Handels- und Gesellschaftsrecht

Fortsetzungsfeststellungsklage, Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse

Aktenzeichen  AN 4 K 15.01727

Datum:
6.7.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131324
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Art. 18 a BayGO
§ 43 Abs. 1 VwGO
§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage, über die vom Einzelrichter (§ 6 VwGO) mit Einverständnis der Parteien gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann, wird abgewiesen, weil sie unzulässig ist.
Vorab ist im Hinblick auf das von den Parteien im Verlauf des Prozesses ursprünglich verwendete Klagerubrum darauf hinzuweisen, dass Klagepartei nicht „das Bürgerbegehren“ als solches ist, vertreten durch die vertretungsberechtigte Person im Sinne von Art. 18 a Abs. 4 Satz 1 BayGO, sondern vielmehr die vertretungsberechtigte Person selbst, d. h. hier der Kläger. Seit der am 1. September 2006 in Kraft getretenen Neufassung von Art. 18 a Abs. 4 Satz 1 BayGO reicht es, anders als zuvor, aus, dass eine einzige vertretungsberechtigte Person für das Bürgerbegehren die Vertretung übernimmt. Das ursprünglich von den Parteien verwendete Rubrum wurde dementsprechend vom Gericht von Amts wegen korrigiert.
Ferner ist klarzustellen, dass die im Verlauf des Verfahrens erfolgte Umstellung der Klage, einer – zunächst als solcher erhobenen – Anfechtungsklage, anschließend weiterverfolgt primär als Versagungsgegenklage und letztlich aufrechterhalten als Feststellungsklage, sachdienlich ist und vom Gericht gemäß § 91 Abs. 1 2. Alternative VwGO zugelassen wird. Im Übrigen hat sich auch die Beklagtenseite auf die so geänderte Klage eingelassen (vgl. § 91 Abs. 1 1. Alternative, Abs. 2 VwGO). Die Sachdienlichkeit der Klageänderung hin zur Feststellungsklage ergibt sich hier daraus, dass – auch nach übereinstimmender Einschätzung der Parteien im Erörterungstermin vom 2. März 2016 – bereits vor Klageeingang Hauptsacheerledigung eingetreten ist, und zwar dadurch, dass das streitgegenständliche RRB an dem Tag, als der Beschluss des Gemeinderats der Beklagten gemäß Art. 18 a Abs. 6 Satz 1 BayGO über die Zurückweisung des Bürgerbegehrens erging, d. h. am 9. Dezember 2013, bereits großteils verfüllt und der Uferbewuchs im Wesentlichen beseitigt war, was sich auch aus dem – unbestrittenermaßen – am 8. Dezember 2013 gefertigten, von Klägerseite vorgelegten Lichtbild ergibt. Darauf, ob Unterstützer des geplanten Bürgerbegehrens, ggfs. wer von diesen Unterstützern und wann, von der seinerzeit anstehenden Verfüllung von Seiten der Beklagten informiert worden sind oder nicht, kommt es nicht entscheidungserheblich an.
Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Feststellungsklage ist das (Fort-)Bestehen eines so genannten Feststellungsinteresses. Dabei kann letztlich offenbleiben, ob in einer Situation wie hier, wo die Hauptsacheerledigung – unstreitig – bereits vor Klageerhebung eingetreten ist, nach § 43 Abs. 1 VwGO oder nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu beurteilen ist (vgl. dazu etwa Kopp, VwGO, § 43, Rn. 23). Ein in jedem Fall zu verlangendes Feststellungsinteresse vermag das Gericht im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
Soweit die Klageseite eine Wiederholungsgefahr geltend macht, greifen ihre diesbezüglichen Ausführungen nicht durch. Das streitgegenständliche Bürgerbegehren bezog sich ausschließlich auf das RRB … in seinem im Zeitpunkt der Einreichung des Bürgerbegehrens am 11. November 2013 gegebenen konkreten Zustand, wobei die Parteien unterschiedlicher Auffassung dazu waren bzw. nach wie vor sind, ob es sich insoweit um ein schützenswertes Biotop (zum Begriff des Biotops vgl. etwa § 7 Abs. 2 Nr. 4 und § 30 BNatSchG) gehandelt hat. Dieser seinerzeitige Zustand ist jedoch durch die nach Aktenlage offenbar spätestens am 8. Dezember 2013 erfolgte Verfüllung samt Beseitigung des Uferbewuchses jedenfalls unwiederbringlich zerstört, so dass im vorliegenden Verfahren offenbleiben kann, ob es sich bei dem beseitigten RRB um ein Biotop – in welchem Sinn auch immer – gehandelt hat. Es ist schon weder dargetan noch ersichtlich, dass sich im Gemeindegebiet der Beklagten weitere RRB befinden würden, die mit dem zwischenzeitlich beseitigten RRB … hinreichend vergleichbar wären und deren Wegfall im Zusammenhang mit der Ausweisung von Baugebieten konkret anstünde. Das eingereichte Bürgerbegehren war auch nicht auf die Wiederherstellung des zwischenzeitlich beseitigten RRB samt ursprünglicher Uferbepflanzung gerichtet.
