils von einem Monat auf Basis von 30 Tagen auszugehen, unabhängig davon, wieviele Tage der kalendarische Monat hat. Insbesondere durfte die Klägerin in ihrer Berechnung nicht 31 Tage für einen kompletten Monat ansetzen, nachdem sie den Tagesbeitrag auf Basis von 30 Tagen errechnet hat.
Hieraus ergibt sich für die abgetretenen Ansprüche der Klägerin im Einzelnen:
Zedent Nr.:
Relevante Zeiten Lockdown 1:
Relevante Zeiten Lockdown 2:
Tagesbeitrag x Anzahl Tage insgesamt:
Ergibt Summe insgesamt:
1
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
2
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
3
04.04.2020 – 15.05.2020:42 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,50 € x 131
65,50 €
4
27.03.2020 – 15.05.2020:49 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,67 € x 138
92,46 €
5
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
6
21.03.2020 – 14.05.2020:54 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 143
94,38 €
7
04.04.2020 – 15.05.2020:42 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 131
86,46 €
8
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
9
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
10
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
11
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
12
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
13
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
14
21.03.2020 – 14.05.2020:54 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,67 € x 143
89,78 €
15
04.04.2020 – 15.05.2020:42 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 131
86,46 €
16
18.03.2020 – 14.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
1,00 € x 147
147 €
17
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,85 € x 144
122,40 €
18
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
19
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
20
26.03.2020 – 15.05.2020:50 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,83 € x 139
115,37 €
21
21.03.2020 – 14.05.2020:54 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 143
94,38 €
22
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,50 € x 144
72 €
23
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,50 € x 144
72 €
24
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
25
21.03.2020 – 14.05.2020:54 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 143
94,38 €
26
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
27
21.03.2020 – 14.05.2020:54 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 143
94,38 €
28
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
29
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
30
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
31
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
32
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
33
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
34
31.03.2020 – 15.05.2020:46 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 135
89,10 €
35
17.03.2020 – 15.05.2020:59 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 148
97,68 €
36
31.03.2020 – 15.05.2020:46 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 135
89,10 €
37
18.03.2020 – 14.05.2020:57 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 146
96,36 €
38
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 144
95,04 €
39
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,83 € x 144
119,52 €
40
18.03.2020 – 15.05.2020:59 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,67 € x 148
99,16 €
41
04.04.2020 – 15.05.2020:42 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 131
86,46 €
42
18.03.2020 – 15.05.2020:59 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 148
97,68 €
43
26.03.2020 – 15.05.2020:50 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 139
91,74 €
44
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
45
16.03.2020 – 10.05.2020:55 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,67 € x 144
96,48 €
46
18.03.2020 – 15.05.2020:58 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 147
97,02 €
47
21.03.2020 – 14.05.2020:54 Tage
02.11.2020 – 31.01.2021: 89 Tage
0,66 € x 143
94,38 €
Insgesamt besteht in der Summe ein Anspruch in Höhe von 4.503,21 €.
Hiervon abzuziehen sind die oben genannten 48,05 € (s.o.). Insgesamt ergibt sich daher eine berechtigte Forderung in Höhe von 4.455,16 €.
c) Eine Kürzung der Ansprüche aus sonstigen Gründen kommt nicht in Betracht.
Eine Kürzung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist bereits mangels Anwendbarkeit des § 313 BGB verwehrt (s. o.).
Überdies sieht § 326 Abs. 4 BGB eine Kürzungsmöglichkeit nicht vor. Das Urteil des BGH vom 4.5.2022, Az. XII ZR 64/21 geht erkennbar davon aus, dass eine Kürzungsmöglichkeit nicht bestehen soll, sondern dass mit Zeitablauf eine endgültige Unmöglichkeit eingetreten ist.
Vor diesem Hintergrund ist es ohne Belang, dass von Beklagtenseite die Möglichkeit in den Raum gestellt wurde, die „verpassten“ Trainingszeiträume ans Vertragsende „hinten dranzuhängen“.
III. Wirksame Abtretung der Ansprüche
Die vorgenannten Ansprüche wurden wirksam an die Klägerseite abgetreten.
1. Zustandekommen Abtretungsvertrag
Die Abtretungsverträge zwischen den Zedenten und der Klägerin sind zustande gekommen.