Auch im Hinblick auf etwaig geltend zu machende Schadensersatzansprüche bzw. Amtshaftungsansprüche ist ein Feststellungsinteresse hier nicht zu erkennen. Von Klägerseite wurde schon nicht konkret und substantiiert dargetan, worin sie einen eventuell ersatzfähigen Schaden überhaupt erkennen will, zumal sie offenbar nicht einmal Eigentümerin der fraglichen Grundstücksflächen ist bzw. war. Im Übrigen begründet die bloße Möglichkeit eines Anspruchs auf Schadensersatz nicht das erforderliche Feststellungsinteresse, sei es im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO, sei es im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Voraussetzung hierfür wäre vielmehr, dass eine Klage auf Schadensersatz bereits anhängig wäre oder ihre alsbaldige Erhebung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten wäre (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.4.2016, Az.: 1 A 1364/14, juris, Rn. 7 ff. m.w.N.). Die etwaige öffentlich-rechtliche Vorfrage der Zulässigkeit des eingereichten Bürgerbegehrens wäre ggfs. unmittelbar an das für den Schadensersatzanspruch bzw. Amtshaftungsanspruch zuständige Zivilgericht heranzutragen (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 14.5.1999, Az.: 6 PKH 3/99, juris, Rn. 4).
Schließlich ist hier auch kein schützenswertes Rehabilitationsinteresse des Klägers erkennbar. Zur Begründung wird diesbezüglich geltend gemacht (vgl. insbesondere anwaltlicher Schriftsatz vom 22.3.2016, Seite 7): Wie durch eine Vielzahl an Unterschriften nachweisbar, sei die Erhaltung des „Biotops“ für die Bürgerschaft der Beklagten von erheblicher Bedeutung gewesen. Durch die Ablehnung des Bürgerbegehrens sei den Betroffenen signalisiert worden, die Vertreter des Bürgerbegehrens hätten kein zulässiges Begehren formuliert und damit ihrem Anliegen nicht die erforderliche Möglichkeit eröffnet, tatsächlich umgesetzt zu werden. Für die Vertreter des Bürgerbegehrens, insbesondere auch den Kläger, sei es insoweit auch auf Grund der persönlichen Stellung innerhalb der Gemeinde von erheblicher Bedeutung nachweisen zu können, dass ein Fehler gerade nicht begangen worden sei. Es sei erforderlich nachzuweisen, dass die Ablehnung des Bürgerbegehrens rechtswidrig gewesen sei und der Kläger mit der erforderlichen Sorgfalt das Bürgerbegehren vorbereitet und betreut habe. Hierzu ist jedoch zu bemerken, dass es auf die von Klägerseite insoweit angesprochenen Fragen bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht mehr ankommt, nachdem sich der Gegenstand des Bürgerbegehrens und damit letztlich auch der Gegenstand der vorliegenden Klage bereits vor der Zurückweisung des Bürgerbegehrens durch Beschluss des Gemeinderates (vgl. Art. 18 a Abs. 8 Satz 1 BayGO) vom 9. Dezember 2013 durch die Beseitigung RRB – auch nach übereinstimmender Auffassung der Parteien, geäußert auch im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 2. März 2016 – vollständig erledigt hat. Dieses Ergebnis ist unabhängig davon eingetreten, ob die vom Kläger gewählte Formulierung der zur Abstimmung zu stellenden Frage und deren Begründung den sich aus Art. 18 a BayGO ergebenden Anforderungen genügt hat oder nicht.
Auf die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des beantragten Bürgerbegehrens kommt es nach alledem im vorliegenden Verfahren, wie ausgeführt, nicht an. Selbst ein etwa zugelassenes Bürgerbegehren des im Antrag genannten Inhalts könnte aus den o. g. faktischen Gründen das damit verfolgte Ziel der „Erhaltung“ (!) des „Biotops“ bzw. der „Ökologischen Flächen“ am … nicht mehr erreichen. Die etwaige Wiederherstellung des Zustandes vor der Beseitigung des RRB war zu keinem Zeitpunkt Ziel des eingereichten Bürgerbegehrens.
Selbst wenn etwa, anders als nach der hier vom erkennenden Gericht und auch von den Parteien vertretenen Auffassung, davon ausgegangen würde, dass die Klage – als Feststellungsklage oder gar als Versagungsgegenklage – nicht bereits unzulässig wäre, so wäre sie allein schon im Hinblick auf den Wegfall des Gegenstands des beantragten Bürgerbegehrens jedenfalls unbegründet.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.


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