Das Bestreiten des Zustandekommens der Abtretungen zwischen den Zedenten und der Klägerin durch die Beklagtenseite stellt sich als unzulässiges Bestreiten „ins Blaue hinein“ und „aufs Geratewohl“ dar und ist überdies bereits unsubstantiiert.
a) Zutreffend wird in der Kommentarliteratur ausgeführt: „Eine ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung, die die Partei erkennbar willkürlich und ohne jeden Anhalt aufstellt, ist grundsätzlich unzulässig. Das gilt sowohl für den Darlegungspflichtigen als auch für den Gegner (…). So darf der Gegner des Darlegungspflichtigen nicht deshalb bestreiten, weil er nicht übersehen kann, ob der Prozessgegner die Wahrheit sagt oder lügt. Erst recht darf er in solcher Lage keine zusätzlichen abweichenden Schilderungen geben, die er erfunden hat oder die nur irgendwelchen denkgesetzlichen Möglichkeiten entstammen. Allerdings sollte nur in Ausnahmefällen von einer unzulässigen Behauptung ins Blaue hinein auszugehen; das Gericht kann grundsätzlich keine Einzelheiten verlangen und die Wahrheitspflicht ist nur bei bewusst Unwahrem verletzt (BGH BeckRS 2019, 7939 Rn. 13; NJW-RR 2021, 886 Rn. 20 (Arzthaftung); 2015, 829 Rn. 13; 2004, 337; NJW 1996, 1826,1827; Düss BeckRS 2017, 113312 Rn. 20; Köln NJW-RR 1999, 1154).“
(Anders/Gehle/Anders, 80. Aufl. 2022, ZPO § 138 Rn. 16; Hervorhebungen durch das Gericht)
Auch stellt das OLG Koblenz mit Urteil vom 18.6.2019, Az. 3 U 416/19, zutreffend fest:
„Grundsätzlich ist bei der Annahme einer „ins Blaue hinein“ aufgestellten Behauptung Zurückhaltung geboten. Die Annahme eines willkürlichen Sachvortrags kommt nur im Ausnahmefall in Betracht, da es einer Partei durchaus möglich sein muss, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält (vgl. etwa BeckOK-ZPO/von Selle, Ed. 32, § 138 ZPO, Rn. 32 m.w.N.). Eine zivilprozessual unzulässige Ausforschung ist aber dann gegeben, wenn eine Partei ohne greifbaren Anhaltspunkt für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich „aufs Geratewohl“ Behauptungen aufstellt (vgl. etwa BGH, NJW-RR 2003, 69, 70; BGH, NJW-RR 2002, 1419, 1420).“
(OLG Koblenz Urt. v. 18.6.2019 – 3 U 416/19, BeckRS 2019, 18418 Rn. 21, beckonline; Hervorhebungen durch das Gericht)
b) Gemessen hieran stellt sich das Bestreiten des Zustandekommens der Abtretungen zwischen den Zedenten und der Klägerin durch die Beklagtenseite als unsubstantiiertes und unzulässiges Bestreiten „ins Blaue hinein“ und „aufs Geratewohl“ dar.
Eine Abtretung ist ein Vertrag im Sinne des § 398 BGB, der prinzipiell auch ohne weiteres formlos zustande kommen kann. D. h. es ist bereits nicht erforderlich, einen Vertragsschluss durch schriftliche Urkunden nachzuweisen. Vielmehr kann ein solcher Vertragsschluss auch konkludent erfolgen.
Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Zedenten Mitgliedsbeiträge in von Klägerseite behaupteter Höhe an die Beklagte gezahlt haben und dass diese entsprechend von der Beklagtenseite mittels Lastschrift eingezogen wurden.
Zum Nachweis der behaupteten Zessionen legt die Klägerseite sämtliche Abtretungsverträge vor, welche jeweils den Unterschriftszug des jeweiligen Zedenten ausweisen.
Weiter nennt die Klägerseite sämtliche für eine Individualisierung erforderliche Daten der Zedenten, wie insbesondere Namen, Adresse und teilweise IBAN.
Weiter legt die Klägerseite sogar Kontoauszüge auszugsweise vor (vgl. Bl. 146 ff. d. A.). Hierbei erwidert die Beklagtenseite (vgl. Bl. 173 d. A.), sie sehe die vorgelegten Screenshots als ohne Beweiswert an, da in den meisten Fällen diese dem jeweiligen Zedenten nicht zugeordnet werden könnten. In vielen Fällen war die IBAN jedoch genannt, so dass eine Zuordnung möglich gewesen sein dürfte.
Trotz des vorstehenden Vortrags der Klägerseite und der vorgelegten Daten und Dokumente wendet die Beklagtenseite im Aktenverlauf ein:
Die Unterzeichnung zum auf den Abtretungsverträgen angegebenen Datum werde mit Verweis auf § 147 Abs. 2 BGB sowie „Bestand der Forderung und Wirksamkeit der Abtretung“ bestritten (Bl. 23, Bl. 116 ff. d. A.). Auch sei es „durchaus denkbar, dass eine dritte Person für ein Mitglied, welches sich bei der Klägerin angemeldet habe dort die Angaben über das elektronische System getätigt habe oder auch z. B. ein minderjähriges Mitglied ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter“ gehandelt habe (Bl. 167 d. A.).
Dies genügt jedenfalls den Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten nicht. Darüber hinaus stellt sich dies als unzulässiges Bestreiten „ins Blaue hinein“ und „aufs Geratewohl“ dar. Ein pauschales Bestreiten ist der Beklagtenseite verwehrt.
Hierbei ist zu sehen, dass die Beklagtenseite über umfangreiche Wahrnehmungsmöglichkeiten in ihrer eigenen Sphäre verfügt. Beispielsweise wäre sie in der Lage, das Unterschriftsbild auf den vorgelegten Abtretungsverträgen mit den eigenen Mitgliedsunterlagen abzugleichen und hierzu konkrete Zweifel an der Echtheit zu rügen. Einwände gegen die Echtheit der geleisteten Unterschriften wurden beklagtenseits jedoch bereits explizit nicht erhoben.
Weiter ist zu sehen, dass es sich vor dem Hintergrund der vorgenannten Umstände (unstreitige Zahlung von Mitgliedsbeiträgen durch die Zedenten, Vorlage von Kontoauszügen, Verfügung der Klägerseite über persönliche Daten der Zedenten, Vorlage von Abtretungsverträgen mit Unterschriftszug) als lediglich theoretische Möglichkeit darstellt, dass, wie die Beklagtenseite vorträgt, ein Dritter ohne Kenntnis des eigentlichen Zedenten, die Unterschrift des Zedenten geleistet (und damit gefälscht?) haben soll. Aus welchem Grund dies geschehen sein soll, wird nicht erläutert und ist auch nicht ersichtlich. Dass ein solcher Vorgang in der Folgezeit unentdeckt geblieben sein soll und auch die weitere Korrespondenz zwischen dem Zedenten und der Klägerin durch den unbenannten Dritten geführt worden sein soll, ist jenseits jeder Wahrscheinlichkeit. Auch dass ein minderjähriges Mitglied ohne Zustimmung seiner Eltern vorgegangen sein soll, wie die Beklagtenseite vorträgt, ist jenseits jeder Wahrscheinlichkeit und welche Zedenten dies im Einzelnen betreffen soll wird im übrigen auch nicht durch die Beklagtenseite präzisiert.
Ein nachvollziehbarer und substantieller Grund für das Bestreiten des Zustandekommens der Abtretungen bleibt somit im Dunkeln und wird von Beklagtenseite nicht genannt.
Überdies ist die Grenze zulässigen Bestreitens dann überschritten, wenn dieses erkennbar den ausschließlichen Zweck verfolgt, für die Gegenseite prozessuale Hürden für den weiteren Verfahrensfortgang zu errichten, indem die Vernehmung einer Vielzahl von Zeugen begehrt wird, ohne dass in der Sache ein sachlicher Grund für das Bestreiten erkennbar wird. Der Grundsatz von Treu und Glauben, welcher auch im Prozessrechtsverhältnis Anwendung findet, wird hierbei durch die Beklagtenseite missachtet.
In der Gesamtschau aller Umstände konnte daher auf eine Beweisaufnahme zur Frage des Zustandekommens der Abtretungen verzichtet werden.
c) Der Einwand der Beklagtenseite, die Wirksamkeit der Abtretungen stehe unter dem Aspekt von erfolgten Doppelabtretungen in Frage, geht fehl.
Die Beklagte trägt vor, aus anderen Verfahren sei bekannt, dass einzelne Zedenten an mehrere Unternehmen ihre Forderungen abgetreten hätten. Sie nennt hierzu den Fall einer verfahrensfremden Zedentin Frau B. (vgl. weitere Einzelheiten hierzu Bl. 116 d. A.).
Konkrete Einwände gegen die konkret im hiesigen Verfahren vorgetragenen Abtretungen erhebt sie jedoch nicht. Die insoweit darlegungsbelastete Beklagtenseite genügt hiermit ihrer Darlegungslast nicht.
d) Gleiches gilt für den Einwand der Beklagtenseite, es sei kein Kaufvertrag zwischen den Zedenten und der Klägerin geschlossen worden.
Die Frage der Abtretung ist von der Frage eines zugrunde liegenden Rechtsgrundes in Gestalt eines Kaufvertrages zu trennen.
Ein solcher kann sogar in Ermangelung eines explizit unterschriebenen Kaufvertrages auch konkludent durch den Abschluss einer Abtretungsvereinbarung und die anschließende Zahlung eines Entgelts hierfür geschlossen werden.
Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da nach dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip eine Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Kaufvertrages die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Abtretung nicht berührt.
2. Inhalt Abtretungsvertrag
Die Abtretungsverträge sind jeweils mit dem Inhalt zustande gekommen, dass sämtliche Rückforderungsansprüche für Ausfallzeiten im Zeitraum 15.03.2020 – 15.05.2020 und 01.11.2020 – 31.01.2021 an die Klägerseite abgetreten werden.
Unter „Mitte des Monats“ wird der 15. eines Monats verstanden, § 192 BGB. Die Vorschrift findet ohne weiteres Anwendung (vgl. vorstehende Ausführungen zur Anwendbarkeit der §§ 187 ff. BGB).
3. Kein Verstoß gegen RDG
Eine Nichtigkeit der Abtretungen wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 RDG iVm § 134 BGB (vgl. Auffassung der Beklagtenseite Bl. 408 ff. d. A.) ist nicht gegeben.
Ein Verstoß gegen das RDG ist nicht ersichtlich. Die Ausführungen der Beklagtenseite zur Unzulässigkeit von Inkassodienstleistungen in bestimmten Fällen liegt neben der Sache, da das RDG bereits nicht anwendbar ist.
Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist zwar nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird, § 3 RDG. Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, dürfen hierbei nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird, § 4 S. 1 RDG.
Jedoch ist bereits das RDG auf den hiesigen Fall nicht anwendbar.
Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert, § 2 Abs. 1 RDG. Fremd sind solche Angelegenheiten, die nicht die eigene Rechtsposition des Besorgenden betreffen (Wasmuth NStZ 1989, 275) und daher an sich der Sorge eines anderen obliegen. Die Frage nach der Fremdheit ist von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus zu beurteilen (Deckenbrock/Henssler Rn. 22; BT-Drs. 16/3655, 48) (BeckOK RDG/Römermann, 22. Ed. 1.7.2019, RDG § 2 Rn. 13).
Grundlegend von der Inkassozession zu trennen sind die Fälle des Ankaufs fremder Forderungen, bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht (BeckOK RDG/Römermann, 22. Ed. 1.7.2019, RDG § 2 Rn. 95).
Der echte Forderungskauf ist aus dem Anwendungsbereich des RDG ausgenommen (BeckOK RDG/Römermann, 22. Ed. 1.7.2019, RDG § 2 Rn. 95).
Dass es sich vorliegend um einen echten Forderungskauf handelt, ist ohne weiteres ersichtlich. Die Klägerin legt ihre AGBs und ihre Internetseite (vgl. Anlage K-H1, Bl. 102 d. A.) auszugsweise vor. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, dass ein echter Forderungskauf stattfinden soll und nicht etwa lediglich ein sog. unechtes Factoring, bei dem eine Rückübertragung der Forderung für den Fall der Nichteintreibbarkeit vereinbart wird. Der Vortrag, dass die Kaufverträge so zustande kommen, wurde nicht von Beklagtenseite bestritten. Die Beklagtenseite bestreitet lediglich – mit Verweis auf das Datum der AGBs -, dass sämtliche Vertragsabschlüsse zwischen der Klägerin und den Zedenten auf Grundlage der vorgelegten AGBs zustande kamen. Dies ist jedoch bereits nicht erheblich. Denn entscheidend ist vielmehr, dass jedenfalls konkludent durch Abtretung der Forderung und anschließende Auszahlung einer bestimmten Geldsumme ein echter Forderungskauf zustande kommt. Anhaltspunkte oder Argumente dafür, dass der Vortrag der Klägerseite zur Grundstruktur ihres Geschäftsmodells falsch sein soll, trägt die Beklagtenseite nicht vor. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. Insoweit wertet das Gericht den Beklagtenvortrag als Zugestehen im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO.
Daher liegen die Ausführungen der Beklagtenseite auch insoweit neben der Sache, als es dann bereits nicht mehr darauf ankommt, ob eine vorgeschaltete Einzelfallprüfung vor Forderungskauf stattfindet oder nicht. Denn eine solche Einzelfallprüfung vor Kauf ist beim Forderungskauf, der bereits keine Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG darstellt, ohne weiteres zulässig.
IV. Nebenforderungen
Der Anspruch auf Erstattung von Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Verzugseintritt (13.02.2021) folgt aus den §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 2 BGB.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Nr. 1 ZPO iVm § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO analog.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 709 S. 1 ZPO.
Der Streitwert ergibt sich aus dem bezifferten Klägerinteresse im Zeitverlauf.